In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
1. W.,
2. N.,
Beschwerdeführer,
auf Feststellung sowie gegen die
Beschlüsse des Landgerichts Potsdam vom 29. Mai 2006 sowie des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. August 2006
hier: Selbstablehnung des Richters Dr. Schöneburg
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr.
Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder
am 21. Dezember 2006
b e s c h l o s s e n :
Die Selbstablehnung des Richters Dr.
Schöneburg wird für begründet erklärt.
G r ü n d e :
I.
Die Beschwerdeführer begehren in einer die
Zuweisung von Arbeit im Rahmen des Strafvollzugs betreffenden Angelegenheit
eine verfassungsgerichtliche Feststellung und wenden sich gegen Beschlüsse
des Landgerichts Potsdam sowie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.
Mit bei Gericht am 16. November 2006 eingegangenem Schreiben teilte Richter
Dr. Schöneburg mit, daß er den Beschwerdeführer zu 1. im Zeitraum 2002 bis
April 2006 in allen Strafvollzugs- und Strafvollstreckungssachen vertreten
habe. Zwar sei er mit der dem Landesverfassungsgericht zur Entscheidung
vorliegenden Angelegenheit nicht befaßt gewesen, doch habe er sich bereits
früher gegenüber der JVA Brandenburg für die Zuweisung von Arbeit an die
Beschwerdeführer eingesetzt.
Die Beschwerdeführer haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
II.
Die Selbstablehnung ist begründet.
Gemäß § 15 Abs. 4 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) kann
sich ein Richter selbst ablehnen. Hierüber entscheidet gemäß § 15 Abs. 3
VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluß des betreffenden Richters.
Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des
Prozeßrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor,
wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller
Umstände Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven
Einstellung des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg in st. Rspr., s. etwa: Beschlüsse vom 15. Juni 1994 – VfGBbg
10/94 EA –, LVerfGE 2, 113; vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -; vom 28. Juli
2005 - VfGBbg 217/03 - und vom 15. Juni 2006 - VfGBbg 58/04 -; zuletzt vom
16. November 2006 - VfGBbg 37/06 -).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Umstand, daß Richter Dr. Schöneburg
den Beschwerdeführer zu 1. über einen längeren Zeitraum in allen
Strafvollzugs- und Strafvollstreckungssachen - einschließlich in der Frage
der Zuweisung von Arbeit - vertreten hat, ist geeignet, bei einem
Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, der Richter werde an
der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken
können. Entsprechendes gilt auch für die Verfassungsbeschwerde des
Beschwerdeführers zu 2., da der Richter Dr. Schöneburg auch dessen
Interessen gegenüber der JVA Brandenburg wahrgenommen hat. Diese Besorgnis
ist bei lebensnaher Betrachtung verständlich. Es kommt dabei nicht darauf
an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist. Dies gilt
unbeschadet dessen, daß der Sach- und Streitstand des fachgerichtlichen
Verfahrens vom Beurteilungsrahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu
trennen ist.
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