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VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 60/11 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 41 Abs. 1; LV, Art. 39; LV, Art. 52 Abs. 3
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 49 Abs. 4
Schlagworte: - Anschluss- und Benutzungszwang
- Befreiung
- private Anlage
- höherer Umweltstandard
- Beitritt zum Verfahren
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - VfGBbg 60/11 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 60/11




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

     M.,

    

 

Beschwerdeführer,

 

 

     Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S.

                             

 

 

wegen des Bescheides des Verbandsvorstehers des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg vom 1. September 2009, des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 29. Juni 2010 – VG 7 K 1068/09 - und der Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. September 2011 - OVG 9 N 61.10 - und 19. Oktober 2011  - OVG 9 RN 2.11 -

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

 

am 21. Dezember 2012

 

 

b e s c h l o s s e n :

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird zum Teil verworfen und   im Übrigen zurückgewiesen.              

 

 

G r ü n d e:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anordnung des Anschlusses an die zentrale Abwasseranlage und die nachfolgenden gerichtlichen Entscheidungen.

 

I.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines  Wohngrundstückes in H., Ortsteil P.. Mit Schreiben vom 8. August 2006 beantragte er beim Verbandsvorsteher des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang. Er betreibe auf seinem Grundstück eine geschlossene Dreikammerklärgrube. Derzeit werde die vorhandene Anlage in einen Abwasserreaktor umgebaut, der zur umweltfreundlichen und schadfreien Schließung von lokalen bzw. regionalen Wasser- und Nährstoffkreisläufen bestens geeignet sei. Der Befreiungsantrag ist vom Verbandsvorsteher nicht beschieden worden.

 

Die Verbandsversammlung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg beschloss am 15. Mai 2006 die „Entwässerungssatzung für die öffentlichen Entwässerungsanlagen des Herzberger Wasser- und Abwasserzweckverbandes“ (i. F.: Satzung). §  4 der Satzung ordnet hinsichtlich der zentralen Abwasseranlage den Anschluss- und Benutzungszwang an; zur Möglichkeit der Befreiung bestimmt § 5 der Satzung:

 

§ 5 Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang

 

(1) Von der Verpflichtung zum Anschluss oder zur Benutzung der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage kann der Grundstückseigentümer auf Antrag ganz oder teilweise befreit werden, wenn ihm der Anschluss oder die Benutzung aus besonderen Gründen auch unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Gemeinwohls nicht zumutbar ist. Der Antrag auf Befreiung ist unter Angabe der Gründe schriftlich beim Zweckverband einzureichen.

 

(2) – (3) ...

 

Mit Bescheid vom 1. September 2009 verpflichtete der Verbandsvorsteher des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg den Beschwerdeführer unter Androhung eines Zwangsgeldes zum Anschluss an die öffentliche Entwässerungsanlage; den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2009 zurück.

 

Am 16. Dezember 2009 erhob der Beschwerdeführer gegen die Verfügung vom 1. September 2009 Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus. Er sei nicht verpflichtet, sich an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage anschließen zu lassen und bemühe sich parallel um eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang. Er sei Landwirt und betreibe Ackerbau und Viehzucht. Derzeit unterhalte er auf seinem Grundstück noch eine Dreikammerklärgrube. Der Überlauf und der abgesetzte Klärschlamm finde in seiner Landwirtschaft Verwendung. Zukünftig solle die bestehende Anlage in eine vollbiologische Kläranlage umgestaltet werden. Es sei geplant, das anfallende Schmutzwasser nach biologischer Reinigung in einem Schönungsteich zur Bewässerung des Grundstücks zu verwenden. Damit solle sein Grundstück praktisch abwasserfrei werden. Die streitgegenständliche Satzung stehe nicht im Einklang mit § 18a Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Es entspreche dem Wohl der Allgemeinheit, auf seinem Grundstück ein Kreislaufsystem zu errichten, so dass das anfallende Schmutzwasser aufbereitet und wiederverwendet werden könne. Dies führe im Vergleich zu einer zentralen Abwasseranlage „zu einer immensen Energieeinsparung und zu einer Verbesserung der Umwelt.“

 

Das Verwaltungsgericht Cottbus wies die Klage mit Urteil vom 29. Juni 2010 ab. Der Beschwerdeführer unterliege seit der betriebsbereiten Herstellung der öffentlichen Kanalisation im September 2007 dem sich aus der Satzung ergebenden Anschluss- und Benutzungszwang. Dabei sei unschädlich, dass über den Befreiungsantrag des Beschwerdeführers noch nicht entschieden worden sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Antrag nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen. Darüber hinaus komme die begehrte Befreiung auf der Grundlage des Klägervorbringens auch nicht in Betracht. Die einschlägigen Befreiungstatbestände (§ 12 Abs. 3 Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf); § 5 Abs. 1 der Satzung) würden sich in erster Linie auf bei Errichtung der öffentlichen Kanalisation bereits in Betrieb befindliche höherwertige Kleinkläranlagen beziehen. Der Beschwerdeführer beabsichtige nach seinem Vortrag aber erst später die Herstellung einer Biokläranlage. Daneben sei immer auch eine am Sinn und Zweck des im Allgemeinwohlinteresse vorgesehenen Anschluss- und Benutzungszwanges ausgerichtete Ermessensentscheidung geboten. Mit dem Hinweis auf die vermeintlich höhere Leistungsfähigkeit der geplanten Kleinkläranlage könne der Beschwerdeführer von vornherein nicht durchdringen. Noch erst vorzunehmende Investitionen oder solche, die sehenden Auges nach dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Anschlussfertigkeit getätigt worden seien, unterlägen keinem Vertrauensschutz. Andere Gründe für eine Unzumutbarkeit seien nicht ersichtlich. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer aus seiner Landwirtschaft herrührende Abwässer zu beseitigen habe. Denn hinsichtlich des häuslichen Abwassers unterliege er dem Anschluss- und Benutzungszwang in Bezug auf die öffentliche Kanalisation, in die das landwirtschaftlich angefallene Abwasser ohnehin nicht eingeleitet werden dürfe.

 

Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 28. September 2011 ab. Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge wies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 19. Oktober 2011 zurück.

 

II.

Mit seiner am 21. November 2011 erhobenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 (Staatsgrundsätze), Art. 6 Abs. 2 (Verfassungsbeschwerde), Art. 7 Abs. 1 (Menschenwürde), Art. 8 Abs. 1 (Recht auf Leben), Art. 10 (allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 12 Abs. 1 (Gleichheitssatz), Art. 39 Abs. 2 (Schutz der personalen Unversehrtheit vor Verletzungen und unzumutbaren Gefährdungen), Art. 41 Abs. 1 (Eigentum), Art. 42 Abs. 1 (freie Entfaltung wirtschaftlicher Eigeninitiative) und Art. 52 Abs. 3 (rechtliches Gehör) der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) geltend. Mit dem beabsichtigten Bau einer ökologischen Kläranlage würden die Anforderungen an den Gesundheitsschutz eingehalten und die Anforderungen des Umweltschutzes überboten. Die Ablehnung des Befreiungsanspruchs durch die Fachgerichte verstoße gegen Art. 6 Abs. 2 LV. Die Entscheidungen der Fachgerichte seien gravierend und evident falsch. Unter Beachtung der Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser hätte es sich den Fachgerichten erschließen müssen, dass die Anordnung zum Anschluss an die öffentliche Entwässerungsanlage ermessensfehlerhaft gewesen sei. Der Anschluss- und Benutzungszwang dürfe nur für solche Grundstücke bestehen, die nicht geeignet seien, ihre Abwässer ökologisch aufzuarbeiten und wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zuzuführen. Die von den Fachgerichten zitierte Volksgesundheit sei in absehbarer Zeit nicht durch eine zentrale Abwasserbeseitigung zu sichern, sondern nur durch die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Entscheidungen verletzten seinen Anspruch auf Erhalt des „ökologischen Existenzminimums“, da sie die Belange des Umweltschutzes grob vernachlässigen würden. Mit der Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes sei eine Umorientierung der Abwasserbehandlung eingeleitet worden, die unweigerlich auch Auswirkungen auf die Methoden und Technologien der Abwasserbehandlung habe. Der Befreiungstatbestand der Satzung enthalte zudem keine konkreten Regelungen, die Einschränkung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit sei deshalb zu global. Die Fachgerichte hätten ferner verkannt, dass die Ausübung des Anschluss- und Benutzungszwanges in sein Eigentumsrecht eingreife. Schließlich sei auch der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, weil das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nicht in angemessenem Umfang auf seine Ausführungen und Darlegungen eingegangen sei. Die Fachgerichte hätten insbesondere nicht den Umstand gewürdigt, dass er Landwirtschaft betreibe. Eine Gehörsverletzung liege schließlich in dem unterbliebenen Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang im gerichtlichen Verfahren vorgelegt werden sollte.  

 

III.

Der Verbandsvorsteher des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg sowie die Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg und des Verwaltungsgerichts Cottbus hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Der Verbandsvorsteher des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg hält die Verfassungsbeschwerde bereits für unzulässig, jedenfalls sei sie aber unbegründet. Es sei weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die angegriffenen Entscheidungen in die gerügten Grundrechte der Beschwerdeführer eingriffen. Das angerufene Verfassungsgericht habe bereits mehrfach entschieden, dass der Anschluss- und Benutzungszwang mit den Grundrechten der Landesverfassung vereinbar sei.

 

IV.

Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrensakten waren beigezo­gen.

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

 

I.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2011 wendet. Mit diesem Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht die gegen den Beschluss vom 28. September 2011 erhobene Gehörsrüge der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Die Zurückweisung der Gehörsrüge ist mit der Verfassungsbeschwerde nicht angreif­bar, weil sie keine eigenständige Beschwer schafft. Sie lässt allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung rechtlichen Gehörs fortbe­stehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer – zusätzlichen – verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (Beschluss vom 25. Mai 2012 – VfGBbg 14/12 -, www.verfassungsge-richt.brandenburg.de).

 

2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1, 39 Abs. 2, 42 Abs. 1 LV und des nach seiner Auffassung aus diesen Gewährleistungen herzuleitenden „Grundrechts auf Garantie eines ökologischen Existenzminimums“ rügt, fehlt es der Verfassungsbeschwerde an einer ausreichenden Begründung (§ 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg – VerfGGBbg -). Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, inwiefern er durch die angegriffenen Entscheidungen in diesen Grundrechten verletzt sein kann. Ferner genügt die Verfassungsbeschwerde insoweit nicht den Anforderungen, die sich aus dem in § 45 Abs. 2 VerfGGBbg verankerten Subsidiaritätsgrundsatz ergeben. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat sich mit den vorgenannten Grundrechten nicht näher auseinandergesetzt. Nach dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde muss die geltend gemachte Verletzung verfassungsmäßiger Rechte aber bereits bei den Fachgerichten substantiiert gerügt werden. Wird dies – wie hier – versäumt, obwohl die Geltendmachung der behaupteten Grundrechtsverletzung möglich und zumutbar gewesen wäre, so ist es dem Beschwerdeführer verwehrt, die entsprechende Rüge nachträglich mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2007 – VfGBbg 11/07 EA -, NVwZ-RR 2008, 210 und 27. Mai 2011 – VfGBbg 20/10 -, www.verfassungsge-richt.brandenburg.de).

 

3. Die behauptete Verletzung des Art. 6 Abs. 2 LV ist ebenfalls nicht dargelegt worden. Die Vorschrift gewährleistet die Verfassungsbeschwerde; von diesem verfassungsrechtlich verbürgten Recht hat der Beschwerdeführer vorliegend Gebrauch gemacht, so dass eine Verletzung nicht denkbar ist.

 

4. Ferner kann eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 LV nicht mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Diese Bestimmung legt objektiv-rechtliche Strukturprinzipien fest, begründet aber keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Bürgers und ist deshalb im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht rügefähig (Beschluss vom 19. November 2010 – VfGBbg 26/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

5. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, obwohl der Beschwerdeführer ein auf die Erteilung einer Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang gerichtetes verwaltungsgerichtliches Verfahren bislang nicht durchlaufen hat. Er hat sich darauf beschränkt, die Anschlussanordnung vom 1. September 2009 anzufechten. Die Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes wirkt sich hier jedoch nicht zu Lasten des Beschwerdeführers aus, weil das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage inzident einen Befreiungsanspruch des Beschwerdeführers geprüft und im Ergebnis verneint haben.

 

 

II.

Die Verfassungsbeschwerde erweist sich, soweit sie zulässig ist, als unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen keine durch die Verfassung des Landes Brandenburg gewährleisteten Grundrechte des Beschwerdeführers.

 

1. Es ist in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg entschieden, dass die Anordnung und Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwanges grundsätzlich mit den Grundrechten der Landesverfassung vereinbar ist.

 

Insbesondere stellt der Anschluss- und Benutzungszwang eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 41 Abs. 1 Satz 2 LV dar, die als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 41 Abs. 2 LV vom Einzelnen hinzunehmen ist (zur Abwasserentsorgung vgl. bereits Beschluss vom 17. September 2009 – VfGBbg 22/08 -; ferner Beschlüsse vom 20. April 2006 – VfGBbg 6/06 und VfGBbg 74/05 -, jeweils www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

Daran ist auch im vorliegenden Verfahren festzuhalten. Zur weiteren Begründung kann auf die Beschlüsse vom 16. November 2012 in den Verfahren VfGBbg 59/11 und VfGBbg 61/11 (veröffentlicht unter www.verfassungsgericht.branden-burg.de) verwiesen werden, denen die verfahrensgegenständliche Satzung desselben Verbandes zugrunde lag. In den genannten Beschlüssen hat das Gericht dargelegt, dass gegen die in § 4 der Satzung erfolgte Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges verfassungsrechtlich nichts zu erinnern ist und die Befreiungsregelung in § 5 der Satzung den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes entspricht. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Annahme der Fachgerichte, dass bei der zur Feststellung des Befreiungstatbestandes erforderlichen Abwägung nur solche privaten Anlagen berücksichtigt werden können, die spätestens bei betriebsbereiter Fertigstellung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage bereits betrieben worden sind. Dass die Fachgerichte unter diesen Umständen den möglichen höheren Umweltstandard der vom Beschwerdeführer in Aussicht genommenen Kläranlage für unerheblich gehalten haben, begegnet deshalb keinen Bedenken.

 

2. Die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 52 Abs. 3 LV) liegt nicht vor. Nach Art. 52 Abs. 3 LV sind die Gerichte verpflichtet, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte müssen jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich bescheiden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sie den ihnen unterbreiteten Vortrag hinlänglich berücksichtigen. Deshalb muss sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände ergeben, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und zur Erwägung des Vorgetragenen nicht nachgekommen ist (vgl. Beschlüsse vom 10. Mai 2007 – VfGBbg 8/07 -, LVerfGE 18, 150, 157 und vom 17. Juni 2011 – VfGBbg 33/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Dies gilt auch hinsichtlich des Vortrags des Beschwerdeführers zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht auf diesen Gesichtspunkt ausdrücklich ein, im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens hat der Beschwerdeführer insoweit auch keinen Verfahrensmangel geltend gemacht. Das vom Beschwerdeführer für nicht hinreichend berücksichtigt gehaltene Vorbringen zu Art. 39 LV ist überdies nicht entscheidungserheblich gewesen. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Gerichte, eine Befreiung komme von vornherein nur bei bereits betriebenen Anlagen in Betracht, kam es auf die vom Beschwerdeführer angeführten Gesichtspunkte nicht an.

 

Schließlich stellt es auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, dass das Verwaltungsgericht den Beschwerdeführer nicht aufgefordert hat, den Antrag auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang vorzulegen. Denn das Verwaltungsgericht die Stellung eines solchen Antrags unterstellt.

 

C.

Der vom Verbandsvorsteher des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Herzberg mit Schriftsatz vom 30. Januar 2012 erklärte Beitritt zum Verfahren ist nicht statthaft und damit unzulässig. Der Verbandsvorsteher gehört nicht zum Kreis der Beitrittsberechtigten. Nach § 49 Abs. 4 VerfGGBbg können die nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligenden Organe dem Verfassungsbeschwerdeverfahren beitreten, die Landesregierung auch dann, wenn eine Handlung oder Unterlassung einer Behörde des Landes beanstandet wird. Zwar ist der Verbandsvorsteher hier nicht nur nach Absatz 2 (begünstigter Gegner des gerichtlichen Verfahrens), sondern auch nach Absatz 1 als Behörde zu beteiligen, deren Bescheid mit der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird. Dies macht ihn aber nicht zu einem „Organ“ i. S. d. des Absatzes 1, womit – auch in Abgrenzung zum Begriff „Behörde“ - ersichtlich nur die in § 12 Nr. 1 VerfGGBbg genannten Beteiligten gemeint sind.

 

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Schmidt