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VerfGBbg, Beschluss vom 17. September 2021 - VfGBbg 10/21 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 32 Abs. 7 Satz 2
Schlagworte: - Auslagenerstattung
- Billigkeitsgründe
- Rechtsfragenklärung
- Abhilfe
- Gesetzentwurf
- Unterliegen in der Hauptsache
- Gegenstandswert
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. September 2021 - VfGBbg 10/21 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 10/21 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

VfGBbg 10/21 EA

In dem verfassungsgerichtlichen Verfahren

  1. S.,


Antragsteller,

  1. Ökologisch-Demokratische Partei,
    Landesverband Brandenburg,
    vertreten durch den Landesvorstand,
    dieser vertreten durch den Landesvorsitzenden Thomas Löb,
    Gartenstraße 2,
    16798 Fürstenberg,

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigter               H.
                                                                 Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,

 

gegen:

Landtag Brandenburg,
vertreten durch die Präsidentin,
Alter Markt 1,
14467 Potsdam,

 

beteiligt:

 Landesregierung Brandenburg,
- Staatskanzlei -,
vertreten durch die Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14473 Potsdam,

 

wegen

Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung;

Auslagenerstattung

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 17. September 2021

durch die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter Möller, Dresen, Dr. Finck, Heinrich‑Reichow, Kirbach, Müller, Richter, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

Der Antrag, die Erstattung notwendiger Auslagen der Antragsteller im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzuordnen, wird abgelehnt.

 

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren der einstweiligen Anordnung auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe:

I.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen des Antragstellers im Verfahren der einstweiligen Anordnung gemäß § 30 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) richtet sich nach § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg. Gemäß § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht auch dann, wenn keine der Verfassungsbeschwerde bzw. der einstweiligen Anordnung stattgebende Entscheidung ergeht, volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen. Diese Entscheidung ist nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffen (vgl. Beschluss vom 16. Mai 2002 ‌‑ 21/02 -, Rn. 2, juris).

Für die Anordnung der Auslagenerstattung sind angesichts der Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 32 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg) und des fehlenden Anwaltszwangs nur ausnahmsweise in Betracht kommende und vom Obsiegen oder Unterliegen unabhängige besondere Billigkeitsgründe erforderlich (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 191, m. w. N., und vom 16. November 2000 ‌‑ VfGBbg 31/00 -, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Besondere Billigkeitsgründe liegen insbesondere vor, wenn das Verfahren zur Klärung einer grundsätzlichen, über den konkreten Anlass hinausgehenden verfassungsrechtlichen Frage beigetragen hat (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 191, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1997 ‌‑ 2 BvH 1/95 -, m. w. N., BVerfGE 96, 66, 67, www.bverfg.de). Die Auslagenerstattung kommt zudem dann in Betracht, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder sie der Beschwer auf andere Weise abhilft. Dann kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In diesem Fall ist es billig, einem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, als wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 5/13 -, Rn. 4, juris).

Keiner der genannten Fälle liegt hier vor. Grundsätzliche Fragen konnten im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen Anordnung nicht geklärt werden. Die öffentliche Gewalt hat auch nicht von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt beseitigt oder der Beschwer auf andere Weise abgeholfen. Die SPD-Fraktion, die CDU-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben zwar ausweislich der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes (LT-Drs. 7/3750) die Entscheidung des Verfassungsgerichts im vorliegenden Verfahren zum Anlass genommen, die Änderung der angegriffenen Regelungen zu den beizubringenden Unterstützungsunterschriften vorzuschlagen. Eine Änderung des Gesetzes ist aber bisher tatsächlich nicht erfolgt. Zudem betrifft die vorgeschlagene Gesetzesänderung nicht mehr die von den Antragstellern für ihre Anträge zum Anlass genommene Wahl zum hauptamtlichen Bürgermeister in K. vom 4. Juli 2021. Letztlich spricht gegen die Auslagenerstattung, dass sich die Verfassungsbeschwerde und das Organstreitverfahren in der Hauptsache als unzulässig erwiesen haben und damit - auch im Falle der unterstellten Berechtigung der Begehren der Antragsteller - keinen Erfolg gehabt hätten.

Andere besondere Gründe, die eine Auslagenerstattung ausnahmsweise geboten erscheinen lassen, liegen nicht vor.

II.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, das im Ergebnis eine Vorwegnahme der Hauptsache für den Antragsteller begehrte, nach § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 und § 14 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auf 10.000,00 Euro festzusetzen. Dies entspricht dem Gegenstandswert in der Hauptsache für die Verfassungsbeschwerde.

III.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

 

Möller

Dresen

Dr. Finck

Heinrich-Reichow

Kirbach

Müller

Richter

Sokoll

Dr. Strauß