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VerfGBbg, Beschluss vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 10; LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 53 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2
- StPO, § 264; StPO, § 356a
- UStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1
Schlagworte: - Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde
- Anhörungsrügeverfahren als Zugangsvoraussetzung
- Darlegungsanforderungen
- Spezifischer Grundrechtsschutz
- Prozessualer Tatbegriff
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 32/14




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

S.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt G.,

 

wegen            Urteile des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. April 2012 (4.6 Cs 233 Js 2899/10) und des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Juni 2013 (27 Ns 96/12) sowie Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. März 2014 ((2) 53 Ss 4/14 (6/14) 2 Ws 36/14)

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche und Partikel

 

am 22. Mai 2015 beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

 

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung.

 

I.

 

Der Beschwerdeführer war Mitgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der A. GmbH (nachfolgend: A.) in D., die sich unter anderem mit Telefonmarketing beschäftigte. Eines ihrer Betätigungsfelder war die Vermittlung von Lottospielern an andere Gesellschaften. Die A. stellte am 5. Februar 2007 der B. GmbH (nachfolgend: B.) eine „Provisionsrechnung Lotto IV. Quartal 2006“ über 310.091,20 Euro brutto (267.320,00 Euro netto zuzüglich 42.771,20 Euro Umsatzsteuer), die vom Beschwerdeführer unterzeichnet wurde. Der Rechnungsbetrag sollte mit einem am Tag der Rechnungsstellung von der B. erhaltenen Darlehen verrechnet werden. Aufgrund einer Kontrollmitteilung des für die B. zuständigen Finanzamtes erhielt das Finanzamt Frankfurt (Oder) Kenntnis von der Rechnung. Da nach den Unterlagen des Finanzamtes nicht erkennbar war, dass die A. diesen Umsatz im Rahmen der Voranmeldung berücksichtigt hatte, leitete es Anfang August 2008 ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung für den Voranmeldungszeitraum Februar 2007 gegen den Beschwerdeführer ein.

 

Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) erließ am 12. Februar 2010 einen Strafbefehl, mit dem es den Beschwerdeführer wegen Steuerhinterziehung in einem Fall durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Februar 2007 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50,00 € verurteilte. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Einspruch ein. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer im Ergebnis der daraufhin durchgeführten Hauptverhandlung am 19. April 2012 wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 20,00 €. Nach Auffassung des Amtsgerichts hatte der Beschwerdeführer vorsätzlich eine unrichtige Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2007 abgegeben. Hiergegen legten der Beschwerdeführer und die Staatsanwaltschaft Berufung ein, letztere beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch. Das Landgericht Frankfurt (Oder) verwarf die Berufung des Beschwerdeführers mit Urteil vom 18. Juni 2013 und änderte auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Strafmaß dahin gehend, dass es den Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25,00 € verurteilte.

 

Der Beschwerdeführer legte Revision gegen das Urteil ein, mit der er geltend machte, eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung aufgrund unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2007 komme nicht in Betracht. Tatsächlich habe die in Rede stehende Rechnung bereits im vierten Quartal 2006 erbrachte Leistungen betroffen, sodass die darauf entfallende Umsatzsteuer wegen der gesetzlich vorgesehenen Besteuerung nach vereinbarten Entgelten spätestens im Dezember 2006 habe angemeldet werden müssen. Dazu seien keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden. Demzufolge seien die von Amts- und Landgericht gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen falsch.

 

Das Oberlandesgericht verwarf die Revision mit Beschluss vom 13. März 2014, dem Beschwerdeführer am 28. März 2014 zugestellt, als unbegründet. Zwar weise der Beschwerdeführer zu Recht darauf hin, dass die Umsatzsteuer aus der Rechnung vom 5. Februar 2007 nicht in der Voranmeldung für den Monat Februar 2007 zu erfassen, sondern bereits für das letzte Kalendervierteljahr des Jahres 2006 anzumelden gewesen sei, denn den Gründen des landgerichtlichen Urteils lasse sich nicht entnehmen, dass der A. eine Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten bewilligt worden sei. Darauf komme es jedoch im Ergebnis nicht an. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergebe sich die Feststellung des Landgerichts, dass der Beschwerdeführer die Leistung aus der Rechnung vom 5. Februar 2007 überhaupt nicht zur Umsatzsteuer angemeldet habe. Das Landgericht habe insoweit festgestellt, dass die Feststellung nach Prüfung der Steuerakten des Unternehmens erfolgt sei. Ergebe sich aus den Steuerakten, dass die Umsätze aus der Rechnung nicht erklärt worden seien, könne dies nur bedeuten, dass sie überhaupt nicht erklärt worden seien. Zudem habe eine Zeugin angegeben, dass die Gesellschaft die Rechnung nicht als Umsatz angemeldet habe. Dazu passe die Einlassung des Beschwerdeführers, er habe die Rechnung weder unterschrieben noch überhaupt gekannt. Die abgeurteilte Tat sei damit im Sinne von § 264 Strafprozessordnung (StPO) keine andere als diejenige, auf die sich die Anklage beziehe. Es handele sich um einen einheitlichen geschichtlichen Vorgang, der durch die Rechnung vom 5. Februar 2007, die darin angeführten Leistungen, die darauf entfallende Umsatzsteuer und das dafür abgerechnete Entgelt gekennzeichnet werde. Insofern beziehe sich die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Umsatzsteuerhinterziehung auf ein unverwechselbares konkretes Geschehen. Die Frage, wann die Umsatzsteuer habe angemeldet werden müssen, sei eine reine Rechtsfrage, deren Bewertung an dem konkret zugrundeliegenden Geschehen nichts ändere und die Nämlichkeit der Tat nicht berühre.

 

Der Beschwerdeführer erhob am 4. April 2014 Anhörungsrüge, die das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 10. Juni 2014 als unbegründet verwarf.

 

II.

 

Bereits zuvor, am 27. Mai 2014, hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben, ohne auf die (noch nicht beschiedene) Anhörungsrüge hinzuweisen. Er rügt insbesondere die Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Abs. 5 Landesverfassung (LV), Art. 2 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 21 LV, Art. 10 LV, Art. 12 Abs. 1 LV sowie Art. 52 Abs. 3 LV und Art. 53 Abs. 1 LV sowie die grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 103 Abs. 1 und 2 Grundgesetz (GG) und einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Eine Verurteilung habe nicht erfolgen dürfen, denn diese sei nicht von der Anklage gedeckt. Das verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie das Willkürverbot und gegen Artikel 53 Abs. 1 LV. Die Anklageschrift beschreibe die zur Aburteilung gestellte Tat und lege den Prozessgegenstand des Strafverfahrens fest. Darüber dürfe das Gericht ohne Nachtragsanklage nicht hinausgehen. Bei Abgabenverkürzungen seien die Tatsachen, aus denen sich der verkürzte Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach ergebe, für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt besonders anzuklagen. Erfolge eine Anklage wegen der Abgabe einer falschen Umsatzsteuervoranmeldung, so sei der Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum genau zu bezeichnen, um die Tat unverwechselbar zu machen. Vorliegend sei die Abgabe einer unrichtigen Voranmeldung für den Monat Februar 2007 angeklagt worden. Die dem zugrunde liegende Rechnung sei lediglich Beweismittel. Die Staatsanwaltschaft habe nicht die, wie auch immer geartete, umsatzsteuerliche Nichterfassung der Rechnung angeklagt. Die Rechnung mache die Tat nicht unverwechselbar. Tatsächlich lege der Beschluss des Oberlandesgerichts der Verurteilung eine neue Anklage zugrunde und gehe das Gericht über die tatsächliche Anklage hinaus, indem es Beweismittel zu einer strafbaren Handlung erkläre. Die Umsatzsteuervoranmeldung für den Voranmeldungszeitraum Februar 2007 sei tatsächlich nicht zu beanstanden. Anderes ergebe sich nicht aus dem Inhalt der Aussage der Zeugin C., die sich erkennbar nur auf den Februar 2007 bezogen habe, und auch nicht aus der Prüfung der Steuerakten. Denn auch diese beträfen ausschließlich das Jahr 2007. Es sei nicht erforscht worden, ob die Rechnung bereits 2006 berücksichtigt worden sei.

 

Dem Direktor des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) und den Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) sowie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Strafakten sind beigezogen worden.

 

B.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

1. Der Beschwerdeführer hat Verfassungsbeschwerde erhoben, ohne die sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden Anforderungen zu beachten. Das in § 45 Abs. 2 VerfGGBbg verankerte Prinzip der Subsidiarität verlangt von einem Beschwerdeführer, dass dieser - über eine bloße Rechtswegerschöpfung hinaus - alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende getan hat, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder von vornherein zu verhindern. Vor Anrufung des Verfassungsgerichts muss er alle ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung ergreifen (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 28/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Erst wenn dies ergebnislos geblieben ist, kann er das Verfassungsgericht anrufen. Macht der Beschwerdeführer in Anbetracht dieses Erfordernisses noch von einem besonderen Rechtsbehelf Gebrauch, muss er dessen Ergebnis abwarten und kann zunächst noch keine Verfassungsbeschwerde erheben, sofern nicht der Rechtsbehelf von vornherein offensichtlich aussichtslos gewesen war (vgl. Beschluss vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 33/12 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

Vorliegend hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben, ohne das Ergebnis des von ihm parallel betriebenen Anhörungsrügeverfahrens abzuwarten. Über die vom Beschwerdeführer fristgerecht bei dem Oberlandesgericht angebrachte Anhörungsrüge nach § 356a StPO war zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde noch nicht entschieden. Daher ist die Verfassungsbeschwerde insgesamt, also nicht nur in Bezug auf eine etwaige Gehörsverletzung, unzulässig. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde war nicht auszuschließen, dass die im Erfolgsfalle zur Fortsetzung des fachgerichtlichen Verfahrens führende Anhörungsrüge auch bezogen auf die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung weiterer Grundrechte zur fachgerichtlichen Abhilfe geführt hätte (vgl. Beschlüsse vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 33/12 -, a. a. O.; vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 28/10 -, a. a. O.).

 

Auf den Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens konnte auch nicht deshalb verzichtet werden, weil dieses offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg gewesen wäre. Der Beschwerdeführer ist selbst von einer Gehörsverletzung ausgegangen und hat dies gegenüber dem Oberlandesgericht auch zum Ausdruck gebracht. So hat er geltend gemacht, das Oberlandesgericht stütze den Beschluss auf eine Zeugenaussage der Fahndungsprüferin, die nicht den ihr vom Oberlandesgericht beigelegten Inhalt gehabt habe. Zudem hat er die durch das Urteil des Landgerichts nicht gedeckte Annahme des Oberlandesgerichts gerügt, es seien auch Steuerakten für andere Jahre als 2007 eingesehen worden.

 

Dass das Oberlandesgericht die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 10. Juni 2014 zurückgewiesen hat, führt nicht nachträglich zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. § 45 Abs. 2 VerfGGBbg normiert eine Zugangsvoraussetzung, die bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegeben sein muss und nicht nachgeholt werden kann (vgl. Beschluss vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 33/12 -, a. a. O.; Beschluss vom 21. Januar 2010 - VfGBbg 49/09 -, NJW 2010, 1947).

 

2. Die Verfassungsbeschwerde ist aber auch unabhängig davon unzulässig.

 

a) In Bezug auf die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts folgt die Unzulässigkeit bereits daraus, dass die Entscheidung durch das nachfolgende Berufungsurteil des Landgerichts prozessual überholt ist (vgl. BVerfGK 5, 7, 8). Hinsichtlich des Urteils des Landgerichts genügt die Verfassungsbeschwerde nicht dem Begründungserfordernis aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg. Der Beschwerdeführer, dessen Vorbringen auf den Beschluss des Oberlandesgerichts konzentriert ist, zeigt nicht auf, inwiefern das landgerichtliche Urteil auf einem Verfassungsverstoß beruhen könnte.

 

b) Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des Beschlusses des Oberlandesgerichts ebenfalls unzulässig.

 

Soweit die Verfassungsbeschwerde auf Art. 2 Abs. 1, Abs. 5 LV sowie das Rechtsstaatsprinzip gestützt wird, handelt es sich schon nicht um rügefähige Grundrechte. Hinsichtlich des weiter gerügten Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 21 LV verfehlt der Beschwerdeführer das sich aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg ergebende Begründungserfordernis. Seinem Vorbringen lässt sich nicht einmal ansatzweise entnehmen, inwiefern die angegriffene strafgerichtliche Verurteilung in das Recht auf politische Mitgestaltung eingegriffen haben könnte. Die von ihm weiter angeführten Vorschriften des Grundgesetzes (Art. 103 Abs. 1, 2, Art. 20 Abs. 3 GG) können vom Ver­­­­­fas­sungs­gericht nicht unmittelbar zugrunde gelegt werden. Das Verfassungsgericht kann hoheitliche Maßnahmen nur am Maß­stab der Grund­­rechte der Landesverfassung überprüfen (vgl. Art. 6 Abs. 2 LV, § 45 Abs. 1 VerfGGBbg). Allerdings ist mit Blick darauf, dass rechtliches Gehör, Willkürverbot und der Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ durch Grundgesetz und Landesverfassung inhaltsgleich gewährleistet werden (Beschlüsse vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82, 85; vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, LKV 2011, 124, 125, und vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 61/12 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de) und der Beschwerdeführer neben den Vorschriften des Grundgesetzes zugleich auch die entsprechenden Normen der Landesverfassung, nämlich Art. 52 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1, Art. 53 Abs. 1 LV, nennt, auch im Blick auf diese Grundrechte die umfassende Überprüfung durch das Verfassungsgericht geboten.

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers genügt aber auch insoweit sowie in Bezug auf Art. 10 LV nicht dem Begründungserfordernis. Eine § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg genügende Begründung der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird. Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen. Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 130, 1, 21 m. w. Nachw.). Dem genügt die Beschwerdeschrift nicht, die sich zwar mit dem Inhalt der Revisionsentscheidung befasst, jedoch nicht erkennen lässt, inwiefern dieser Beschluss die genannten Grundrechte der Landesverfassung verletzen könnte. Tatsächlich erschöpft sich das verfassungsrechtliche Vorbringen des Beschwerdeführers letztlich in dem Satz, die aus seiner Sicht nicht mehr von der Anklage gedeckte Verurteilung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, die freie Entfaltung der Person, das Willkürverbot und Art. 53 Abs. 1 LV. Eine nähere Auseinandersetzung mit den spezifischen Voraussetzungen des Grundrechtsschutzes findet nicht statt.

 

Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich – anders noch, als in der Anhörungsrüge – weder, worin er die aus seiner Sicht mögliche Gehörsverletzung erblickt, noch legt er dar, warum der Beschluss des Oberlandesgerichts gegen das Willkürverbot verstoßen haben könnte oder gar mit dem Verbot rückwirkender Strafgesetze, das auch das Analogieverbot mitumfasst (vgl. dazu BVerfGE 130, 1, 43), kollidieren könnte. Auch befasst sich der Beschwerdeführer nicht mit der Frage, inwiefern überhaupt ein unverhältnismäßiger Eingriff in den Schutzbereich der durch Art. 10 LV geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit in Betracht kommen könnte. Auch strafgerichtliche Verurteilungen unterliegen nämlich keiner unbeschränkten tatsächlichen und rechtlichen Nachprüfung auf die Richtigkeit der Tatsachenfeststellung und die Ordnungsmäßigkeit der Rechtsanwendung seitens des Verfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 96, 95, 127f). Vielmehr sind die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall grundsätzlich Sache der Fachgerichte und verfassungsgerichtlicher Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglich (vgl. BVerfGE 96, 95, 128). Aus verfassungsgerichtlicher Perspektive kommt es insofern darauf an, ob das Oberlandesgericht bei der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts Fehler begangen hat, die gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Das ist regelmäßig aber erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruht (vgl. BVerfGE 18, 85, 92; 30, 173, 196f.; 96, 95, 128; 97, 12, 27; Dreier, in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Bd. I, 3. Aufl., Art. 2 Rn. 43). Dazu bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Tatsächlich erschöpft sich die Verfassungsbeschwerde im wesentlichen darin, dass der Beschwerdeführer im Stile eines fachgerichtlichen Rechtsbehelfs ausführt, der Beschluss des Oberlandesgerichts verstoße gegen die „gesetzlichen Regelungen“, sei „gesetzwidrig“ und „nicht frei von Fehlern“. Inwiefern er aber sogar verfassungswidrig sein könnte, legt der Beschwerdeführer nicht dar.

 

c) Im Übrigen legt der Beschwerdeführer auch nicht dar, dass das Oberlandesgericht den Begriff der prozessualen Tat verkannt hätte. Nach der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 56, 22, 28; Beschluss vom 16. März 2001 - 2 BvR 65/01 -, juris) gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umfasst der Begriff der Tat im verfahrensrechtlichen Sinne den vom Eröffnungsbeschluss – hier dem Strafbefehl – betroffenen Vorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen (vgl. BGH NStZ 1998, 199 m. w. Nachw.). Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass selbst Veränderungen des Tatzeitraumes die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat nicht aufheben, wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen individualisiert ist (vgl. BGHSt 46, 130, 133; NStZ-RR 2006, 316; NStZ 2010, 346). Das Oberlandesgericht hat hier angenommen, die Tat werde maßgeblich durch die Rechnung vom 5. Februar 2007 und die damit in Zusammenhang stehenden Umstände gekennzeichnet, so dass sich die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Umsatzsteuerhinterziehung auf ein unverwechselbares Geschehen beziehe. Der Beschwerdeführer zeigt schon nicht auf, dass diese auch von anderen Gerichten geteilte (etwa OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 141) Auffassung mit der Rechtslage unvereinbar ist. Auch das von ihm allein in Bezug genommene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. März 2009 (BGHSt 53, 221) bietet dafür keinen Anhaltspunkt.

 

3. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Inhalt der beigezogenen Strafakten nahelegt, dass der Beschwerdeführer sehr wohl verpflichtet gewesen war, den Umsatz aus der Rechnung vom 5. Februar 2007 in der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2007 anzugeben. Den bei den Akten liegenden steuerlichen Unterlagen des Finanzamtes ist zu entnehmen, dass der A. noch 2006 eine Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten gestattet war (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG -), während 2007 ein Wechsel zur Versteuerung nach vereinbarten Entgelten stattfand. In einem solchen Fall entsteht die Steuer für die bereits 2006 ausgeführten Umsätze erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt wird (Frye, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Stand: 01.2012, § 20 Rn. 222), hier also mit Ablauf des Februar 2007. Anderes hat auch das Oberlandesgericht entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht festgestellt.

 

III.

 

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel