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VerfGBbg, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - VfGBbg 26/99 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 52 Abs. 4; LV, Art. 6 Abs. 1;
  LV, Art. 6 Abs. 2; LV, Art. 100
- VwGO, § 124 Abs. 2 Nr. 1; VwGO, § 124a Abs. 1 Satz 4
Schlagworte: - kommunale Selbstverwaltung
- Beschwerdebefugnis
- faires Verfahren
- Rechtsschutzgarantie
- Grundrechtsberechtigung
- Bundesrecht
- Verwaltungsprozeßrecht
- Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts
Fundstellen: - DVBl 1999, 1722
- NVwZ 2000, 60
- NJ 2000, 193
- LVerfGE 10, 257
- NJ 2000, 194
- Mitt StGB 1999 (nur LS)
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - VfGBbg 26/99 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 26/99



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gemeinde Löpten,
vertreten durch den Amtsdirektor
des Amtes Schenkenländchen,
Markt 9, 15755 Teupitz,

Beschwerdeführerin,

gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 17. Juni 1999, 24. Juni 1999 und 29. Juni 1999 betreffend die Zurückweisung von Anträgen auf Zulassung der Berufung

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Havemann,
Dr.Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

am 21. Oktober 1999

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird teilweise als unzulässig verworfen und im übrigen zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen vier Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg, mit denen jeweils ihre Anträge auf Zulassung der Berufung gegen Urteile des Verwaltungsgerichts C. zurückgewiesen worden sind.

I.

Die Beschwerdeführerin betreibt in ihrem Gemeindegebiet eine Wasserversorgungsanlage, an die unter anderem die Klägerin der verwaltungsgerichtlichen Ausgangsverfahren, eine Agrargenossenschaft, angeschlossen ist. Weil diese auf den beiden von ihr genutzten Grundstücken das benötigte Trink- und Brauchwasser zum Teil aus einer eigenen Wasserversorgungsanlage entnahm, forderte der Amtsdirektor des Amtes Schenkenländchen die Agrargenossenschaft unter Hinweis auf die Satzung der Beschwerdeführerin über den Anschluß von Grundstücken an die öffentliche Wasserversorgung vom 11. August 1994 (Wasserversorgungssatzung) mit zwei jeweils auf die Grundstücke bezogenen Bescheiden vom 5. Juni 1998 auf, den Gesamtbedarf an Trink- und Brauchwasser aus der öffentlichen Wasserleitung zu decken. Mit weiteren Bescheiden vom 5. Juni 1998 und 21. Juli 1998 setzte er gestützt auf die Beitrags- und Gebührensatzung der Beschwerdeführerin, ebenfalls vom 11. August 1994, Anschlußbeiträge für die öffentliche Wasserversorgungsanlage fest. Nach erfolglosen Widerspruchsverfahren erhob die Agrargenossenschaft Klagen vor dem Verwaltungsgericht C., das die angegriffenen Bescheide und Widerspruchsbescheide mit Urteilen vom 9. März 1999 aufhob. Zur Begründung führte es im wesentlichen gleichlautend aus, daß die Benutzungsverfügungen und Beitragsbescheide ohne wirksame satzungsrechtliche Rechtsgrundlage ergangen seien. Die Wasserversorgungssatzung und die Beitrags- und Gebührensatzung vom 11. August 1994 seien unwirksam, weil die Hauptsatzung der Gemeinde vom 21. Dezember 1993 wegen fehlerhafter Bekanntmachung ihrerseits nicht wirksam sei. Es fehle insoweit an einer Mitveröffentlichung der Bekanntmachungsanordnung. Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen müsse für den Normadressaten bei Kenntnisnahme der Veröffentlichung einer Satzung zweifelsfrei erkennbar sein, daß das zuständige Gemeindeorgan die Veröffentlichung wissentlich veranlaßt habe. Es dürfe kein Zweifel darüber bestehen, ob es sich bei dem Abdruck lediglich um einen nichtrechtsförmlichen Nachdruck einer Rechtsvorschrift oder um deren rechtsförmliche Bekanntmachung handele. Mangels wirksamer Hauptsatzung habe die Beschwerdeführerin kein Ortsrecht setzen können; schon deshalb seien auch die Wasserversorgungssatzung und die Beitrags- und Gebührensatzung unwirksam. Im übrigen seien diese Satzungen auch deshalb nicht wirksam, weil es auch insoweit an einer mitveröffentlichten Bekanntmachungsanordnung fehle. Gleiches gelte für die von der Gemeinde erlassenen Nachtragssatzungen. Die Notwendigkeit der Veröffentlichung einer Bekanntmachungsanordnung werde weiterhin durch den Wortlaut des § 1 der Bekanntmachungsverordnung vom 25. April 1994 gestützt. Hinsichtlich der Beitrags- und Gebührensatzung folge die Unwirksamkeit ferner aus der Unwirksamkeit der Wasserversorgungssatzung.

Unter dem 21. April 1999 bzw. 4. Mai 1999 beantragte der Amtsdirektor des Amtes Schenkenländchen die Zulassung der Berufung gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts C.. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidungen. Das Verwaltungsgericht habe darauf abgestellt, daß für die Wirksamkeit einer Satzung die Mitveröffentlichung einer Bekanntmachungsanordnung erforderlich sei und dies aus dem Wortlaut der Bekanntmachungsverordnung gefolgert. Es habe die Vorschrift zu eng und ohne Berücksichtigung von Sinn und Zweck ausgelegt. Bekanntgemacht sei eine kommunale Satzung, wenn für den Bürger erkennbar sei, daß es sich bei dem Abdruck des Satzungstextes um die förmliche Bekanntmachung ortsrechtlicher Rechtssätze handele. Diesem Erfordernis sei jedenfalls dann Genüge getan, wenn die Satzungen - wie hier - im amtlichen Bekanntmachungsorgan veröffentlicht würden. Das Verwaltungsgericht komme durch fehlerhafte Auslegung der Bekanntmachungsverordnung zu einem Ergebnis, das im Widerspruch zum Gesetz stehe. Damit lägen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidungen auf der Hand. Weiterer Zulassungsgrund sei die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Ob es zur Wirksamkeit einer kommunalrechtlichen Satzung bei deren Veröffentlichung einer separat zu unterzeichnenden Bekanntmachungsanordnung bedürfe, habe Auswirkungen weit über den Einzelfall hinaus. Bislang habe keine Gemeinde im Land Brandenburg die vom Verwaltungsgericht C. geforderte Formalie berücksichtigt. Träfe dessen Auffassung zu, sei vermutlich das gesamte Satzungsrecht aller Gemeinden und Landkreise im Land Brandenburg unwirksam.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg hat die Anträge auf Zulassung der Berufung mit den vier hier angegriffenen Beschlüssen zurückgewiesen. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung müsse der Antragsteller die objektiv gegen die Richtigkeit des Urteils sprechenden Gründe im einzelnen erfassen und dartun. Sei das Urteil auf mehrere Begründungen gestützt, bedürfe es Ausführungen zu jeder dieser Begründungen. Das Vorbringen in dem Zulassungsantrag beschränke sich auf eine Auseinandersetzung mit der Auslegung der Bekanntmachungsverordnung durch das Verwaltungsgericht. Hinsichtlich der Unwirksamkeit der Hauptsatzung, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts schon für sich genommen zur Unwirksamkeit aller nachfolgenden Satzungen führe, habe das Gericht jedoch nicht auf die seinerzeit noch nicht in Kraft getretene Bekanntmachungsverordnung, sondern auf allgemeine rechtsstaatliche Erfordernisse abgestellt, aus denen die Pflicht zur Veröffentlichung der Bekanntmachungsanordnung folge. Dementsprechend hätten sich die Ausführungen in dem Zulassungsantrag nicht nur mit der Auslegung der Bekanntmachungsverordnung, sondern auch mit der Rechtslage vor deren Inkrafttreten auseinandersetzen müssen. Zwar erscheine die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts insoweit zweifelhaft, weil sich eine Pflicht zur Veröffentlichung der Bekanntmachungsanordnung weder aus der Gemeindeordnung noch aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen ableiten lasse. Darauf komme es jedoch nicht an, weil die Begründung des Zulassungsantrages insoweit unvollständig sei. Ergänzend meint das Oberverwaltungsgericht, daß auch die Bekanntmachungsverordnung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht die Veröffentlichung einer Bekanntmachungsanordnung verlange. Das Oberverwaltungsgericht hat sich weiter auf den Standpunkt gestellt, daß die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen sei. Insoweit spreche schon alles dafür, daß eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend substantiiert dargelegt sei. Jedenfalls lasse das Vorbringen nicht hinreichend erkennen, daß der Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts über die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Urteile hinaus zur grundsätzlichen Klärung gestellt werde. Da insoweit nur auf die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung und nicht schon auf die Wirksamkeit der Hauptsatzung abgestellt worden sei, fehle es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der zur Klärung gestellten Rechtsfrage.

II.

Die Beschwerdeführerin hat am 14. Juli 1999 Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts erhoben. Sie sieht sich durch die Entscheidungen in Art. 52 Abs. 4 der Landesverfassung - LV - (Recht auf ein faires Gerichtsverfahren), Art. 6 Abs. 1 LV (Rechtsweggarantie) und Art. 97 LV (Recht auf kommunale Selbstverwaltung) verletzt. Das Oberverwaltungsgericht habe überzogene Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gestellt und sehenden Auges ein unrichtiges Urteil in Rechtskraft erstarken lassen. Es reiche aus, wenn der Rechtmittelführer sich inhaltlich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetze und dabei aufzeige, warum diese Entscheidung unzutreffend sei. Soweit das erstinstanzliche Urteil wie in diesem Fall offensichtlich falsch sei, könne sogar der Hinweis auf den entsprechenden Zulassungsgrund ausreichen. Hier sei im Zulassungsantrag im einzelnen ausgeführt worden, daß die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung durch das Verwaltungsgericht nicht haltbar sei. Damit seien ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidungen hinreichend dargetan worden. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sei durch den Hinweis auf die landesweiten Konsequenzen, die die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Cottbus nach sich ziehe, hinreichend dargelegt worden. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu einer ungenügenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung seien nicht verständlich. Angesichts der Auswirkungen der Gerichtsentscheidungen auf die Erfüllung gemeindlicher Aufgaben liege zugleich ein Verstoß gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht vor.

III.

Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg hat von einer näheren Stellungnahme zur Sache abgesehen, jedoch allgemein angemerkt, daß das Oberverwaltungsgericht im Berufungszulassungsverfahren einen Zulassungsgrund nur auf der Grundlage dessen prüfen könne, was der Rechtsmittelführer vorgetragen habe. Dies könne zu der auch für die Oberverwaltungsgerichte unbefriedigenden Konsequenz führen, daß die Berufung auch in an sich berufungswürdigen Fällen nicht zugelassen werden dürfe, weil der Rechtsmittelführer die entscheidende Fragestellung nicht richtig herausgearbeitet habe. In einer solchen Situation, zumal bei einem landesrechtlichen Problem mit Breitenwirkung, bleibe den Richtern nur die Möglichkeit, die Rechtslage wenigstens in einem obiter dictum anzusprechen, was dann allerdings den besonderen Unmut des Rechtsmittelführers erregen könne.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zum Teil unzulässig (dazu I.) und im übrigen unbegründet (dazu II.)

I.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 97 LV rügt. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden und Gemeindeverbände nach Art. 97 LV ist kein Grundrecht im Sinne des Art. 6 Abs. 2 LV, dessen Verletzung mit der hier erhobenen (Individual) Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann. Der Art. 6 Abs. 2 LV zugrundeliegende formelle Grundrechtsbegriff erfaßt nur diejenigen Bestimmungen des 2. Hauptteils der Landesverfassung (Grundrechte und Staatsziele), die dem Bürger subjektive Rechte vermitteln. Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 97 LV zählt - unbeschadet seiner subjektiv rechtlichen Elemente - nicht zu diesen Grundrechten im formellen Sinne (vgl. zu Art. 28 Abs. 2 GG: BVerfGE 48, 64, 79; Dreier in: ders., Grundgesetz, Band 2, 1998, Art. 28 Rdn. 81 m.w.N.). Dies findet seine Bestätigung darin, daß die Landesverfassung - als Konsequenz aus dem Vorstehenden - den Gemeinden und Gemeindeverbänden mit der Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 100 LV ein besonderes Verfahren zur Verfügung stellt, um bestimmte Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht zur verfassungsgerichtlichen Prüfung stellen zu können. Um eine Kommunalverfassungsbeschwerde - oder auch-kommunale Verfassungsbeschwerde - handelt es sich hier aber gerade nicht. Gemeinden und Gemeindeverbände können eine Kommunalverfassungsbeschwerde zufolge Art. 100 LV nur mit der Behauptung erheben, daß das Recht auf kommunale Selbstverwaltung durch ein Gesetz des Landes verletzt werde. Gegen gerichtliche Entscheidungen steht die Kommunalverfassungsbeschwerde nicht zur Verfügung.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit die Beschwerdeführerin mit der Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Zulassung der Berufung überspannt, eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV in Verbindung mit der Rechtsweggarantie des Art. 6 Abs. 1 LV geltend macht.

a. Die Beschwerdeführerin kann sich auf die Grundrechte aus Art. 52 Abs. 4, 6 Abs. 1 LV berufen. Zwar gelten Grundrechte grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie sind ihrem Charakter nach in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Etwas anderes gilt jedoch für die sog. Prozeßgrundrechte, die in gerichtlichen Verfahren jedem, auch einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, zugute kommen, soweit die Parteifähigkeit reicht (BVerfGE 61, 82, 104; BVerfG, NVwZ 1994, 58, 59). Bei dem Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV, auf das sich die Beschwerdeführerin beruft, handelt es sich um ein solches Prozeßgrundrecht. Unter welchen Voraussetzungen sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auch auf die Rechtsweggarantie aus Art. 6 Abs. 1 LV berufen können, bedarf aus Anlaß des Falles keiner grundsätzlichen Klärung (vgl. zum Streitstand - bezogen auf Art. 19 Abs. 4 GG - Huber in: v.Mangoldt/Klein/Stark, Bonner Grundgesetz, Band 1, 4. Aufl. 1999, Art. 19 Rdn. 395 m.w.N.; Clemens in: Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 1992, § 91 Rdn. 115 f.). Art. 6 Abs. 1 LV gewinnt hier nur in seiner Ausprägung als Gebot effektiven Rechtsschutzes Bedeutung, das es den Fachgerichten - unter anderem - untersagt, den Zugang zu einer gesetzlich eingerichteten weiteren Instanz unzumutbar zu erschweren. Da dieses Gebot für jedes gerichtliche Verfahren gilt, kommt es - insoweit vergleichbar einem Prozeßgrundrecht im engeren Sinne - jedem zugute, der nach der einfachrechtlichen Verfahrensausgestaltung ein Rechtsmittel einlegen kann. Es spricht deshalb nichts dagegen, daß sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang, jedenfalls im Sinne einer Verstärkung der grundrechtlichen Gewährleistung aus Art. 52 Abs. 4 LV, auch auf Art. 6 Abs. 1 LV stützt (vgl. zu den Bezügen zwischen beiden Grundrechten Schulze-Fielitz in: Dreier, Grundgesetz, Band 1, 1996, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 28 m.w.N.).

b. Die Beschwerdeführerin ist insoweit auch beschwerdebefugt im Sinne von Art. 6 Abs. 2 LV, § 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg). Nach ihrem Vortrag erscheint es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, daß das Oberverwaltungsgericht an die Darlegung von Zulassungsgründen Anforderungen gestellt hat, die mit den geltend gemachten Grundrechten nicht mehr vereinbar sind.

Die Beschwerdebefugnis besteht ungeachtet dessen, daß in den fachgerichtlichen Verfahren nicht die Beschwerdeführerin, sondern der Amtsdirektor des Amtes Schenkenländchen Beklagter und Rechtmittelführer gewesen ist. Er hat insoweit im Wege der gesetzlichen Prozeßstandschaft für die Gemeinde gehandelt (§ 4 Abs. 3 Amtsordnung; vgl. hierzu Bracker, Amtsordnung Brandenburg, § 4 Ziff. 4.3). Zwar hat er die Anträge auf Zulassung der Berufung anders als die übrigen Schriftsätze unter dem Briefkopf “Der Amtsdirektor für den Verbandsvorsteher des Abwasserzweckverbandes Teupitzsee” eingereicht. Er hat aber im Text der Zulassungsanträge ausreichend klargestellt, daß er auch im Rechtsmittelverfahren die Beschwerdeführerin vertritt. Die angegriffenen Entscheidungen wirken deshalb gegen die Beschwerdeführerin.

c. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, daß die Beschwerdeführerin Gerichtsentscheidungen angreift, die in einem bundesrechtlich - durch die Verwaltungsgerichtsordnung - geordneten Verfahren ergangen sind. Die Fachgerichte des Landes sind bei der Anwendung und Auslegung des Prozeßrechts des Bundes, soweit es Wertungsspielräume eröffnet (hier: Anforderungen an die Darlegungspflicht aus § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO) an die mit dem Grundgesetz inhaltsgleichen Grundrechte der Landesverfassung gebunden (BVerfGE 96, 345, 366 ff.). In diesem Umfang unterliegen die Entscheidungen der Landesgerichte auf eine zulässige Verfassungsbeschwerde hin der Kontrolle durch das Landesverfassungsgericht am Maßstab der Landesverfassung (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, vorgesehen zur Veröffentlichung in LVerfGE 8, Teil Brandenburg). Die hier geltend gemachten Grundrechte sind inhaltsgleich mit den entsprechenden Bundesgrundrechten (vgl. zum fairen Verfahren: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg a.a.O.; zur Rechtsweggarantie: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. Juli 1998 - VfGBbg 17/98 -, vorgesehen zur Veröffentlichung in LVerfGE 8, Teil Brandenburg).

II.

Die Verfassungsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts verstoßen nach Lage des Falles nicht gegen das Recht auf ein faires Verfahren in Verbindung mit der Rechtsweggarantie. Die genannten Grundrechte vermitteln grundsätzlich keinen Anspruch auf eine weitere Instanz. Hat der Gesetzgeber allerdings ein Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung vorgesehen, darf der Zugang zu der nächsten Instanz durch die Gerichte nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg a.a.O.; BVerfGE 69, 381, 385; BVerfG, DVBl. 1995, 35 f). Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe tragen die angegriffenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts hinreichend Rechnung.

1. Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht verlangt, daß sich ein Rechtsmittelführer bei mehreren selbständig tragenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung mit jeder einzelnen von ihnen auseinandersetzt und ihre Fehlerhaftigkeit darlegt. Diese Anforderungen an die Darlegungspflicht entsprechen der üblichen Zulassungspraxis der Rechtsmittelgerichte und sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Es liegt letztlich auf der Hand, daß ein Rechtsmittelführer ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils, das auf mehreren selbständig tragenden Erwägungen fußt, nur dann dargelegt hat, wenn er sich mit jeder dieser Erwägungen auseinandersetzt und ihre Fehlerhaftigkeit aufzeigt.

Hiervon ausgehend war die Nichtzulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Ziffer 1 VwGO vertretbar. Das Verwaltungsgericht hat die Notwendigkeit der Veröffentlichung einer Bekanntmachungsanordnung in erster Linie - hinsichtlich der Hauptsatzung sogar ausschließlich - aus allgemeinen rechtsstaatlichen Erwägungen abgeleitet und die Bekanntmachungsverordnung nur ergänzend und nur hinsichtlich der späteren - unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden - Satzungen herangezogen. Es hat hierzu im Anschluß an die Erörterung allgemeiner rechtsstaatlicher Grundsätze jeweils ausgeführt:

“Die insoweit bereits vorstehend dargelegten Gründe für die Notwendigkeit der Veröffentlichung einer Bekanntmachungsanordnung bzw. -verfügung werden weiterhin durch den Wortlaut des § 1 Absatz 1 Sätze 1 und 2 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Vorschriften in den Gemeinden, Ämtern und Landkreisen (Bekanntmachungsverordnung - BekanntmV -) vom 25. April 1994 gestützt. ...”

Daß das Oberverwaltungsgericht hierin nicht die die Urteile allein tragende, sondern nur eine ergänzend hinzutretende weitere (“weiterhin”) Erwägung des Verwaltungsgerichts gesehen hat, ist nicht zu beanstanden, sondern liegt nach dem Gang der Argumentation des Verwaltungsgerichts durchaus nahe. Da sich der für die Beschwerdeführerin handelnde Amtsdirektor in dem Zulassungsantrag darauf beschränkt hat, nur die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung durch das Verwaltungsgericht anzugreifen, konnte das Oberverwaltungsgericht in vertretbarer Weise davon ausgehen, daß Zweifel an der Richtigkeit der Urteile nicht hinreichend dargetan waren, eben weil nur eine von zwei selbständig tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, und zwar die die im Vordergrund stehende Argumentation lediglich ergänzende, angegriffen wurde. Hierin liegt keine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes. Es wäre dem Amtsdirektor durchaus möglich gewesen, sich auch mit der Rechtslage vor Inkrafttreten der Bekanntmachungsverordnung auseinanderzusetzen.

Der Beschwerdeführerin ist freilich einzuräumen, daß im Schrifttum und in der fachgerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, bei offensichtlicher Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung könne die Berufung auch ohne Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen werden bzw. seien weniger restriktive Maßstäbe anzulegen (vgl. etwa OVG NW, NVwZ 1998, 530 ff.; Seibert, NVwZ 1999, 113, 115 m.w.N.). Welche Anforderungen ein Oberverwaltungsgericht insoweit anlegt, ob es “streng” oder eher “großzügig” vorgeht, ist jedoch, solange es sich in dem verfahrensrechtlich vorgegebenen Rahmen bewegt und keine sachwidrigen oder unzumutbaren Maßstäbe anlegt, seine Sache. Wenn es den Gesetzgeber der Verwaltungsgerichtsordnung beim Wort nimmt und den jeweiligen Zulassungsgrund nur anhand dessen prüft, was der Rechtsmittelführer vorgebracht hat, so ist dies verfassungsgerichtlich nicht zu beanstanden. Etwas anderes würde etwa dann gelten, wenn die Anforderungen an die Darlegung der ernstlichen Zweifel darauf hinausliefen, daß der Rechtsmittelführer im Zulassungsantrag eine Argumentation liefern müßte, die sich in allen Nuancen mit den Erwägungen deckt, aus denen heraus das Oberverwaltungsgericht das angegriffene Urteil für falsch hält, er also im Zulassungsantrag genau die spätere Argumentationslinie des Oberverwaltungsgerichts “treffen” müßte. Dies wäre gegebenenfalls eine Überspannung der Darlegungsanforderungen, die mit Art. 52 Abs. 4, 6 Abs. 1 LV in Konflikt geriete. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidungen - anders als die Beschwerdeführerin wohl meint - nicht (erst) in bezug auf die Bekanntmachungsverordnung, sondern (schon) deshalb verneint, weil sich der Zulassungsantrag mit einer die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbständig und in erster Linie tragenden Erwägung - Unwirksamkeit der Hauptsatzung - nicht auseinandergesetzt hat. Diese Handhabung mag “spitz” erscheinen, ist aber einfachrechtlich vertretbar. Die Verantwortung hierfür liegt und bleibt beim Oberverwaltungsgericht. Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichts, die Entscheidungen der Fachgerichte allgemein auf ihre materielle und verfahrensrechtliche Richtigkeit zu überprüfen und sich in dieser Weise an ihre Stelle zu setzen.

2. Auch hinsichtlich des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sind die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts von Verfassungs wegen hinzunehmen.

Insoweit kann dahinstehen, ob - wie die Beschwerdeführerin geltend macht - das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die Darlegungspflicht überspannt hat, indem es zur Auslegung der Bekanntmachungsverordnung trotz des Hinweises im Zulassungsantrag auf die landesweiten Konsequenzen und der sich geradezu aufdrängenden grundsätzlichen Bedeutung den Standpunkt vertreten hat, es spreche schon alles dafür, daß die grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargelegt sei. Hierauf kommt es nicht an, weil das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung letztlich nicht auf eine unzureichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, sondern auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit der zur Klärung gestellten Rechtsfrage gestützt hat. Die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung durch das Verwaltungsgericht war aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich, weil die angegriffenen Urteile auf der weiteren selbständig tragenden Erwägung beruhten, daß schon die Hauptsatzung nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht richtig veröffentlicht worden sei. Die dem zugrundeliegende Auffassung, daß die zu klärende Frage entscheidungserheblich sein muß, entspricht der gefestigten Rechtsprechung der Revisionsgerichte zu dem Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. etwa die Rechtsprechungsnachweise bei Eyermann, VwGO, 10. Aufl. 1998, § 132 Rdn. 11; Zöller, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 546 Rdn. 35; Hauck, ArbGG, 1996, § 72 Rdn. 7). Es spricht nichts dagegen, die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ebenfalls daran zu knüpfen, daß die zur Klärung gestellte Frage entscheidungserheblich ist.

Allerdings ist hier das Argument der fehlenden Entscheidungserheblichkeit nur tragfähig, weil das Oberverwaltungsgericht als mit dem Berufungs-Zulassungsantrag zur Klärung gestellte Rechtsfrage allein die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung durch das Verwaltungsgericht angesehen hat. Über die dahingehende Würdigung des Parteivortrags durch das Oberverwaltungsgericht mag man freilich streiten können. Immerhin hat der Amtsdirektor im Zulassungsantrag formuliert: “Die im Berufungsverfahren zu klärende Frage, nämlich die, ob es zur Wirksamkeit einer kommunalen Satzung bei deren Veröffentlichung einer separat zu unterzeichnenden Bekanntmachungsanordnung bedarf, hat grundsätzliche Bedeutung.” In dieser allgemeinen Form deckt die Frage sowohl die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung als auch die Rechtslage vor deren Inkrafttreten ab und wäre - so gesehen - durchaus entscheidungserheblich. Auf der anderen Seite ist allerdings zu berücksichtigen, daß es nach verbreiteter Auffassung in Schrifttum und fachgerichtlicher Rechtsprechung nicht ausreicht, lediglich eine Frage aufzuwerfen, vielmehr eine konkrete Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil im Sinne einer rechtlichen Durchdringung des Streitgegenstandes verlangt wird (vgl. etwa Schmidt, NVwZ 1998, 694, 696; Laudemann, NJ 1999, 6, 8; jeweils mit weiteren Nachweisen zur oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung; vgl. zum - insoweit entsprechenden - Revisionsrecht etwa BVerwG, NJW 1997, 3228 und NJW 1996, 1554 m.w.N.). Insoweit gewinnt hier Bedeutung, daß sich der Zulassungsantrag nicht näher mit der für die vom Verwaltungsgericht angenommene Unwirksamkeit der Hauptsatzung allein maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten der Bekanntmachungsverordnung auseinandergesetzt, sondern nur die Auslegung der Verordnung angegriffen hat. Es liegt deshalb im Rahmen einer vertretbaren Würdigung des Parteivorbringens, wenn das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, daß der Rechtsmittelführer nach der Art seines Vortrags den Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts nicht über die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Urteile hinaus zur grundsätzlichen Klärung stellen wollte. Da seine diesbezüglichen Ausführungen nur die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung betrafen, brauchte das Oberverwaltungsgericht auch nur dies - und nicht auch die Ordnungsgemäßheit der Bekanntmachung der Hauptsatzung - als zur Klärung gestellte Rechtsfrage anzusehen. In gewisser Weise bestätigt sich die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts durch den Vortrag der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren, der wiederum nur auf die Auslegung der Bekanntmachungsverordnung abhebt und die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichts unberücksichtigt läßt. Daß man die im Zulassungsantrag zur Klärung gestellte Rechtsfrage aus fachrichterlicher Sicht gegebenenfalls auch anders, und zwar in einem umfassenderen und damit entscheidungserheblichen Sinne, hätte verstehen können, kann der Verfassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die Würdigung des Parteivortrags ist, solange sie sich - wie hier - im Rahmen des Vertretbaren hält, allein Sache der Fachgerichte (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 17. September 1998 - VfGBbg 18/98 -, S. 8 f. des Umdrucks, vorgesehen zur Veröffentlichung in LVerfGE 8, Teil Brandenburg). Auch insoweit ist das Verfassungsgericht keine weitere Fachinstanz, die sich an die Stelle des zur Entscheidung berufenen Fachgerichts setzen dürfte. Maßstab für das Verfassungsgericht ist nur die Verfassung. Die Verantwortung im übrigen bleibt beim Fach-, hier also beim Oberverwaltungsgericht. Dies gilt natürlich auch für die Frage, ob die Wirksamkeit einer kommunalen Satzung von der Veröffentlichung einer Bekanntmachungsanordnung abhängt.

Freilich erscheint es wenig befriedigend, daß auf diesem Wege vom Oberverwaltungsgericht selbst (ausweislich seiner Anmerkungen in einem obiter dictum) als unzutreffend angesehene erstinstanzliche Entscheidungen unkorrigiert bleiben. Dies ist jedoch letztlich eine (mißliche) Konsequenz des vom Bundesgesetzgeber mit dem 6. VwGO-Änderungsgesetz eingeführten Zulassungsrechts, welches hier vom Oberverwaltungsgericht zwar restriktiv, aber nicht unvertretbar gehandhabt worden ist. Die vom Bundesgesetzgeber gewollte Abkehr vom Amtsermittlungsgrundsatz im Berufungszulassungsverfahren kann in der Tat dazu führen, daß bei unzureichender bzw. in vertretbarer Weise als unzureichend gewerteter Darlegung von Zulassungsgründen falsche Entscheidungen der ersten Instanz in Rechtskraft erwachsen.

C.

Die Entscheidung ist mit 4 gegen 3 Stimmen ergangen.

Dr. Macke Havemann
Dr. Jegutidse Dr. Knippel

Prof. Dr. Schröder

Weisberg-Schwarz
Prof. Dr. Will