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VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 45/06 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
sonstige
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 15 Abs. 3; VerfGGBbg, § 15 Abs. 4
Schlagworte: - Befangenheit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 45/06 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 45/06



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

1. W.,

2. N.,

Beschwerdeführer,

auf Feststellung sowie gegen die Beschlüsse des Landgerichts Potsdam vom 29. Mai 2006 sowie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. August 2006

hier: Selbstablehnung des Richters Dr. Schöneburg

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder

am 21. Dezember 2006

b e s c h l o s s e n :

Die Selbstablehnung des Richters Dr. Schöneburg wird für begründet erklärt.

G r ü n d e :

I.

Die Beschwerdeführer begehren in einer die Zuweisung von Arbeit im Rahmen des Strafvollzugs betreffenden Angelegenheit eine verfassungsgerichtliche Feststellung und wenden sich gegen Beschlüsse des Landgerichts Potsdam sowie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.

Mit bei Gericht am 16. November 2006 eingegangenem Schreiben teilte Richter Dr. Schöneburg mit, daß er den Beschwerdeführer zu 1. im Zeitraum 2002 bis April 2006 in allen Strafvollzugs- und Strafvollstreckungssachen vertreten habe. Zwar sei er mit der dem Landesverfassungsgericht zur Entscheidung vorliegenden Angelegenheit nicht befaßt gewesen, doch habe er sich bereits früher gegenüber der JVA Brandenburg für die Zuweisung von Arbeit an die Beschwerdeführer eingesetzt.

Die Beschwerdeführer haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

II.

Die Selbstablehnung ist begründet.

Gemäß § 15 Abs. 4 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kann sich ein Richter selbst ablehnen. Hierüber entscheidet gemäß § 15 Abs. 3 VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluß des betreffenden Richters.

Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des Prozeßrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in st. Rspr., s. etwa: Beschlüsse vom 15. Juni 1994 – VfGBbg 10/94 EA –, LVerfGE 2, 113; vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -; vom 28. Juli 2005 - VfGBbg 217/03 - und vom 15. Juni 2006 - VfGBbg 58/04 -; zuletzt vom 16. November 2006 - VfGBbg 37/06 -).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Umstand, daß Richter Dr. Schöneburg den Beschwerdeführer zu 1. über einen längeren Zeitraum in allen Strafvollzugs- und Strafvollstreckungssachen - einschließlich in der Frage der Zuweisung von Arbeit - vertreten hat, ist geeignet, bei einem Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, der Richter werde an der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken können. Entsprechendes gilt auch für die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 2., da der Richter Dr. Schöneburg auch dessen Interessen gegenüber der JVA Brandenburg wahrgenommen hat. Diese Besorgnis ist bei lebensnaher Betrachtung verständlich. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist. Dies gilt unbeschadet dessen, daß der Sach- und Streitstand des fachgerichtlichen Verfahrens vom Beurteilungsrahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu trennen ist.

 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
   
Prof. Dr. Schröder