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VerfGBbg, Beschluss vom 17. Juli 2015 - VfGBbg 25/15 -

 

Verfahrensart: Wahlprüfung/Verlust des Mandats
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 63 Abs. 2
- VerfGGBbg, § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2; VerfGGBbg, § 59 Abs. 3
Schlagworte: - Unterstützerunterschriften zur Wahlprüfungsbeschwerde
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. Juli 2015 - VfGBbg 25/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 25/15




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Wahlprüfungsverfahren

C,

Beschwerdeführer,

gegen            den Beschluss des Landtags Brandenburg vom 21. Januar 2015 in der Wahlprüfungssache Az. WPA 6/LTW14/5

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 17. Juli 2015

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Die Wahlprüfungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

Gründe:

 

I.

Der Beschwerdeführer hält die Wahl zum 6. Landtag Brandenburg, hilfsweise die Wahl von Abgeordneten der Landesliste der Partei Alternative für Deutschland für ungültig. Darüber hinaus begehrt er, die zur Wahl eingereichte Landesliste der Partei Alternative für Deutschland sowie Regelungen zum brandenburgischen Wahlzulassungsverfahren für ungültig bzw. für mit der Landesverfassung Brandenburg  (LV) für unvereinbar zu erklären.

 

Der Landtag Brandenburg wies seinen Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl mit dem angegriffenen Beschluss vom 21. Januar 2015 zurück. Gegen diesen richtet sich die am 1. April 2015 beim Verfassungsgericht des Landes Brandenburg eingegangene Wahlprüfungsbeschwerde. Beitrittserklärungen von Wahlberechtigten waren ihr nicht beigefügt. Der Beschwerdeführer hat hierzu mitgeteilt, es sei ihm aufgrund starker beruflicher Belastung nicht möglich und auch nicht zumutbar, einhundert Unterstützerunterschriften beizubringen. Er hält das Beitrittserfordernis des § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 LV für verfassungswidrig.

 

II.

Der Landtag und die Landesregierung haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Die Landesregierung hält die Wahlprüfungsbeschwerde für unzulässig.

 

III.

Die Wahlprüfungsbeschwerde ist unzulässig.

 

Nach § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VerfGGBbg kann ein Wahlberechtigter, dessen Einspruch vom Landtag verworfen worden ist, Beschwerde gegen die Entscheidung des Landtages nur erheben, wenn ihm mindestens hundert Wahlberechtigte beitreten.

Der Beschwerdeführer hat bereits diesem Erfordernis nicht entsprochen, da er keine derartigen Beitrittserklärungen beigebracht hat. Ob die Beschwerde hierüber hinaus aus weiteren Gründen unzulässig ist, kann daher offen bleiben.

Das Beitrittserfordernis des § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VerfGGBbg begegnet, wie das Verfassungsgericht bereits entschieden hat (Beschluss vom 17. Juni 2010 - VfGBbg 24/10 -; vgl. auch Beschluss vom 23. Mai 2000 - VfGBbg 1/00 -), keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere steht es nicht im Widerspruch zu Art. 63 Abs. 2 LV, wonach gegen Wahlprüfungsentscheidungen des Landtages die Beschwerde zum Verfassungsgericht zulässig ist. Zwar stellt das Beitrittserfordernis eine Verfahrenshürde dar, die dem Einzelnen die verfassungsgerichtliche Überprüfung der Einspruchsentscheidung erschwert. Darin liegt aber keine Verletzung der verfassungsrechtlichen Wahlprüfungsgarantie. Denn diese dient nur dem Schutz des objektiven Wahlrechts, d. h. der Erzielung der gesetzmäßigen Zusammensetzung des Landtages. Sie bezweckt hingegen nicht, dem einzelnen Wähler unabhängig davon Schutz gegen die Verletzung seiner subjektiven Rechte bei der Wahl zu gewähren (Beschluss vom 17. Juni 2010 - VfGBbg 24/10 ; ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum inhaltsgleichen Art. 41 Abs. 2 Grundgesetz seit BVerfGE 1, 430, 432 f).

 

Das Beitrittserfordernis verstößt auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 LV, der den Rechtsweg garantiert, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt ist. Die Verfassung des Landes Brandenburg hat die Wahlprüfung in Art. 63 dem Landtag zugewiesen und gegen dessen Entscheidung die Beschwerde an das Verfassungsgericht vorgesehen. Sie hat damit die Korrektur etwaiger Wahlfehler eigenständig geregelt. Dies ist von Verfassungs wegen auch dann nicht zu beanstanden, wenn die gerügten Wahlfehler die Verletzung subjektiver Rechte betreffen. Da das Wahlverfahren davon geprägt ist, die Stimmen einer Vielzahl von Bürgern zu einer einheitlichen, wirksamen Wahlentscheidung zusammenzufassen, ist es gerechtfertigt, dass im Wahlprüfungsverfahren die Verfolgung der subjektiven Rechte Einzelner zurücktritt (Beschluss vom 17. Juni 2010 - VfGBbg 24/10 -; vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 22, 277, 281).

 

Hieran ändert die durch  das Gesetz zur Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahlsachen (v. 12. Juli 2012, BGBl I S. 1501) erfolgte Aufgabe des für die Wahlprüfung auf Bundesebene vormals bestehenden Beitrittserfordernisses in § 48 Gesetz über das Bundesverfassungsgericht - BVerfGG -  nichts, da es sich um eine Änderung des Bundesrechts handelt, die in der Kompetenz des Bundesgesetzgebers steht. Rechtliche Auswirkungen auf das Landesrecht Brandenburg im allgemeinen noch konkret für § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VerfGGBbg folgen daraus von vornherein nicht.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Das Verfassungsgericht hat ebenfalls einstimmig gemäß § 59 Abs. 3 VerfGGBbg von einer mündlichen Verhandlung abgesehen, da die Rechtslage eindeutig ist.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Schmidt