VerfGBbg, Beschluss vom 22. Januar 2004 - VfGBbg 285/03 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46 - ZPO, § 321a |
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Schlagworte: | - Zivilrecht, materielles - rechtliches Gehör - Rechtswegerschöpfung - Beschwerdebefugnis - Willkür - Begründungserfordernis |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 22. Januar 2004 - VfGBbg 285/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 285/03

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In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren H., Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S., gegen gegen die Urteile des Amtsgerichts
Cottbus vom 16. Oktober 2002 und des Landgerichts Cottbus vom 10. September
2003 hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg am 22. Januar 2004 b e s c h l o s s e n : Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das die von ihr erhobene Räumungsklage abweisende Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 16. Oktober 2002 sowie gegen das die hiergegen eingelegte Berufung zurückweisende Urteil des Landgerichts Cottbus vom 10. September 2003. Die Beschwerdeführerin vermietete den Räumungsbeklagten des Ausgangsverfahrens das ihr gehörende, neu errichtete Einfamilienhaus. Die Mieter legten den Garten an und errichteten einen Carport sowie eine Grundstückseinfriedung aus Betonsteinen. Da die Beschwerdeführerin hierdurch den Mietvertrag verletzt sah („Der Mieter ist nicht befugt, ohne schriftliche Erlaubnis des Vermieters bauliche Veränderungen an und in den Mieträumen, Installationen und dgl. vorzunehmen."), erhob sie Räumungsklage. Das Amtsgericht sah die Nutzung und Umgestaltung des Grundstücks als vertragsgemäßen („Die Gartengestaltung und Gestaltung der Außenanlage übernimmt [der Mieter].“) Gebrauch an und hielt die Kündigung deshalb für unbegründet. Die Beschwerdeführerin stützte sich in der Berufungsinstanz ergänzend auf eine weitere Kündigung vom 06. November 2002 und begründete diese mit tätlichen Angriffen auf ihren Ehemann. Am 25. Oktober 2002 verweigerten die Mieter dem Ehemann der Beschwerdeführerin den zuvor vereinbarten Zutritt zum Haus. Hierbei soll es zu Körperverletzungen gekommen sein; die näheren Umstände und Einzelheiten sind streitig. Das Landgericht trat in seinem der Beschwerdeführerin am 02. Oktober 2003 zugestellten Urteil im wesentlichen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts bei und bewertete das Verhalten der Mieter als zulässige Ausübung des Hausrechts.
Die am 01. Dezember 2003 erhobene Verfassungsbeschwerde rügt die Verletzung der Art. 12 Abs. 1 (Gleichheit), 41 (Eigentum) und 52 Abs. 3 (rechtliches Gehör) Verfassung des Landes Brandenburg (LV) durch die Urteile von Amtsgericht und Landgericht. Das Recht der Beschwerdeführerin auf Überprüfung der Mängel und ggf. Nachbesserung sei unzutreffend gegen das Hausrecht des Mieters abgewogen worden. Das Landgericht habe der Beschwerdeführerin weiteren Vortrag verwehrt und ihren Vortrag hinsichtlich der Vorkommnisse am 25. Oktober 2002 nicht hinreichend gewürdigt. Ein Recht zur Kündigung ergebe sich jedenfalls aus den tätlichen Angriffen gegen ihren Ehemann.
Die Präsidenten des Amtsgerichts und des Landgerichts Cottbus sowie die Beklagten des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Sie halten die Urteile für verfassungsgemäß. Die Verfahrensakten sind beigezogen worden. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
Soweit die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV) verletzt sieht, ist der Rechtsweg nicht erschöpft (§ 45 Abs. 2 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -). Sofern sich das Landgericht mit dem Sachvortrag der Beschwerdeführerin tatsächlich nur unzureichend auseinandergesetzt haben sollte, stand ihr das Verfahren der Gehörsrüge (§ 321a Zivilprozeßordnung analog) offen, das nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde auch gegen Urteile eines Berufungsgerichts vorrangig zu beschreiten ist (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. Oktober 2003 - VfGBbg 228/03 -).
Im übrigen fehlt es an der Beschwerdebefugnis (§ 45 Abs. 1 VerfGGBbg). Die Beschwerdeführerin ist offensichtlich nach keiner Betrachtungsweise in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt. 1. Willkürlich ist eine Entscheidung erst dann, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist und sich deshalb der Schluß aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg, vgl. etwa Beschlüsse vom 17. September 1992 - VfGBbg 18/92 -, LVerfGE 9, 95, 100; vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82, 86 f. und vom 20. Januar 1997 - VfGBbg 45/96 -, NJ 1997, 307 m.w.N.; für die entsprechende Rechtslage nach Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfGE 80, 48, 51). Die Entscheidung muß ganz und gar unverständlich erscheinen und das Recht in einer Weise falsch anwenden, die jeden Auslegungs- und Bewertungsspielraum überschreitet (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 20. Dezember 2001 - VfGBbg 50/01 - und vom 14. August 1996 - VfGBbg 23/95 -, LVerfGE 5, 67, 72, m.w.N.). Ein derartiger Fall liegt ersichtlich nicht vor. Die Auslegung des Mietvertrags durch die Instanzgerichte, wonach die baulichen Maßnahmen von dem den Mietern hier vertraglich eingeräumten Gebrauch noch umfaßt waren, ist verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden. Auch die fachgerichtliche Bewertung der Vorkommnisse am 25. Oktober 2002, die Mieter hätten von ihrem Hausrecht - das freilich Grenzen hat - Gebrauch gemacht, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. 2. Aus den vorstehenden Gründen ist auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ausgeschlossen. Zu einem Verstoß gegen die Eigentumsgarantie ist nichts vorgetragen (§ 46 VerfGGBbg; vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 18. Juli 2002 - VfGBbg 74/02 -) und auch sonst nichts ersichtlich. |
Dr. Knippel | Prof. Dr. Dombert |
Prof. Dr. Harms-Ziegler | Havemann |
Dr. Jegutidse | Prof. Dr. Schröder |
Weisberg-Schwarz | Prof. Dr. Will |