VerfGBbg, Beschluss vom 17. Juli 2015 - VfGBbg 47/15 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | VerfGGBbg, § 21 | |
Schlagworte: | Subsidiarität | |
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 17. Juli 2015 - VfGBbg 47/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 47/15
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
M.,
Beschwerdeführer,
wegen Schreiben des Landrates des Landkreises Potsdam-Mittelmark - Jugendamt - vom 13. Mai 2015
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 17. Juli 2015
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Schreiben des Jugendamtes des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Das Jugendamt teilt ihm darin mit, keine Möglichkeit zu sehen, gegen den Willen des Kindes einen betreuten Umgang zu vermitteln.
I.
Der Beschwerdeführer ist Vater eines inzwischen elfjährigen Sohnes, der im Haushalt der allein sorgeberechtigten Mutter lebt. Das Amtsgericht Potsdam ordnete im Mai 2011 an, dass der Beschwerdeführer vierzehntägig begleiteten Umgang mit seinem Sohn haben sollte. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein, nahm jedoch zunächst die Umgangstermine wahr, ehe er im Spätsommer 2014 den Umgang mit seinem Sohn einstellte. Das Brandenburgische Oberlandesgericht wies die Beschwerde am 26. Februar 2015 mit der Maßgabe zurück, dass der begleitete Umgang im vom Amtsgericht angeordneten Umfang nur noch insoweit stattfinden solle, als der Beschwerdeführer dies bei dem Jugendamt beantrage. Zudem befristete das Oberlandesgericht die Umgangsbeschränkung bis zum April 2016.
Der Beschwerdeführer, der sich Anfang April 2015 gegenüber der Mutter noch ablehnend zum weiteren begleiteten Umgang geäußert hatte, beantragte Ende April 2015 bei dem Jugendamt des Landkreises Potsdam-Mittelmark die Durchführung des weiteren begleiteten Umgangs mit Personen seines Vertrauens. Das Jugendamt teilte daraufhin mit Schreiben vom 13. Mai 2015 mit, es sehe gegen den Willen von Mutter und Sohn keine Möglichkeit, einen betreuten Umgang zu vermitteln. Beide zweifelten an der Ernsthaftigkeit des Antrages und hätten sich im Hinblick auf die vorangegangene Äußerung des Beschwerdeführers gegen einen betreuten Umgang ausgesprochen.
II.
Der Beschwerdeführer hat am 26. Mai 2015 Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Er sieht sich durch die Weigerung des Jugendamtes, einen begleiteten Umgang zu vermitteln, in seinen Grundrechten aus Art. 27 Abs. 2 Landesverfassung (LV) sowie Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Da es keine übergeordnete Behörde gebe, bei der Beschwerde habe eingelegt werden können, sei der Rechtsweg erschöpft. In der Sache hebele das Jugendamt mit seiner Eigenmächtigkeit die Entscheidung des Oberlandesgerichts aus, obwohl es dazu nicht befugt sei. Nach deren Inhalt komme es für den begleiteten Umgang nicht auf den Willen der Mutter oder des Kindes an. Das Jugendamt berücksichtige nicht hinreichend, dass er gegenüber seiner Äußerung von Anfang April 2015 inzwischen seine Meinung geändert habe. Tatsächlich führe das Vorgehen des Amtes zu einem vollständigen Ausschluss des Umgangs.
Darüber hinaus sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten, mit der dem Jugendamt einstweilen aufgegeben werden solle, den betreuten Umgang mit dem Sohn wie vom Beschwerdeführer beantragt zu organisieren, denn ein weiteres Zuwarten sei wegen der Auswirkungen auf das Vater-Sohn-Verhältnis nicht hinnehmbar. Dabei müsse das Verfassungsgericht seine Anforderungen an diejenigen anpassen, die das Bundesverfassungsgericht für den Erlass einstweiliger Anordnungen aufgestellt habe.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Bran-denburg zu verwerfen; sie ist, auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 13. Juli 2015, unzulässig.
Der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Dieser verlangt vom Beschwerdeführer, vor Anrufung des Verfassungsgerichts über eine bloße Rechtswegerschöpfung hinaus alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende zu unternehmen, um eine etwaige Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beheben (Beschlüsse vom 25. Februar 2011 - VfGBbg 15/10 (8/10 EA) -; vom 27. Mai 2011 - VfGBbg 20/10 -; vom 6. Juli 2012 - VfGBbg 63/11 -, www.verfassungsgericht.bran-denburg.de).
Vorliegend hat der Beschwerdeführer eigenem Vortrag zufolge vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde keinerlei Maßnahmen ergriffen, um die Haltung des Jugendamtes zum weiteren begleiteten Umgang zu überwinden. Wenn es sich bei dem Schreiben vom 13. Mai 2015 – wie der Beschwerdeführer annimmt – um eine eigenmächtige Weigerung des Jugendamtes handelt, bei dem familiengerichtlich angeordneten begleiteten Umgang mitzuwirken, so wären dagegen die Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung eröffnet (vgl. etwa OVG NW NJW 2014, 3593; OVG Bln-Bbg ZKJ 2012, 362; VG Frankfurt (Oder) FamRZ 2014, 703).
Sollte das Schreiben hingegen so zu verstehen sein, dass darin nur eine Mitteilung über das Ergebnis des Versuchs des Jugendamtes liegt, einen begleiteten Umgang zu vermitteln, würde dem Beschwerdeführer schon die Beschwerdebefugnis fehlen. In diesem Fall käme nämlich die behauptete Grundrechtsverletzung durch das Jugendamt unter keinem rechtlich denkbaren Aspekt in Betracht, denn das Jugendamt hätte sich eben gerade nicht geweigert, an der Vermittlung des begleiteten Umgangs mitzuwirken.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Lammer | Nitsche |
Partikel | Schmidt |