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VerfGBbg, Beschluss vom 18. März 2011 - VfGBbg 58/10 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2
- ZPO, §§ 160 Abs. 4 S. 3; 355 Abs. 2
Schlagworte: - Subsidiarität
- Zwischenentscheidung
- Befangenheit
- Willkür
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. März 2011 - VfGBbg 58/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 58/10




IM NAMEN DES VOLKES



In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

   Dr. R.,

 

 

Beschwerdeführer,

 

 

gegen die Beschlüsse des Landgerichts Potsdam vom 2. und 12. Juli sowie vom 8. und 27. September 2010 – 1 O 132/10 – und den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. November 2010 – 1 W 17/10 - 

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Möller, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

am 18. März  2011

 

 

b e s c h l o s s e n :

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

 

Gründe:

 

A.

 

Der Beschwerdeführer verwaltet als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der im Jahr 1993 verstorbenen B. unter anderem ein am T. See gelegenes, etwa 7.000 qm großes Grundstück. Er nimmt die Beklagten des Ausgangsverfahrens im Wesentlichen auf Herausgabe und Räumung einer Grundstücksteilfläche mit einer Größe von etwa 1.500 qm in Anspruch und trägt dazu vor, die Beklagten hätten als Nachbarn zu dem von ihm verwalteten Grundstück diese zu der Erbmasse gehörende Teilfläche ihrem Grundstück zugeschlagen, den ursprünglich bestehenden Zaun entfernt, einen Grundstücksabgrenzung auf die neue Grenze gesetzt und die streitige Teilfläche nicht gepflegt. Der Beschwerdeführer reichte Auszüge aus dem Liegenschaftskataster sowie verschiedene weitere Dokumente mit Kartenmaterial zur Akte. Mit Beschluss vom 2. Juli 2010 ordnete der Einzelrichter die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung des Grenzverlaufes und der tatsächlichen Größe des zum Nachlass gehörenden Grundstücks an. Einem Antrag des Beschwerdeführers auf Ergänzung des Protokolls der mündlichen Verhandlung gab er  mit Beschluss vom 12. Juli 2010 nicht statt. Daraufhin lehnte der Beschwerdeführer den zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 8. September 2010 wies die Kammer den Antrag zurück, weil die Prozessführung des abgelehnten Richters einer vernünftigen, mit den Gepflogenheiten des Zivilprozesses vertrauten Partei keinen Anlass biete, dessen Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Der sofortigen Beschwerde half das Landgericht mit Beschluss vom 27. September 2010 nicht ab, sondern legte die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht vor, das die Beschwerde mit Beschluss vom 8. November 2010 zurückwies.

 

Der Beschwerdeführer rügt mit seiner am 2. Dezember 2010 eingegangenen Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruches auf ein faires Verfahren. Die Beweisaufnahme sei überflüssig und die Beweislast werde durch den Richter falsch beurteilt. Eine Kammer mit einer Spezialzuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus dinglichen Rechten an und aus Gründstücken müsse die eingereichten Katasterunterlagen selbst beurteilen können. Diese und die weiter eingereichten Dokumente führten den Beweis, dass der streitige Grundstücksstreifen zum Nachlass gehöre. Auch die von der Kammer nicht zu Protokoll genommene Äußerung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung lasse eindeutige Rückschlüsse darauf zu. Die Entscheidung des Richters sei nicht mit entschuldbarer Rechtsunkenntnis zu erklären, sondern zeige willkürliches Verhalten, das ein faires Verfahren verweigere. Auch die Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sei erkennbar willkürlich, sie diene nur der Arbeitsersparnis und entspreche nicht dem Anspruch einer Prozesspartei auf ein faires Verfahren.

 

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg - zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist und diese nicht ausgeräumt hat.

 

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse der 1. Zivilkammer des Landgerichts vom 2. und 12. Juli 2010 wendet, lässt der Grundsatz der Subsidiarität (§ 45 Abs. 2 VerfGGBbg) eine inhaltliche Befassung des Verfassungsgerichts mit den vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen nicht zu. Dieser verlangt von einem Beschwerdeführer, dass er vor der Anrufung des Verfassungsgerichts den Rechtsweg erschöpft und  alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende unternimmt, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu verhindern oder zu beseitigen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 20. Mai 2010 – VfGBbg 2/10 -, www.verfas­sungs­gericht.­bran­den­burg.de). Bei dem Beweisbeschluss des Landgerichts vom 2. Juli 2010 handelt es sich um eine der Urteilsfällung vorangehende, nach § 355 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) mit der Beschwerde nicht anfechtbare Zwischenentscheidung, die im Zusammenhang mit einer Berufung bzw. Revision gegen das die Instanz abschließende Urteil überprüft werden kann. Das gleiche gilt für den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 12. Juli 2010, der den Antrag des Beschwerdeführers auf Protokollergänzung zurückweist und nach § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO nicht anfechtbar ist. Eine Verfassungsbeschwerde gegen solche Zwischenentscheidungen findet grundsätzlich nicht statt, vielmehr sind Verfassungsverstöße grundsätzlich im Rahmen der Anfechtung der Endentscheidung zu rügen. Nur dann, wenn ein dringendes schutzwürdiges Interesse besteht, kann die Verfassungsmäßigkeit einer Zwischenentscheidung ausnahmsweise sofort geprüft werden. Das ist etwa der Fall, wenn diese einen bleibenden rechtlichen Nachteil für den Betroffenen zur Folge hat, der sich später nicht oder nicht mehr vollständig beheben lässt (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 20. Mai 2010 – VfGBbg 1/10 -, www.verfassungsgericht.­bran­denburg.de). Dafür ist vorliegend nichts erkennbar.

 

Auch soweit der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den erstinstanzlichen entscheidenden Richter angreift, ist diese unzulässig. Insoweit ist die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht dargetan, so dass es an einer Beschwerdebefugnis fehlt. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt ersichtlich nicht vor. Das Willkürverbot ist nicht bereits dann verletzt, wenn die Rechtsanwendung durch die Fachgerichte fehlerhaft sein sollte. Willkürlich ist eine Entscheidung erst dann, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist und sich deshalb der Verdacht aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 15. Oktober 2009 – VfGBbg 8/09 -, www.­verfassungsgericht.­bran­den­burg.de). Unter Berücksichtigung der eingehenden Begründungen beider angegriffenen Entscheidungen bestehen dafür jedoch keine Anhaltspunkte.

 

 

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

 

     Postier                     Dr. Becker

 

     Dielitz                      Dr. Fuchsloch

 

     Dr. Lammer               Möller       

 

     Nitsche                     Partikel

 

     Schmidt

Postier Dr. Becker
   
Dielitz Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Möller
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt