VerfGBbg, Beschluss vom 27. Juli 2005 - VfGBbg 217/03 -
Verfahrensart: |
Kommunalverfassungsbeschwerde sonstige |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 15 Abs. 3; VerfGGBbg, § 15 Abs. 4 |
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Schlagworte: | - Befangenheit |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 27. Juli 2005 - VfGBbg 217/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 217/03
IM NAMEN DES VOLKES |
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In dem
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Beschwerdeführerinnen, Verfahrensbevollmächtigte zu 1.-4.: Rechtsanwälte S., H.,
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg am 27. Juli 2005 b e s c h l o s s e n : Die Selbstablehnung der Richterin Prof. Dr. Harms-Ziegler wird für begründet erklärt. G r ü n d e : I. 1. Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen eine Änderung eines zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin geschlossenen Staatsvertrages, soweit die künftige Flughafenplanung dieser Länder betroffen ist. Mit den nächstgelegenen Teilen ihres Gemeindegebietes sind die Beschwerdeführerinnen östlich bzw. westlich zwischen ca. 4 km (Beschwerdeführerin zu 4.) und 10 km (Beschwerdeführerin zu 2.) vom bestehenden Flughafen Schönefeld entfernt. Seit Anfang der 1990er Jahre planen die Länder Brandenburg und Berlin gemeinsam, das bestehende System der internationalen Flughäfen Berlin-Tegel, Berlin-Tempelhof und des im Land Brandenburg gelegenen Flughafens Berlin-Schönefeld sowie weiterer regionaler Flugplätze mit Blick auf einen prognostizierten erheblich gesteigerten Bedarf an Luftverkehrskapazitäten zu verändern. Die Planung vollzieht sich auf verschiedenen Ebenen der Normenhierarchie. Einige Vorschriften wurden zwischenzeitlich für nichtig erklärt bzw. vom Gesetz- oder Verordnungsgeber geändert. Gegenstand der kommunalen Verfassungsbeschwerde ist eine Änderung des § 19 Abs. 11 des gemeinsamen Landesentwicklungsprogramms der Länder Berlin und Brandenburg durch Gesetz vom 10. Juli 2003 (GVBl. I S. 202) zu dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags vom 07. August 1997 über das Landesentwicklungsprogramm und über die Änderung des Landesplanungsvertrages. 2. Mit Schreiben vom 02. Juni 2005 wies Richterin Prof. Dr. Harms-Ziegler darauf hin, daß mit der anhängigen Verfassungsbeschwerde die Frage des Standortes Schönefeld für einen Großflughafen der Länder Berlin und Brandenburg gestellt werde. Ihre Kanzlei und insbesondere sie selbst hätten verschiedentlich Mandanten in Verfahren betreffend die Standortplanungen rechtsanwaltlich vertreten und Planungsfehler gerügt. Auch wenn es sich nicht um die selbe Sache im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) handele, gehe sie davon aus, daß die Besorgnis der Befangenheit aus Sicht der Verfahrensbeteiligten gegeben sei. Sie erkläre sich daher gemäß § 15 Abs. 4 VerfGGBbg selbst für befangen. 3. Die Verfassungsbeschwerdeführerinnen und die Äußerungsberechtigten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. II. Die Selbstablehnung ist begründet. 1 . Gemäß § 15 Abs. 4 VerfGGBbg kann sich ein Richter selbst ablehnen. Hierüber entscheidet gemäß § 15 Abs. 3 VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluß des betreffenden Richters.
2. Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des Prozeßrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 15. Juni 1994 VfGBbg 10/94 EA LVerfGE 2, 113 und vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Umstand, daß Richterin Prof. Dr. Harms-Ziegler im Rahmen der Planungen der Standortfestlegung Mandanten rechtsanwaltlich vertreten und Fehler der Planungen gerügt hat, ist geeignet, bei einem Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, die Richterin werde an der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken können. Dies gilt auch dann, wenn es sich um mit den Beschwerdeführerinnen nicht identische aber die selbe Zielrichtung verfolgende Mandanten bei gegebenenfalls anderen Sach- und Rechtsfragen aber innerhalb desselben Planungskomplexes handelt. Diese Besorgnis ist dann bei lebensnaher Betrachtung verständlich. Es kommt nicht darauf an, ob die Richterin tatsächlich parteilich oder befangen ist. |
Weisberg-Schwarz | Prof. Dawin |
Prof. Dr. Dombert | Havemann |
Dr. Jegutidse | Dr. Knippel |
Prof. Dr. Will |