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VerfGBbg, Beschluss vom 9. September 2016 - VfGBbg 85/15 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1
- VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 20 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46
- SGG, § 73a
Schlagworte: - Subsidiarität
- Anhörungsrüge
- Begründungsanforderungen
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 9. September 2016 - VfGBbg 85/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 85/15




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

U.

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt
L.

wegen Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 29. Oktober 2015 (S 38 AS 4685/13)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 9. September 2016

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Partikel

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Behandlung eines Prozesskostenhilfeantrags.

 

I.

Der Beschwerdeführer begehrte von der Beklagten des Ausgangsverfahrens (nachfolgend: Beklagte) den Ersatz von Kosten einer anwaltlichen Vertretung im Zusammenhang mit einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren. Auf einen anwaltlichen Kostenfestsetzungsantrag über 309,40 € erkannte die Beklagte einen Erstattungsbetrag von 57,12 € an. Der Beschwerdeführer erhob nach erfolglosem Vorverfahren Klage auf Zahlung des Differenzbetrages und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Das Sozialgericht Cottbus gab der Klage in Höhe von weiteren 57,12 € mit Urteil vom 17. September 2015 statt und ordnete an, dass die Beklagte dem Beschwerdeführer 1/5 der Kosten zu erstatten habe.

 

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2015 lehnte das Sozialgericht den Prozesskosten-hilfeantrag ab. Die Bewilligung sei nicht mehr notwendig, soweit die Klage Erfolg gehabt habe. Soweit darüber hinaus mit der Klage eine höhere Zahlung begehrt worden sei, habe keine hinreichende Erfolgsaussicht bestanden.

 

Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Beschluss Anhörungsrüge erhoben, mit der er eine Verletzung des Grundrechts der Rechtsschutzgleichheit rügt.

 

II.

Der Beschwerdeführer hat am 9. November 2015 parallel zur Anhörungsrüge Verfassungsbeschwerde erhoben und geltend gemacht, die Ablehnung der Prozesskostenhilfe verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 52 Abs. 3 Landesverfassung (LV). Das Sozialgericht verkenne das Grundrecht der Rechtsschutzgleichheit. Prozesskostenhilfe sei immer dann zu gewähren, wenn die Klage bei Stellung des Prozesskostenhilfeantrages nicht offensichtlich völlig unbegründet sei.

 

 

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Bran-denburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht schon deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer parallel Anhörungsrüge erhoben hat. Denn die Anhörungsrüge ist, wie er sogar selbst annimmt, offensichtlich aussichtslos. Die Anhörungsrüge ist nicht gegen beliebige Rechtsverstöße, sondern allein gegen Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör eröffnet (Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 29/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Einen möglichen Gehörsverstoß hat der Beschwerdeführer mit seiner Gehörsrüge aber nicht geltend gemacht, sondern allein gerügt, die Entscheidung verstoße gegen das Grundrecht der Rechtsschutzgleichheit. Dies berührt nach keiner Betrachtungsweise den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör.  

 

2. Die Verfassungsbeschwerde ist aber unzulässig, weil das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht dem aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg folgenden Begründungserfordernis genügt. Danach muss der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte hinreichend deutlich aufzeigen (vgl. BVerfGE 98, 169, 196). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (Beschluss vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfGE 88, 40, 45; 99, 84, 87; 101, 331, 345; 105, 252, 264; 108, 370, 386 f). Demnach muss der Beschwerdeführer ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus seiner Sicht im Einzelnen liegt. Dem genügt das Vorbringen nicht.

 

Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, worin vorliegend die grundsätzlich unrichtige Anschauung des Sozialgerichts von der Bedeutung der grundrechtlich verbürgten Rechtsschutzgleichheit liegen soll. Das gilt umso mehr, als der vom Beschwerdeführer selbst gebildete Maßstab für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten eines Klagebegehrens die gesetzlichen Anforderungen verfehlt. Seine Auffassung, Prozesskostenhilfe sei immer dann zu gewähren, wenn eine Klage bei Stellung des Prozesskostenhilfeantrages nicht offensichtlich völlig unbegründet sei, steht nicht im Einklang mit den gesetzlichen Voraussetzungen. Hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Sozialgerichtsgesetz i. V. m. § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung verspricht die Rechtsverfolgung vielmehr dann, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 73a Rn. 7; Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 73a Rn. 8-11). Das ist der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Juni 2016 - L 25 AS 735/16 B PKH -, juris; Udsching, in: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl., VI. Kap. Rn. 60).

 

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Partikel