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VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2003 - VfGBbg 138/03 EA -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 98
- VerfGGBbg, § 30 Abs. 1; VerfGGBbg, § 32 Abs. 7
- BRAGO, § 113 Abs. 2 Satz 3
Schlagworte: - kommunale Selbstverwaltung
- Gemeindegebietsreform
- Gegenstandswert
- Auslagenerstattung
Fundstellen:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2003 - VfGBbg 138/03 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 138/03 EA



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

Gemeinden Neuküstrinchen, Neureetz und Neurüdnitz,
vertreten durch das Amt Barnim-Oderbruch,
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,
Freienwalder Straße 48,
16269 Wriezen,

Antragstellerinnen,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S.,

betrifft: kommunale Neugliederung;
hier: Antrag der Gemeinden Neuküstrinchen, Neureetz und Neurüdnitz (Amt Barnim-Oderbruch) auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke,
Prof. Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler,Havemann, Dr. Jegutidse und 
Dr. Knippel

am 18. September 2003

b e s c h l o s s e n :

1. Der Antrag, das Inkrafttreten von § 6 Abs. 2 des 5. Gemeindegebietsreformgesetzes Brandenburg bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen, wird zurückgewiesen.

2. Für die Zeit bis zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde der Antragstellerinnen wird angeordnet:

a) Das Land Brandenburg und die am Tag der nächsten landesweiten Kommunalwahlen unter Eingliederung von Altreetz und Zäckericker Loose entstehende Gemeinde Oderaue werden verpflichtet, keine aufschiebbaren Entscheidungen oder Maßnahmen zu treffen, die die Herstellung der Gemeinde Oderaue ohne Einbeziehung der jetzigen Gemeinde Altreetz unzumutbar erschweren oder einer so zugeschnittenen Gemeinde nicht wiedergutzumachende Nachteile einbringen würden; insbesondere darf über bisher den Antragstellerinnen gehörendes Grundvermögen oder solches ihrer Eigengesellschaften nicht verfügt werden. Maßnahmen oder Entscheidungen mit Zustimmung des Ortsbeirates bzw. des Ortsbürgermeisters bleiben zulässig.

b) Der am Tag der nächsten landesweiten Kommunalwahlen unter Einbeziehung von Altreetz und Zäckericker Loose entstehenden Gemeinde Oderaue wird aufgegeben, bei Aufstellung und Abwicklung des Haushaltes alle Vorgänge, die die Gemeinde Altreetz betreffen, zu kennzeichnen, soweit dies vom Aufwand her vertretbar ist.

c) Die weiteren Hilfsanträge der Antragstellerinnen werden zurückgewiesen.

3. Das Land Brandenburg hat den Antragstellerinnen 10 % der im einstweiligen Anordnungsverfahren entstehenden notwendigen Auslagen nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 € zu erstatten.

G r ü n d e :

I.

Die drei Antragstellerinnen, derzeit noch selbständige amtsangehörige Gemeinden mit jeweils rund 300 Einwohnern, schlossen im Jahre 2002 einen Vertrag über die Bildung einer neuen amtsangehörigen Gemeinde Oderaue unter gleichzeitiger Errichtung von drei Ortsteilen. Der Zusammenschluß wird ausweislich des Genehmigungsbescheides des Ministerium des Inneren vom 19. Februar 2003 am Tag der nächsten landesweiten Kommunalwahlen 2003 wirksam. Ebenfalls am Tage der nächsten landesweiten Kommunalwahlen sollen in die so gebildete Gemeinde Oderaue nach § 6 Abs. 2 i.V. mit § 48 des Fünften Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Barnim, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Uckermark (5. GemGebRefGBbg) vom 24. März 2003 (GVBl I S. 82) die Gemeinden Zäckericker Loose und Altreetz eingegliedert werden. Als Wahltag ist der 26. Oktober 2003 festgesetzt.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Einbeziehung der Gemeinde Altreetz in die neue Gemeinde Oderaue. Sie befürchten, Altreetz mit seinen 900 Einwohnern werde die neue Gemeinde dominieren. Altreetz sei allein deshalb eingemeindet worden, damit das Amt später nicht aus sieben, sondern nur aus sechs Gemeinden bestehe. Ein Amt müsse jedoch im Ausnahmefall durchaus auch aus sieben Gemeinden bestehen können.

Die Antragstellerinnen beantragen,

im Wege der einstweiligen Anordnung das Inkrafttreten von § 6 Abs. 2 des 5. Gemeindegebietsreformgesetzes Brandenburg bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen,

hilfsweise,

bis zur Entscheidung in der Hauptsache anzuordnen:

a) Die amtsangehörige Gemeinde Oderaue unter Einschluß der ehemaligen amtsangehörigen Gemeinden Zäckericker Loose und Altreetz wird verpflichtet, keine aufschiebbaren Entscheidungen zu treffen oder Maßnahmen zu ergreifen, welche den Antragstellerinnen im Falle ihres Obsiegens die Wiederherstellung ihrer Selbständigkeit als amtsangehöriger Gemeinde Oderaue unzumutbar erschweren oder ihr nicht wiedergutzumachende Nachteile einbringen würden.

b) Der amtsangehörigen Gemeinde Oderaue unter Einschluß der ehemaligen amtsangehörigen Gemeinden Zäckericker Loose und Altretz wird aufgegeben, bei Aufstellung und Abwicklung des Haushaltes alle wesentlichen Vorgänge, welche die Antragstellerinnen betreffen, gesondert zu kennzeichnen. Es sind insbesondere nur solche Verwendungen finanzieller Mittel der Antragstellerinnen zulässig, wie sie regelmäßig zur Aufrechterhaltung des kommunalen Lebens oder zur Erfüllung bereits begründeter Verbindlichkeiten der Antragstellerinnen erforderlich sind.

c) In Abweichung zu § 36 des 5. GemGebRefGBbg gelten alle Satzungen und ortsrechtlichen Vorschriften der Antragstellerinnen - wie im Neugliederungsvertrag der Antragstellerinnen zur Bildung der Gemeinde Oderaue vereinbart - fort.

Der Hauptantrag zielt u.a. darauf ab, die Kommunalwahlen in diesem Bereich nicht in den durch das Gemeindegebietsreformgesetz bestimmten Strukturen stattfinden zu lassen.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie die Gemeinde Altreetz hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Landesregierung und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg haben davon Gebrauch gemacht.

II.

1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Die Antragstellerinnen sind von der Eingliederung der Gemeinden Zäckericker Loose und Altreetz in die von ihnen - den Antragstellerinnen - eine „logische Sekunde“ zuvor aufgrund freien Entschlusses gebildete Gemeinde Oderaue selbst und gegenwärtig betroffen, weil sie damit über die freiwillige Aufgabe ihrer Selbständigkeit hinaus zusätzlichen Bedingungen unterworfen werden, die sie als belastend empfinden.

2. Der Antrag hat jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Erfolg.

Nach § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg - kann das Landesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Hiernach war wie aus dem Beschlußtenor ersichtlich zu entscheiden.

a) Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist, wie schon der Wortlaut des § 30 Abs. 1 VerfGGBbg ausweist, ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gilt in noch verstärktem Maße, wenn der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, wie hier, darauf abzielt, den Vollzug eines Gesetzes auszusetzen oder das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verschieben (vgl. Urteile vom 30. November 1993 - VfgBbg 3/93 EA -, LVerfGE 1, 205, 206 f. und vom 22. Dezember 1993 - VfgBbg 9/93 EA -, LVerfGE 1, 214, 216; s. BVerfG, Beschluß vom 26. März 2003 - 1 BvR 112/03 -, zuvor etwa BVerfGE 104, 51, 55; 104, 23, 27; 99, 57, 66; 96, 120, 129; 94, 334, 347; 93, 181, 186), und zwar auch dann, wenn das Gesetz nicht abstrakt-genereller Natur ist, sondern eine konkrete Neugliederungsmaßnahme betrifft (s. bereits Urteil vom 30. November 1993 a.a.O.; vgl. weiter BVerfGE 91, 70, 75; ThürVerfGH LVerfGE 6, 373, 378; 6, 381, 385). Ein Gesetz ist grundsätzlich so lange als wirksam anzusehen, bis seine Verfassungswidrigkeit im Hauptsacheverfahren festgestellt ist.

Hiervon ausgehend ist die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung - grundsätzlich unabhängig vom Grad der Erfolgsaussicht in der Hauptsache - anhand einer Folgenabwägung zu treffen, bei der die Folgen abzuwägen sind, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hat, gegenüber denjenigen Nachteilen, die entstünden, wenn eine einstweilige Anordnung erlassen würde, der Hauptsache aber der Erfolg versagt bleibt. Als “schwerer” Nachteil ist nur ein Nachteil anzusehen, der endgültig und nicht wiedergutzumachen, also irreparabel ist (s. Urteil vom 30. November 1993, a.a.O., S. 217 f.).

b) Hiernach sieht es das Gericht nicht als “zur Abwehr schwerer Nachteile” “zum gemeinen Wohl” “dringend geboten” an, das Inkrafttreten von § 6 Abs. 2 des 5. GemGebRefGBbg bis zur Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde der Antragstellerinnen auszusetzen. Bei einem Obsiegen der Antragstellerinnen in der Hauptsache verkleinert sich die Gemeinde Oderaue um Altreetz und bleibt Altreetz rechtlich selbständig. Daß die Gemeinde Oderaue in der Zwischenzeit (ab dem 26. Oktober 2003) eine Altreetz einbeziehende Gemeindevertretung gehabt hätte und an einer von Altreetzer Gemeindevertretern unbeeinflußten Wahrnehmung der kommunalen Selbstverwaltung gehindert gewesen wäre, ist gemessen daran, daß bei einem Unterliegen der Antragstellerinnen in der Hauptsache das Gemeindegebietsreformgesetz eine Zeitlang “leergelaufen” wäre und in dem betreffenden Gebiet keine Kommunalwahlen in den gesetzlich festgelegten Strukturen stattgefunden hätten, ein zwar gewichtiger, aber kein auf Dauer irreversibler Nachteil. Er würde durch einen Erfolg in der Hauptsache weitgehend “wiedergutgemacht”. Das Amt Barnim-Oderbruch besteht ohnehin fort, so daß die Geschäfte der laufenden Verwaltung der Antragstellerinnen bzw. der Gemeinde Oderaue unbeschadet der Einbeziehung von Altreetz gewährleistet bleiben.

Daß bei einem Erfolg der Antragstellerinnen in der Hauptsache die Kommunalwahlen in den dann kommunalpolitisch anders gearteten Strukturen zu wiederholen wären, kann eine das Inkrafttreten von § 6 Abs. 2 des 5. GemGebRefGBbg bis zur Hauptsacheentscheidung aussetzende einstweilige Anordnung nicht rechtfertigen. Zwar ist es in der Tat gerade auch unter Demokratiegesichtspunkten ungut, wenn bei einer Wahl die Gefahr der Wiederholung besteht (vgl. auch Urteil vom 30. November 1993 - VfgBbg 3/93 EA -, a.a.O., S. 209). Andererseits ist ein legitimes gesetzgeberisches Interesse an landesweit gleichzeitigen und unter landesweit gleichen gesamtpolitischen Rahmenbedingungen stattfindenden Kommunalwahlen anzuerkennen (vgl. a.a.O.). Im übrigen besteht die Gefahr einer Wahlwiederholung so oder so, weil bei einer Aussetzung des Inkrafttretens von § 6 Abs. 2 des 5. GemGebRefGBbg die Kommunalwahlen in den bisherigen Strukturen durchzuführen, bei einem Unterliegen der Antragstellerinnen bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin in der Hauptsache aber hinfällig wären und in der Gemeinde Oderaue deshalb unter Beteiligung der Einwohner von Altreetz neu gewählt werden müßte.

Das Landesverfassungsgericht hat auch die anderen von den Antragstellerinnen für die vorläufige Aussetzung von § 6 Abs. 2 des 5. GemGebRefGBbg geltend gemachten Gesichtpunkte geprüft und in seine Abwägung einbezogen, hält sie aber ebenfalls - sowohl je für sich als auch im Zusammenwirken - für eine derart weitreichende einstweilige Anordnung nicht für schwerwiegend genug. Dies gilt namentlich auch für die jetzt mit dem Gesetzesvollzug und die gegebenenfalls mit der späteren Rückabwicklung verbundenen Vollzugsfolgen, deren Stellenwert für die hier zu treffende Entscheidung im übrigen dadurch relativiert wird, daß jedenfalls bloße Vollzugsfolgen nicht dazu führen dürfen, daß die vorläufige Aussetzung eines Gesetzes zum Regelfall wird (vgl. Urteil vom 30. November 1993, a.a.O., S. 207 f.).

c) Unbeschadet der Zurückweisung des Antrags auf vorläufige Aussetzung des Inkrafttretens von § 6 Abs. 2 des 5. GemGebRefGBbg hält es indes das Landesverfassungsgericht, das im Verfahren der einstweiligen Anordnung an die gestellten Anträge nicht gebunden ist (vgl. BVerfGE 86, 46, 48; 81, 53, 57; Graßhof, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethke, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand Juli 2002, § 32 Rn. 115, 158), für veranlaßt, Vorkehrungen zu treffen, daß bis zu der Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde der Antragstellerinnen keine aufschiebbaren Entscheidungen oder Maßnahmen getroffen werden, die im Fall des Obsiegens der Antragstellerinnen in der Hauptsache die Herstellung einer Gemeinde Oderaue ohne Einbeziehung von Altreetz unzumutbar erschweren oder einer so zugeschnittenen Gemeinde nicht wiedergutzumachende Nachteile einbringen würden. Dem dient die einstweilige Anordnung zu Ziffer 2 a der Entscheidungsformel (ebenso BVerfGE 91, 70, 72; ThürVerfGH LVerfGE 6, 373, 380; SächsVerfGH LKV 2000, 23, 25; VerfGH NW OVGE 30, 278, 279; s. auch Brinktrine/Unnerstall, LKV 2000, 330, 334 ff.). Sie hält das Land sowie die Gemeinde Oderaue für die Zeit bis zur Entscheidung der Hauptsache, um „unumkehrbare Verhältnisse“ zu vermeiden, zur Zurückhaltung gegenüber den Belangen der für die Nicht-Einbeziehung von Altreetz eintretenden Antragstellerinnen an. Als – nicht abschließendes – Beispiel hat das Gericht hervorgehoben, daß nicht über Grundvermögen der Antragstellerinnen und etwaiger Eigengesellschaften verfügt werden darf. Dies soll freilich Entscheidungen und Maßnahmen aller Art nicht im Wege stehen, die im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerinnen liegen. Solche erfordern jedoch nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtes die Zustimmung des Ortsbeirates bzw., wo ein solcher nicht gebildet wird, des Ortsbürgermeisters.

Darüber hinaus gibt das Landesverfassungsgericht aus Gründen der Transparenz der Gemeinde Oderaue auf, bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei Aufstellung und Abwicklung des Haushaltes alle Vorgänge, die die Gemeinde Altreetz betreffen, zu kennzeichnen, soweit dies vom Aufwand her vertretbar ist (ebenso BVerfGE 91, 70, 73; ThürVerfGH LVerfGE 6, 373, 380; VerfGH NW OVGE 30, 278, 279).

d) aa) Soweit die Antragstellerinnen - im Rahmen ihres Hilfsantrages zu b) - darüber hinaus die Verwendung finanzieller Mittel generell auf das zur Aufrechterhaltung des kommunalen Lebens und zur Erfüllung bereits bestehender Verbindlichkeiten Erforderliche beschränkt sehen wollen, wäre eine dahingehende einstweilige Anordnung zu starr. Die Rechte der Antragstellerinnen bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin werden durch die hier getroffene Regelung zu Ziff. 2 ausreichend gewahrt. Eine zusammenhanglose Inanspruchnahme von Finanzmitteln der Antragstellerinnen bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin fällt gegebenenfalls unter Ziff. 2 a) des Beschlußtenors. Unabhängig davon greift ggf. die Kennzeichnungspflicht gemäß Ziff. 2 b) des Beschlußtenors ein.

bb) Eine Kennzeichnung auch die Gemeinde Zäckericker Loose betrefffender haushaltsmäßiger Vorgänge war nicht anzuordnen, weil die Antragstellerinnen die Einbeziehung dieser Gemeinde ihrerseits für „wünschenswert“ halten und eine Ausgliederung von Zäckericker Loose gar nicht anstreben.

cc) Auch die weiterhin (hilfsweise) beantragte gesonderte Kennzeichnung der Vorgänge, welche die einzelnen Antragstellerinnen je für sich betreffen, ist nicht erforderlich, nachdem ja die Antragstellerinnen nicht etwa um den Erhalt ihrer Selbständigkeit, sondern allein darum kämpfen, die Gemeinde Altreetz herauszuhalten.

dd) Soweit die Antragstellerinnen - mit ihrem Hilfsantrag zu c) - die einstweilige Fortgeltung ihres Ortsrechtes erstreben, liegen die Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung ebenfalls nicht vor. Nach § 36 Abs. 1 des 5. GemGebRefGBbg gilt das Ortsrecht der aufnehmenden Gemeinde, und das ist hier die aus dem freiwilligen Zusammenschluß der Antragstellerinnen erwachsene Gemeinde Oderaue „klein“ (vor Eingliederung der Gemeinden Zäckericker Loose und Altreetz), schon von Gesetzes wegen fort. Insoweit aber hat man sich, wie schon der Hilfsantrag zu c) ausweist, darauf verständigt, daß das Ortsrecht der Antragstellerinnen vorerst weiter gilt. Daß sich in der am 26. Oktober zu wählenden Gemeindevertretung für Oderaue „groß“ alsbald Mehrheiten für ein grundlegend verändertes und für die Antragstellerinen nachteiliges Ortsrecht finden, ist angesichts des kommunalpolitischen Gewichts der Antragstellerinnen, die etwa die Hälfte der Einwohner der neuen Gemeinde stellen, wenig wahrscheinlich. Unabhängig davon gilt für die Schaffung neuen Ortsrechtes ggf. Ziff. 2 a) der hier ergangenen einstweiligen Anordnung.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg und § 113 Abs. 2 Satz 3 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung.
 

Dr. Macke Prof. Dr. Dombert
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
   
Dr. Jegutidse Dr. Knippel