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VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2018 - VfGBbg 180/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3
- SGG, § 197 Abs. 2
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde begründet
- Willkür
- Kostenfestsetzung
- Erinnerung
- Terminsgebühr
- mündliche Verhandlung
- Verfahrensgebühr
- Unterschreitung des Mindestbetrags bei Betragsrahmen
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2018 - VfGBbg 180/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 180/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

Z.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt L.,

                                                               

                                                               

wegen            Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Oktober 2017 (S 30 SF 2139/16 E)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 21. September 2018

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Oktober 2017 (S 30 SF 2139/16 E) verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor Gericht (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV). Er wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Erinnerung vom 8. Juli 2016 an eine andere Kostenkammer des Sozialgerichts Cottbus zurückverwiesen.

 

Das Land Brandenburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

 

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

 

 

Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Kostenerinnerungsbeschluss des Sozialgerichts Cottbus.

I.

Die Beschwerdeführerin führte vor dem Sozialgericht Cottbus gegen das Jobcenter Oberspreewald-Lausitz (im Folgenden: Beklagter) eine Untätigkeitsklage. Nach Erlass des angestrebten Widerspruchsbescheides übermittelte der Beklagte diesen an das Sozialgericht und führte dabei aus, das „klägerische Anliegen dürfte sich damit erledigt haben“. Das Sozialgericht übersandte diesen Schriftsatz dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 16. November 2015, nach eigenen Angaben eingegangen am 20. November 2015, mit der Bitte um Stellungnahme binnen vier Wochen, ob der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde. Wenige Tage später, unter dem 24. November 2015, bestimmte das Sozialgericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17. Dezember 2015. In diesem gab der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin eine prozessbeendende Erklärung ab, das Kostengrundanerkenntnis des Beklagten wurde von der Beschwerdeführerin angenommen.

Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten in Höhe von insgesamt 266,80 Euro. Hierbei machte sie eine Verfahrensgebühr in Höhe von 100,00 Euro, eine Terminsgebühr in Höhe von 60,00 Euro, eine Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 Euro, Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld bei einer Geschäftsreise geltend, jeweils zzgl. Umsatzsteuer.

Der Beklagte hielt hingegen nur 57,12 Euro für erstattungsfähig. Er setzte hierfür (nur) eine Verfahrensgebühr von 40,00 Euro und eine Post- und Telekommunikationspauschale von 8,00 Euro an, jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei nicht angefallen, weil die mündliche Verhandlung nicht notwendig gewesen sei. Vielmehr hätte eine prozessbeendende Erklärung schriftsätzlich abgegeben werden können. Auch Fahrtkosten und Tage- und Abwesenheitsgeld seien deshalb nicht festzusetzen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2016 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts die der Beschwerdeführerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 147,18 Euro fest. Dieser Betrag berechnete sich aus einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr in Höhe von jeweils 50,00 Euro (Nrn. 3102 und 3106 VV RVG) sowie Fahrtkosten in Höhe von 1,60 Euro (Nr. 7003 VV RVG), einer Abwesenheitspauschale in Höhe von 2,08 Euro (Nr. 7005 VV RVG) und einer Pauschale für Post- und Telekommunikation in Höhe von 20,00 Euro (Nr. 7002 VV RVG) zusammen, jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Die Terminsgebühr sei festzusetzen, denn die Kammervorsitzende habe den Termin für erforderlich gehalten.

Gegen den am 17. Juni 2016 zugegangenen Kostenfestsetzungsbeschluss legte der Beklagte am 12. Juli 2016 Erinnerung ein. Zur Begründung hieß es, die Terminsgebühr sei gar nicht oder angesichts der Dauer der mündlichen Verhandlung von drei Minuten allenfalls in Höhe der Mindestgebühr festzusetzen.

Mit Beschluss vom 6. Oktober 2017 (S 30 SF 2139/16 E) änderte das Sozialgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss und setzte die der Beschwerdeführerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 57,12 Euro fest. Zur Begründung verwies der Beschluss praktisch ausschließlich auf die Ausführungen des Beklagten. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 16. Oktober 2017 zugestellt.

Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin am 18. Oktober 2017 Anhörungsrüge. Dem angegriffenen Beschluss fehle die erforderliche Begründung, er setze sich nicht ansatzweise mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinander. Über die Anhörungsrüge ist der Beschwerdeführerin nach Lage der Akten noch keine Entscheidung zugegangen. In der Gerichtsakte ist hierzu ein undatierter formularähnlicher Beschluss ohne Aktenzeichen und Rubrum enthalten, der aber vom Kostenrichter bereits unterschrieben ist.

II.

Mit der am 8. Dezember 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 52 Abs. 3 LV. Die Entscheidung über die Erinnerung sei willkürlich, da das Sozialgericht die Terminsgebühr nicht für erstattungsfähig gehalten und die Verfahrensgebühr mit 40,00 Euro unterhalb der Mindestgebühr zugesprochen habe. Zudem habe sich das Gericht nicht ansatzweise mit den Kriterien von § 14 RVG auseinander gesetzt.

III.

Das Sozialgericht Cottbus erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verfahrensakten S 43 AS 2497/15 und S 30 SF 2139/16 E wurden beigezogen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Die Beschwerdeführerin hat entsprechend § 45 Abs. 2 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) den Rechtsweg erschöpft. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Sozialgerichts über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss stand der Beschwerdeführerin aufgrund der Bestimmung des § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zur Verfügung.

Für die Frage, ob der Rechtsweg erschöpft ist, kommt es hier nicht auf den Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens an, weil die Verfassungsbeschwerde keine Rüge rechtlichen Gehörs zum Gegenstand hat (vgl. hierzu Beschlüsse vom 24. März 2017 - VfGBbg 48/16 - und vom 18. März 2010 - VfGBbg 46/09 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die Anhörungsrüge durch den in der Gerichtsakte befindlichen, unterzeichneten Beschluss zurückgewiesen wurde, obwohl er kein Aktenzeichen für das Anhörungsrügeverfahren enthält und ihm ein Rubrum fehlt.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch innerhalb der Frist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg binnen zweier Monate erhoben und begründet worden. Der Beschluss über die Erinnerung ist am 16. Oktober 2017 zugestellt worden. Am 8. Dezember 2017 hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben.

3. Schließlich steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen, dass der Beschluss, gegen die sich die Beschwerdeführerin richtet, auf der Grundlage von Verfahrensrecht des Bundes ergangen ist. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.

Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Cottbus verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor Gericht (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV) in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür.

Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und daher der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber den Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot in Betracht. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt jedoch nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist. Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar unverständlich erscheint. Diese Voraussetzungen liegen unter anderem dann vor, wenn sich ein Gericht mit seiner rechtlichen Beurteilung ohne nachvollziehbare Begründung in Widerspruch zu einer durch Rechtsprechung und Schrifttum geklärten Rechtslage setzt oder das Gericht den Inhalt einer Norm krass missdeutet, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht. Von einer willkürlichen Missdeutung kann dagegen nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht eingehend mit der Rechtslage auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2017 - VfGBbg 20/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Die Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses der Urkundsbeamtin zum Nachteil der Beschwerdeführerin verstößt gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV in Gestalt des Willkürverbots. Denn die Festsetzung des Betrages von 57,12 Euro brutto ist mit den gesetzlichen Vorgaben ersichtlich unvereinbar und damit willkürlich.

Im Rahmen des Erinnerungsverfahrens obliegt dem Richter gemäß § 197 Abs. 2 SGG die Überprüfung der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle über den Betrag der zu erstattenden Kosten. Dies umfasst die Prüfung, ob die Kosten im Rahmen des maßgebenden Rechtsstreits tatsächlich entstanden sind und ob die Aufwendungen nach Maßgabe des § 193 Abs. 2 SGG zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig waren. Danach werden (nur) die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten als erstattungsfähig festgesetzt. Unzweckmäßige und unnötige Aufwendungen sind nicht erstattungsfähig, vielmehr von dem Beteiligten, der sie verursacht hat, selbst zu tragen (zum Gebot der Niedrighaltung der Kosten: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., Anhang X Rn. 227 ff; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 193 Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 162 Rn. 1c; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 162, Rn. 4; Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 91 Rn. 49;). Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen an. Nicht erstattungsfähig nach § 193 Abs. 2 SGG sind nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung Aufwendungen, die offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan sind, dem Prozessgegner Kosten zu veranlassen (vgl. etwa Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2012 - L 29 SF 552/11 -; Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 10; Bader, a. a. O., Rn. 11; Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 161 Rn. 10; Schulz, a. a. O., Rn. 60; Stapperfend, in: Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 139 Rn. 4).

Hinsichtlich der Vergütung des Rechtsanwalts kommt der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss gleich mehrfach zu einem Ergebnis, welches unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist.

1. Soweit das Sozialgericht die Terminsgebühr nicht berücksichtigt, missachtet es offensichtlich die gesetzlichen Vorgaben.

Vorliegend ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) nebst dessen Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis - VV -) in der bis zum 14. Oktober 2016 geltenden Fassung maßgeblich (vgl. § 60 Absatz 1 Satz 2 und 3 RVG). Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entsteht (in Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten) die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Der Betragsrahmen für eine Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten beträgt 50,00 bis 550,00 Euro (Nr. 3106 VV RVG).

Danach ist die Terminsgebühr angefallen, weil ein Termin zur mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin stattgefunden hat.

Hierbei kann die einfachrechtliche Frage offen bleiben, ob sich die von der Beschwerdeführerin nicht genutzte Möglichkeit, das Verfahren schriftsätzlich für erledigt zu erklären, im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens auf die gesetzliche Vergütung des Prozessbevollmächtigten auswirken kann, oder diese Erwägung vielmehr einer etwaigen Kostengrundentscheidung vorbehalten ist (vgl. § 192 Abs. 1 Satz 1 SGG; zur Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung bei Fortführung einer erledigten Untätigkeitsklage vgl. jeweils m. w. N.: Groß, in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl. 2017, § 192 Rn. 19; Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 155 Rn. 29; Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 155 Rn. 25). Denn es ist schon unvertretbar, die Teilnahme des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin an der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2015 als Verstoß gegen das Gebot, die Kosten niedrig zu halten, anzusehen.

Das Sozialgericht hatte dem Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin eine Frist zur Stellungnahme von vier Wochen gesetzt, als es ihn über den Erlass des begehrten Widerspruchsbescheides in Kenntnis gesetzt hatte. Die praktisch zeitgleich geladene mündliche Verhandlung fand noch innerhalb dieser Frist statt, in der Ladung war die Frist zur Stellungnahme auch nicht verkürzt worden. Die Beschwerdeführerin und ihr Prozessbevollmächtigter mussten bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass in der mündlichen Verhandlung die aktuelle Prozesssituation besprochen werden sollte und die erbetene schriftliche Stellungnahme nach dem Willen des Gerichts nicht schon vor der Verhandlung abgegeben werden musste. Es ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass aus damaliger Sicht der Beschwerdeführerin und ihres Prozessbevollmächtigten die fiskalischen Interessen der Beklagten Vorrang vor der geordneten Durchführung der von der Kammervorsitzenden geladenen mündlichen Verhandlung gehabt haben sollen. Hiervon geht aber der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss aus. Die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung war in der konkreten Prozesssituation weder offensichtlich nutzlos noch objektiv nur dazu angetan, dem Prozessgegner Kosten zu veranlassen. Es war umgekehrt sogar geboten, zu dem Termin zu erscheinen, weil die zuständige Kammervorsitzende die Sache mit einem Termin vor Ablauf der Stellungnahmefrist geladen und auch nicht die Abgabe einer prozessbeendenden Erklärung angemahnt hatte.

2. Die rechtsfehlerhafte Behandlung der angefallenen Terminsgebühr erstreckt sich auch auf die für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung ursprünglich festgesetzten Pauschalen (Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld). Hierbei kann offen bleiben, in welcher Höhe die Pauschalen festzusetzen gewesen wären, da das Sozialgericht diese überhaupt nicht berücksichtigt hat.

3. Auch die mit der angefochtenen Entscheidung auf nunmehr 40,00 Euro festgesetzte Verfahrensgebühr ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und willkürlich, da die gesetzliche Untergrenze des Betragsrahmens offenkundig unterschritten wurde. Nach Nr. 3102 VV RVG in der maßgeblichen Fassung betrug die Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten mindestens 50,00 Euro.

4. Zudem ist die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen verfassungswidrig zu niedrig angesetzt. Nach dem unzweideutigen Wortlaut der Nr. 7002 VV RVG beträgt diese 20% der Gebühren, welche für eine Angelegenheit angefallen sind, höchstens jedoch 20,00 Euro. Hierbei ist bei einem gerichtlichen Verfahren die Summe aller Gebühren maßgeblich. Hierbei sind vorliegend die Verfahrens- und auch die Terminsgebühr zu berücksichtigen. Dies führt bereits unter Zugrundelegung der jeweiligen Mindestgebühr in Höhe von 50,00 Euro für die Verfahrens- und Terminsgebühr zu der Pauschale von 20,00 Euro.

C.

Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Cottbus ist hiernach gemäß § 50 Abs. 3 VerfGGBbg aufzuheben; die Sache selbst ist an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung an eine andere (Kosten-)Kammer beruht auf § 50 Abs. 3 VerfGGBbg, die Entscheidung über die Auslagenerstattung auf § 32 Abs. 7 Satz 1 VerfGGBbg.

Der Gegenstandswert ist nach § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG entsprechend der ständigen Praxis des Gerichts in erfolgreichen Verfahren über Individualverfassungsbeschwerden gegen Gerichtsentscheidungen auf 10.000,00 Euro festzusetzen.

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt