VerfGBbg, Beschluss vom 20. Oktober 2017 - VfGBbg 40/17 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 21 Abs. 1; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1 - StVollzG, § 109 Abs. 1 Satz 1 |
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Schlagworte: | - Verfassungsbeschwerde unzulässig - Rechtswegerschöpfung - Strafvollzug - kein Antrag auf gerichtliche Entscheidung |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 20. Oktober 2017 - VfGBbg 40/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 40/17
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IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
N.,
Beschwerdeführer,
wegen Durchführung des Strafvollzuges
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 20. Oktober 2017
durch die Verfassungsrichter Möller, Dielitz, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
A.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit Oktober 2016 zur Verbüßung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten in der Justizvollzugsanstalt C. Das Ende der Strafhaft ist auf den 11. Januar 2019 notiert. Zuvor befand er sich seit März 2016 zunächst in Untersuchungshaft und sodann zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Berliner Haftanstalten.
Mit seiner am 20. Juli 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass im Land Brandenburg die Strafhaft als reiner Verwahrvollzug vollstreckt werde, was verfassungswidrig sei. Er sei 14 Stunden täglich eingeschlossen. Es finde - anders als im Land Berlin - kein Behandlungsvollzug und keine geordnete Wiedereingliederung im Sinne des Art. 54 Abs. 2 LV statt. Die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte sei mit nur zwei Telefongeräten neben der Stationszentrale angesichts des Aufschlusses für nur zwei Stunden und bei 18 Inhaftierten pro Station unmöglich. Eine berufsbezogene Arbeit sehe die Strafhaft in Brandenburg nicht vor. Vollzugs- und Eingliederungspläne würden über fünf Monate verspätet erstellt und noch vor der Konferenz durch den Anstaltsleiter unterschrieben. Ihm werde die nach § 15 Abs. 4 BbgJVollzG vorgeschriebene, ein Jahr vor der voraussichtlichen Entlassung zu beginnende Wiedereingliederung verwehrt, da hierfür nicht auf den 2/3-Termin, sondern auf eine Vollverbüßung abgestellt werde.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Denn sie ist mangels Rechtswegerschöpfung und Verstoßes gegen den Subsidiaritätsgrundsatz unzulässig.
Eine Verfassungsbeschwerde kann nach § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg erst dann zulässig erhoben werden, wenn der Rechtsweg erschöpft ist. Bezüglich der beanstandeten Handlungen sind zunächst die allgemeinen Gerichte anzurufen und die nach den jeweils geltenden Prozessordnungen gegebenen Rechtsbehelfe und -mittel wahrzunehmen, bevor in zulässiger Weise eine Verfassungsbeschwerde erhoben werden kann. Die Rechtswegerschöpfung bzw. die sich aus dem Subsidiaritätsgrundsatz ergebenden Anforderungen müssen bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde erfüllt sein (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 21. Januar 2010 - VfGBbg 49/09 - und vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 33/12 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
Der Beschwerdeschrift vom 16. Juli 2017 lässt sich nicht entnehmen, dass der Beschwerdeführer den Rechtsweg wahrgenommen hat. Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) kann ein Strafgefangener gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges gerichtliche Entscheidung beantragen. Diese Bestimmung ist eine Konkretisierung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bzw. Art. 6 Abs. 1 LV) für den Bereich des Strafvollzugs, das dem Einzelnen einen Anspruch auf eine möglichst effektive gerichtliche Kontrolle gewährt, um der Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt entgegentreten zu können. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der „Maßnahme“ weit auszulegen und erfasst jedes Handeln oder Unterlassen der Justizvollzugsanstalt, das geeignet ist, Rechte des Gefangenen zu verletzen (vgl. BVerfGK 8, 319, 322 f; 9, 231, 237 f; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, P Rn. 28 f). Vorliegend fehlt es an jedem Anhalt, dass der Beschwerdeführer gegen die bemängelten Ein- und Aufschlusszeiten, die Art und Weise der Aufstellung der Vollzugspläne und deren seiner Meinung nach unzureichende Umsetzung sowie das Fehlen von Maßnahmen zu seiner Wiedereingliederung in Vorbereitung einer Entlassung oder weiterer Verstöße gegen das Brandenburgische Justizvollzugsgesetz um den gerichtlichen Rechtsschutz nach § 109 Abs. 1 StVollzG nachgesucht hätte. Weder benennt der Beschwerdeführer entsprechende Entscheidungen, noch legt er diese in Ablichtung vor. Somit ist auch nicht ersichtlich, dass er im Rahmen fachgerichtlicher Verfahren die nunmehr geltend gemachten Grundrechtsverletzungen gerügt und deren Beseitigung eingefordert hätte.
Eine Vorabentscheidung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg ist ersichtlich nicht geboten (vgl. hierzu Beschlüsse vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 20/06 -, LVerfGE 17, 146, 151 f, und vom 20. Juni 2014 - VfGBbg 51/13 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dielitz |
Dr. Lammer | Nitsche |
Partikel | Schmidt |