VerfGBbg, Beschluss vom 13. April 2012 - VfGBbg 54/11 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1 - VerfGGBbg, § 46 |
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Schlagworte: | - überlange Verfahrensdauer - Darlegung |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 13. April 2012 - VfGBbg 54/11 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 54/11
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
K.,
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin S.,
Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
Gertrud-Piter-Platz 11,
14767 Brandenburg an der Havel,
Äußerungsberechtigter zu 1,
K.
Äußerungsberechtigte zu 2,
Direktor des Amtsgerichts Königs Wusterhausen,
Schloßplatz 4,
15711 Königs Wusterhausen,
Äußerungsberechtigter zu 3,
wegen Dauer der Verfahren Amtsgericht Königs Wusterhausen, Az. 11 F 394/04, und Brandenburgisches Oberlandesgericht, Az. 15 WF 268/10,
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg durch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Möller, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 13. April 2012
b e s c h l o s s e n:
1. Das Recht des Beschwerdeführers auf ein zügiges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg ist dadurch verletzt, dass es das Brandenburgische Oberlandesgericht unterlassen hat, in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 15 WF 268/10 in angemessener Zeit über die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.
2. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer dessen notwendige Auslagen zu ersetzen.
3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
A.
Seit dem 3. Dezember 2004 ist beim Amtsgericht Königs Wusterhausen zum Aktenzeichen (Az.) 11 F 394/04 das im Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau, der Äußerungsberechtigten zu 2, geführte Scheidungsverfahren mit dem als Folgesache im Verbund betriebenen Unterhaltsverfahren (§ 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG) anhängig. An Trennungsunterhalt zahlt der Beschwerdeführer an die Äußerungsberechtigte zu 2 entsprechend einem familiengerichtlichen Vergleich seit der Trennung im April 2004 monatlich 1.600,- € sowie den Beitrag zu ihrer Krankenversicherung in Höhe von 360,51 € monatlich.
Am 30. Januar 2009 erließ das Amtsgericht Königs Wusterhausen einen Beweisbeschluss, der die für das Unterhaltsverfahren maßgebliche Arbeitsfähigkeit der Äußerungsberechtigten zu 2 zum Gegenstand hatte. Der zum Sachverständigen bestellte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie T. sollte insbesondere prüfen, ob die Äußerungsberechtigte unter einer Angststörung leide und deshalb ihren erlernten Beruf der Krankenschwester nicht ausüben könne.
Der Sachverständige erstellte sein Gutachten unter dem 30. Dezember 2009.
Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2010 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Gutachten und stellte dem Sachverständigen zusätzliche Fragen.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen beauftragte den Sachverständigen mit Schreiben vom 15. April 2010, zu den Fragen und Einwendungen des Beschwerdeführers aus dem Schriftsatz vom 24. Februar 2010 schriftlich Stellung zu nehmen, was der Gutachter unter dem 25. Mai 2010 tat. Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2010, beim Amtsgericht Königs Wusterhausen am 11. Juni 2010 eingegangen, lehnte der Beschwerdeführer den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit - ab und beantragte, ein Obergutachten durch einen weiteren Sachverständigen einzuholen. Das Amtsgericht Königs Wusterhausen wies das Befangenheitsgesuch und den Antrag auf Einholung eines Obergutachtens mit Beschluss vom 14. Juli 2010 zurück. Gegen die Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30. Juli 2010 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht (Oberlandesgericht) sofortige Beschwerde ein (Az. 15 WF 268/10).
Der Beschwerdeführer lehnte ebenfalls unter dem 30. Juli 2010 unter Berufung auf die Ausführungen im Beschluss des Amtsgerichts vom 14. Juli 2010 den für das Scheidungsverfahren zuständigen Richter am Amtsgericht wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Am 12. August 2010 ging die wegen der sofortigen Beschwerde vom 30. Juli 2010 angeforderte Verfahrensakte beim Oberlandesgericht ein und wurde von dort am 19. August 2010 wegen der noch ausstehenden Entscheidung des Amtsgerichts, der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Juli 2010 abzuhelfen oder ihr nicht abzuhelfen, an das Amtsgericht zurückgesandt. Am 25. August 2010 wies das Amtsgericht das die Befangenheit des zuständigen Richters am Amtsgericht betreffende Gesuch des Beschwerdeführers zurück. Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 6. September 2010 sofortige Beschwerde beim Amtsgericht ein (Az. beim Oberlandesgericht 15 WF 357/10), der das Amtsgericht mit Beschluss vom 24. September 2010 nicht abhalf. Am 1. Oktober 2010 erreichten die Gerichtsakten das Oberlandesgericht. Der Beschwerdeführer stellte am 18. Januar 2011 betreffend die Aktenzeichen 15 WF 268/10 und 15 WF 357/10 eine Sachstandsanfrage an das Oberlandesgericht. Das Oberlandesgericht teilte dem Beschwerdeführer am 28. April 2011 mit, dass in Kürze mit einer Entscheidung gerechnet werden könne. Der Beschwerdeführer stellte am 1. Juni und 6. Juli 2011 erneut schriftliche Sachstandsanfragen an das Oberlandesgericht. Am 14. Juli 2011 wies das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde vom 6. September 2010 über die Richterbefangenheit zurück und setzte den Streitwert für das Beschwerdeverfahren fest; die Akten verblieben beim Oberlandesgericht. Gegen die Streitwertfestsetzung legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27. Juli 2011 Gegenvorstellung ein, über die das Oberlandesgericht am 14. November 2011 entschied. Zwischenzeitlich hatte der Beschwerdeführer hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens mit dem Az. 15 WF 268/10 (Sachverständigenablehnung) am 30. September 2011 nochmals nach dem Sachstand gefragt. Mit Verfügung des Oberlandesgerichts vom 23. November 2011 gelangte die Akte am 28. November 2011 zum Amtsgericht zurück. Das Amtsgericht half mit Beschluss vom 13. Januar 2012 der sofortigen Beschwerde vom 30. Juli 2010 (Sachverständigenbefangenheit) nicht ab. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts steht noch aus.
B.
Der Beschwerdeführer rügt mit der Verfassungsbeschwerde vom 24. Oktober 2011 zunächst die Verletzung seines Grundrechts auf ein zügiges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) durch die zum damaligen Zeitpunkt ein Jahr und drei Monate währende Untätigkeit des Oberlandesgerichts in dem Beschwerdeverfahren der Sachverständigenablehnung.
Das Oberlandesgericht habe in diesem Verfahren seit dem 30. Juli 2010 nichts veranlasst, obwohl die Sache allein mit Blick auf die Dauer des Scheidungsverfahrens beim Amtsgericht Königs Wusterhausen eilbedürftig gewesen sei. Seit der Mitteilung des Oberlandesgerichts vom 28. April 2011, es könne in Kürze mit einer Entscheidung gerechnet werden, sei fast ein halbes Jahr ergebnislos verstrichen.
Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, die behauptete Befangenheit des Sachverständigen, weise keinerlei Schwierigkeit auf, insbesondere zwinge sie nicht zur Beantwortung komplizierter Rechtsfragen. Das Oberlandesgericht sei auch nicht verpflichtet gewesen, die durch das gegen den zuständigen Richter am Amtsgericht gerichtete Befangenheitsgesuch aufgeschobene Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts abzuwarten; vielmehr habe das Oberlandesgericht wegen der langen Verfahrensdauer und des Umstandes, dass die Akten sich bereits mehr als ein Jahr lang bei ihm befunden hätten, unmittelbar über die sofortige Beschwerde entscheiden müssen. Er selbst habe zu der Verfahrensverzögerung nicht beigetragen. Auch sonstige außerhalb der Sphäre des Amtsgerichts Königs Wusterhausen und des Oberlandesgerichts liegende Gründe für die lange Verfahrensdauer seien nicht ersichtlich.
Die Bedeutung der Angelegenheit einschließlich ihrer Dauer sei für ihn mit Blick auf den bis zur Ehescheidung zu zahlenden Trennungsunterhalt in Höhe von 1.600,00 € monatlich und des Beitrags zur Krankenversicherung der Äußerungsberechtigten zu 2 sehr groß; zumal er aufgrund einer nach Beginn der Trennungsunterhaltszahlungen eingetretenen Krebserkrankung eine von zwei Chefarzt-Stellen habe aufgeben müssen.
Weiter trägt der Beschwerdeführer vor, dass er mit seiner Verfassungsbeschwerde die überlange Dauer des Scheidungsverfahrens insgesamt rüge. Aus seiner Sicht komme es nicht darauf an, an welchem Gericht es liege, dass er in einem seit dem Jahre 2004 anhängigen Verfahren noch immer nicht geschieden sei.
C.
Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Äußerungsberechtigter zu 1, der Direktor des Amtsgerichts Königs Wusterhausen als Äußerungsberechtigter zu 3 und die Äußerungsberechtigte zu 2 hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat mit Schreiben vom 17. November 2011 und 1. Februar 2012 erklärt, nach Auffassung des zuständigen Familiensenats sei vorrangig über die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des gegen den zuständigen Richter am Amtsgericht gerichteten Ablehnungsgesuchs zu befinden gewesen, weil dieser bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch eine Entscheidung im Abhilfeverfahren hinsichtlich der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Juli 2010 (Sachverständigenablehnung) nicht habe treffen können. Ferner sei die Belastung des Familiensenats im Jahre 2011 anhaltend hoch gewesen und habe Stand Oktober 2011 1,504 Pensen je Richter nach dem Bundespensenschlüssel bzw. 1,208 nach dem bundeseinheitlichen Personalberechnungssystem Pebb§y betragen.
Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.
D.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig und zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Dauer des Scheidungsverfahrens beim Amtsgericht Königs Wusterhausen insgesamt wendet. Sie erfüllt insoweit nicht die Anforderungen, die § 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg an die Darlegung eines Grundrechtseingriffs stellen.
Nach diesen Bestimmungen hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit darzutun und durch Tatsachen zu begründen, dass er durch ein Verhalten der öffentlichen Gewalt in einem Grundrecht verletzt werde. Dies hat der Beschwerdeführer mit Blick auf das von ihm als durch die Dauer des Scheidungsverfahrens vor dem Amtsgericht Königs Wusterhausen verletzt angesehene Recht auf ein zügiges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV nicht getan. Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV gewährt dem Rechtsschutzsuchenden ein einklagbares Grundrecht auf eine gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Beschluss vom 18. Februar 2010 – VfGBbg 47/09 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Welcher Zeitraum in diesem Sinne angemessen ist, beurteilt sich mangels allgemein gültiger Vorgaben oder Richtlinien stets nach den besonderen Umständen des einzelnen Falls. Diese Umstände sind insbesondere das prozessuale Verhalten des Beschwerdeführers, die Bedeutung der Angelegenheit für ihn, außerhalb der Sphäre des Gerichts liegende Gründe (Urteil vom 17. Dezember 2009 – VfGBbg 30/09 -, NVwZ 2010, 378; Beschluss vom 18. Februar 2010 – VfGBbg 47/09 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de), die Natur des Verfahrens, die Schwierigkeit der Sachmaterie und die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer auf die Beteiligten (zu dem aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes abgeleiteten Recht auf effektiven Rechtsschutz in seiner Ausprägung als Anspruch auf gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit: Bundesverfassungsgericht - BVerfG - NJW-RR 2010, 207; NJW 2001, 214).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt Einzelheiten zum Gang des Verfahrens nicht erkennen, insbesondere zur Verfahrensleitung des Amtsgerichts und zu dem prozessualen Verhalten der Verfahrensbeteiligten für die Zeit vom Beginn des Verfahrens im Dezember 2004 bis zum Beweisbeschluss des Amtsgerichts vom 30. Januar 2009. Die Verfahrensleitung durch das Amtsgericht ab dem 30. Januar 2009 bis zur Zurückweisung des gegen den Sachverständigen gerichteten Ablehnungsgesuchs am 14. Juli 2010 greift der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt seines Grundrechts auf ein zügiges Verfahren mit seiner Verfassungsbeschwerde nicht an. Insoweit sind auch Auffälligkeiten wie etwa die verzögerte Zustellung von Schriftsätzen oder das Hinausschieben von Zwischenentscheidungen nicht zu verzeichnen. Als für das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV relevant kommt mithin nur der Zeitraum seit dem 30. Juli 2010, dem Tag der Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Juli 2010 zum Oberlandesgericht, in Betracht. Ob dieser weniger als ein Viertel der bisherigen Gesamtdauer des Scheidungsverfahrens ausmachende Zeitraum eine Verletzung des Grundrechts auf ein zügiges Verfahren begründet haben kann, entzieht sich der verfassungsrechtlichen Würdigung; mangels Darlegung des Verfahrensgangs bis zum Januar 2009 und der sonstigen für die Verfahrensdauer bis zum Januar 2009 ursächlichen Umstände durch den Beschwerdeführer vermag nicht eingeschätzt werden, inwieweit der Verfahrensablauf seit dem 30. Juli 2010 diesen gegenüber bei wertender Betrachtung ins Gewicht fallen und die Bewertung des gesamten Verfahrens als von unangemessener Dauer rechtfertigen könnte.
II.
Soweit der Beschwerdeführer die Dauer des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht (Az. 15 WF 268/10) rügt, ist seine Verfassungsbeschwerde zulässig. Dem steht auch nicht das zum 3. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v. 24.11.2011 entgegen. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erhoben worden. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg kommt es für die Erschöpfung des Rechtswegs auf den Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde an.
Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Das Grundrecht des Beschwerdeführers auf eine zügige gerichtliche Entscheidung aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV wird dadurch verletzt, dass es das Oberlandesgericht unterlassen hat, in dem Verfahren mit dem Az. 15 WF 268/10 über die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 14. Juli 2010, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ablehnung des Sachverständigen zurückgewiesen wurde, in angemessener Zeit zu entscheiden. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände, die eine Dauer des Beschwerdeverfahrens von insgesamt über 18 Monaten nicht rechtfertigen.
Der Natur des Verfahrens nach ist die Sachverständigenablehnung als für den (weiteren) Fortgang der Beweiserhebung im Hauptverfahren maßgebliches Zwischenverfahren nach § 406 ZPO auf eine zügige Erledigung ausgerichtet. § 406 Abs. 5 ZPO sieht als Rechtsmittel gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs die fristgebundene, nämlich nach § 569 Abs. 1 ZPO binnen zwei Wochen einzulegende sofortige Beschwerde vor, welche wiederum – sofern das Ausgangsgericht ihr nicht abhilft – „unverzüglich“ (§ 572 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ZPO) an das Beschwerdegericht zu gelangen hat. Das Beschwerdegericht soll im Beschwerdeverfahren möglichst schnell in die Lage versetzt werden, über die Sachverständigenablehnung verbindlich zu entscheiden.
Das vorliegende Verfahren der Sachverständigenablehnung weist weder seinem Gegenstand noch seinem Umfang nach besondere Schwierigkeiten auf, welche der gebotenen zügigen Erledigung entgegenstehen könnten. Das vom Oberlandesgericht im Rahmen der sofortigen Beschwerde zu absolvierende Prüfungsprogramm ist durch § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 2 ZPO beschränkt auf - vom Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 7. Juni 2010 auf 12 Seiten geltend gemachte und eine Beweisaufnahme nicht erfordernde – Gründe, welche geeignet sein könnten, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen.
Das Ablehnungsverfahren wirkt sich zwar nicht unmittelbar auf die Rechtsposition des Beschwerdeführers aus, weil es nicht mit einer Sachendentscheidung abschließt, sondern diese lediglich vorbereitet; das Hauptverfahren betrifft auch keine Kindschaftssache, so dass das Ablehnungsverfahren nicht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 FamFG unterfällt. Da das zur Sachendentscheidung führende Hauptverfahren aber so lange stillsteht, wie das Ablehnungsverfahren nicht abgeschlossen ist, ist letzteres für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers von erheblicher Bedeutung; es verlängert die bis zum Abschluss des Hauptverfahrens bestehende im Vergleichswege begründete Verpflichtung des Beschwerdeführers, an die Äußerungsberechtigte zu 2 Trennungsunterhalt einschließlich des Beitrags zur privaten Krankenversicherung in Höhe von insgesamt ca. 2.000,- € monatlich zu zahlen.
Besonderer Berücksichtigung bedarf der Umstand, dass das Oberlandesgericht sich so lange an einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den die Ablehnung des Sachverständigen betreffenden Beschluss vom 14. Juli 2010 gehindert sah, wie das Amtsgericht Königs Wusterhausen die Abhilfeentscheidung nach § 572 Abs. 1 ZPO noch nicht getroffen hatte. Ausgangspunkt für die hierdurch eingetretene Verzögerung war, dass der Beschwerdeführer außer dem Sachverständigen am 30. Juli 2010 auch den zuständigen Richter am Amtsgericht wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte und dieser nach § 47 Abs. 1 ZPO bis zur Erledigung des gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuchs über die Abhilfe nicht befinden konnte. Zwar ist dem Beschwerdeführer im Rahmen der Bewertung der Verfahrensdauer das Stellen des Befangenheitsantrages gegen den Richter nicht vorzuwerfen, da es sich hierbei um ein statthaftes, nicht rechtsmissbräuchliches prozessuales Vorgehen handelt; jedoch können die hieraus resultierenden Verzögerungen auch nicht ohne weiteres dem Gericht angelastet werden (vgl. zum Bundesrecht BVerfG NJW-RR 2010, 207).
Es kann dahinstehen, ob das Oberlandesgericht nicht bereits gehalten war, die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Juli 2010 zu bescheiden, ohne die Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts abzuwarten (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 24. Mai 2002 – Az. 5 W 4/02 -, MDR 2001, S. 1391). Jedenfalls hat das Gericht bei der Gestaltung des Verfahrens auch dessen Gesamtdauer zu berücksichtigen, und mit zunehmender Dauer verdichtet sich seine Pflicht, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 – VfGBbg 30/09 -, aaO; zum Bundesrecht BVerfG NJW-RR 2010, 207; NJW 2001, 214); das bedeutet, das Oberlandesgericht hat im Beschwerdeverfahren auch den Umstand zu beachten, dass das Ausgangsverfahren bereits über sieben Jahre währt. Wegen der Abhängigkeit des Fortgangs des die Sachverständigenablehnung betreffenden Beschwerdeverfahrens von der Erledigung des Richterablehnungsverfahrens musste das Oberlandesgericht daher, um seiner Pflicht zu genügen, sich um eine nachhaltige Verfahrensbeschleunigung zu bemühen, das Richterablehnungsverfahren zügig erledigen. Dies hat es nicht getan.
Der für die Frage der zügigen Erledigung des Richterablehnungsverfahrens zu beurteilende Zeitraum währte vom 1. Oktober 2010 bis zum 23. November 2011. Zwar erhielt das Oberlandesgericht die Akten anforderungsgemäß bereits am 12. August 2010 wegen der sofortigen Beschwerde vom 30. Juli 2010 (Sachverständigenablehnung), jedoch sandte es sie in nicht zu beanstandender Weise an das Amtsgericht zurück, weil dieses eine Abhilfeentscheidung noch nicht getroffen hatte. Zudem war zu diesem Zeitpunkt beim Amtsgericht bereits der Befangenheitsantrag gegen den zuständigen Richter am Amtsgericht anhängig, über welchen das Amtsgericht mit den Beschlüssen vom 25. August 2010 (Zurückweisung) und 24. September 2010 (Nichtabhilfe) entschied, so dass die Akten erst am 1. Oktober 2010 wieder an das Oberlandesgericht zurück gelangten.
Allerdings veranlasste das Oberlandesgericht im Richterablehnungsverfahren - mit Ausnahme des Hinweises vom 28. April 2011, dass in Kürze mit einer Entscheidung gerechnet werden könne - bis zum die sofortige Beschwerde zurückweisenden Beschluss vom 14. Juli 2011 nichts. In der Folgezeit war es bis zu dem am 1. August 2011 erfolgten Eingang der Gegenvorstellung des Beschwerdeführers vom 27. Juli 2011 gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 14. Juli 2011 und nach dem Eingang der Gegenvorstellung bis zum 14. November 2011 (Zurückweisung der Gegenvorstellung) in der Sache untätig, insbesondere sandte es in diesem Zeitraum nicht die Akten an das Amtsgericht zurück, damit dieses nunmehr über die Abhilfe wegen der sofortigen Beschwerde im Verfahren der Sachverständigenablehnung entscheide; die Aktenversendung an das Amtsgericht erfolgte vielmehr erst am 23. November 2011.
Das Oberlandesgericht hat damit einschließlich Zurücksendung der Akten an das Amtsgericht annähernd 14 Monate gebraucht, um über die Richterablehnung zu entscheiden und das Amtsgericht in die Lage zu versetzen, die Abhilfeentscheidung im Verfahren der Sachverständigenablehnung zu treffen. Zwar ist dem Oberlandesgericht auch ein gewisser Zeitraum zur Bearbeitung der die Streitwertfestsetzung betreffenden Gegenvorstellung vom 27. Juli 2011 zuzugestehen. Es hätte die Entscheidung über diese jedoch entweder zurückstellen und das Amtsgericht zunächst unverzüglich die Abhilfeentscheidung im zu beschleunigenden Verfahren der Sachverständigenablehnung treffen lassen können oder vor unverzüglicher Zurücksendung der Akte an das Amtsgericht Kopien der für die seiner Auffassung nach im Lichte der Gegenvorstellung für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Aktenbestandteile anfertigen können (vgl. zur Aktenkopie als Mittel der Verfahrensbeschleunigung Urteil vom 17. Dezember 2009 – VfGBbg 30/09 -, aaO); letzteres wäre ausweislich der Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 14. Juli und 14. November 2011 ein überschaubarer Aufwand gewesen. Allein diese Möglichkeiten ungenutzt gelassen zu haben, hat die amtsgerichtliche Abhilfeentscheidung und in der Folge die Erledigung der sofortigen Beschwerde beim Oberlandesgericht um gut vier Monate hinausgezögert.
Zu diesen ca. 14 Monaten, in welchen das die Sachverständigenablehnung betreffende Beschwerdeverfahren wegen der Gestaltung des Richterablehnungsverfahrens durch das Oberlandesgericht stillstand, kommen weitere zwei Monate der Untätigkeit des Oberlandesgerichts hinzu, nachdem das Amtsgericht am 13. Januar 2012 die Abhilfeentscheidung getroffen und die Akten am 10. Februar 2011 an das Oberlandesgericht zurückgeschickt hatte.
Die vom Äußerungsberechtigten zu 1 vorgetragene hohe Belastung des zuständigen Familiensenats vermag die lange Dauer des Verfahrens 15 WF 268/10 nicht zu rechtfertigen. Das Recht auf ein zügiges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV bindet nicht nur die Rechtsprechung, sondern auch Legislative und Exekutive, es unterliegt auch keinem Finanzierungsvorbehalt; das bedeutet, Landesregierung und Haushaltsgesetzgeber haben die Einhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch die Organisation der Gerichtsbarkeit und ihre personelle und sachliche Ausstattung sicherzustellen (Urteil vom 17. Dezember 2009 – VfGBbg 30/09 –, aaO, und Beschluss vom 20. März 2003 – VfGBbg 108/02 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Sofern für die überlange Verfahrensdauer (auch) eine unzulängliche Personalausstattung des Oberlandesgerichts und für diese wiederum eine nicht auskömmliche Ausweisung finanzieller Mittel für die Justiz im Haushaltsgesetz ursächlich sein sollte, so ändert dies nichts an dem Befund einer der öffentlichen Gewalt im Sinne von § 45 Abs. 1 VerfGGBbg zuzurechnenden Verletzung des Rechts auf ein zügiges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV.
E.
I.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg.
II.
Die Gegenstandswertfestsetzung erfolgt nach § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Gemäß ständiger Praxis des Gerichts in Verfahren über Individualverfassungsbeschwerden gegen Gerichtsentscheidungen war hier der Gegenstandswert auf 4.000,00 € festzusetzen.
F.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Möller |
Nitsche | Partikel |
Schmidt |