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VerfGBbg, Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 29/14 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. I
- VerfGGBbg, § 47 Abs. 1
Schlagworte: - Anhörungsrüge
- Verfassungsbeschwerdefrist
- Willkür
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 29/14 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 29/14




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

H.,

 

 

Beschwerdeführerin,

 

 

Verfahrensbevollmächtigter:                  Rechtsanwalt Q.,

                                                                      

 

wegen des Urteils des Amtsgerichts Cottbus vom 5. Dezember 2013 und des Beschlusses des Amtsgerichts Cottbus vom 28. Februar 2014 (Az.: 39 C 19/13)

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

am 16. Januar 2015

 

b e s c h l o s s e n :

 

                 Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

G r ü n d e :

 

A.

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch Entscheidungen des Amtsgerichts Cottbus in ihren Grundrechten verletzt.

 

I.

Die Beschwerdeführerin hatte beim Amtsgericht Cottbus Klage auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls am 2. Oktober 2012 erhoben. Mit der Klage, die sich gegen die Unfallverursacherin und deren Haftpflichtversicherung richtete, beantragte die Beschwerdeführerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Mietwagenkosten i. H. v. 509,08 Euro an die H. Autovermietung.

 

In der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2013 wies das Amtsgericht die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der betreffende Mietvertrag nicht von ihr, sondern – ohne Vertretungszusatz – von ihrem Ehemann unterschrieben worden sei. Anschließend wurde der Ehemann als Zeuge vernommen. Die Beschwerdeführerin nahm mit Schriftsatz vom selben Tag zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung Stellung. Es sei unerheblich, ob sie oder ihr Ehemann den Mietvertrag abgeschlossen habe. Sie mache keine vertraglichen Ansprüche, sondern einen Anspruch nach § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geltend. Die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs sei unfallbedingt erforderlich gewesen.

 

Mit Urteil vom 5. Dezember 2013 wies das Amtsgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es u. a. aus, die Beschwerdeführerin sei schon nicht „Inhaberin der Mietwagenforderung“ und könne daher auch keinen eigenen Anspruch geltend machen. Inhaber der Forderung sei vielmehr der Ehemann der Beschwerdeführerin. Dieser habe erklärt, den Mietvertrag unterschrieben zu haben, und zwar nicht in Vertretung für die Beschwerdeführerin, sondern für sich selbst.

 

Gegen dieses Urteil legte die Beschwerdeführerin am 19. Dezember 2013 Anhörungsrüge ein. Die Entscheidung sei nicht nur falsch, sondern willkürlich. Auf die Frage, wer Vertragspartner des Mietvertrags geworden sei, komme es nicht an. Entscheidend sei allein, dass das Ersatzfahrzeug aufgrund des Verkehrsunfalls angemietet worden sei. Das Amtsgericht wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 28. Februar 2014, der Beschwerdeführerin zugegangen am 10. März 2014, zurück. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs sei nicht festzustellen. Insbesondere habe das Gericht bereits in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ein Schadensersatzanspruch der Beschwerdeführerin nicht gegeben sein dürfte, da Schuldner des Mietvertrags ihr Ehemann geworden sei; dementsprechend sei der Beschwerdeführerin auch kein Schaden entstanden.

 

II.

Mit der am 10. Mai 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Rechts auf Gleichheit vor Gericht in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 Verfassung des Landes Brandenburg). Anspruchsgrundlage für die begehrte Erstattung der Mietwagenkosten sei § 7 StVG i. V. m. §§ 249, 251 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach komme es nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin oder ihr Ehemann das Ersatzfahrzeug angemietet habe. Der Abschluss des Mietvertrages durch die Beschwerdeführerin persönlich sei gerade keine Anspruchsvoraussetzung.

 

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

1.a. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil vom 5. Dezember 2013 wendet, steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde schon entgegen, dass sie nicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg erhoben worden ist. Das Urteil ist der Beschwerdeführerin am 11.  Dezember 2013 zugestellt worden, so dass die genannte Frist am 11. Februar 2014 ablief. Die Verfassungsbeschwerdefrist begann insbesondere nicht mit dem Zugang des die Gehörsrüge zurückweisenden Beschlusses vom 28. Februar 2014. Denn die von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge war offensichtlich aussichtslos und konnte deshalb die Frist für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht verlängern (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 6. Juli 2012 – VfGBbg 30/12 –, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Die Anhörungsrüge ist nicht gegen beliebige Rechtsverstöße, sondern allein gegen Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör eröffnet. Einen möglichen Gehörsverstoß hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Gehörsrüge aber nicht geltend gemacht, sondern allein gerügt, die Entscheidung sei nicht nur falsch, sondern willkürlich. Dies berührt nach keiner Betrachtungsweise den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör. Insbesondere schützt dieses Grundrecht nicht vor einer abweichenden (ggf. sogar unzutreffenden) Rechtsauffassung des Gerichts (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 19. Oktober 2012 – VfGBbg 72/11 –, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Auch lag offenkundig keine – unter Umständen als Gehörsverletzung zu bewertende (vgl. etwa Beschluss vom 15. Mai 2014 – VfGBbg 49/13 –, www.verfassungsgericht.brandenburg.de) – sogenannte Überraschungsentscheidung vor, weil das Amtsgericht in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass wegen des Abschlusses des Mietvertrages durch ihren Ehemann kein Schadensersatzanspruch der Beschwerdeführerin bestehen dürfte.

 

b. Zudem beschränkt sich die Kontrolle des Verfassungsgerichts bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts auf die Prüfung, ob das Fachgericht von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat. Objektiv willkürlich ist eine Entscheidung erst dann, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist. Sie muss Ausdruck einer Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Bewertungsspielraum überschreitet und damit sachlich unhaltbar erscheint (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 19. Juni 2013 – VfGBbg 61/12 –, www.verfassungsgericht.

brandenburg.de). Dies ist hinsichtlich des angegriffenen Urteils nicht der Fall. Die im Urteil und dem Beschluss über die Anhörungsrüge zur Begründung herangezogene Rechtsauffassung des Amtsgerichts, ein Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin scheide mangels Schadens aus, weil durch den Mietvertrag mit der Autovermietung allein ihr Ehemann verpflichtet worden sei und somit dieser, nicht die Beschwerdeführerin, für die Kosten aufkommen müsse, erscheint grundsätzlich nachvollziehbar und lässt sachfremde Erwägungen nicht erkennen. § 7 StVG setzt tatbestandlich einen eigenen Schaden voraus. Für eine mögliche Mitverpflichtung der nach den Feststellungen des Amtsgerichts am Abschluss des Mietvertrages nicht beteiligten Beschwerdeführerin – etwa nach § 1357 Abs. 1 BGB – ist nichts vorgetragen worden; entsprechende Erwägungen mussten sich dem Amtsgericht hier auch nicht aufdrängen.

 

2. Hinsichtlich des Beschlusses des Amtsgerichts vom 28. Februar 2014 fehlt der Beschwerdeführerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der genannte Beschluss enthält gegenüber dem Urteil vom 5. Dezember 2013 keine eigenständige Beschwer.

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt