VerfGBbg, Beschluss vom 14. Juli 1994 - VfGBbg 3/94 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 4 | |
Schlagworte: | - zügiges Verfahren - Vollstreckungsrecht |
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nichtamtlicher Leitsatz: | 1. Art. 52 Abs. 4 LV hat Grundrechtscharakter. Die Dauer, innerhalb derer Anspruch auf gerichtliche Entscheidung besteht, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. 2. Das Recht aus Art. 52 Abs. 4 LV auf Durchführung eines zügigen Verfahrens ist jedenfalls dann nicht verletzt, wenn Verfahrensverzögerungen auf Maßnahmen zur einigungsbedingten Neustrukturierung der Gerichtsorganisation zurückzuführen sind. |
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Fundstellen: | - LVerfGE 2, 115 | |
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 14. Juli 1994 - VfGBbg 3/94 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 3/94

B E S C H L U S S | ||||||||||
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden von W., Beschwerdeführer, u.a. wegen Nichtabschluß des Verfahrens durch das Amtsgericht Luckenwalde hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am 14. Juli 1994 b e s c h l o s s e n : Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen. G r ü n d e : Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinen Verfassungsbeschwerden, die das Verfassungsgericht zur Entscheidung verbunden hat, gegen die Dauer eines von ihm betriebenen Versteigerungsverfahrens beim Amtsgericht Luckenwalde, gegen mangelnde Personalausstattung dieses Gerichts durch das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg, das Brandenburgische Oberlandesgericht und das Landgericht Potsdam und gegen Neuordnung der Justizzuständigkeiten ohne entsprechende Personalausstattung. Er fühlt sich in seinem Recht aus Art. 52 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) verletzt. Der Beschwerdeführer beantragte am 20. Juni 1993 beim Kreisgericht Königs Wusterhausen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft die Zwangsversteigerung. Die Zuständigkeit für dieses Verfahren wechselte durch die Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten und Zuständigkeitskonzentrationen (Gerichtszuständigkeits -Verordnung- GerZustV - vom 3. November 1993, GVB1 II 5. 689) mit Wirkung vom 1. Dezember 1993 zum Amtsgericht Luckenwalde. Zur Begründung seiner Verfassungsbeschwerden trägt der Beschwerdeführer vor: Das Zwangsversteigerungsverfahren werde durch das Amtsgericht Luckenwalde im Gegensatz zu dem vor der Zuständigkeitsneuordnung befaßten Kreisgericht Königs Wusterhausen mangels qualifizierten Personals derzeit nicht bearbeitet. Das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg, das Brandenburgische Oberlandesgericht und das Landgericht Potsdam hätten es versäumt, das Amtsgericht Luckenwalde mit dem nötigen Personal auszustatten. Der Brandenburgische Landtag habe eine Neuordnung der Gerichtszuständigkeiten vorgenommen, ohne für das notwendige Personal zu sorgen. B. Der Beschwerdeführer ist durch die Dauer seines Zwangsversteigerungsverfahrens nicht in seinem Grundrecht aus Art. 52 Abs. 4 LV auf ein zügiges Verfahren verletzt. Das Verfassungsgericht hat bereits entschieden, daß diese Vorschrift jedermann einen Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung in einem zeitlich überschaubaren Rahmen einräumt (vgl. Beschluß vom 19. Mai l994-VfgBbg 6/93). Art. 52 Abs. 4 LV greift damit den bereits im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes auf. Die danach angemessene Verfahrensdauer ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu bemessen (vgl. BVerfGE 55, 349 (369)). Im Falle des Beschwerdeführers ist zu berücksichtigen, daß das von ihm betriebene Zwangsversteigerungsverfahren in die Zeit des Auf- und Umbaus der Justiz in dem neuen Bundesland Brandenburg fällt. Zudem ist nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers die Bearbeitung durch das damals zuständige Kreisgericht Königs Wusterhausen - im Zusammenwirken mit dessen Patengericht in Nordrhein Westfalen - ab 20. September 1993 perfekt angelaufen und hat, wie sich ebenfalls aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ergibt, etwa zwei Monate angedauert. Die seither verstrichene Zeit stellt sich angesichts der aufbaubedingt außerordentlich hohen Arbeitsbelastung der brandenburgischen Gerichte nicht als Verletzung des Art. 52 Abs. 4 LV dar. Die Umsetzung von Personal zur gezielten Förderung des Verfahrens des Beschwerdeführers hätte zwangsläufig Verzögerungen in den Verfahren anderer Rechtssuchender zur Folge. Dies kann der Beschwerdeführerbilligerweise nicht beanspruchen. II. Das Ergebnis ändert sich auch dann nicht, wenn die Verfahrensverzögerung, wie es der Beschwerdeführer vorträgt, auf den Zuständigkeitswechsel vom Kreisgericht Königs Wusterhausen zum Amtsgericht Luckenwalde durch die Neuordnung der Justizzuständigkeiten zurückzuführen ist. Die Neuordnung der Zuständigkeiten verfolgt erkennbar das Ziel, eine effektive und schnelle Arbeit der Gerichte im gesamten Land Brandenburg zu gewährleisten und kommt damit der Vorgabe des Art. 52 Abs. 4 LV entgegen. Daß dabei im Einzelfall Verzögerungen auftreten können, ist unumgänglich und angesichts des Interesses an einer Neustrukturierung der Justiz hinzunehmen. | ||||||||||
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