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VerfGBbg, Beschluss vom 20. Dezember 2001 - VfGBbg 61/01 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1; VerfGGBbg, § 13 Abs. 1
- VermG, § 37 Abs. 2 Satz 1
- VwGO, § 49 Nr. 2; VwGO, § 135 Satz 1; VwGO, § 135 Satz 2;
  VwGO, § 135 Satz 3; VwGO, § 132 Abs. 2 Nr. 3
  VwGO, § 138 Nr. 1;VwGO, § 173 VwGO
- GVG, § 17a Abs. 2 Satz 1
Schlagworte: - Begündungserfordernis
- Subsidiarität
- Bundesrecht
- Befangenheit
Fundstellen: - LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 12, 181
- LVerfGE 12, 165 (nur LS)
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. Dezember 2001 - VfGBbg 61/01 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 61/01



IM NAMEN DES VOLKES

B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

S.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte L.,

gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 21. November 2001

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Knippel,
Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Prof. Dr. Schröder,
Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

am 20. Dezember 2001

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

G r ü n d e :

I.

Der Beschwerdeführer macht im Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht vermögensrechtliche Ansprüche geltend. Durch Beschluß vom 21. November 2001 hat das Verwaltungsgericht P. seine Ablehnungsgesuche gegen den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht H. sowie die Richter am Verwaltungsgericht P. und M. zurückgewiesen.

Mit der am 28. November 2001 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des rechtlichen Gehörs, des fairen Verfahrens und des Willkürverbots. In dem angefochtenen Beschluß sei eine schriftliche Übertragung ins Deutsche verwertet worden, die ihm und seinen Verfahrensbevollmächtigten nicht zur Kenntnis gegeben worden sei. Zudem habe das Verwaltungsgericht willkürlich, unter bewußter Mißachtung des Amtsermittlungsgrundsatzes das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Inhalt telefonischer Absprachen zwischen dem Berichterstatter und Vertretern der Beklagten, über die kein Aktenvermerk vorhanden sei, für unsubstantiiert gehalten. Schließlich werde der angefochtene Beschluß ohne vorherigen rechtlichen Hinweis gänzlich überraschend darauf gestützt, daß sich die Strafanzeige des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht H. nur gegen einen von insgesamt 16 Klägern richte und eine Befangenheit gegen einen der Kläger nur ausreiche, wenn daraus auch eine Befangenheit gegenüber den anderen erwachse.

Das Verwaltungsgericht P. und der Beklagte des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Es kann dahinstehen, ob die Verfassungsbeschwerde bereits deshalb unzulässig ist, weil es an einer den Anforderungen des § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) genügenden Begründung fehlt. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Landesverfassung (LV), § 45 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg kann Verfassungsbeschwerde beim Landesverfassungsgericht nur mit der Behauptung erhoben werden, in einem in dieser Verfassung gewährleisteten Grundrecht verletzt zu sein. Nach § 46 VerfGGBbg sind in der Begründung der Verfassungsbeschwerde das (Landes-)Grundrecht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen. Die einschlägigen Grundrechte der Landesverfassung sind mithin in der Begründung konkret zu benennen. Dies hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer versäumt. In der Verfassungsbeschwerde werden lediglich in allgemeiner Form das „verfahrensrechtlichen Grundrecht des rechtlichen Gehörs“, das „Gebot eines fairen Verfahrens“ und das Willkürverbot erwähnt. Dies mag jedoch auf sich beruhen, weil die Verfassungsbeschwerde jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen unzulässig ist.

2. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg zugrunde liegende Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Zwar ist der Rechtsweg im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg hier ausgeschöpft; gegen den angegriffenen Beschluß des Verwaltungsgerichts Potsdam ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (vgl. §§ 37 Abs. 2 Satz 1 Vermögensgesetz – VermG -, 146 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -). Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt von einem Beschwerdeführer jedoch, daß er vor Anrufung des Verfassungsgerichts – über eine Rechtswegerschöpfung im engeren Sinne hinaus - alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende unternommen hat oder unternimmt, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder zu verhindern. Er muß alle nach Lage der Dinge ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zur Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung ergreifen (vgl. etwa Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 21. November 1996 - VfGBbg 17/96, 18/96 und 19/96 -, LVerfGE 5, 112, 119, m.w.N.). Die Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gewinnt gerade bei Verfassungsbeschwerden, mit denen die Verletzung von Landesgrundrechten bei der Durchführung eines bundesrechtlich - hier durch die Verwaltungsgerichtsordnung und das Vermögensgesetz - geordneten Verfahrens gerügt wird, erhöhte Bedeutung, da wegen der Zuständigkeit des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zur Regelung (auch) der Rechts- und Bestandskraft gerichtlicher Entscheidungen nur insoweit Raum für ein Eingreifen auf Landesebene verbleibt, als dies zur Erreichung des Zweckes der Landesverfassungsbeschwerde unerläßlich ist. Von daher kommt die Aufhebung einer gerichtlichen Entscheidung durch ein Landesverfassungsgericht regelmäßig erst dann in Betracht, wenn feststeht, daß durch fachgerichtlichen Rechtsschutz eine Vermeidung der behaupteten Grundrechtsverletzung nicht zu erreichen ist bzw. nicht hätte erreicht werden können (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82, 84 f., unter Bezugnahme auf BVerfGE 96, 345, 372).

Wie das erkennende Gericht bereits in seinem Beschluß vom 29. November 2001 in dem Verfahren über den - mit der Verfassungsbeschwerde gestellten - Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ausgeführt hat, kann die Mitwirkung von Richtern, gegen die ein Ablehnungsgesuch zu Unrecht zurückgewiesen worden ist, ggf. im Revisionsverfahren gerügt werden. Da die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts nach § 37 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen ist, steht dem Beschwerdeführer gemäß §§ 49 Nr. 2, 135 Satz 1 und 2 VwGO die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn sie vom Verwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung vom Bundesverwaltungsgericht zugelassen wird. Und nach §§ 135 Satz 3, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn die vorschriftwidrige Besetzung des Gerichts gerügt werden kann, § 138 Nr. 1 VwGO. Eine derartige Rüge kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann erhoben werden, wenn die Ablehnungsentscheidung auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Verfahrensmangel beruht (BVerwG, Beschlüsse vom 21.10.1999, - 1 B 37/99 – und v. 21.3.2000 – 7 B 36/00, zitiert nach Juris). Verstöße gegen Verfahrensrechte stellen im Zweifel rügbare Mängel im Sinne dieser Rechtsprechung dar.

3. Soweit der Beschwerdeführer durch den Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 6.12.2001 durch Schilderung der späteren Sitzung des Verwaltungsgerichts P. vom 29.11.2001 zu belegen sucht, daß die Kammer zu einer unbefangenen Abwicklung der Angelegenheit nicht in der Lage sei, ist dies in diesem verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht relevant.

4. Dem Hilfsantrag, „das Verfahren an das Brandenburgische Oberverwaltungsgericht abzugeben“, falls das Verfassungsgericht seine Zuständigkeit für nicht gegeben erachte, war nicht nachzukommen. § 17 a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) - in Verbindung mit den Verweisungsnormen der § 13 Abs. 1 VerfGGBbg und § 173 VwGO – ist nicht anwendbar; §§ 17 ff. GVG gelten nach einhelliger Ansicht nicht im Verhältnis zwischen Fachgerichtsbarkeit und Verfassungsgerichtsbarkeit (vgl. BayVGH, NVwZ 1991, 699, 700; Albers, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, Rn. 3 zu § 17 a GVG; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, Rn. 2 zu § 41; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, Rn. 7 zu § 41 [§§ 17-17b GVG]; Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand Januar 2001, Rn. 25 zu § 41 [Vorb § 17GVG]).

Dr. Macke Dr. Knippel
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Prof. Dr. Schröder Weisberg-Schwarz
Prof. Dr. Will