Toolbar-Menü
Hauptmenü

VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2018 - VfGBbg 163/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 4
- VerfGGBBg, § 45 Abs. 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Beschwerdebefugnis
- Kostenfestsetzungsbeschluss
- Erinnerung
- Anhörungsrügebeschluss
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 21. September 2018 - VfGBbg 163/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 163/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

B.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt L.,

 

wegen           

Beschlüsse des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Mai 2016 (S 30 SF 912/16 E) und vom 21. März 2017 (S 30 SF 3755/17 E RG)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 21. September 2018

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen Entscheidungen des Sozialgerichts Cott­bus über eine Erinnerung und eine Anhörungsrüge im Verfahren zur Festsetzung ihrer erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten.

I.

Die Beschwerdeführerin führte beim Sozialgericht Cottbus eine Untätigkeitsklage (S 2 AS 6284/13) gegen das Jobcenter Oberspreewald Lausitz (im Folgenden: Beklagter). Nachdem Erlass des begehrten Bescheides stellte die Beschwerdeführerin ihr Klagebegehren um und beantragte festzustellen, dass der Beklagte ohne zurei­chenden Grund in angemessener Frist nicht über ihren Antrag entschieden habe. Das Sozialgericht wies die so fortgeführte Klage mit Urteil vom 20. August 2014 als unzulässig ab. Außergerichtliche Kosten seien durch den Beklagten nicht zu erstatten. Nachdem die Beschwerdeführerin zunächst Nichtzulassungsbeschwerde beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben hatte, nahm sie die Klage zurück. Einen Kostenfestsetzungsantrag stellte sie nicht.

Am 21. März 2018 legte die Beschwerdeführerin unter dem erstinstanzlichen Aktenzeichen Erinnerung ein gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts. Dem vom Sozialgericht angelegten Erinnerungsheft ist ein Aktenvermerk der Geschäftsstelle vom 7. April 2016 zu entnehmen, wonach in der vorliegenden „HA-Sache“ kein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen sei.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2016 wies das Sozialgericht Cottbus die Erinnerung als unbegründet zurück. Die Gebühren seien im Ergebnis zutreffend festgesetzt worden, so dass auf die Ausführungen im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss verwiesen werden könne. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 13. Oktober 2016 zugestellt.

Gegen den Beschluss über die Erinnerung erhob die Beschwerdeführerin am 17. Oktober 2016 Anhörungsrüge. Der Richter habe offensichtlich ihr Vorbringen aus dem Erinnerungsverfahren nicht zur Kenntnis genommen. Es liege nicht am Bevollmächtigen, wenn dem Richter die Grundlagen des Vergütungsrechts offensichtlich nicht bekannt seien und ihm immer wieder „vorgekaut“ werden müssten. Auf die Qualität des Vorbringens komme es wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht an.

Mit Beschluss vom 21. März 2017 verwarf das Sozialgericht die Anhörungsrüge als unzulässig. Der angegriffene Beschluss sei nicht bezeichnet worden. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 28. September 2017 zugestellt. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2017 (L 18 SF 280/17 B AB) verwarf das Landessozialgericht eine Beschwerde hiergegen als unzulässig.

II.

Mit der schon zuvor, am 29. November 2017, erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art.12 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 52 Abs. 1 und Abs. 4 LV. Der Beschluss über die Verwerfung der Anhörungsrüge sei mit dem Grundrecht auf faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV) unvereinbar. Das Gericht überspanne die Anforderungen an die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung. Insoweit reiche die Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens. Das Gericht verhalte sich auch in keiner Weise dazu, welche Anforderungen nicht erfüllt seien.

III.

Das Sozialgericht Cottbus erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verfahrensakten S 2 AS 6248/13, S 30 SF 1017/16 AB, S 30 SF 912/16 E, S 30 SF 3755/17 E RG sowie L 18 SF 279/17 B AB und L 32 SF 280/17 B AB wurden beigezogen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführerin fehlt die Beschwerdebefugnis. Eine Verletzung von Grundrechten der Landesverfassung ist offensichtlich ausgeschlossen. Zwar ist der Beschluss des Sozialgerichtes über die Erinnerung willkürlich ergangen (nachfolgend zu 1.). Grundrechte der Beschwerdeführerin sind dadurch jedoch nicht verletzt (nachfolgend zu 2.).

1. Das Sozialgericht hat willkürlich über eine von der Beschwerdeführerin eingelegte Erinnerung gegen einen gar nicht existierenden Kostenfestsetzungsbeschluss entschieden. Der angegriffene Beschluss bescheinigt einem Kostenfestsetzungsbeschluss, den es gar nicht gibt, er sei rechtmäßig. Dies ist nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar. In der Entscheidung über die Erinnerung heißt es, „die Entscheidung des Urkundsbeamten“ beruhe auf „dem Antrag des Beklagten“, der Klägerbevollmächtigte sei „dem Vortrag des Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten“ und habe im Erinnerungsverfahren nichts dargetan, wieso die substantiierten Einschätzungen des Beklagten „im konkreten Einzelfall“ unzutreffend sein sollen. Damit hat das Sozialgericht offensichtlich den Inhalt der Akte nicht zur Kenntnis genommen. Denn der Urkundsbeamte hat nie Kosten festgesetzt; es gibt keinen Kostenfestsetzungsantrag, kein Kostenfestsetzungsverfahren. Zudem hat der Urkundsbeamte, als er nach der - ihrerseits unverständlichen - Erinnerung eine Abhilfe prüfen wollte, in einem in der Akte enthaltenen Vermerk unter dem 7. April 2016 klar und unübersehbar festgehalten, dass es keinen Kostenfestsetzungsbeschluss gebe.

2. Es mangelt aber an der Beschwerdebefugnis.

Bestandteil der Beschwerdebefugnis ist die Behauptung, durch den angegriffenen Rechtsakt selbst, unmittelbar und gegenwärtig in seiner grundrechtlich geschützten Rechtsposition beeinträchtigt zu sein (vgl. Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 66/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.). Dies ist weder im Hinblick auf den Beschluss über die Erinnerung noch den Anhörungsrügebeschluss der Fall. Von der Landesverfassung geschützte Rechte der Beschwerdeführerin können nach der Kostenentscheidung des Gerichts vom 20. August 2014 („Der Beklagte hat keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.“) im Erinnerungsverfahren nicht verletzt sein. Das Erinnerungsverfahren dient der Sicherung eines Kostenerstattungsanspruchs, den es vorliegend aber gar nicht gibt. Durch die willkürliche Verwerfung der Anhörungsrüge durch den Beschluss des Sozialgerichtes vom 21. März 2017 - S 30 SF 3755/17 E RG - (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bezeichnung von Rechtsbehelfen: Beschluss vom 20. Oktober 2017 - VfGBbg 16/17 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de) können Grundrechte der Beschwerdeführerin dementsprechend ebenfalls nicht verletzt sein.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt