VerfGBbg, Beschluss vom 21. August 2003 - VfGBbg 196/03 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde sonstige |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 15; VerfGGBbg, § 19 Abs. 1; VerfGGBbg, § 19 Abs. 3 Satz 1 | |
Schlagworte: | - Beistand - Befangenheit |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 21. August 2003 - VfGBbg 196/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 196/03

B E S C H L U S S | ||||||||||
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren 1. Dr. H. K.,2. Dr. K. K., 3. L. K., Beschwerdeführer, Beistand: Prof. Dr. R., gegen § 9 Schulgesetz Brandendenburg und abzielend auf Erteilung von Weltanschauungsunterricht durch den Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg hier: Befangenheitsantrag gegen den Richter Prof. Dr. Schröder hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am 21. August 2003 b e s c h l o s s e n : Der Befangenheitsantrag gegen den Richter Prof. Dr. Schröder wird für unbegründet erklärt. G r ü n d e : A. Die Beschwerdeführer haben am 01. Juli 2003 Verfassungsbeschwerde gegen § 9 des Brandenburgischen Schulgesetzes sowie wegen der Weigerung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport erhoben, der Beschwerdeführerin zu 3. Weltanschauungsunterricht durch den Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg zu erteilen zu lassen. Mit Schriftsatz des Honorarprofessors Dr. R. vom 22. Juli 2003 haben die Beschwerdeführer den Richter Prof. Dr. Schröder wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie begründen dies damit, daß der Richter Gründungsmitglied und Vizepräsident des Vereins maiglocke e. V. sei. Der Zweck dieses Vereins richte sich offensiv gegen den Humanistischen Verband; die von diesem veranstalteten Jugendfeiern würden diffamierend als antichristlich und antikirchlich hingestellt. II. Der Richter hat sich zu dem Befangenheitsantrag gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) geäußert. Er fühlt sich nicht befangen. Der Zweck des Vereins maiglocke e. V., dem er in der Tat als Gründungsmitglied und Vizepräsident angehöre, richte sich nicht offensiv gegen den Humanistischen Verband. Es treffe, auch ausweislich der Vereinssatzung, nicht zu, daß der Verein in den vom Humanistischen Verband veranstalteten Jugendfeiern diffamierend antichristliche und antikirchliche Veranstaltungen sehe. Unbeschadet dessen sei hier allein die Erteilung von Weltanschauungsunterricht an Brandenburger Schulen bzw. in den Räumen von Brandenburger Schulen Verfahrensgegenstand. Insoweit bestehe nicht einmal ein Konkurrenzverhältnis zwischen dem Verein maiglocke e. V. und dem Humanistischen Verband. Den Beschwerdeführern ist die Stellungnahme des Richters bekannt gegeben worden. Sie erhalten das Ablehnungsgesuch aufrecht. III. Die Präambel der Satzung des maiglocke e. V. lautet:
§ 2 Abs. 1 der Satzung des maiglocke e. V. lautet:
B. Die Beschwerdeführerin ist im Verfahren vor dem Verfassungsgericht ordnungsgemäß vertreten. Der von ihr beauftragte Honorarprofessor ist zwar kein Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne von § 19 Abs. 1 VerfGGBbg. Hierzu zählen nicht auch Honorarprofessoren (ebenso zu § 22 Bundesverfassungsgerichtsgesetz: Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 22 Rn. 10; Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethke, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand Juli 2002, § 22 Rn. 3; Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht, 2. Aufl., Rn. 197; a.A. Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 4. Aufl., § 22 Rn. 1: auch Honorarprofessoren). Das Verfassungsgericht läßt indes den hier von den Beschwerdeführern Beauftragten wie auch schon in dem sachverwandten Verfahren VfGBbg 1/03 - nach § 19 Abs. 3 Satz 1 VerfGGBbg als Beistand der Beschwerdeführer zu. II. Der Befangenheitsantrag bleibt ohne Erfolg. Gemäß § 15 Abs. 1 Halbsatz 1 VerfGGBbg kann ein Mitglied des Verfassungsgerichts von den Verfahrensbeteiligten wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 15. Juni 1994 - VfGBbg 10/94 EA -, LVerfGE 2, 113, 114). Diesbezüglich sind im verfassungsgerichtlichen Verfahren strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerfGE 73, 330, 335 m.w.N.). Ergänzend ist zu berücksichtigen, daß eine Richterablehnung nach § 15 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 VerfGGBbg auf Tatbestände wie Familienstand, Beruf, Abstammung, Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder einen ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt nicht gestützt werden kann. Die Landesverfassung und das Landesverfassungsgerichtsgesetz gehen - ebenso wie das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl. dazu BVerfGE 73, 330, 336) - davon aus, daß die Verfassungsrichter am allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozeß teilnehmen und Stellung beziehen, unbeschadet dessen aber in den von ihnen richterlich zu entscheidenden Fällen objektiv ihres Amtes walten. Eine eigene Meinung zu allgemein interessierenden Fragen kann ihnen nicht verwehrt sein. Machen sie davon Gebrauch, kann ein Verfahrensbeteiligter darin vernünftigerweise keine Vorfestlegung für die Entscheidung im konkreten Einzelfall sehen (so bereits: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 15. November 2001 - VfGBbg 19/01 -). Grundsätzlich ist in diesem Sinne davon auszugehen, daß der Verfassungsrichter an den Einzelfall mit derjenigen Unvoreingenommenheit und inneren Unabhängigkeit herangeht, zu der ihn sein Amt verpflichtet (vgl. hierzu BVerfGE 73, 330, 336 f.). Die Besorgnis der Befangenheit ist erst dann gegeben, wenn besondere Umstände hinzutreten, die für eine Vorfestlegung des Richters sprechen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg a.a.O.). Solche Umstände können sich etwa aus Aktivitäten und Meinungsäußerungen in zeitlicher Nähe zu einem anhängigen Verfahren und zu dem Gegenstand dieses Verfahrens ergeben. Hiernach besteht vorliegend kein Anlaß, an der Unvoreingenommenheit des Richters Prof. Dr. Schröder zu zweifeln. Der Verein maiglocke e. V. widmet sich ausweislich seiner Satzung der Vorbereitung und Durchführung von Schulabschnittsfeiern auf der Basis eines christlichen Menschenbildes (§ 2 Abs. 1 der Vereinssatzung) für Menschen, die keiner Kirche angehören, aber mit der christlichen Tradition und Kultur sympathisieren (Abs. 3 der Präambel der Vereinssatzung), als Alternative zu Jugendweihen und ähnlichen Jugendfeiern, zu denen er der Verein die Meinung vertritt, daß vielfach (also nicht durchgehend) eine antireligiöse und atheistische Ausrichtung auch aus der freidenkerischen Ausrichtung geblieben sei (Abs. 2 der Präambel der Vereinssatzung). Zur Frage des Weltanschauungsunterrichts an Schulen, um den es in dem hier zugrundeliegenden Verfahren geht, verhält sich die Vereinssatzung nicht. Vor allem aber ist nicht ersichtlich und nicht einmal vorgetragen, daß der Verein maiglocke e. V. oder der abgelehnte Richter überhaupt jemals zu dem eigentlichen Verfahrensgegenstand, nämlich der Erteilung von (humanistischem) Weltanschauungsunterricht an den Schulen des Landes, Stellung bezogen haben. Daß der Richter dem Vorstand eines Vereins angehört, der für eine Alternative zu Jugendweihen oder ähnlichen Veranstaltungen eintritt, kann für sich allein eine Ablehnung in dem vorliegenden, die Frage des Weltanschauungsunterrichts betreffenden Verfahren nicht rechtfertigen. | ||||||||||
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