VerfGBbg, Beschluss vom 16. Februar 2018 - VfGBbg 66/17 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 41 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46 |
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Schlagworte: | - Verfassungsbeschwerde unzulässig - Begründung - Anhörungsrüge - kein eigenständiger Verfassungsverstoß - gesetzlicher Richter - Willkür - rechtliches Gehör |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 16. Februar 2018 - VfGBbg 66/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 66/17
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
S.,
Beschwerdeführer,
wegen | Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 18. Mai 2017 - 2 O 5/17 -; Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 28. August 2017 - 1 W 19/17 -; Gerichtskostenrechnung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts - 1 W 19/17 - |
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 16. Februar 2018
durch die Verfassungsrichter Nitsche, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in einem Verfahren betreffend die Besorgnis der Befangenheit des zur Entscheidung in einem Zwangsverwaltungsverfahren berufenen Richters am Landgericht Neuruppin.
I.
Der Beschwerdeführer betrieb mehrere Verfahren vor dem Landgericht Neuruppin, in denen die Festsetzung einer Zwangsverwaltervergütung und ein Schadensersatzanspruch wegen nicht ordnungsgemäß durchgeführter Zwangsverwaltung seines Grundstücks streitig waren.
Der Beschwerdeschrift ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in dem Verfahren betreffend die Zwangsverwaltergebühren (2 T 66/16) den Vorsitzenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte. Mit Beschluss vom 22. März 2017 wies das Landgericht den Befangenheitsantrag zurück.
In dem weiteren Verfahren vor dem Landgericht (2 O 5/17) lehnte der Beschwerdeführer den Vorsitzenden ebenfalls ab. Mit Beschluss des Landgerichts vom 18. Mai 2017 wurde der Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht wies die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 24. Juli 2017 als unzulässig zurück. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge wies das Oberlandesgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 28. August 2017 als unbegründet zurück. Rechtliches Gehör sei nicht verletzt. Der Beschwerdeführer habe sich offenbar auf ein anderes Ablehnungsverfahren bezogen, in dem das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Beschwerde bereits zuvor als unbegründet (und nicht unzulässig) zurückgewiesen hatte. Das weitere Vorbringen zum gesetzlichen Richter sei unbeachtlich, da es außerhalb der Anhörungsrügefrist erhoben worden sei und damit zudem kein Gehörsverstoß geltend gemacht werde. Der Anhörungsrügebeschluss wurde dem Beschwerdeführer am 6. September 2017 zugestellt.
II.
Am 9. Oktober 2017 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 und 3 Landesverfassung (LV) und des Grundrechts auf faires Verfahren. Das Oberlandesgericht sei mit keinem Wort auf seinen Vortrag eingegangen. Ihm sei der gesetzliche Richter entzogen worden, da die Kammer des Landgerichts mit einer unzuständigen Richterin besetzt gewesen sei. Es handele sich insoweit um eine eigenständige Rüge der fehlerhaften Besetzung des Gerichts und nicht eine Frage rechtlichen Gehörs, wovon das Oberlandesgericht rechtsirrig ausgehe.
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist zu verwerfen. Sie ist unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gerichtliche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentscheidung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer - zusätzlichen - verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 24/16 -, vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 39/15 -, vom 12. Dezember 2014 - VfGBbg 23/14 - und vom 15. Juli 2011 - VfGBbg 10/11 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
Dass vorliegend ein Ausnahmefall einer eigenständigen, in der Zurückweisung der Anhörungsrüge liegenden verfassungsrechtlich erheblichen Beschwer gegeben ist (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 119, 292, 295; NJW 2008, 2635; BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 2014 - 2 BvR 683/12 -, juris Rn. 23), legt der Beschwerdeführer nicht in der nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) gebotenen Weise dar. Insbesondere behauptet er nicht, dass das Oberlandesgericht ihm seinerseits durch den Anhörungsrügebeschluss den gesetzlichen Richter entzogen hat. Soweit der Beschwerdeschrift zu entnehmen ist, dass mit der Anhörungsrüge eine eigenständige Rüge der fehlerhaften Besetzung des Gerichts geltend gemacht werden sollte, so legt er damit Umstände dar, die allenfalls eine Entziehung des gesetzlichen Richters durch die Entscheidung des Landgerichts darstellen können.
Insoweit konnte offen bleiben, ob auch die vom Beschwerdeführer inhaltlich in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts Neuruppin vom 18. Mai 2017 zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden ist. Denn die Beschwerdeschrift genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts gilt die Frist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg nicht nur für die Einlegung, sondern auch für die Begründung der Verfassungsbeschwerde (vgl. Beschlüsse vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 39/12 -, vom 16. Dezember 2016 - VfGBbg 14/16 - und vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 32/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Dem Verfassungsgericht müssen bei Ablauf der Beschwerdefrist alle Unterlagen vorliegen, die für eine Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit der Verfassungsbeschwerde erforderlich sind. Dazu können nach Lage der Dinge nicht nur die angegriffenen Entscheidungen selbst, sondern alle für die verfassungsrechtliche Beurteilung relevanten Entscheidungsgrundlagen sein (vgl. BVerfGK, Beschluss vom 27. November 2017 - 1 BvR 1555/14 -, www.bundesverfassungericht.de). Daran fehlt es hier, da der Beschwerdeführer trotz gerichtlicher Aufforderung weder den angegriffenen Beschluss des Landgerichts noch den Nichtabhilfebeschluss vom 7. Juni 2017 innerhalb der Beschwerdefrist vorgelegt hat. Auch der Anhörungsrügebeschluss des Oberlandesgerichts führt zum Inhalt des Beschlusses des Landgerichts nichts aus, so dass eine verfassungsrechtliche Beurteilung der angegriffenen Entscheidung nicht oder nicht vollständig möglich ist. Ebenso wenig kann das Verfassungsgericht anhand des Beschwerdevorbringens untersuchen, ob tatsächlich - wie vom Beschwerdeführer behauptet - eine unzuständige Richterin an der Beschlussfassung mitgewirkt hat. Darauf, ob die Richterin nur deshalb an dem Verfahren mitgewirkt hat, weil der Beschwerdeführer den Vorsitzenden der Kammer wegen Befangenheit abgelehnt hatte, geht er überhaupt nicht ein.
II.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Nitsche | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Fuchsloch | Dr. Lammer |
Partikel | Schmidt |