VerfGBbg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - VfGBbg 17/14 -
Verfahrensart: |
Kommunalverfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 15 Abs. 4 | |
Schlagworte: | - Selbstablehnung | |
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - VfGBbg 17/14 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 17/14
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IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren
1. der Stadt Brandenburg an der Havel,
vertreten durch die Oberbürgermeisterin,
Altstädtischer Markt 10,
14770 Brandenburg an der Havel
Beschwerdeführerin zu 1.,
2. des Landkreises Oberspreewald-Lausitz,
vertreten durch den Landrat,
Dubinaweg 1,
01968 Senftenberg,
Beschwerdeführer zu 2.,
3. des Landkreises Spree-Neiße,
vertreten durch den Landrat,
Heinrich-Heine-Straße 1,
03149 Forst (Lausitz),
Beschwerdeführer zu 3.,
Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführer zu 1. bis 3.:
Rechtsanwälte L.,
gegen die Verordnung zur Verteilung der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen 2005 vom 5. März 2013 (GVBl II Nr. 22)
hier: Selbstablehnung des Richters Dr. Becker
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt
am 15. Mai 2014
b e s c h l o s s e n :
Die Selbstablehnung des Richters Dr. Becker wird für begründet erklärt.
G r ü n d e :
I.
1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen die Neuverteilung von Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für das Jahr 2005 durch die verfahrensgegenständliche Verordnung des Ministers der Finanzen vom 5. März 2013. Sie machen geltend, die angegriffene Verordnung verletze ihr Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 97 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg in seiner Ausprägung als Finanzhoheit. Durch die Verordnung würden finanzielle Mittel, die für das bereits abgeschlossene Haushaltsjahr 2005 gewährt und zweckentsprechend verwendet worden seien, nachträglich herabgesetzt. Dies stelle eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung dar. Zudem verstoße die Verordnung gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und den Grundsatz gemeindefreundlichen Verhaltens.
2. Der Richter Dr. Becker zeigte dem Gericht mit Schreiben vom 11. März 2014 an, dass er der verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei angehöre. Diese vertrete die Beschwerdeführerin zu 1. auch in einem verwaltungsgerichtlichem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam (VG 1 K 1843/13), das sich gegen auf der Grundlage der streitigen Verordnung erlassene Bescheide des Ministeriums der Finanzen richte. Die Vollmacht in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren schließe seine Person mit ein. Auch wenn dies im vorliegenden Verfahren nicht der Fall sei, begründe seines Erachtens die Zugehörigkeit zur bevollmächtigten Kanzlei die Besorgnis der Befangenheit.
3. Die Beschwerdeführer und die Äußerungsberechtigten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
II.
Die Selbstablehnung des Richters Dr. Becker ist begründet.
1. Gemäß § 15 Abs. 4 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kann sich ein Richter selbst für befangen erklären. Hierüber entscheidet nach § 15 Abs. 3 VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluss des betreffenden Richters.
2. Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des Prozessrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr., vgl. etwa Beschlüsse vom 15. Juni 1994 – VfGBbg 10/94 EA –; vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -; vom 28. Juli 2005 - VfGBbg 217/03 -; vom 15. Juni 2006 - VfGBbg 58/04 -; vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 45/06 – und vom 17. Februar 2012 – VfGBbg 47/11 -, jeweils www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Umstand, dass die Beschwerdeführer von der Kanzlei vertreten werden, der Richter Dr. Becker als Partner angehört, ist geeignet, bei einem Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, der Richter werde an der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken können. Es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist.
Damit kann dahinstehen, ob die Vertretung der Beschwerdeführerin zu 1. durch die Verfahrensbevollmächtigten in dem von Richter Dr. Becker angeführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren dazu führt, dass er für das vorliegende Verfahren gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 VerfGGBbg von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen ist.
Möller | Dielitz |
Dresen | Dr. Lammer |
Partikel | Schmidt |