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Pressemitteilung vom 24. Oktober 2012

Landesverfassungsgericht: Kommunales Vertretungsverbot nichtig

- Erschienen am 24.10.2012

Das in § 23 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg enthaltene kommunale Vertretungsverbot ist von dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg für nichtig erklärt worden. Damit gab das Gericht der Verfassungsbeschwerde eines Rechtsanwaltes statt. Das Gericht stellte außerdem fest, dass das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit dem Ausschluss des Anwaltes aus einem Verfahren gegen die von Art. 49 der Landesverfassung (LV) garantierte Berufsfreiheit verstoßen hat. Die Entscheidung hat zur Folge, dass ab sofort § 23 der Kommunalverfassung nicht mehr angewandt werden darf.

 

§ 23 der Kommunalverfassung verbietet Gemeindevertretern, Stadtverordneten und Mitgliedern der Kreistage berufsmäßig Dritte bei der Geltendmachung von Ansprüchen und Interessen gegenüber der Gemeinde bzw. dem Landkreis zu vertreten. Weil diese Bestimmung insbesondere Rechtsanwälte, die Mitglieder der Kreistage und der Gemeindevertretungen sind, davon abhält, bestimmte Mandate zu übernehmen, behindert es ihre berufliche Tätigkeit in nennenswertem Umfang; sie stellt somit einen Eingriff in ihre Berufsfreiheit dar. Der Gesetzgeber hätte nach dem Zitiergebot des Art. 5 Abs. 2 Satz 3 LV bei der Verabschiedung des Vertretungsverbots auf diese Einschränkung der Berufsfreiheit hinweisen müssen. Dies ist nicht geschehen. Weil das Vertretungsverbot unter Verstoß gegen eine zwingende Schutznorm der Brandenburgischen Verfassung zustande gekommen ist, ist die Bestimmung nichtig.

 

Der Rechtsanwalt, der die Verfassungsbeschwerde erhoben hatte, war für eine Mandantin gegen einen Gebührenbescheid einer ostbrandenburgischen Stadt vorgegangen, er war gleichzeitig Stadtverordneter derselben Stadt. Aus diesem Grund schloss ihn das Verwaltungsgericht von dem weiteren Verfahren aus. Dies verstieß gegen das Grundrecht des Rechtsanwalts auf Berufsfreiheit, so das Verfassungsgericht. Der Eingriff sei nicht gerechtfertigt gewesen, weil das Vertretungsverbot, auf das sich das Gericht gestützt hatte, nichtig und damit nicht wirksam ist.

 

Gesetzliche Eingriffe in Grundrechte sind nach dem sog. Zitiergebot der Landesverfassung grundsätzlich nur dann erlaubt, wenn das einschränkende Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennt, Art. 5 Abs. 2 Satz 3 LV. Auch bei einem Eingriff in die Berufsfreiheit muss dieses Verfassungsgebot beachtet werden, so das Verfassungsgericht erstmals in der Entscheidung. Das Zitiergebot soll die Abgeordneten immer dann warnen, wenn es um freiheitsverkürzende Gesetze geht.

 

Die Brandenburger Landesverfassung schützt die Berufsfreiheit damit stärker als das Grundgesetz. Dieses lässt Eingriffe in die Berufsfreiheit unter geringeren formellen Voraussetzungen zu; wenn es um die berufliche Betätigung geht, ist das Zitiergebot nach dem Grundgesetz nicht einschlägig.

 

Das kommunale Vertretungsverbot will verhindern, dass Informationsvorsprung und Einfluss kommunaler Mandatsträger für persönliche Interessen ausgenutzt werden und dass Rechtsanwälte oder andere Vertreter, die zugleich Mandatsträger sind, durch diese Doppelfunktion in einen Interessenwiderstreit geraten. Grundsätzliche Einwände des Verfassungsgerichts gegen das Vertretungsverbot gehen aus der Entscheidung nicht hervor; eine mögliche Neuregelung durch den Landtag unter Abwägung der Grundrechte der Betroffenen und der öffentlichen Interessen ist nicht ausgeschlossen.

 Der Beschluss des Verfassungsgerichts (VfGBbg 31/11) kann unter  www.verfassungsgericht.brandenburg.de abgerufen werden.

Für Rückfragen steht zur Verfügung: Herr John, Tel. 0331/600 698 0.

 

Potsdam, 24. Oktober 2012

Beschluss vom 19. Oktober 2012 – VfGBbg 31/11