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VerfGBbg, Beschluss vom 4. Mai 2007 - VfGBbg 3/07 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 26 Abs. 1 Satz 1; LV, Art. 27 Abs. 2; LV, Art. 27 Abs. 3 Satz 1
- VerfGGBbg, § 30 Abs. 1; VerfGGBbg, § 30 Abs. 7
Schlagworte:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 4. Mai 2007 - VfGBbg 3/07 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 3/07 EA



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

H.,

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt R.

gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. März 2007

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Dr. Jegutidse und Dr. Schöneburg

am 04. Mai 2007

gemäß § 30 Abs. 7 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg

b e s c h l o s s e n :

1. Es wird festgestellt, daß der Vizepräsident des Verfassungsgerichts Dr. Knippel von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen ist.

2. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird verworfen.

3. Der Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

I.

Der Ausschluß des Verfassungsrichters Dr. Knippel ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg). Der Verfassungsrichter ist in derselben Sache bereits von Berufs wegen tätig gewesen, da er an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Potsdam vom 05. Dezember 2006 mitgewirkt hat.

II.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

Das Landesverfassungsgericht hat zu den Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 VerfGGBbg bereits ausgeführt (Beschluß vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 21/97 EA -, LVerfGE 7, 101, 130 f.):

„Nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwendung schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Insoweit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab anzulegen. Die Frage, ob die Landesverfassung verletzt ist, ist in dem Verfahren über den Erlaß einer einstweiligen Anordnung noch nicht Gegenstand der Prüfung; die Gründe, die für eine Verfassungsrechtsverletzung sprechen, müssen grundsätzlich ebenso außer Betracht bleiben wie die Gegengründe, es sei denn, der Antrag bzw. das Erstreben in der Hauptsache erwiese sich als von vornherein unzulässig oder als offensichtlich unbegründet. Ansonsten ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung allein eine Abwägung der Folgen vorzunehmen, die sich ergeben, wenn eine einstweilige Anordnung nicht ergeht, das Verfahren in der Hauptsache aber Erfolg hat, gegen diejenigen Nachteile, die eintreten, wenn die einstweilige Anordnung erlassen wird, der Antrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg bleibt. ...“

Eine Folgenabwägung war angesichts dessen nicht vorzunehmen. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, da ihr der Grundsatz der Subsidiarität entgegensteht. Der Grundsatz der Subsidiarität - der auch in § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg zum Ausdruck kommt - verlangt von einem Beschwerdeführer, daß er vor der Anrufung des Verfassungsgerichts - über eine bloße Rechtswegerschöpfung hinaus - alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende unternommen haben muß, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu verhindern oder zu beheben (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 21. August 2003 - VfGBbg 196/03 -, LKV 2004, 123, und zuletzt Beschluß vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 20/06 -). Er muß deshalb vor Anrufung des Verfassungsgerichts alle nach Lage der Dinge ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zur Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung ergreifen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in ständiger Rechtsprechung, vgl. etwa Beschluß vom 18. Juni 1996 - VfGBbg 20/95 -, LVerfGE 4, 201, 205 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn gegen die angegriffene Norm selber kein fachgerichtlicher Rechtsweg eröffnet ist (BVerfGE 74, 69, 74 ff.; 79, 1, 20).

So liegt der Fall hier. Im Rahmen des Abänderungsverfahrens gemäß § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 80 Abs. 7 VwGO besteht für den Antragsteller die Möglichkeit, die von ihm behauptete Verletzung seiner Rechte aus Art. 26 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) geltend zu machen [BVerfG, Beschluß vom 18. Juni 1985 - 2 BvR 414/84 -, BVerfGE 70, 180, 187 ff.; BVerfG InfAuslR 1995, 246 (251); Schoch, in: ders./Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 80 Rn. 386].

Es ist dem Antragsteller auch nicht unzumutbar, diesen Weg zu beschreiten. Rechtsprechung, die den Abänderungsantrag eindeutig als aussichtslos erscheinen lassen könnte, liegt nicht vor. Vielmehr ist ein solcher im Rahmen des Verfahrens nach § 123 VwGO analog § 80 Abs. 7 VwGO statthaft (BVerfG a.a.O., m.w.N. Schoch, a.a.O., § 123 Rn. 190). Auch ist der Abänderungsantrag nicht von vornherein aussichtslos, soweit er sich im Wesentlichen auf die Erkenntnis der Fehlerhaftigkeit der früheren - mit Beschluß des Oberverwaltungsgerichts vom 22. März 2007 getroffenen Eilentscheidung stützt und diesbezüglich die Verletzung seiner Verfassungsrechte aus Art. 26 Abs. 1 Satz 1 und 27 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 LV sowie seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 LV geltend macht (BVerfGE 70, 180, 186; Schoch, a.a.O., § 80 Rn. 388 m.w.N.). Offensichtlich aussichtslos erscheint der Abänderungsantrag des Antragstellers insbesondere deshalb nicht, weil der - wie hier vom Antragsteller geltend gemachte - insbesondere nach der Reform des Kindschaftsrechts vom Bundesverfassungsgericht betonte aufenthaltsrechtliche Einfluß des Familienrechts vom Fachgericht unter dem Gesichtspunkt des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 86 Abs. 1 VwGO im Rahmen der Prüfung des Abänderungsantrags zu berücksichtigen sein wird (BVerfG, Beschluß vom 08. Dezember 2005 - 2 BvR 1001/04 -, DVBl 2006, 247 ff.). Nicht zuletzt gilt auch für die nach § 80 Abs. 7 VwGO ergehende Entscheidung das Gebot der Rechtswegerschöpfung gemäß § 45 Abs. 2 VerfGGBbg.

Auch im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit ist das Abänderungsverfahren dem Antragsteller zumutbar. Denn ebenso wie das Landesverfassungsgericht die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 30 VerfGGBbg hat, haben auch die Verwaltungsgerichte im Rahmen des hier betriebenen einstweiligen Rechtsschutzes entsprechende Möglichkeiten gemäß §§ 80, 123 VwGO (BVerfGE 70, 180, 189).

III.

Aus den vorstehenden Gründen kommt die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht in Betracht (§ 13 VerfGGBbg, § 114 Zivilprozeßordnung).

IV.

Der Beschluß ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
 

Weisberg-Schwarz Dr. Jegutidse
     
Dr. Schöneburg