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VerfGBbg, Beschluss vom 4. August 2000 - VfGBbg 21/00 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 96 Abs. 3 Satz 1; LV, Art. 48 Abs. 1; LV, Art. 42 Abs. 1 Satz 1;
  LV, Art. 42 Abs. 1 Satz 2
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte: - Begründungserfordernis
- Beschwerdebefugnis
- Staatszielbestimmung
- Wirtschaft
- Arbeit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 4. August 2000 - VfGBbg 21/00 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 21/00



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

K.,

Beschwerdeführer,

u. a. gegen die Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. März 2000 und vom 13. April 2000

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Knippel, Dr. Dombert,
Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse,
Prof. Dr. Schröder, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

am 4. August 2000

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

G r ü n d e :

I.

Über das Vermögen des Beschwerdeführers ist die Gesamtvollstreckung eröffnet worden.

Mit seiner am 18. Mai 2000 bei Gericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, daß er Geschäftsführer eines gewinnbringenden Bauunternehmens mit 200 Arbeitsplätzen gewesen sei. Im Jahr 1995 habe das Finanzamt P. aufgrund einer unzutreffenden Berechnung seiner Steuerschuld eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlassen. Diese - auf seinen Widerspruch hin aufgehobene - Pfändungsverfügung habe dazu geführt, daß ihm sämtliche Kredite gekündigt worden seien. Auf diese Weise habe er nicht nur sein Geschäfts- sondern auch sein Privateigentum verloren. Er fühlt sich ungerecht behandelt und der Behördenwillkür ausgeliefert. Das Land Brandenburg habe ihn im Aufbau seines Gewerbebetriebes keinerlei Unterstützung gewährt.

Der Beschwerdeführer stützt seine Verfassungsbeschwerde auf Art. 12 Abs. 1, Art. 42 Abs. 1, Art. 48 Abs. 1 und Art. 96 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg (Landesverfassung - LV). Er fordert die Wiederherstellung seines Unternehmens und beantragt die Aufhebung der Beschlüsse des Oberlandesgerichts. Die Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts betreffen einzelne im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahrens ergangene Entscheidungen.

Mit Beschluß vom 16. März 2000 verwarf das Oberlandesgericht eine weitere sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mit der Begründung, daß nach der Gesamtvollstreckungsordnung eine weitere Beschwerde nicht statthaft sei.

Mit Beschluß vom 13. April 2000 verwarf das Oberlandesgericht eine weitere sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers betreffend die Zwangsversteigerung eines Grundstücks, dessen Eigentümer der Beschwerdeführer in ungeteilter Erbengemeinschaft mit einer weiteren Person war. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, daß dem Beschwerdeführer nach der Eröffnung des Zwangsvollstreckungsverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich des von der Beschlagnahme erfaßten Anteils am ungeteilten Nachlaß nicht mehr zustehe.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Soweit der Beschwerdeführer die Wiederherstellung seines Unternehmens fordert, ist die Verfassungsbeschwerde nicht statthaft. Die Einrichtung eines Gewerbebetriebes kann nicht im Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 6 Abs. 2 LV durchgesetzt werden.

2. Soweit sich der Beschwerdeführer allgemein gegen “Behördenwillkür” wendet und die mangelnde Unterstützung durch das Land Brandenburg beklagt, ist die Verfassungsbeschwerde mangels Darlegung einer Grundrechtsverletzung unzulässig (vgl. Art. 6 Abs. 2 LV, §§ 45 Abs. 1, 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg). Es fehlt schon an einer hinreichend konkreten Bezeichnung des Grundrechts, das verletzt sein soll und der Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt. Soweit der Beschwerdeführer eine mögliche Verletzung von Art. 96 Abs. 3 Satz 1, 48 Abs. 1 und 42 Abs. 1 Satz 1 LV geltend macht, ist er nicht beschwerdebefugt.

a. Art. 96 Abs. 3 Satz 1 LV, wonach die Aufgaben der Verwaltung durch Beamte und Verwaltungsangehörige wahrgenommen werden, die parteiunabhängig arbeiten und der Verfassung und den Gesetzen verpflichtet sind, gewährleistet kein Grundrecht. Es handelt sich hierbei um eine Norm des Staatsorganisationsrechts, deren mögliche Verletzung nicht im Wege einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 6 Abs. 2 LV geltend gemacht werden kann.

b. Art. 48 Abs. 1 LV verbürgt in seinem hier in Frage stehenden Gewährleistungsumfang kein Grundrecht. Eine abwehrrechtliche und damit grundrechtliche Komponente wird Art. 48 Abs. 1 LV nur insoweit beigemessen, als das Recht auf Arbeit “das Recht jedes einzelnen umfaßt, seinen Lebensunterhalt durch freigewählte Arbeit zu verdienen” (vgl. Berlit, in: Simon/Franke/Sachs [Hrsg.], Handbuch der Verfassung des Landes Brandenburg, 1994, § 9 Rn. 36). Um die freie Wahl des Berufes oder des Arbeitsplatzes geht es dem Beschwerdeführer jedoch nicht. Der Beschwerdeführer stützt sich vielmehr auf die in Art. 48 Abs. 1 LV ausgesprochene Verpflichtung des Landes, im Rahmen seiner Kräfte durch eine Politik der Vollbeschäftigung und Arbeitsförderung für die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit zu sorgen. Insoweit enthält Art. 48 Abs. 1 LV jedoch nur eine Staatszielbestimmung.

c. Art. 42 Abs. 1 Satz 1 LV enthält mit dem Recht auf freie Entfaltung wirtschaftlicher Eigeninitiative zwar ein Grundrecht, indem er das allgemeine Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit konkretisiert. Dennoch fehlt dem Beschwerdeführer bezogen auf Art. 42 Abs. 1 Satz 1 LV die Beschwerdebefugnis, weil er nicht dargelegt hat, inwieweit einzelne Organe des Landes Brandenburg gegen diese Verfassungsbestimmung verstoßen haben könnten. Der vom Beschwerdeführer zitierte Art. 42 Abs. 1 Satz 2 LV, wonach das Land Wettbewerb und Chancengerechtigkeit anstrebt, enthält keine eigene grundrechtliche Gewährleistung.

3. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamtes P. vom 11. April 1995, die nach Ansicht des Beschwerdeführers die Ursache für die Kündigung der Kredite und damit für die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens sei, wurde bereits am 20. Juni 1995 aufgehoben und kann daher nicht mehr Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein.

4. Auch soweit der Beschwerdeführer die Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 16. März 2000 und vom 13. April 2000 angreift, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Es sind keine Umstände dargetan, aus denen sich eine Verletzung des in Art. 12 Abs. 1 LV verbürgten Willkürverbots durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts ergeben könnte.

Dr. Knippel Dr. Dombert
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Dr. Jegutidse Prof. Dr. Schröder
Weisberg-Schwarz Prof. Dr. Will