VerfGBbg, Beschluss vom 16. September 2011 - VfGBbg 17/11 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 47 Abs. 1 - StPO, § 35 - ZPO, § 270 |
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Schlagworte: | - Beschwerdefrist - Beginn - Zugang |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 16. September 2011 - VfGBbg 17/11 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 17/11
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
H.
Beschwerdeführer,
wegen Beschlusses des Amtsgerichts Neuruppin vom 21. Mai 2010 (Az.: 82.1 OWi 382 Js-OWI 11180/10 (93/10))
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Möller, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 16. September 2011
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e :
A.
I.
Mit seiner am 5. Mai 2011 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 21. Mai 2010, mit welchem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die Einspruchsfrist für einen Bußgeldbescheid vom 20. November 2009 als unzulässig verworfen wurde.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Bußgeldstelle habe durch ihr Verhalten verhindert, dass er rechtzeitig Einspruch gegen den Bescheid vom 20. November 2009 habe einlegen können. Der Bußgeldbescheid sei bisher inhaltlich nicht geprüft worden, obwohl er Beweismittel benannt habe. Auch ein Ortstermin habe noch nicht stattgefunden. Dies verletze ihn in seinen Rechten.
II.
Die Verfahrensakte des Amtsgerichts Neuruppin (Az.: 82 OWI 382 Js-OWi 11180/10 (93/10)) wurde beigezogen.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Mai, 17. Mai und 20. Juli 2011 auf Bedenken gegen ihre Zulässigkeit hingewiesen worden ist und diese Bedenken nicht ausgeräumt hat.
Die Verfassungsbeschwerde ist wegen Versäumung der Beschwerdefrist unzulässig. Nach § 47 Abs. 1 VerfGGBbg ist die Verfassungsbeschwerde binnen zweier Monate zu erheben. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder der formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden Verfahrensvorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. Dabei ist die den Rechtsweg abschließende Entscheidung maßgeblich.
Das Landgericht Neuruppin hat die gegen den streitgegenständlichen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 16. August 2010 zurückgewiesen. Dieser war nach § 46 Abs. 1 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten i. V. m. § 35 Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) durch formlose Mitteilung bekannt zu machen, weil durch den Beschluss als abschließende Entscheidung im Beschwerdeverfahren keine Frist im Sinne des § 35 StPO in Gang gesetzt worden ist. § 35 StPO betrifft nur strafprozessuale Fristen und damit nicht diejenige zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde (Weßlau, in: Rudolphi u.a., Systematischer Kommentar zur StPO und zum Gerichtsverfassungsgesetz, Loseblatt, Stand: 64. Lfg. Oktober 2009, § 35 StPO Rdnr. 17; Meyer-Goßner, StPO, Kommentar, 54. Auflage 2011, § 35 Rdnr. 12). Wann der angefochtene Beschluss dem Beschwerdeführer oder dessen Verteidiger zugegangen ist, ist daher mangels Zustellnachweisen der Akte nicht zu entnehmen.
Es steht aber zur Überzeugung des Verfassungsgerichts fest, dass der Beschluss vom 16. August 2010 zeitnah zu dessen Erlass in den Machtbereich des Beschwerdeführers oder dessen Verteidigers gelangt ist, mit der Folge, dass mit Eingang der Verfassungsbeschwerde am 5. Mai 2011 die Frist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg nicht gewahrt war. Aus § 13 Abs. 1 VerfGGBbg, § 270 Satz 2 Zivilprozessordnung folgt, dass die Mitteilung bei Übersendung durch die Post am zweiten Werktag nach Aufgabe zur Post als bewirkt gilt, sofern die Partei nicht glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen eine entsprechende Anwendung bei der Fristberechnung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg (vgl. ausführlich Beschluss vom 20. Mai 2010 - VfGBbg 28/09 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Laut Abgangsvermerk in der Gerichtsakte (Bl. 32 d. A.) wurde am 17. August 2010 eine Beschlussausfertigung an den Beschwerdeführer sowie dessen Verteidiger versandt. Der Beschwerdeführer hat den zeitnahen Erhalt dieses Beschlusses nach Hinweis des Gerichts auf das Fristversäumnis nicht in Abrede gestellt, so dass weitere Nachforschungen nicht veranlasst sind und von einem Zugang des Beschlusses am 19. August 2010 auszugehen ist.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier | Dr. Becker |
Dielitz | Möller |
Nitsche | Partikel |
Schmidt | |