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VerfGBbg, Beschluss vom 17. Mai 2013 - VfGBbg 3/13 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 16
- Geschäftsordnung VerfGBbg, § 9 Abs. 2
Schlagworte: - Akteneinsicht
- Verfahrensabschluss
- berechtigtes Interesse
- Geschäftsautonomie
Fundstellen: - NVwZ-RR 17/2013, S. 705 f.
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. Mai 2013 - VfGBbg 3/13 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 3/13




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

1. I. S.,

       

2. O. S.,

 

Beschwerdeführer zu 1) – 2),

 

 

Verfahrensbevollmächtigter:  Rechtsanwalt R.

                           

 

wegen des Schreibens und der Zwangsgeldandrohung des Landrats des Landkreises Dahme-Spreewald vom 13. Dezember 2011 bzw. vom 21. März 2012, der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 29. Februar 2012 (VG 3 L 386/11) und 25. Juli 2012 (VG 3 L 97/12) sowie der Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Dezember 2012 (OVG 10 S 6.12 und OVG 10 S 32.12)

 

hier: Gewährung von Akteneinsicht

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche und Schmidt

 

am 17. Mai 2013

 

b e s c h l o s s e n :

 

Die Beschwerde gegen die Versagung der Akteneinsicht wird zurückgewiesen.  

 

 

G r ü n d e :

 

A.

Die Beschwerdeführer haben am 24. Januar 2013 Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sowohl die Verfassungsbeschwerde als auch der Antrag sind mit Beschluss vom 15. März 2013 verworfen worden. Mit Schriftsatz vom 2. April 2013 bat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer um Einsicht in die Akten des abgeschlossenen Verfahrens. Dies wurde mit Verfügung vom 5. April 2013 abgelehnt, da kein berechtigtes Interesse an der (nachträglichen) Akteneinsicht i. S. d. § 9 Abs. 2 Geschäftsordnung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg glaubhaft gemacht worden sei.

 

Mit Schriftsatz vom 9. April 2013 erklärte der Verfahrensbevollmächtigte, er lege gegen die Ablehnung des Akteneinsichtsgesuchs Beschwerde ein und beantrage hierüber eine gerichtliche Entscheidung. Die Beschwerdeführer hätten gemäß § 16 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) i. V. m. § 299 Zivilprozessordnung einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Die einschränkende Regelung der lediglich internen Geschäftsordnung könne nur im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen, die Ausdruck allgemeiner deutscher Verfahrensrechte seien, verstanden werden.

 

B.

I.

Der gemäß § 9 Abs. 1 Hs. 2 der Geschäftsordnung statthafte Antrag auf Entscheidung des Verfassungsgerichts gegen die Versagung der Akteneinsicht bleibt ohne Erfolg.

 

Die Gewährung der Akteneinsicht bestimmt sich vorliegend nicht nach § 16 VerfGGBbg, wonach die Beteiligten das Recht der Akteneinsicht haben. Selbst wenn man entgegen dem Wortlaut des Akteneinsichtsgesuchs und der Beschwerde vom 9. April 2013 unterstellt, dass die Akteneinsicht für die (früheren) Beschwerdeführer und nicht für ihren Verfahrensbevollmächtigten – der selbst kein Beteiligter des Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist - beantragt wurde, wäre § 16 VerfGGBbg nicht (mehr) anwendbar. Das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist mit dem Beschluss vom 15. März 2013 förmlich abgeschlossen worden. Damit endete die Beteiligtenstellung der Beschwerdeführer, zugleich erlosch auch ihr akzessorisch an das laufende Verfahren gebundener Rechtsanspruch nach § 16 VerfGGBbg (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 20 BVerfGG: Ulsamer, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG Kommentar, Stand Dezember 2012, § 20 Rn. 13; Umbach/Dollinger, in:                 Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG Kommentar, 2. Auflage, § 20 Rn. 16).

 

Dementsprechend kommt eine Akteneinsicht allein nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung in Betracht. Danach wird nach Abschluss des Verfahrens auch den Beteiligten und ihren Bevollmächtigten Akteneinsicht nur gewährt, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird.

 

Ein „berechtigtes Interesse“ im vorgenannten Sinne ist allerdings nicht dargelegt, das Akteneinsichtsgesuch vielmehr überhaupt nicht begründet worden. Unter diesen Umständen ist die begehrte Akteneinsicht zu versagen.

 

Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände gegen die Regelung des § 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung sind unzutreffend. Die Geschäftsordnung stellt autonome Rechtssetzung des Gerichts dar. Diese Geschäftsordnungsautonomie des Verfassungsgerichts folgt unmittelbar aus seinem Status als Verfassungsorgan und wird durch § 10 VerfGGBbg – klarstellend – bestätigt (zum Bundesrecht vgl. Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, a. a. O., Vorb § 1 Rn. 209). Von der Geschäftsordnungsautonomie umfasst sind dabei nicht nur Regelungen zur Organisation und Verwaltung des Verfassungsgerichts, sondern – im Rahmen der verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Vorgaben - auch der Erlass verfahrensergänzender Bestimmungen. Damit konnte die im VerfGGBbg nicht behandelte Frage der Akteneinsicht nach Abschluss des Verfahrens in der Geschäftsordnung geregelt werden. Dass § 9 Abs. 2 der Geschäftsordnung diesbezüglich die Darlegung eines berechtigten Interesses verlangt, ist sachlich gerechtfertigt und steht nicht im Widerspruch zum VerfGGBbg. Das an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Akteneinsichtsrecht der Verfahrensbeteiligten nach § 16 VerfGGBbg dient der Verwirklichung des Anspruchs auf  rechtliches Gehör. Dieser Zweck des uneingeschränkten  Akteneinsichtsrechts entfällt aber mit der Beendigung des verfassungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Ulsamer, a. a. O.; Sennekamp, in: Umbach/Clemens/Dollinger, a. a. O., § 35a Rn. 4).

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt