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VerfGBbg, Urteil vom 20. September 2001 - VfGBbg 57/00 -

 

Verfahrensart: Volksbegehren
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 76 Abs. 2; LV, Art. 104; LV, Art. 76 Abs. 1 Satz 1
- VAGBbg, § 11;VAGBbg, § 5; VAGBbg, § 9 Abs. 6 Satz 1
Schlagworte: - Volksinitiative
- Sondervotum
- Haushaltsvorbehalt
amtlicher Leitsatz: 1. Der Ausschluß von Volksinitiativen "zum Landeshaushalt" gemäß Art. 76 Abs. 2 LV erfaßt nach seinem Sinn und Zweck auch - aber auch erst - solche Initiativen, die zu gewichtigen staatlichen Ausgaben führen und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weiteren Umstände des Falles als wesentliche Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts darstellen.

2. Wann eine Volksinitiative in diesem Sinne zu gewichtigen staatlichen Ausgaben führt und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weiteren Umstände des Falles als wesentliche Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts darstellt, läßt sich nicht allgemein und pauschal beantworten, sondern hängt von einer wertenden Gesamtbetrachtung ab. Dabei kann auch - und nicht zuletzt - ins Gewicht fallen und ggfs. den Ausschlag geben, ob die Volksinitiative in engem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einer konkreten haushaltspolitischen Entscheidung des Parlaments steht und sich den Umständen nach erkennbar gegen eine bewußte Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers richtet.
Fundstellen: - DVBl 2001, 1777 (nur LS)
- LKV 2002, 77
- NJ 2002, 86 (nur LS)
- NVwZ 2002, 598
- LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 12, 64
- LVerfGE 12, 119
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 20. September 2001 - VfGBbg 57/00 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 57/00



IM NAMEN DES VOLKES

U R T E I L

In dem verfassungsgerichtlichen Verfahren

der Volksinitiative „Für unsere Kinder – Volksinitiative zur Sicherung des Rechtsanspruchs aller Kinder auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten“, vertreten durch

1. F.,

2. Zar.,

3. L.,

4. P.,

5. Zad.,

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigte:

1. Rechtsanwalt Dr. D.,

2. Rechtsanwalt Dr. G.,

wegen Antrages gemäß § 11 des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheid (Volksabstimmungsgesetz – VAGBbg)

beteiligt:

Landtag Brandenburg,
vertreten durch den Präsidenten,
Am Havelblick 8, 14473 Potsdam,

Verfahrensbevollmächtigte:

1. Rechtsanwälte W. & C., F.,

2. Prof. Dr. v. B.,

weiter beteiligt:

Landesregierung Brandenburg,
vertreten durch das Ministerium der Justiz
und für Europaangelegenheiten,
Heinrich-Mann-Allee 107,
14460 Potsdam,

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2001
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Weisberg-Schwarz

für R e c h t erkannt:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Volksinitiative „Für unsere Kinder – Volksinitiative zur Sicherung des Rechtsanspruchs aller Kinder auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten“ zulässig ist.

I.

In der bis zum 30. Juni 2000 geltenden Fassung lautete § 1 des Zweiten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuches – Kinder- und Jugendhilfe – Kindertagesstättengesetz (Kita-Gesetz) wie folgt:

§ 1
Rechtsanspruch

Alle Kinder bis zum Ende des Grundschulalters haben einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten und Tagespflegestellen nach Maßgabe dieses Gesetzes.

Am 22. März 2000 brachte die Landesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000) im Landtag ein (LTDrucks 3/810), der in Art. 3 Änderungen des Kindertagesstättengesetzes enthielt. Danach sollte § 1 Kita-Gesetz folgende Fassung erhalten:

§ 1
Rechtsanspruch

(1) Die Kindertagesbetreuung gewährleistet die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dient dem Wohl und der Entwicklung der Kinder.

(2) Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zur Versetzung in die fünfte Schuljahrgangsstufe haben einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten. Kinder bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr und Kinder der fünften und sechsten Schuljahrgangsstufe haben einen Rechtsanspruch, wenn ihre familiäre Situation, insbesondere die Erwerbstätigkeit, die Erwerbssuche, die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf Tagesbetreuung erforderlich macht.

(3) Der Anspruch nach Absatz 2 ist für Kinder im Alter bis zur Einschulung mit einer Mindestbetreuungszeit von sechs Stunden und für Kinder im Grundschulalter mit einer Mindestbetreuungszeit von vier Stunden erfüllt. Längere Betreuungszeiten sind zu gewährleisten, wenn die familiäre Situation des Kindes dies erforderlich macht. Für Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres kann der Anspruch vorrangig durch Tagespflege erfüllt werden.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird zu den „Schwerpunkten des Haushaltsstrukturgesetzes“ folgendes ausgeführt (LTDrucks 3/810, S. 33):

„Das Haushaltsstrukturgesetz soll die mittelfristige Konsolidierung des Landeshaushalts ermöglichen, insbesondere den Spielraum für die Rückführung der jährlichen Nettoneuverschuldung auf 625 Mio DM (2000), auf 275 Mio DM (2001) und auf Null ab 2002 schaffen. Dafür ist eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen vorgesehen, die aus zwei Blöcken bestehen: zum einen verbindliche Vorgaben für den Abbau von Stellen und die Reduzierung der Personalausgaben, zum andern die Änderung von Fachgesetzen, um rechtliche Verpflichtungen des Landes zu reduzieren und um organisatorische Veränderungen bei Einrichtungen des Landes einzuleiten, die längerfristig die wirtschaftliche Aufgabenerledigung fördern und dadurch mittelbar zur Entlastung des Landeshaushalts beitragen.“

Die „aus dem Haushaltsstrukturgesetz erwarteten haushaltsmäßigen Auswirkungen“ werden in einer tabellarischen Übersicht zu dem Stichwort „Kindertagesstätten“ mit 25 Mio DM im Jahr 2000 und mit 68 Mio DM in den Jahren 2001 bis 2004 beziffert (LTDrucks 3/810, S. 35).

Der am 12. April 2000 in erster Lesung beratene Gesetzentwurf wurde am 21. Juni 2000 vom Landtag beschlossen und am 28. Juni 2000 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg verkündet. Seit dem 1. Juli 2000 hat § 1 Kita-Gesetz auf Grund der Änderung durch Art. 3 Nr. 1 Haushaltsstrukturgesetz 2000 (GVBl. I S. 90) folgende Fassung:

§ 1
Rechtsanspruch

(1) Die Kindertagesbetreuung gewährleistet die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dient dem Wohl und der Entwicklung der Kinder.

(2) Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zur Versetzung in die fünfte Schuljahrgangsstufe haben einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten. Kinder bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr und Kinder der fünften und sechsten Schuljahrgangsstufe haben einen Rechtsanspruch, wenn ihre familiäre Situation, insbesondere die Erwerbstätigkeit, die häusliche Abwesenheit wegen Erwerbssuche, die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf Tagesbetreuung erforderlich macht.

(3) Der Anspruch nach Absatz 2 ist für Kinder im Alter bis zur Einschulung mit einer Mindestbetreuungszeit von sechs Stunden und für Kinder im Grundschulalter mit einer Mindestbetreuungszeit von vier Stunden erfüllt. Längere Betreuungszeiten sind zu gewährleisten, wenn die familiäre Situation des Kindes, insbesondere die Erwerbstätigkeit, die häusliche Abwesenheit wegen Erwerbssuche, die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf, dies erforderlich macht. Für Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres kann der Anspruch vorrangig durch Tagespflege erfüllt werden.

Am 1. Mai 2000 hat die Antragstellerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen klargestellt hat, begonnen, Unterschriften für einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des § 1 Kita-Gesetz zu sammeln. Der Entwurf der Antragstellerin sieht folgende Fassung der Vorschrift vor:

§ 1
Rechtsanspruch

(1) Alle Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit haben einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in einer wohnortnahen Kindertagesstätte. Das Angebot in Kindertagesstätten kann durch Tagespflege ergänzt werden.

(2) Der Rechtsanspruch schließt Betreuungszeiten ein, die am Kindeswohl orientiert sind. Die Betreuungszeiten haben

  • den Lebensrhythmus der Kinder,
  • die Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
  • die Arbeitszeiten der Eltern im Einzugsbereich der Kindertagesstätte,
  • die Bedürfnisse der Eltern der aufzunehmenden Kinder und
  • die Schul- und Ferienzeiten

zu berücksichtigen.

In der ebenfalls auf den Unterschriftsbögen abgedruckten Begründung wird u.a. ausgeführt:

„Der Gesetzentwurf richtet sich gegen alle Versuche, die Betreuungsansprüche von Kindern erheblich zu reduzieren und bestimmte Gruppen von Kindern aus der Betreuung in einer Kindertagesstätte auszuschließen. Er stellt zugleich ein klares Votum gegen die Absenkung der Qualität der Erziehungs- und Bildungsarbeit in den Kindertagesstätten dar.“

Am 13. Juli 2000 legten die Vertreter der Antragstellerin dem Präsidenten des Landtages den Gesetzentwurf und die dafür gesammelten 147 358 Unterschriften vor. Mit Schreiben vom 4. August 2000 teilte der Landeswahlleiter dem Präsidenten des Landtages mit, daß die Prüfung der förmlichen Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 bis 3 VAGBbg ergeben habe, daß von den ausgezählten 34 843 Eintragungen 29 979 Eintragungen vollständig den gesetzlichen Anforderungen entsprächen.

Im Anschluß an eine Sachverständigenanhörung zu der Frage der Zulässigkeit der Volksinitiative gemäß Art 76 Abs. 2 LV faßte der Hauptausschuß des Landtages in seiner Sitzung vom 12. Oktober 2000 gemäß § 9 Abs. 6 VAGBBg den Beschluß: „Die Volks-initiative ist nach § 5 Volksabstimmungsgesetz unzulässig.“ Der Präsident des Landtages gab den Vertretern der Antragsstellerin den Beschluß mit Schreiben vom 19. Oktober 2000 bekannt und reichte die Unterschriftenlisten zurück.

II.

Gegen die Entscheidung des Hauptausschusses des Landtages Brandenburg vom 12. Oktober 2000 haben die Vertreter der Antragstellerin am 17. November 2000 gemäß § 11 VAGBbg das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg angerufen. Sie halten die Anforderungen des § 5 VAGBbg für erfüllt. Es handele sich insbesondere nicht um eine Volksinitiative zum Landeshaushalt i. S. von Art. 76 Abs. 2 LV. Entgegen der in dem Beschluß vom 12. Oktober 2000 zum Ausdruck kommenden Auffassung des Hauptausschusses seien Initiativen „zum Landeshaushalt“ i. S. von Art. 76 Abs. 2 LV nur solche Volksinitiativen, die direkt auf die Änderung oder Ergänzung des Landeshaushalts abzielten. Im Vergleich zu den Finanzvorbehalten anderer Landesverfassungen sei die Formulierung „Initiativen zum Landeshaushalt“ enger. Überdies ließe sich der gesonderte Ausschluß von Regelungen zu Versorgungsbezügen und Abgaben nicht erklären, wenn schon durch die Unzulässigkeit von Initiativen zum Landeshaushalt sämtliche Gesetzesinitiativen mit finanziellen Auswirkungen ausgeschlossen wären. Daß der parlamentarische Gesetzgeber im Vergleich zu dem gesetzgebenden Volk eher zu einer sachgerechten und einen angemessenen Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben herstellenden Entscheidung in der Lage sei, gelte nur, soweit es direkt um den Landeshaushalt gehe. Aus der Budgethoheit könne nicht auf einen allgemeinen Vorrang des parlamentarischen Gesetzgebers vor dem Volk als weiterem Gesetzgebungsorgan geschlossen werden. Der Landesverfassungsgeber habe sich – was auch in den im Vergleich zu den Regelungen anderer Bundesländer erheblich niedrigeren Quoren zum Ausdruck komme - bewußt für eine Verstärkung von Elementen direkter Demokratie entschieden. Dieses Ziel werde bei übermäßig weiter Auslegung der Ausnahmebestimmung konterkariert. Die Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes sei insoweit wegen des Fehlens eines Quorums in der Verfassung des Freistaates Bayern nicht übertragbar. Bei der vorliegenden Volksinitiative handele es sich zudem um eine Frage, die keinen besonderen Sachverstand erfordere und die die Gesamtheit beurteilen könne. Weiter gehe es um die Gewährleistung des in Art. 27 Abs. 7 LV geschützten Grundrechts jedes Kindes auf Versorgung in einer Kindertagesstätte, gegen das die geltende Fassung des Kindertagesstättengesetzes verstoße. Diene eine Volksinitiative der Sicherung eines in der Verfassung normierten Grundrechts, seien an die Zurückweisung als unzulässig besonders hohe Anforderungen zu stellen. Da die Landesverfassung durch Volksentscheid angenommen worden sei, dürfe ihre Ausfüllung durch das Volk nur in Ausnahmefällen als unzulässig zurückgewiesen werden. Hinzu komme, daß die Zulässigkeit der Volksinitiative zunächst nur einen Anspruch auf inhaltliche Auseinandersetzung zur Folge habe. Ihrer Verantwortung für die politisch-inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Anliegen der Volksinitiative dürften sich die Mehrheit des Landtages und die Landesregierung nicht durch die Behandlung der Volksinitiative als unzulässig entziehen. Zu berücksichtigen sei auch, daß ein durch Volksgesetzgebung zustande gekommenes Gesetz durch den parlamentarischen Gesetzgeber wieder geändert oder aufgehoben werden könne, um vermeintlich untragbare finanzielle Folgen zu verhindern. Die vorliegende Volksinitiative sei im übrigen auch bei einer weiten, nämlich Vorhaben mit mittelbaren Haushaltsauswirkungen einbeziehenden Auslegung des Art. 76 Abs. 2 LV zulässig, da es sich nicht – im Sinne der Rechtsprechung anderer Landesverfassungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts - um eine „wesentliche“ Beeinträchtigung des Budgetrechts handele bzw. das Gleichgewicht des Gesamthaushalts nicht gestört werde. Das Bundesverfassungsgericht habe einen solchen Fall in seinem – die Regelung in Schleswig-Holstein betreffenden - Beschluß vom 3. Juli 2000 bei einer prozentualen Belastung des Haushalts von 0,5 bis 0,7 % angenommen. Demgegenüber entspreche die von der Landesregierung unterstellte Belastung des Landeshaushalts mit 34 Mio. DM im laufenden und mit jeweils 48 Mio. DM in den Folgejahren lediglich 0,2 % bzw. 0,25 % des Budgets. Überdies seien die Berechnungen der Landesregierung zweifelhaft, da zwischen den durch die Einschätzung des Rechtsanspruchs bewirkten Einsparungen und den ausschließlich auf dem Rückgang der Zahl der Kinder beruhenden Minderbelastungen in Höhe von 20 Millionen DM nicht ausreichend unterschieden werde. Die Volksinitiative betreffe auch schon deshalb nicht den Haushalt des Landes, weil im Erfolgsfall nach den Regelungen des Kita-Gesetzes nicht das Land, sondern lediglich die Kommunen verpflichtet seien, den erhöhten Aufwand mit Hilfe der Kinderkostenpauschale, durch Elternbeiträge und über andere Einnahmen zu finanzieren. Wie er den nach Art. 97 Abs. 3 LV gebotenen Ausgleich für die Gemeinden schaffe, stehe dem Gesetzgeber frei. Ob die Volksinitiative in unmittelbarem Zusammenhang mit einer konkreten Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers stehe, könne nicht ausschlaggebend sein. Es könne einer Volksinitiative auch nicht verwehrt sein, schon vor einer Entscheidung des Gesetzgebers, d. h. ohne die Folgen dieser Entscheidung abzuwarten, auf den Plan zu treten und eine abweichende Regelung zu verfolgen. Schließlich sei auch das sonstige Haushaltsgebaren des Landtages zu berücksichtigen. Er verzichte faktisch auf seine Budgethoheit, indem er im Haushaltsjahr 2000 über- und außerplanmäßige Ausgaben in Höhe von 135 Millionen DM bzw. 0,7 % des Gesamthaushalts hingenommen und der Regierung globale Minderausgaben auferlegt bzw. zugestanden habe. Weiter entstünden regelmäßig ungeplante Mehrausgaben wie beispielsweise durch den kreditfinanzierten Kauf von Grundstücken im Bereich des geplanten Flughafens Schönefeld, für den das Land inzwischen über 700 Millionen DM aufgewendet habe. Der Landesrechnungshof weise regelmäßig auf erhebliche Verstöße gegen das Prinzip des sparsamen Umgangs mit Haushaltsmitteln hin. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß die Volksinitiative Gemeinwohlbelange verfolge.

Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses des Hauptausschusses des Landtages vom 12.10.2000 festzustellen, daß die Volksinitiative „Für unsere Kinder – Volksinitiative zur Sicherung des Rechtsanspruchs aller Kinder auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten“ mit der Verfassung des Landes Brandenburg vereinbar und zulässig ist.

III.

Der Landtag und die Landesregierung haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Sie halten den Antrag für unbegründet.

1. Nach Auffassung des Landtages schließt das Verbot von Volksinitiativen zum Haushalt des Landes gemäß Art. 76 Abs. 2 LV alle Initiativen für Gesetze aus, die gewichtige staatliche Einnahmen oder Ausgaben zur Folge haben und damit gegebenenfalls den Haushalt des Landes wesentlich beeinflussen. Die von der Volksinitiative angestrebte Änderung des Kindertagesstättengesetzes führe zu Mehraufwendungen, welche eine bewußte Haushaltsentscheidung des Landtages konterkariere, zu einer Neuordnung des Gesamtgefüges des Haushalts zwinge und damit das Budgetrecht des Landtages wesentlich beeinträchtige. Die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2000 zur Auslegung der praktisch identischen Vorschrift des Art. 41 Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (im folgenden: SchlHVerf) entwickelten, der übereinstimmenden Rechtsprechung anderer Landesverfassungsgerichte entsprechenden Grundsätze seien auf die brandenburgische Verfassung übertragbar. Art. 76 Abs. 2 LV sei dem Haushaltsvorbehalt des Art. 41 Abs. 2 SchlHVerf inhaltlich und sprachlich nachgebildet.

Da die Landesverfassung in Art. 101 bis 103 den Landeshaushalt im technischen Sinne als „Haushaltsplan“ bezeichne, sei der Ausschluß von Initiativen „zum Landeshaushalt“ nach Art. 76 Abs. 2 LV schon seinem Wortlaut nach weiter und ziele auf das Gesamtgefüge der Einnahmen und Ausgaben des Staates ab. Anderenfalls bleibe Art. 76 Abs. 2 LV ohne nennenswerte praktische Bedeutung. Daß es für den Volksgesetzgeber an einer Art. 104 LV entsprechenden Regelung („Beschlüsse des Landtags, welche Ausgaben mit sich bringen, müssen bestimmen, wie diese Ausgaben gedeckt werden“) fehle, mache nur Sinn, wenn ausgabenwirksame Beschlüsse dem Volksgesetzgebungsverfahren entzogen seien. Ein in diesem Sinne weites Verständnis des Art. 76 Abs. 2 LV entspreche auch der historischen Entwicklung des Volksinitiativrechts in Deutschland und in den Bundesländern. Hätte der Verfassungsgeber in Brandenburg mit dieser auf den Haushaltsvorbehalt des Art. 73 Abs. 4 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) zurückgehenden Tradition und Verfassungsentwicklung brechen und das Initiativrecht wesentlich erweitern wollen, hätte er nicht an die vorgefundenen Formulierungen anknüpfen dürfen. Der Haushaltsvorbehalt solle nach seinem Sinn und Zweck die Budgethoheit des Landtags und die Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Verwaltung sichern. Nur in dem formalisierten Prozeß der parlamentarischen(Haushalts-) Gesetzgebung könne die Vielzahl divergierender Interessen sachgerecht abgewogen werden. Anders als der parlamentarische Gesetzgeber könne der Volksgesetzgeber keine komplexen Verteilungserwägungen anstellen, sondern immer nur über einen konkreten Vorschlag entscheiden. Angesichts des komplizierten Haushaltsgeflechts sei es für den Volksgesetzgeber schwierig, die finanzielle Tragweite isoliert vorgelegter gesetzgeberischer Entscheidungen zu ermessen. Der Haushaltsgesetzgebung seien durch haushaltswirksame Vorfestlegungen in Bundesgesetzen, durch Personalkosten, sozialstaatliche Leistungsgesetze, vertragliche Verpflichtungen und Staatsverschuldung Grenzen gezogen. Dem parlamentarischen Gesetzgeber obliege es nach Art. 109 Abs. 2 Grundgesetz i.V.m. Art. 101 Abs. 1 LV, den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Zudem habe er die Vorgaben des Haushaltsgrundsätzegesetzes, des Stabilitätsgesetzes sowie der Art. 101 bis 107 LV zu beachten. Dies dürfe nicht durch einzelne ausgabenwirksame Volksinitiativen durchkreuzt werden. Der parlamentarische Gesetzgeber dürfe auch nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, ein durch Volksgesetzgebung zustande gekommenes haushaltswirksames Gesetz zu ändern oder aufzuheben, da ein solches Verfahren zu einer „Chaotisierung des Verfassungslebens“ führen würde. Der Geltungsanspruch des Art. 76 Abs. 2 LV werde durch Art. 27 LV nicht relativiert. Trotz der Beschränkung auf nicht wesentlich haushaltswirksame Gesetze laufe das Volksinitiativrecht nicht leer, da etwa Fragen der Kommunalverfassung, der Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit oder der Ausgestaltung des Schulwesens zulässige Gegenstände einer Volksinitiative seien. Im übrigen blieben Volksinitiativen denkbar, die sich – ohne Gesetzentwurf – ergebnisoffen darauf beschränkten, den Landtag mit dieser oder jener Angelegenheit zu befassen.

Die angestrebte Änderung des Kita-Gesetzes beeinflusse den Haushalt wesentlich. Aus den Gesetzesmaterialien zum Haushaltsstrukturgesetz 2000 ergebe sich, daß man im Landtag, insoweit übereinstimmend, davon ausgegangen sei, daß eine Neuregelung des Kita-Gesetzes gemäß Art. 3 Nr. 1 Haushaltsstrukturgesetz 2000 zu Haushaltsentlastungen von 25 Millionen DM im Jahr 2000 und von jeweils 68 Millionen DM in den Folgejahren führe. Da die Volksinitiative darauf abziele, den früheren Rechtszustand wiederherzustellen, bedeute sie dementsprechend für die Zukunft jährliche Mehrausgaben, deren Höhe entsprechend der Prognose der Landesregierung nunmehr auf ca. 34 Millionen DM im Jahr 2001 und auf ca. 48 Millionen DM in den Folgejahren zu veranschlagen sei. Die jährliche prozentuale Mehrbelastung ab 2002 liege deutlich über derjenigen in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall aus Schleswig-Holstein, der eine jährliche Mehrbelastung von 32,83 Mio. DM bei einem Gesamtetat von ca. 18 Mrd. DM betroffen habe. Die anfallenden Mehraufwendungen ließen sich nicht über die Mobilisierung von Reserven verwirklichen, sondern erfoder- ten eine Neugewichtung und Umgestaltung des Haushalts. Im Land Brandenburg seien ca. 98,6 % des Landeshaushaltsplans durch gesetzliche Bestimmungen, Personal- und Sachmittelbindungen sowie lang- und mittelfristige Bindungen innerhalb von gemeinsam mit dem Bund getragenen Verpflichtungen aus Förderprogrammen finanziell gebunden. Die von der Antragstellerin angestrebte Gesetzesänderung habe dauerhafte Auswirkungen und löse langfristige finanzielle Bindungen aus. Die Haushaltsbezogenheit der Volksinitiative bestätige sich auch darin, daß die von ihr angestrebte erneute Änderung des § 1 Kita-Gesetz auf eine Revision des der Haushaltskonsolidierung dienenden Haushaltsstrukturgesetzes 2000 vom 28. Juni 2000 in einem wesentlichen Punkt hinauslaufe, der Gegenstand intensiver und kontroverser parlamentarischer Debatten gewesen sei. Schließlich sei zu befürchten, daß eine Zulassung der vorliegenden haushaltswirksamen Volksinitiative anderweitige Volksinitiativen zur Durchsetzung von Sonderinteressen zur Folge haben werde.

2. Auch nach Auffassung der Landesregierung hindert das in Art. 76 Abs. 2 LV und § 5 Abs. 2 VAGBbg enthaltene Verbot von „Initiativen zum Landeshaushalt“ Initiativen für Gesetze, die gegebenenfalls gewichtige staatliche Einnahmen oder Ausgaben auslösen und damit den Haushalt des Landes wesentlich beeinflussen. Dieses - der Rechtsprechung anderer Landesverfassungsgerichte entsprechende – Normverständnis folge schon aus der sprachlichen Fassung. Mit dem Begriff „Landeshaushalt“ übernehme Art. 76 Abs. 2 LV gerade nicht die in Art. 101 ff. LV verwendeten Begriffe „Haushaltsplan“ und „Haushaltsgesetz“. Die voneinander abweichenden sprachlichen Fassungen vergleichbarer Bestimmungen anderer Landesverfassungen hätten einer einmütigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht entgegengestanden. Schon zur Zeit der Weimarer Reichsverfassung habe sich das Verständnis durchgesetzt, daß der Begriff „Haushaltsplan“ alle Gesetze umfasse, die den Staatshaushalt wesentlich beeinflussen. Die Entstehungsgeschichte des Art. 76 Abs. 2 LV biete keinen Anhalt für ein hiervon abweichendes engeres Verständnis des Haushaltsvorbehalts. Da die Reichweite des Vorbehalts nicht Gegenstand kontroverser Beratung gewesen und eine enge Anknüpfung an die schleswig-holsteinischen Regelungen zu erkennen sei, könnten die dortigen Verfassungsmaterialien ergänzend herangezogen werden. Hiernach sei der Haushaltsvorbehalt in der Budgethoheit des Parlaments und der Notwendigkeit, die Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Verwaltung zu gewährleisten, begründet.

Systematisch bestätige sich diese Auslegung in dem Zusammenwirken von Art. 2 Abs. 4 Satz 1, 75, 76 Abs. 2 und 101 ff. LV. Bei einer Beschränkung auf den in Form des Haushaltsgesetzes festgestellten Haushaltsplan komme dem Haushaltsvorbehalt keine eigenständige Bedeutung zu, da der Haushaltsplan schon wegen seiner Komplexität als tauglicher Gegenstand der Volksgesetzgebung ausscheide. Auch daß Art. 104 LV zwar den Landtag, nicht aber Volksinitiativen zur Bestimmung der zur Ausgabendeckung erforderlichen Maßnahmen verpflichte, spreche dafür, daß eine haushaltsrelevante Volksgesetzgebung durch Art. 76 Abs. 2 LV ausgeschlossen sei. Die Landesverfassung weise auch keine gegenüber anderen Bundesländern im Ergebnis stärker ausgeprägte plebiszitäre Grundtendenz auf; den vergleichsweise niedrigen Quoren stünden kürzere Eintragungsfristen, ein Beteiligungsquorum für den Volksentscheid und das Fehlen einer Kostenerstattungsregelung gegenüber.

Der in Art. 109 Abs. 2 GG auch den Ländern auferlegten Pflicht zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts könne der Landtag als Inhaber des Budgetrechts nicht genügen, wenn im Wege der Volksgesetzgebung Gesetze initiiert werden könnten, die auf den Gesamtbestand des Haushalts Einfluß nehmen, damit dessen Gleichgewicht stören und gegebenenfalls zu einer Neuordnung des Gesamtgefüges des Haushalts zwingen. Als finanzschwaches Land sei Brandenburg verpflichtet, eine sparsame Haushaltspolitik zu betreiben und seine finanzpolitischen Prioritäten so auszurichten, daß die Solidarität des Bundes und der finanzstärkeren Länder im System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs nicht unangemessen in Anspruch genommen werde. Notwendigkeit und Ausmaß der hieraus folgenden Verpflichtung zu Einschnitten auch in soziale Leistungen zu beurteilen, sei dem parlamentarischen Gesetzgeber vorzubehalten. Dieser habe Einnahmen und notwendige Ausgaben insgesamt im Blick, könne sie unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und des Vorbehalts des Möglichen sowie eines von ihm demokratisch zu verantwortenden Gesamtkonzepts in eine sachgerechte Relation zueinander setzen und sei für den Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben verantwortlich. Es sei auch nicht hinnehmbar, den Landtag auf die – zumindest politisch unsichere – Option zu verweisen, ein durch Volksentscheid zustande gekommenes haushaltswirksames Gesetz wieder zu ändern. Eine weite Auslegung des Haushaltsvorbehalts habe nicht zur Folge, daß die Volksgesetzgebung leerlaufe. Neben Gesetzen mit zu vernachlässigenden geringfügigen finanziellen Auswirkungen verblieben etwa Fragen nach der Reichweite staatlicher Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Ausgestaltung der Kommunalverfassung. Daß der vorliegende Gesetzentwurf den materiellen Regelungsbereich des Art. 27 Abs. 7 LV betreffe, sei – unbeschadet der Qualifizierung als Leistungsgrundrecht oder Staatsziel – nicht maßgeblich, da auch der darin verankerte Anspruch unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehe.

Durch die mit dem Gesetzentwurf angestrebte Erweiterung des Rechtsanspruchs auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten und die damit einhergehenden höheren Kosten für das pädagogische Personal entstünden dem – insoweit gegenüber den Gemeinden gemäß Art. 97 Abs. 3 LV ausgleichspflichtigen - Land nach den Berechnungen des Fachressorts Mehrkosten in Höhe von mehr als 48 Mio. DM jährlich, für das Jahr 2001 – wegen der vom Land geleisteten Ausgleichszahlungen für umstellungsbedingte Kita-Mehrkosten – in Höhe von mehr als 34 Mio. DM. Die prognostizierten finanziellen Auswirkungen ergäben sich aus einer höheren Versorgungsquote für Kinder im Krippen- und Hortalter, aus durchschnittlich längeren Betreuungszeiten und als Folge einer geringeren Inanspruchnahme alternativer Angebote vor allem bei den jüngsten und ältesten Altersgruppen. Hinzu komme die nur grob abschätzbare Entwicklung der Sachkosten. Unter Berücksichtigung der konkreten Haushalts- und Finanzlage handele es sich bereits um eine Größenordnung, durch die der Gesamthaushalt gegebenenfalls aus dem Gleichgewicht gerate. Gemessen an dem Volumen des Gesamthaushalts 2001 von 19,144 Mrd. DM mache die zusätzliche Belastung von 34 Mio. DM einen Anteil von 0,18 % aus. In der mittelfristigen Finanzplanung für die nachfolgenden Jahre ergebe sich bei angenommenem gleichbleibendem Haushaltsvolumen und einer dann auf mindestens 48 Mio. DM steigenden Mehrbelastung ein Anteil von 0,25 %. Die dem Haushalt zugrunde liegenden Annahmen seien zudem durch Mindereinnahmen wegen des zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Steuersenkungsgesetzes und der Erhöhung des aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen zusätzlich zu finanzierenden Bedarfs bereits überholt. Wegen der prekären Haushalts- und Finanzlage verfüge das Land weder im Einzel- noch im Gesamtetat über finanzielle Spielräume. Eine zusätzliche Mehrbelastung sei nur durch eine weitere Erhöhung der Nettokreditaufnahme zu finanzieren und würde damit die begonnene Haushaltskonsolidierung gefährden und weiter verzögern

B.
I.

Der Antrag ist nach § 12 Nr. 9 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) in Verbindung mit § 11 VAGBbg zulässig. Gemäß § 11 VAGBbg können die Vertreter einer Volksinitiative binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung das Verfassungsgericht des Landes anrufen, wenn der Landtag die Beratung des Anliegens als Volksinitiative ablehnt, weil der Hauptausschuß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Volksinitiative nicht für erfüllt hält. Die einmonatige Antragsfrist ist gewahrt.

II.

Der Antrag ist nicht begründet.

Der Beschluß des Hauptausschusses des Landtages vom 12. Oktober 2000, mit dem die Volksinitiative nach § 5 VAGBbg für unzulässig erklärt worden ist, bleibt im Rahmen der Verfassung. Die in § 5 VAGBbg geregelten inhaltlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Volksinitiative liegen nicht vor. Es handelt sich im Sinne von Art. 76 Abs. 2 LV, § 5 Abs. 2 VAGBbg um eine „Volksinitiative zum Landeshaushalt“, wie sie nach diesen Bestimmungen nicht zulässig ist. Zwar werden durch die angestrebte Regelung weder der Wortlaut des Haushaltsgesetzes noch der Haushaltsplan geändert. Art. 76 Abs. 2 LV erfaßt jedoch auch solche Regelungen, die zu gewichtigen staatlichen Ausgaben (oder Minderausgaben) führen und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weiteren Umstände des Falles als wesentliche Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts darstellen (vgl. hierzu unter 1). Das ist hier der Fall, weil die von der Volksinitiative angestrebte Ausdehnung des Rechtsanspruchs auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in einer Kindertagesstätte zu im Haushaltsplan nicht vorgesehenen gewichtigen staatlichen Mehrausgaben führen und konkret einer in Wahrnehmung der Budgethoheit getroffenen haushaltspolitischen Entscheidung des Landtags zuwiderlaufen würde (vgl. hierzu unter 2).

1. Die das Recht zu Volksinitiativen einschränkende Formulierung „Initiativen zum Landeshaushalt“ in Art. 76 Abs. 2 LV, deren begriffliche (hierzu unter a), historische (b) und systematische (c) Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt, erfaßt nach Sinn und Zweck auch solche Initiativen, die – ohne Haushaltsgesetz und Haushaltsplan unmittelbar zu berühren - auf den Gesamtbestand des Haushalts Einfluß nehmen und sich als wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Parlaments darstellen (d).

a) Entgegen der Auffassung von Landtag und Landesregierung spricht nicht schon die sprachliche Fassung („Initiativen zum Landeshaushalt“) für die Erstreckung des Haushaltsvorbehalts auch auf solche Gesetze, die den Landeshaushalt auch nur mittelbar beeinflussen (ebenso BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2000 – 2 BvK 3/98 -, BVerfGE 102, 176, 185, zum Verbot von Volksinitiativen über den Haushalt des Landes gemäß Art. 41 Abs. 2 SchlHVerf). Daraus, daß der in Art. 76 Abs. 2 LV verwendete Begriff „Landeshaushalt“ sich von den in den Bestimmungen der Art. 101 ff. LV über das Finanzwesen enthaltenen Begriffen „Haushaltsplan“ und „Haushaltsgesetz“ unterscheidet, ergibt sich nichts Zwingendes. In der haushaltsrechtlichen Terminologie wird „Haushalt“ als die Bestandteile Haushaltsgesetz und Haushaltsplan umfassender Oberbegriff verstanden (vgl. etwa § 30 Landeshaushaltsordnung [LHO]). Der bloße Wortlaut des Art. 76 Abs. 2 LV ergibt hiernach lediglich, daß Initiativen zum Landeshaushalt jedenfalls dann unzulässig sind, wenn sie entweder den Haushaltsplan als Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben für eines oder mehrere Haushaltsjahre (vgl. Kisker, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts IV § 89 Rn. 22) oder das den Haushaltsplan feststellende und gegebenenfalls den Umgang mit den vorgesehenen Einnahmen und Ausgaben im einzelnen regelnde Haushaltsgesetz (vgl. Kisker, a.a.O., Rn. 29) zum Gegenstand haben. Eher gegen ein über diesen Wortsinn hinausgehendes Verständnis von „Landeshaushalt“ spricht auch, daß – wie die in den Haushaltsvorbehalten anderer Landesverfassungen verwendeten Formulierungen „Finanzfragen“ (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 4 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, Art. 109 Abs. 3 Satz 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz) oder „finanzwirksame Gesetze“ (vgl. Art. 99 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung des Saarlandes) zeigen – eine über Haushaltsplan und Haushaltsgesetz hinaus auch andere Gesetze erfassende Formulierung möglich gewesen wäre (vgl. Heussner, Volksgesetzgebung in den USA und in Deutschland, 1994, S. 189; Fessmann, BayVBl. 1976, 389, 390 f.).

Andererseits schließt die Formulierung „Initiativen zum Landeshaushalt“ eine Interpretation, die auch eine mittelbare Beeinflussung des Landeshaushalts der Volksgesetzgebung entzieht, aber auch nicht aus. Über das klassische konstitutionelle Budgetrecht hinaus wird Haushaltsgewalt nach heutiger Auffassung auch im Rahmen der allgemeinen Gesetzgebung ausgeübt (vgl. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 2000, Rn. 23 vor Art. 104a). Schon aus diesem Grund kommt auch eine solche gesetzgeberische Entscheidungen einschließendes Verständnis des Begriffs „Landeshaushalt“ in Betracht. Ob bei Art. 76 Abs. 2 LV eine weitere oder engere Auslegung angezeigt ist, ist hiernach anhand weiterer Auslegungsmethoden zu ermitteln (vgl. Birk/Wernsmann, DVBl. 2000, 669, 670).

b) Auch die Entstehungsgeschichte führt für die Auslegung des Art. 76 Abs. 2 LV nicht zu einem eindeutigen Ergebnis.

Entgegen der Auffassung des Landtages und der Landesregierung kann in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich sein, welche Gesetzesvorhaben nach der Verfassungsrechtslage anderer Bundesländer oder gar zur Zeit der Weimarer Reichsverfassung dem Haushaltsvorbehalt unterfallen oder unterfielen. Es mag zutreffen, daß der Begriff des Haushaltsplans i.S. von Art. 73 Abs. 4 WRV in der Praxis überwiegend weit ausgelegt und dahin verstanden wurde, daß er jedes Gesetzesvorhaben erfaßte, das wegen der damit verbundenen Einnahmen oder Ausgaben den Staatshaushalt wesentlich beeinflußte (vgl. hierzu BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2001 - 2 BvK 3/98 -, BVerfGE 102, 176, 185, mit Hinweis u.a. auf Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11.8.1919, 14. Aufl. 1933, Art. 73 Anm. 10). Die herrschende Meinung der Weimarer Zeit fand freilich nicht etwa bruchlos ihre Fortsetzung in den seit 1946 geschaffenen Länderverfassungen. So hat bereits der Bayerische Verfassungsgerichtshof hervorgehoben, die Entstehungsgeschichte der vergleichbaren Regelung in Art. 73 der Verfassung des Freistaates Bayern ergebe eher Anhaltspunkte dafür, daß diese Verfassungsnorm restriktiv auszulegen sei. Man habe sich bewußt auf den „Staatshaushalt“ beschränkt. Gesetze wie z.B. Abgabengesetze, Besoldungsordnungen und Finanzgesetze sollten von Art. 73 nicht ohne weiteres erfaßt werden (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15.12.1976 – Vf. 56-IX-76-, BayVBl. 1977, 143, 149).

Landtag und Landesregierung weisen indes zutreffend darauf hin, daß die Entstehungsgeschichte des Ausschlusses von „Volksinitiativen über den Haushalt des Landes“ in der 1990 aufgenommenen Vorschrift der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, die der Regelung in Brandenburg als Vorbild gedient hat (vgl. hierzu sogleich), eine ausdehnende Auslegung nahelegt. Wegen der Budgethoheit des Parlaments und im Interesse der Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Verwaltung sollten nach Auffassung des dortigen Landtags-Sonderausschusses Entscheidungen „über den Haushalt“ sowie über Dienstbezüge, Steuern, Abgaben und Gebühren nicht zum Gegenstand eines Volksentscheids gemacht werden dürfen (vgl. hierzu im einzelnen die Darstellung in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 2001, a.a.O., S. 185 f.).

Für eine bewußte Anknüpfung an die Regelung in Schleswig-Holstein durch den Brandenburgischen Verfassungsgeber spricht der Gang der Beratungen im Unterausschuß II des Verfassungsausschusses. Über den Komplex Volksgesetzgebung beriet der Unterausschuß erstmals in seiner 7. Sitzung vom 22. April 1991 (vgl. Dokumentation der Verfassung des Landes Brandenburg, Band 2, 1993, S. 900 ff.). Nachdem die Einführung eines aus Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid bestehenden dreistufigen Verfahrens grundsätzlich befürwortet worden war, sprach sich der Ausschuß auf der Grundlage eines von Frau Dr. Harcke unterbreiteten – und ausdrücklich an die Verfassung von Schleswig-Holstein angelehnten - Formulierungsvorschlages der Fraktion PDS-LL für folgende Fassung aus:

„Die Bürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Zuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. Gegenstand der Initiative kann auch ein Gesetzentwurf sein. Eine Initiative muß von mindestens 25 000 Stimmberechtigten unterzeichnet sein. Ihre Vertreter haben das Recht auf Anhörung.“

Für Absatz 2 lag zunächst folgender Formulierungsvorschlag vor:

„Initiativen über den Haushalt des Landes, über Dienst- und Versorgungsbezüge, über öffentliche Abgaben sowie über Personalentscheidungen sind unzulässig.“

Gegenstand der sich anschließenden Beratung hierzu war ausweislich des Protokolls lediglich die – schließlich mehrheitlich bejahte - Frage, ob Personalentscheidungen aus dem Initiativrecht herausgenommen werden sollten. Der Ausschluß der Initiativen über den Haushalt des Landes wurde nicht diskutiert. Schließlich verständigte man sich auf folgenden Text:

„Initiativen über den Haushalt des Landes, über öffentliche Abgaben und zu Personalentscheidungen sind unzulässig.“

In der 13. Sitzung des Unterausschusses II am 4. Dezember 1991 wurde die Vorschrift – damals noch als Art. 78 - erneut beraten (vgl. Dokumentation der Verfassung des Landes Brandenburg, Band 2, 1993, S. 996 ff.). Im Zusammenhang mit der in mehreren Zuschriften geforderten Streichung des Art. 78 Abs. 2 plädierten die Ausschußmitglieder Merkel und Prof. Dr. Finkelnburg dafür, „in Artikel 78 einen sehr weiten Rahmen zu setzen, dagegen in der Phase des Volksbegehrens eindeutige Schranken zu bestimmen“. Das Ausschußmitglied Muschalla trat dem entgegen und sprach sich dafür aus, an Artikel 78 Abs. 2 nichts zu verändern, „weil sonst das abgestimmte System ins Wanken gerate“. Dieser Auffassung folgte sodann die Mehrheit des Ausschusses (vgl. a.a.O., S. 998). Die dahingehende Mehrheitshaltung im Unterausschuß wurde in der Folgezeit nicht mehr in Frage gestellt. Soweit während der ersten Lesung des Entwurfs der Landesverfassung am 19. Dezember 1991 von mehreren Rednern die Regelungen zur Volksgesetzgebung als im Vergleich zu den Verfassungen der alten Bundesländer besonders weitreichend gewürdigt wurden, handelt es sich um allgemein gehaltene Bemerkungen ohne spezifischen Bezug zur Reichweite des Haushaltsvorbehalts.

Daß – abgesehen von den wiedergegebenen Erwägungen zur einheitlichen Gestaltung der Schrankenbestimmungen in allen drei Stufen der Volksgesetzgebung im Unterausschuß II des Verfassungsausschusses - Inhalt und Reichweite des Haushaltsvorbehalts gar nicht in das Blickfeld des Unterausschusses II geraten, geschweige denn ausführlich beraten worden waren, bestätigt sich in einzelnen Redebeiträgen während der ersten Lesung des Entwurfs der Landesverfassung am 19. Dezember 1991. So räumte der Abgeordnete Pracht (F.D.P.), selbst Mitglied des Unterausschusses, während der ersten Lesung des Verfassungsentwurfs im Landtag ein (Plenarprotokoll 1/34, S. 2515): „Und eines haben wir bislang alle viel zuwenig beachtet: die finanziellen Konsequenzen von Volksinitiative, -begehren und –entscheid.“ Der Abgeordnete Nooke (Bü 90) teilte diese Einschätzung mit den Worten (a.a.O., S. 2518): „Über die Finanzen bei einem solchen Volksentscheid wird zu reden sein, da hat Herr Pracht völlig recht.“

Der Finanzvorbehalt wurde dann aber – wie die gesamte Regelung des Art. 76 Abs. 2 – auch im weiteren Verfassungsgebungsverfahren nicht mehr eingehender beraten. Änderungsanträge im Verfassungsausschuß II des Landtages, die letztlich erfolglos blieben, betrafen lediglich die Verminderung (PDS-LL) bzw. Erhöhung (CDU) der vorgesehenen Quoren sowie die Beschränkung des Rechts zur Volksinitiative auf Deutsche (F.D.P.) (vgl. Dokumentation der Verfassung des Landes Brandenburg, Band 3, 1993, S. 617 f., 634 f.). Während der zweiten und dritten Lesung des Verfassungsentwurfs im Landtag am 25. März 1992 und 14. April 1992 wurden die formalen Anforderungen anVolksinitiativen lediglich im Hinblick auf die vorgesehenen Quoren kontrovers diskutiert. Die inhaltlichen Schranken wurden nicht erörtert.

Insgesamt ergeben die Verfassungsmaterialien hiernach, daß der Verfassungsgeber sich zwar an der Formulierung des Haushaltsvorbehalts in der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein orientiert, sich jedoch über die damit verbundenen Auslegungsfragen keine Gedanken gemacht und dementsprechend zu den Grenzen der Zulässigkeit finanzwirksamer Volksgesetzgebungsinitiativen keine bestimmte Haltung eingenommen hat. Insgesamt kann demnach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift weder die von Landtag und Landesregierung unterstellte Anknüpfung an die auf den Haushaltsvorbehalt des Art. 73 Abs. 4 WRV zurückgehende Verfassungstradition noch der von der Antragstellerin unterstellte bewußte Bruch mit dieser Tradition entnommen werden. Die im Verlauf der Verfassungsgebung unter den Beteiligten ersichtlich vorherrschende Empfindung einer besonders plebiszitfreundlichen Tendenz der brandenburgischen Regelungen beruht eher auf den vergleichsweise niedrigen Quoren und nicht auf einer bewußt vorgenommenen Beschränkung des Anwendungsbereichs des Haushaltsvorbehalts.

c) Bei der systematischen Auslegung des Art. 76 Abs. 2 LV halten sich die für und gegen eine enge Auslegung des Haushaltsvorbehalts sprechenden Gründe letztlich die Waage.

aa) (1) Allerdings weist die Antragstellerin unter systematischen Gesichtspunkten, zunächst einleuchtend, darauf hin, daß der gesonderte Ausschluß von Volksinitiativen zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben und Personalentscheidungen in Art. 76 Abs. 2 LV weitgehend seinen Sinn verlöre, wenn ohnehin sämtliche Gesetzesinitiativen mit mittelbaren finanziellen Auswirkungen als unzulässig ausgeschlossen wären (vgl. Birk/ Wernsmann, DVBl. 2000, 669, 670, 671). Andererseits lassen sich diese besonders genannten Materien auch als exemplifizierende Aufzählung oder auch als Fallgruppen begreifen, bei denen es gfls. auf das Ausmaß der haushaltsmäßigen Auswirkungen von vornherein gar nicht mehr ankommt. Von daher ergibt sich auch insoweit nichts Zwingendes.

(2) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin läßt sich für eine enge Auslegung des Art. 76 Abs. 2 LV auch nichts daraus herleiten, daß eine zulässige Volksinitiative zunächst nur eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Anliegen der Volks-initiative im Landtag zur Folge hat und auch für den Fall, daß sich der Landtag dem Anliegen verschließt, nicht etwa automatisch in einen Volksentscheid mündet. Die Volksinitiative hat unter diesem Gesichtspunkt in der Tat Berührungspunkte mit einer – lediglich eine qualifizierte Befassungspflicht des Landtages auslösenden - Sammel- oder Massenpetition (vgl. v.Brünneck/Epting, in: Simon/Franke/Sachs, Handbuch der Verfassung des Landes Brandenburg, 1994, § 22 Rn. 11; Berlit, KritV 1993, 318, 329, 354; Kühne, NdsVBl. 1995, 25, 26), die vor allem dadurch wirkt, daß das Parlament unter einen erhöhten Legitimationsdruck gesetzt und einer erhöhten Begründungslast unterworfen wird (vgl. Preuß, ZRP 1993, 131, 137). Dieses Element der Volksinitiative wird etwa auch in den Redebeiträgen der Abgeordneten Frau Stobrawa [PDS-LL] und Nooke [Bü 90] in der 2. Lesung des Verfassungsentwurfs im Landtag am 25. März 1992 aufgegriffen (Plenarprotokoll 1/42, S. 3103 bzw. S. 3107). Es bietet auch eine Erklärung dafür, daß das Recht zur Beteiligung an einer Volksinitiative in Art. 76 Abs. 1 Satz 1 LV nicht nur wahlberechtigten Deutschen, sondern – was bei Teilhabe an staatlichen Entscheidungen verfassungsrechtlich problematisch wäre - allen Einwohnern eingeräumt wird.

Unbeschadet dessen spricht die konkrete Ausgestaltung der Art. 76 bis 78 LV für eine einheitliche Auslegung der Ausschlußgründe des Art. 76 Abs. 2 LV auf allen drei Stufen der Volksgesetzgebung. Volksbegehren und Volksentscheid können nicht isoliert, sondern nur über den Weg einer Volksinitiative in Gang gesetzt werden. Bei der Volksinitiative handelt es sich - jedenfalls auch - um ein besonderes „Zulassungsverfahren“ für Volksbegehren und Volksentscheid. Insofern unterscheidet sich die Landesverfassung von anderen Landesverfassungen, die die Volksinitiative nicht als obligatorische erste Stufe für die Durchführung eines Volksbegehrens und eines Volksentscheids sehen, sondern die Möglichkeit einräumen, unmittelbar mit dem Volksbegehren zu beginnen (vgl. etwa Art. 108a, 109 der Verfassung für Rheinland-Pfalz in der Fassung des Gesetzes vom 8.3.2000). Im Land Brandenburg dagegen sind Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheid als drei Stufen der Volksgesetzgebung aufeinander bezogen. Ausschlußgründe für Volksbegehren und Volksentscheide sind in Art. 77 und 78 LV nicht gesondert geregelt. Maßstab für die inhaltliche Zulässigkeit ist einheitlich Art. 76 Abs. 2 LV. Ist eine Volksinitiative, die einen Gesetzentwurf beinhaltet, inhaltlich zulässig, gilt das auch für ein etwa nachfolgendes Volksbegehren und den Volksentscheid. Daß der Verfassungsgeber eine einheitliche Auslegung der Ausschlußgründe auf allen Stufen des Volksgesetzgebungsverfahrens bewußt angestrebt hat, bestätigt sich, wie bereits dargelegt (s. hierzu vorstehend zu lit. b) in der Entstehungsgeschichte des Art. 76 Abs. 2 LV. Ausweislich des bereits zitierten Protokolls der 13. Sitzung des Unterausschusses II am 4. Dezember 1991 wurde der Vorschlag der Ausschußmitglieder Merkel und Prof. Dr. Finkelnburg, für die Volksinitiative „einen sehr weiten Rahmen zu setzen, dagegen in der Phase des Volksbegehrens eindeutige Schranken zu bestimmen“, mehrheitlich bewußt nicht aufgegriffen.

Es kommt hinzu, daß eine umfassende Überprüfung der inhaltlichen Zulässigkeit bereits auf der Ebene der Volksinitiative dazu beitragen kann, den mit der Durchführung von Volksbegehren und Volksentscheid verbundenen organisatorischen und finanziellen Aufwand zu vermeiden, wenn sie gegen das Grundgesetz oder die Landesverfassung verstößt (vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 27.3.1990 – Vf. 123-IX-89-, BayVBl. 1990, 367, 368). Die nachträgliche Verwerfung eines durch Volksentscheid zustandegekommenen Gesetzes durch das Verfassungsgericht wäre für den direktdemokratischen Ansatz im Zweifel abträglicher als eine Feststellung der verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit bereits im Stadium der Volksinitiative (vgl. Degenhart, Der Staat 31 (1992), 77, 93 f.).

Die einheitliche Anwendbarkeit des Haushaltsvorbehalts auf allen drei Stufen der Volksgesetzgebung schließt allerdings Volksinitiativen nicht aus, die keinen Gesetzentwurf beinhalten, sondern dem Landtag, wie nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 LV zulässig, im Rahmen seiner Zuständigkeit in anderer Weise einen Gegenstand der politischen Willensbildung unterbreiten. Je nach Art und Fassung einer solchen Volksinitiative kann hierbei der Funktionszusammenhang als Teil und Vorstufe der Volks“gesetzgebung“ zurück- und das Massenpetitionselement in den Vordergrund treten.

(3) Letztlich spricht – für Volksinitiativen, die einen Gesetzentwurf unterbreiten, - auch Art. 104 LV eher gegen eineenge Auslegung des Haushaltsvorbehalts in Art. 76 Abs. 2 LV, wie sie die Antragstellerin befürwortet. Nach dieser Verfassungsbestimmung müssen sich Beschlüsse des Landtages, welche Ausgaben mit sich bringen, zugleich darüber verhalten, wie diese Ausgaben gedeckt werden sollen. Für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheid hat der Verfassungsgeber dergleichen nicht vorgesehen. Diese unterschiedliche Behandlung könnte dafür sprechen, durch Volksinitiative eingebrachte Gesetzentwürfe und andere Vorlagen, die Ausgaben mit sich bringen, als bereits durch Art. 76 Abs. 2 LV ausgeschlossen anzusehen.

bb) Auf der anderen Seite vermag sich das erkennende Gericht für die Verfassungsrechtslage im Land Brandenburg aber auch nicht uneingeschränkt der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Landesverfassungsgerichte zu den Haushaltsvorbehaltsklauseln in anderen Landesverfassungen anzuschließen, daß aus systematischen Erwägungen grundsätzlich eine ausdehnende Auslegung des Haushaltsvorbehalts angezeigt sei und der Haushaltsvorbehalt bei Auswirkungen auf den Haushalt im Zweifel greife.

Die Verfassungsrechtslage in Brandenburg ist vielmehr offener: Für das Land Brandenburg trifft es nicht zu, daß der Haushaltsvorbehalt einen eigenständigen Gehalt vollständig verlöre, wenn man ihn auf die förmliche Haushaltsgesetzgebung beschränken würde (vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2000 - 2 BvK 3/98 -, a.a.O., S. 187, zum Verbot von Volksinitiativen über den Haushalt des Landes gemäß Art. 41 Abs. 2 SchlHVerf). Anders als Art. 50 SchlHVerf schließt nicht bereits Art. 101 LV eine Volksgesetzgebung zur Aufstellung und Feststellung des Landeshaushalts zwingend aus. Daß Haushaltsplan und Haushaltsgesetz schon von der Kompliziertheit der Materie her gesehen nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein könnten (vgl. BayVerfGH, BayVBl. 1977, 143, 149, BremStGH, Urteil vom 17.6.1997 – St 7/96 -, LVerfGE 6, 123, 147), erscheint nur bedingt stichhaltig. Der - wegen der Grundsätze der Vollständigkeit und Einheit (vgl. § 11 LHO) prinzipiell nicht teilbare – Haushaltsplan als solcher mag zwar in der Tat in praxi für die Volksgesetzgebung ungeeignet sein. Volksinitiativen können sich jedoch nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 LV – auch außerhalb von Gesetzentwürfen - allgemein auf Gegenstände der politischen Willensbildung erstrecken. Von daher wäre es ohne den Haushaltsvorbehalt in Art. 76 Abs. 2 LV jedenfalls denkbar, daß eine Volksinitiative etwa einen einzelnen Haushaltsansatz im laufenden Haushaltsverfahren beträfe; so könnte z.B. eine Ergänzungsvorlage zu dem dem Parlament vorgelegten Haushaltsentwurf eingebracht werden (vgl. § 32 LHO). Art. 76 Abs. 2 LV würde mithin nicht funktionslos, wenn man den Haushaltsvorbehalt lediglich auf die förmliche Haushaltsgesetzgebung bezöge.

Soweit geltend gemacht wird, daß jegliche in wesentlicher Weise haushaltswirksame Volksgesetzgebung in das austarierte Zusammenwirken von Regierung und Landtag bei der Aufstellung und Feststellung des Haushalts und damit in die so geartete Verantwortung für das Budget eingreife (vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2000, a.a.O., S. 187), ergeben sich hieraus ebenfalls keine zwingenden Gesichtspunkte für eine ausdehnende Auslegung des Haushaltsvorbehalts. Vielmehr hat die Auslegung davon auszugehen, daß der Landesverfassungsgeber Landtag und Volksentscheid als prinzipiell gleichberechtigte Gesetzgeber anerkennt (vgl. Art. 2 Abs. 4 Satz 1 LV). Reibungsverluste und Koordinationsschwierigkeiten im Verhältnis von Exekutive und Legislative, die sich aus der Zulassung der Volksgesetzgebung ergeben, sind daher grundsätzlich hinzunehmen und können es nicht rechtfertigen, die Volksgesetzgebung durch eine zu weit greifende Auslegung des Haushaltsvorbehalts zurückzudrängen und ihr auf diesem Wege gleichsam „die Zähne zu ziehen“.

Freilich ist anzuerkennen, daß die parlamentarische Haushaltsgesetzgebung für die Austarierung divergierender Interessen funktional besser geeignet ist als das auf einen konkreten Vorschlag ohne Abänderungsmöglichkeit konzentrierte Volksgesetzgebungsverfahren. Dies schließt jedoch nicht aus, daß das Parlament bei der Haushaltsfeststellung finanzielle Auswirkungen, die sich aus vom Volk beschlossenen Gesetzen ergeben, ebenso beachten muß, wie es die – in den Stellungnahmen von Landtag und Landesregierung besonders aufgeführten - anderweitigen haushaltswirksamen Vorfestlegungen zu beachten hat, die gegebenenfalls den Handlungsspielraum der Haushaltsgesetzgebung beschränken. Unbeschadet dessen bleibt es dabei, daß sich der Anwendungsbereich des Haushaltsvorbehalts auch unter systematischen Gesichtspunkten jedenfalls nicht sicher bestimmen läßt.

d) Da Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik mithin zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, ist die Reichweite von Art. 76 Abs. 2 LV teleologisch abzugrenzen. Danach würde eine auf Haushaltsplan und Haushaltsgesetz im technischen Sinne beschränkte Auslegung dem Sinn und Zweck des Art. 76 Abs. 2 LV nicht gerecht. Mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Landesverfassung erfaßt Art. 76 Abs. 2 LV vielmehr auch – aber auch erst - solche finanzwirksamen Regelungen, die zu gewichtigen staatlichen Ausgaben (oder Minderausgaben) führen und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weiteren Umstände des Falles als wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Parlaments darstellen; dabei kann im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung neben Art und Dauer der finanziellen Belastung nicht zuletzt Bedeutung erlangen, ob die Volksinitiative in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer konkreten haushaltspolitischen Entscheidung des Parlaments steht.

aa) Eine Auslegung des Art. 76 Abs. 2 LV dahin, daß finanzwirksame Regelungen von dem Haushaltsvorbehalt generell nicht erfaßt werden, verbietet sich nach Sinn und Zweck der Regelung.

(1) Zweck der Beschränkung der Volksgesetzgebung durch Art. 76 Abs. 2 LV ist die Sicherung der Budgethoheit des Landtages (vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2000, a.a.O., S. 187). Sie kann durch die Kosten, die ein im Wege des Volksentscheides angenommenes Gesetz zur Folge hat, beeinträchtigt werden.

Freilich beinhaltet das Budgetrecht des Parlaments zunächst nur, daß alle Einnahmen und Ausgaben des Staates in den vor Beginn des Rechungsjahres durch formelles Gesetz festgestellten Haushaltsplan eingestellt werden. Historisch zielt dieses Recht des Parlaments auf Machtbegrenzung und Kontrolle der Regierung; es geht auf die konstitutionalistische Konfliktlage zwischen Monarch und Parlament im 19. Jahrhundert zurück. Der Durchbruch der Budgethoheit des Parlaments wird in Deutschland durch Art. 99 der revidierten preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 markiert (vgl. Kisker, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts II § 89 Rn. 5; Stern, Staatsrecht II, § 45 III 2, S. 1067; Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 2000, Rn. 1 zu Art. 100). Art. 69 der Reichsverfassung von 1871, Art. 85 WRV und Art. 110 GG folgen – ebenso wie die Verfassungen der Bundesländer – diesem Vorbild. Allerdings hat das Budgetrecht im Zuge der Entwicklung zu einem rein parlamentarischen Regierungssystem einen Funktionswandel erfahren. Die Bewältigung des Machtkonflikts zwischen Legislative und Exekutive ist gegenüber der umfassenden Steuerungsfunktion in den Hintergrund getreten (vgl. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 2000, Rn. 5 und 23 vor Art. 104a, Rn. 1 f. zu Art. 110). Durch die mit der Budgetbewilligung verbundene Entscheidung über die Prioritäten und durch die Verteilungsentscheidungen im einzelnen erlangen die Regierung und die sie tragende parlamentarische Mehrheit ihr wirtschafts- und sozialpolitisches Profil (BVerfGE 79, 311, 329). Schutzgegenstand des Budgetrechts ist nach heutiger Verfassungsrechtslage auch das Recht der parlamentarischen Mehrheit und der von ihr getragenen Regierung, ihr politisches Programm, das mit der Wahl eine demokratische Legitimation erhalten hat, in Gestalt des - in der Regel in komplizierten politischen Aushandlungsprozessen erreichten - Haushaltsplans zu verwirklichen (vgl. die abweichende Meinung der Richter Preuß und Rinken zu dem Urteil des BremStGH, LVerfGE 8, 203, 217, 221). Unter Berücksichtigung dieses „Verfassungswandels“ (vgl. zu diesem Begriff Badura, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatrechts VII § 160 Rn. 13 ff.) wird das Budgetrecht des Parlaments auch dann berührt, wenn sein finanzieller Spielraum durch vom Volk beschlossene Gesetze mit weitreichenden finanziellen Auswirkungen eingeengt wird. Von daher besteht der Zweck eines die Volksgesetzgebung begrenzenden Haushaltsvorbehalts auch darin, Volksbegehren und Volksentscheide mit Kostenauswirkungen jedenfalls von einer gewissen haushaltswirtschaftlichen Schwelle an zu unterbinden und derartige Entscheidungen dem parlamentarischen Gesetzgeber vorzubehalten, dessen Aufgabe und Verantwortung es ist, sämtliche Einnahmen und notwendigen Ausgaben unter Beachtung der Vorgaben der Verfassung, insbesondere der in jedem Fall und vorrangig zu beachtenden Grundrechte der Bürger, aber auch der sogenannten Staatszielbestimmungen, und des Vorbehalts des Möglichen im Rahmen eines von ihm zu entwickelnden Gesamtkonzepts in eine sachgerechte Relation zueinander zu setzen und – etwa durch höhere Kreditaufnahmen oder durch Steuererhöhungen - für den Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben zu sorgen (vgl. in diesem Sinne BayVerfGH, Entscheidung vom 17.11.1994 – Vf. 96 und 97–IX–94 -, DVBl. 1995, 419, 425; BremStGH, Urteil vom 17.6.1997 – St 7/96 -, LVerfGE 6, 123, 146 f.; Urteil vom 11.5.1998 – St 3/97 -, LVerfGE 8, 203, 214; abweichend Schweiger, in: Nawiasky/Schweiger/Knöpfle [Hrsg.], Die Verfassung des Freistaates Bayern, Stand Juli 2000, Rn. 6 f. zu Art. 73)). Hiernach sind auch solche Initiativen des Volksgesetzgebers unzulässig, die unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts (und gegebenenfalls der weiteren Umstände des Falles) eine wesentlichen Beeinträchtigung des Budgetrechts des Parlaments darstellen.

(2) Das erkennende Gericht folgt damit aber nicht etwa zugleich der Auffassung, daß der Zweck des Haushaltsvorbehalts (auch) darin bestehe, die Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Verwaltung vor Eingriffen durch den Volksgesetzgeber zu sichern (so aber BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2000, a.a.O., S. 187). Die Leistungsfähigkeit des Staates und seiner Verwaltung als solche hat mit dem Budgetrecht des Parlaments nicht unmittelbar zu tun und kann auch durch Entscheidungen des parlamentarischen Gesetzgebers selbst in Mitleidenschaft gezogen werden. Es kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, daß allein der parlamentarische Gesetzgeber, nicht aber der Volksgesetzgeber in der Lage wäre, einen verantwortungsbewußten, die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Staates berücksichtigenden Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen. Auch Parlamente sind durchaus der Versuchung einer das staatswirtschaftliche Leistungsvermögen überfordernden Bewilligungspolitik ausgesetzt (vgl. Fischer-Menshausen, in: v.Münch/Kunig [Hrsg.], Grundgesetz-Kommentar, Band 3, 3. Aufl. 1996, Rn. 2 zu Art. 113; Kisker, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts IV § 89 Rn. 9, 35, 48). Die Staatspraxis hat vielfach vor Augen geführt, daß die Haushaltsgesetzgebung durch den parlamentarischen Gesetzgeber keineswegs gewährleistet, daß sich das Gemeinwohl gegenüber Partikularinteressen durchsetzt und die Ausweitung der Staatsausgaben zu Lasten späterer Generationen wirksam begrenzt wird (vgl. Degenhart, Der Staat 31 [1992], 77, 84; Birk/Wernsmann, DVBl. 2000, 669, 671; Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts IV § 88 Rn. 104). Bezeichnenderweise bedürfen, offenbar aus solchen Gründen, nach der – rechtspolitisch allerdings umstrittenen (vgl. hierzu etwa Stern, Staatsrecht II, § 49 IV 6, S. 1223) - Regelung des Art. 113 Abs. 1 GG ausgabenerhöhende und einnahmemindernde Gesetze der Zustimmung der Bundesregierung. Soweit Landtag und Landesregierung geltend machen, daß der Haushaltsvorbehalt im Hinblick darauf weit auszulegen sei, daß die Leistungsfähigkeit von Staat und Verwaltung beim parlamentarischen Gesetzgeber besser aufgehoben sei als beim Volksgesetzgeber, kann auch dem jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Es kommt durchaus vor, daß gerade der Volksgesetzgeber der Ausgabenfreudigkeit des Parlaments entgegentritt oder kostensenkend wirkt. So hat es im Jahre 1979 in Kalifornien eine erfolgreiche Initiative zur Begrenzung des Wachstums der Staatsausgaben gegeben (vgl. Heussner, Volksgesetzgebung in den USA und Deutschland, 1994, S. 198 und 509). Im Freistaat Bayern hat der Volksgesetzgeber jedenfalls auch unter Kostengesichtspunkten den Senat abgeschafft.

(3) Nicht uneingeschränkt gefolgt werden kann auch der Einschätzung, dem Volksgesetzgeber fehle grundsätzlich der Sachverstand für die Beurteilung der finanziellen Tragweite gesetzgeberischer Entscheidungen (vgl. v.Danwitz, DÖV 1992, 601, 603, 607). Es trifft zwar zu, daß haushaltswirksame Entscheidungen komplex und schwierig sind. Ähnliches gilt jedoch gleichermaßen für viele andere Regelungsgegenstände – etwa im Bereich des Umwelt- und Technikrechts – (vgl. v.Danwitz, DÖV 1992, 601, 607), ohne daß der Verfassungsgeber Anlaß gesehen hätte, diesbezügliche Volksinitiativen auszuschließen. Die im verfassungsrechtlichen Schrifttum gegen plebiszitäre Entscheidungen laut gewordene Befürchtung einer Überforderung der Bevölkerung durch Spezialität, Vielschichtigkeit und Kompliziertheit der im modernen Staatswesen zu bewältigenden Fragen (vgl. Krause, in: Handbuch des Staatsrechts II § 39 Rn. 25), hat der Verfassungsgeber in Brandenburg offensichtlich nicht geteilt, so daß sich hieraus für die Frage einer weiteren oder engeren Auslegung des Haushaltsvorbehalts in Art. 76 Abs. 2 LV nichts Entscheidendes gewinnen läßt. Im übrigen sind selbst den Haushalt im engeren Sinne betreffende Fragen in Deutschland nicht ausnahmslos als für eine Volksgesetzgebung ungeeignet gehalten worden. Nach Art. 73 Abs. 4 WRV konnte der Reichspräsident einen Volksentscheid auch über den Haushaltsplan, über Abgabengesetze und Besoldungsordnungen veranlassen (vgl. Birk/Wernsmann, DVBl. 2000, 669, 670).

(4) Das erkennende Gericht teilt für die Verhältnisse im Land Brandenburg auch nicht die mehrfach vor allem vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof geäußerte Auffassung, mit Hilfe des Finanzvorbehalts gelte es, einem Mißbrauch der Volksgesetzgebung zu begegnen, weil die Gefahr bestehe, daß Interessengruppen von ihnen vertretenen Bürgern durch Volksbegehren Sondervorteile verschafften (BayVerfGH, BayVBl. 1977, 143, 149; DVBl. 1995, 419, 426; NVWZ-RR 2000, 401, 404; vgl. auch Krause, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts II § 39 Rn. 26, Isensee, DVBl. 2001, 1161, 1164). Die Besorgnis mangelnden Gemeinwohlsinns des Volksgesetzgebers kann sich nicht auf konkrete Erfahrungen stützen (vgl. Sieckmann, in: Neumann/von Raumer [Hrsg.], Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Volksgesetzgebung, 1999, S. 181, 185) und erscheint in dieser pauschalen Form jedenfalls unter den im Land Brandenburg geltenden Bedingungen nicht begründet. Zwar mag es bei Gesetzesinitiativen mit finanziellen Vorteilen für Interessengruppen in der Tat gelingen, aus diesem Kreise die für die Gesetzesinitiative erforderliche Zahl von Unterschriften zu erhalten. Spätestens auf der Ebene des Volksentscheids wird jedoch durch das Mehrheitserfordernis sowie das jedenfalls im Land Brandenburg nach Art. 78 Abs. 2 LV geltende weitere Erfordernis, daß mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten dem Gesetzentwurf zustimmen muß, verhindert, daß eine kleine Gruppe ihre Sonderinteressen gegen den Willen der Mehrheit der Staatsbürger durchsetzt. In dieser Weise ist hinreichend vorgesorgt, daß Initiativen eigennützig Interessierter keinen Erfolg haben (vgl. Pestalozza, Der Popularvorbehalt, 1981, S. 28). Insofern unterscheidet sich die Verfassungsrechtslage in Brandenburg von derjenigen etwa im Freistaat Bayern, wo für das Zustandekommen eines Gesetzes im Wege des Volksentscheids kein qualifiziertes Zustimmungsquorum gilt. Unabhängig davon wird spätestens im Stadium des Volksentscheids den Stimmberechtigten das Bewußtsein dafür zu vermitteln sein, daß Wohltaten für eine einzelne Gruppe durch Einnahmeerhöhungen oder Abstriche in anderen Bereichen finanziert werden müssen (vgl. Berlit, KritV 1993, 318, 358). Darüber hinaus wird durch die dem Landtag nach Art. 78 Abs. 1 Satz 2 LV eröffnete Möglichkeit, einen Alternativentwurf in den Volksentscheid einzubringen, der Gefahr irrationaler und gemeinwohlferner plebiszitärer Entscheidungsprozesse entgegengewirkt; es spricht wenig dafür, daß die Stimmberechtigten sich einem plausiblen und von parlamentarischem Sachverstand getragenen Alternativentwurf von vornherein verschließen würden (vgl. Degenhart, Der Staat 31 (1992), 77, 95). Äußerstenfalls bliebe dem Landtag die Möglichkeit, ein finanzwirksames Volksgesetz wieder aufzuheben oder zu ändern (vgl. Fessmann, BayVBl. 1976, 389, 392; Pestalozza, a.a.O., S. 28; Heussner, a.a.O., S. 184; Neumann, in: Neumann/von Raumer [Hrsg.], Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Volksgesetzgebung, 1999, S. 17, 53). Zu der in der Stellungnahme des Landtages befürchteten „Chaotisierung des Verfassungslebens“ wird dies schon deshalb nicht führen, weil es unter den Vorkehrungen der brandenburgischen Landesverfassung nicht gerade an der Tagesordnung sein wird, daß ein Volksentscheid zum Ziele führt. Und wo er zum Ziele führt, wird wiederum nur ausnahmsweise Veranlassung für eine Korrektur durch den parlamentarischen Gesetzgeber bestehen.

Soweit der Bayerische Verfassungsgerichtshof ferner die Gefahr sieht, daß gegebenenfalls ein Teil des Volkes zu Ungunsten eines anderen Teils über die Verteilung von Steuermitteln oder wirtschaftlichen Lasten entscheide, besonders, wenn der belastete Teil des Volkes eine Minderheit darstelle oder wenn der Mehrheit des Volkes die betreffende Frage z.B. wegen persönlicher Nichtbetroffenheit gleichgültig sei (BayVerfGH, Entscheidung vom 31.3.2000 – Vf.2-IX-00 -, NVwZ-RR 2000, 401, 404, m.w.N.; vgl. auch Isensee, a.a.O.), ist auch dies nicht volksgesetzgebungsspezifisch. Daß sich Mehrheitsentscheidungen zu Lasten einer Minderheit auswirken können, ist kein Sonderproblem der Volksgesetzgebung, sondern liegt im Prinzip der Mehrheitsentscheidung begründet, auf dem die Demokratie als Staats- und Regierungsform beruht (vgl. Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts I § 22 Rn. 52), und ist hinzunehmen, solange die Grundrechte der Minderheit gewahrt und die Bedingungen für die legitimierende Kraft des Mehrheitsprinzips, d.h. insbesondere die demokratischen Freiheitsrechte und die Gleichheit der politischen Mitwirkungsrechte (vgl. Böckenförde, a.a.O., Rn. 54), unangetastet bleiben. Die Durchsetzung von Partikularinteressen ist gleichermaßen auch im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren denkbar und kommt in der Praxis – insbesondere im Steuerrecht – durchaus vor (vgl. bereits oben zu [2.] sowie Sieckmann, in: Neumann/von Raumer (Hrsg.), Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Volksgesetzgebung, 1999, S. 181, 185).

(5) Damit verbleibt als eigentlicher Grund für eine auch andere (finanzwirksame) Gesetze als förmliche Haushaltsgesetze einschließende Auslegung des Haushaltsvorbehalts des Art. 76 Abs. 2 LV letztlich allein, daß anderenfalls im praktischen Ergebnis – je nach Art und Finanzvolumen des betreffenden anderweitigen (finanzwirksamen) Gesetzes und seiner Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts – die Budgethoheit des Landtages, d.h. das Recht der parlamentarischen Mehrheit auf Kontrolle und Gestaltung der Einnahmen und Ausgaben des Landes, unterlaufen werden könnte.

bb) Unbeschadet dessen dürfen angesichts der in Art. 2 Abs. 4 Satz 1 LV grundsätzlich anerkannten Gleichrangigkeit von parlamentarischem Gesetzgeber und Volksgesetzgeber die inhaltlichen Zulässigkeitsschranken für die Volksgesetzgebung nicht – durch eine allzu weite Auslegung des Haushaltsvorbehalts – derart verengt werden, daß die Volksgesetzgebung ihre praktische Bedeutung verliert. Bei einer Beschränkung auf Gesetze und andere Vorlagen ohne (nennenswerte) Haushaltsauswirkungen liefe zwar das Recht zur Volksinitiative, auch soweit eine Volksinitiative einen Gesetzentwurf enthalten kann (Art. 76 Abs. 1 Satz 2 LV), nicht völlig leer (so aber wohl noch v.Brünneck/ Epting, in: Simon/Franke/Sachs (Hrsg.), Handbuch der Verfassung des Landes Brandenburg, 1994, § 22 Rn. 15). Landtag und Landesregierung weisen unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluß vom 3.7.2000 darauf hin, daß hiernach z.B. Regelungen zu Fragen der Kommunalverfassung, der Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und der Ausgestaltung des Schulwesens ohne (nennenswerte) Kostenauswirkungen denkbar und so der Volksinitiative zugänglich blieben. Das Volksinitiativrecht wäre jedoch in Anbetracht der „nahezu universalen Haushaltsrelevanz aller staatlichen Entscheidungen“ (Heun, in: Dreier [Hrsg.], Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 2000, Rn. 23 vor Art. 104a; vgl. auch Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, 1980, § 50 II 4, S. 1238; Birk/Wernsmann, DVBl. 2000, 669, 670) stark eingeschränkt. Ein erheblicher Teil von Volksinitiativen fiele unter Berufung auf den Haushaltsvorbehalt schon der Zulässigkeitsüberprüfung durch den Hauptausschuß (§ 9 Abs. 6 Satz 1 VAGBbg) zum Opfer und würde damit schon in dieser Phase der inhaltlichen Erörterung im Parlament entzogen. Die fruchtbare Möglichkeit, im Rahmen der inhaltlichen Befassung mit dem Gegenstand der Volksinitiative neue Ansätze aufzugreifen und auf ihre Verträglichkeit mit den eigenen Vorstellungen und der Haushaltslage zu überprüfen, ginge weitgehend verloren. Dadurch würde die von der Landesverfassung gewollte grundsätzliche Gleichberechtigung der Gesetzesinitiativen des Parlaments und des Volkes in Frage gestellt (vgl. Schweiger, in: Nawiasky/Schweiger/ Knöpfle [Hrsg.], Die Verfassung des Freistaates Bayern, Stand Juli 2000, Rn. 5 zu Art. 73). Vor diesem Hintergrund darf eine allzu weite Auslegung des Haushaltsvorbehalts nicht dazu führen, daß die Bürger von der Wahrnehmung ihres Volksinitiativrechtes nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 LV abgeschreckt und davon abgehalten werden, dem Landtag bestimmte Gegenstände der politischen Willensbildung, auch als Gesetzentwurf, zu unterbreiten. Eine Volksinitiative, die gegebenenfalls Auswirkungen auf die Haushaltslage hat, darf aus diesen Gründen nur für den Fall als unzulässig behandelt werden, daß sie zu gewichtigen staatlichen Ausgaben (oder Minderausgaben) führt und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weiteren Umstände des Falles als eine wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Landtags darstellt. Ist das nicht feststellbar, ist die die Volksinitiative gemessen an Art. 76 Abs. 2 LV zulässig und hat sich daher der Landtag politisch damit auseinanderzusetzen. Nur in Fällen, in denen die Unvereinbarkeit mit einer vom Gesetzgeber in Wahrnehmung seines Budgetrechts getroffenen Entscheidung greifbar ist, darf die politische Auseinandersetzung aus Gründen des Haushaltsvorbehalts verweigert werden.

Wann eine Volksinitiative in diesem Sinne zu gewichtigen staatlichen Ausgaben (oder Minderausgaben) führt und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weiteren Umstände des Falles als wesentliche Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts darstellt, läßt sich nicht allgemein und pauschal beantworten, sondern hängt von einer wertenden Gesamtbetrachtung ab. Für die Frage, ob sich haushaltswirtschaftlich gewichtige Ausgaben (oder Minderausgaben) mit Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts ergeben, kommt es außer auf die Beträge als solche auf Art und Dauer der finanziellen Belastung an (vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2000, a.a.O., S. 190; ähnlich BayVerfGH, DVBl. 1995, 419, 425 f.; BremStGH, LVerfGE 6, 123, 149; NRWVerfGH, NVwZ 1982, 188, 189). Für eine diesbezügliche wertende Gesamtbeurteilung kann etwa auch der Prozentwert, den der Kostenaufwand der von der Volksinitiative angestrebten Regelung im Verhältnis zum Gesamthaushalt oder zur „freien Spitze“ der nicht bereits gesetzlich oder anderweitig gebundenen Mittel oder auch zum jeweils betroffenen Einzelhaushalt ausmacht, von symptomatischer Bedeutung sein. Solche Prozentsätze sind jedoch nicht für sich allein ausschlaggebend. Ferner können Sachgehalt und Wertigkeit des Anliegens der Volksinitiative Berücksichtigung verdienen, weil für die Kosten/Nutzen-Relation gegebenenfalls auch inhaltliche Momente eine Rolle spielen. Darüber hinaus kann bei der Gesamtbetrachtung auch – und nicht zuletzt - ins Gewicht fallen, ob die Volksinitiative in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer konkreten haushaltspolitischen Entscheidung des Parlaments steht und sich den Umständen nach erkennbar gerade gegen eine bewußte Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers richtet und unter diesem Gesichtspunkt die parlamentarische Budgetverantwortung in Frage stellt.

2. Hieran gemessen handelt es sich bei dem von der Antragstellerin eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von § 1 Kita-Gesetz nach Lage des Falles um eine Gesetzesinitiative, die zu gewichtigen staatlichen Mehrausgaben führt und sich darüber hinaus nach Lage des Falles als wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Parlaments darstellt.

a) Der von der Antragstellerin angestrebte erweiterte Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in einer wohnortnahen Kindertagesstätte würde gewichtige staatliche Ausgaben auslösen. Es würde sich dabei, vor allem wegen des auf Dauer benötigten zusätzlichen Personals, um langfristige haushaltswirtschaftliche Bindungen handeln. Insgesamt geht es bei den im Raum stehenden Mehraufwendungen in der Größenordnung von – nach den Angaben des Landtages und der Landesregierung - ca. 34 Mio. DM im Jahr 2001 und jeweils ca. 48 Mio. DM für die folgenden Jahre bei einem Haushaltsvolumen von ca. 19 Milliarden DM um eine durchaus beträchtliche finanzielle Belastung.

Dabei kann es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht ausschlaggebend darauf ankommen, daß bei einem Erfolg der Volksinitiative nach den Regelungen des Kita-Gesetzes nicht unmittelbar der Haushalt des Landes betroffen wäre, sondern die Pflicht zur Finanzierung des erhöhten Aufwands zunächst die Kommunen träfe. Denn das Land wäre nach Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV verpflichtet, Festlegungen über die Deckung der durch die Erweiterung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz zusätzlich entstehenden Kosten zu treffen und für die Mehrbelastung der Gemeinden einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zu schaffen. Auch eine Erhöhung des Standards einer bereits durch die Gemeinden wahrgenommenen Aufgabe, wie sie hier in Frage steht, wirkt sich als hinzukommende und damit als „neue öffentliche Aufgabe“ i. S. von Art. 97 Abs. 3 Satz 2 LV aus (so auch Nr. 2 der als „Auslegungshilfe“ verabschiedeten Entschließung des Landtages Brandenburg vom 18. März 1999 zu dem Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg und des Verfassungsgerichtsgesetzes, LTDrucks 2/6179-B). Entgegen der in der mündlichen Verhandlung von Seiten der Antragstellerin geäußerten Auffassung kann sich der Landesgesetzgeber seiner durch das Konnexitätsprinzip der Landesverfassung vorgegebenen finanziellen Ausgleichspflicht auch nicht etwa einfachhin dadurch entledigen, daß er den Kommunen die Erschließung zusätzlicher eigener Einnahmequellen ermöglicht. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Einzelausgestaltung des finanziellen Ausgleichs für die Kosten übertragener Aufgaben weitgehend frei (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18.12.1997 – VfGBbg 47/96 -, LVerfGE 7, 144, Leitsatz 4, zu Art. 97 Abs. 3 Satz 1 LV a.F.). Möglicherweise braucht der Ausgleich, etwa bei – typisierend betrachtet – kommunalpolitischem Interesse der Kommunen an der Übernahme der Aufgabe unter dem Gesichtspunkt der Bürgerbetreuung „vor Ort“ – auch nicht notwendig bei 100 % zu liegen (vgl. a.a.O. S. 162 sowie VerfGH NRW, NVwZ 1997, 793, 794, SachsAnhVerfG, NVwZ-RR 1999, 96, 98, einerseits undSächsVerfGH, LKV 2001, 223, 224 f., andererseits). Ferner mag bis zu einem gewissen Grade auch die gleichzeitige Rückführung anderweitiger Aufgaben oder Standards oder die Eröffnung neuer Einnahmen (Gebühren) zu einem „entsprechenden finanziellen Ausgleich“ i. S. von Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV beitragen können (in diesem Sinne LTDrucks 2/6179-B, Nr. 5). In jedem Fall bedarf es aber einer Entscheidung des (Haushalts-)Gesetzgebers über eine den Mehrkosten effektiv und realistisch Rechnung tragende Ausgleichsregelung. Sie würde hier nach der Einschätzung des Gerichts angemessenerweise in einer jedenfalls den Großteil der Mehrausgaben abdeckenden Erstattung bzw. Erhöhung der Mittelzuweisungen zu bestehen haben.

Eine Belastung des Landeshaushalts in einer nach der Einschätzung des Gerichts in etwa an die genannten Beträge heranreichenden Größenordnung braucht allerdings für sich allein, etwa bei einer beträchtlichen „freien Spitze“, noch nicht stets und unter allen Umständen unter den Haushaltsvorbehalt des Art. 76 Abs. 2 LV zu fallen. Auch daß die jährliche prozentuale Mehrbelastung nach der – gegenüber der ursprünglichen Einschätzung des Landtages vorsichtigeren - Prognose der Landesregierung immerhin für das Jahr 2001 bei ca. 0,18 bzw. ab 2002 – gemessen am derzeitigen Haushaltsvolumen - bei ca. 0,25 und damit noch über derjenigen in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall aus Schleswig-Holstein läge, bei dem das Bundesverfassungsgericht eine jährliche Haushaltsmehrbelastung von 32,82 Mio. DM bei einem Gesamtetat von ca. 18 Mrd. DM zugrunde gelegt hat (vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. Juli 2001, a.a.O., S. 190 f.), kann für sich allein nicht den Ausschlag geben. Es kommt daher für die hier zu treffende Entscheidung letztlich auch nicht darauf an, ob das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung versehentlich eine höhere prozentuale Mehrbelastung als in dem damaligen Fall tatsächlich in Frage stehend angenommen hat und die - von der Antragstellerin mehr oder weniger pauschal bestrittenen – zahlenmäßigen Angaben der Landesregierung in jeder Hinsicht einer Überprüfung standhalten würden. Im Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltsstrukturgesetz 2000 bestand jedenfalls Einigkeit, daß durch die Einschränkung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz Einsparungen von 25 Millionen DM im Jahr 2000 und von sogar 68 Millionen im Jahr 2001 erzielt würden. Daß diese Größenordnung im Landtag nicht umstritten war, bestätigt sich darin, daß auf der Grundlage dieser Zahlen auch die Fraktion der PDS als parlamentarische Opposition parallel zu ihrem – mit der vorliegenden Volksinitiative inhaltlich übereinstimmenden - Änderungsantrag zu Art. 3 Abs. 1 Haushaltsstrukturgesetz 2000 in der Sitzung des Ausschusse für Haushalt und Finanzen am 29. Mai 2000 einen Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf 2000/2001 mit dem Ziel einer Erhöhung der Zuweisungen an die Gemeinden zur Förderung von Kindertagesstätten in eben dem genannten Umfang eingebracht hat (vgl. Ausschußprotokoll 3/126). Letzten Endes gilt auch für den Prozentsatz, den die hier in Frage stehenden prozentualen Mehrbelastungen – ausgehend von der vorsichtigeren Prognose der Landesregierung - im Verhältnis zur „freien Spitze“ der nicht bereits gesetzlich oder anderweitig gebundenen Mittel ausmachen, nämlich 12,3 v.H. für 2001, danach 17,4 v.H., und den Prozentsatz im Verhältnis zu der Gesamtsumme der Ausgaben im Einzelplan des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (im Jahr 2001 ca. 2,478 Milliarden DM), nämlich 1,4 v.H. für 2001, danach 1,9 v.H., daß diese Zahlenwerte für sich allein nichts Zwingendes besagen, sondern lediglich – weitere – Gesichtspunkte darstellen, die gfls. im Rahmen einer Gesamtabwägung mit zu bedenken sind. Gleiches gilt für die Steigerungsrate um 13,49 v.H., die sich (bei voller Abdeckung über den Landeshaushalt) für 2001 gegenüber dem im Haushaltsplan 2000/2001 für Zuweisungen an Gemeinden (Gemeindeverbände) zur Förderung von Kindertagesbetreuung angesetzten Betrag von 252 Mio. DM für 2001 ergeben würde.

b) Ob die hier bisher in den Blick genommenen finanziellen Größenordnungen in ihren Auswirkungen auf das Haushaltsgefüge, ob also die hier in Rede stehenden sich je nach Bezugswert ergebenden Prozentsätze jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit bereits ausreichen würden, das parlamentarische Budgetrecht als wesentlich beeinträchtigt und damit die Volksinitiative als unzulässig anzusehen, bedarf nach Lage des Falles keiner abschließenden Entscheidung. Das erkennende Gericht legt sich deshalb in dieser Hinsicht aus Anlaß des vorliegenden Falles nicht fest. Denn das Budgetrecht des Landtags erscheint durch die entstehenden staatlichen Mehrausgaben mit ihren Auswirkungen auf den Landeshaushalt jedenfalls bei Mitberücksichtigung der weiteren Umstände des Falles greifbar und wesentlich beeinträchtigt. Es tritt nämlich ausschlaggebend hinzu, daß hier unübersehbar ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit einer bewußten haushaltspolitischen Entscheidung besteht, die der Landtag mit dem Haushaltsstrukturgesetz 2000 vom 28. Juni 2000 eben auch durch die Einschränkung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz in dem Bemühen getroffen hat, die Haushaltsprobleme des Landes in den Griff zu bekommen. An dem wesentlich haushaltspolitischen Charakter der im Rahmen des Haushaltsstrukturgesetzes 2000 erfolgten Änderung des Kita-Gesetzes besteht für das erkennende Gericht kein Zweifel. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung hat das Haushaltsstrukturgesetz 2000 erklärtermaßen zum Ziel, mittelfristig die Konsolidierung des Landeshaushalts voranzubringen und in diesem Sinne den Spielraum für eine Rückführung der jährlichen Nettoneuverschuldung zu erweitern. Hierzu soll auch die Änderung von Fachgesetzen beitragen, indem dort Leistungen eingeschränkt werden, um rechtliche Verpflichtungen des Landes zu reduzieren und organisatorische Veränderungen einzuleiten mit dem Ziel, längerfristig eine wirtschaftlichere Aufgabenerledigung zu fördern und dadurch mittelbar zur Entlastung des Landeshaushalts beizutragen (vgl. LTDrucks 3/810, S. 33). Die aus diesem Anlaß vorgenommenen Änderungen des Kita-Gesetzes beinhalten zwar auch über dieses Einsparvorhaben als solches hinausgehende Strukturveränderungen wie etwa die Begründung der Leistungsverpflichtung der Wohnortgemeinde oder die Ersetzung der Platzbezuschussung durch eine Kinderkostenpauschale. Ausgangspunkt und Kern der Gesetzesänderung ist jedoch die Reduzierung des Betreuungsumfangs, um auf diesem Wege vor allem die Personalkosten – durch Verringerung des Personalaufwandes - zu senken. Durch die Beschränkung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz sollen die Kommunen die Möglichkeit erhalten, die Kürzung der Landeszuschüsse belastungsneutral zu kompensieren (vgl. Diskowski/ Liesegang, Kindertagesstätten in Brandenburg, 11. Lieferung 2001, Einführung Kita-Gesetz, S. 2). Der Gesetzgeber hat sich dabei in einer auch von weiten Teilen der Koalitionsfraktionen als schmerzhaft empfundenen Entscheidung mehrheitlich auf den Standpunkt gestellt, daß der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz in dem früheren Umfang aus hauhaltswirtschaftlichen Gründen nicht mehr aufrechtzuerhalten sei. Der parlamentarische Gesetzgeber würde unter diesen Umständen bei einer Veränderung des Kita-Gesetzes, wie sie die Volksinitiative anstrebt, nicht nur faktisch zu einer Korrektur einzelner Haushaltsansätze gezwungen. Es müßte vielmehr eine haushaltswirtschaftliche Grundentscheidung revidieren.

Unabhängig davon, ob die Angaben der Landesregierung und des Landtages, wonach derzeit ca. 98,6 % des Landeshaushaltsplans durch gesetzliche Bestimmungen, Personal- und Sachmittelbindungen sowie lang- und mittelfristige Bindungen im Rahmen von gemeinsam mit dem Bund getragenen Verpflichtungen aus Förderprogrammen finanziell gebunden sind, in vollem Umfange zutreffen, ist jedenfalls unverkennbar, daß der Handlungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers derzeit erheblich eingeschränkt ist. Dieser Spielraum würde durch die Festlegung von Finanzmitteln in einer Größenordnung, wie sie hier in Frage steht, spürbar weiter eingeengt. Es kommt hinzu, daß – auch als Folge der steuerrechtlichen Änderungen auf Bundesebene – weitere Mindereinnahmen zu vergegenwärtigen sind, die bereits einen Nachtragshaushalt erforderlich gemacht haben (vgl. Nachtrags-haushaltsgesetz vom 29. Mai 2001, GVBl. I, S. 54). Eine Wiedergewinnung haushaltspolitischen Handlungsspielraums durch Erhöhung der Einnahmen ist zwar abstrakt denkbar, konkret jedoch unter Berücksichtigung der derzeitigen Haushalts- und Finanzlage des Landes nicht realistisch. Eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme würde der Haushaltskonsolidierung, für die sich der parlamentarische Gesetzgeber in Ausübung seiner Budgethoheit entschieden hat und in die sich die durch das Haushaltsstrukturgesetz erfolgte Änderung des Kita-Gesetzes einfügt, zuwiderlaufen. Insgesamt stellt die Volksinitiative eine Reaktion auf eine bewußte haushaltspolitische Entscheidung des Parlaments dar.

Unerheblich ist, daß mit der Sammlung der Unterschriften zur Unterstützung der Volksinitiative nicht erst im Anschluß an den Gesetzesbeschluß begonnen worden ist, sondern – nach den Angaben der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung – bereits am 1. Mai 2000, d. h. in das noch laufende Gesetzgebungsverfahrens hinein. Unbeschadet dessen ist unverkennbar, daß sich die Volksinitiative von Beginn an auf die sich zu diesem Zeitpunkt bereits abzeichnende Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers auf der Grundlage des am 22. März 2001 eingebrachten Gesetzentwurfs der Landesregierung bezogen hat. Dies ist nach Art und Inhalt der damaligen – und weiter andauernden – öffentlichen Auseinandersetzung gleichsam gerichtsbekannt und bestätigt sich darin, daß sich der Gesetzentwurf der Volksinitiative ausweislich der auf den Unterschriftsbogen abgedruckten Begründung gegen „alle Versuche“ richtet, die Betreuungsansprüche von Kindern erheblich zu reduzieren und bestimmte Gruppen von Kindern aus der Betreuung in einer Kindertagesstätte auszuschließen. Eben dies aber war – in seinem hier betroffenen Teil – die Zielrichtung des in Gang befindlichen Gesetzgebungsverfahrens zum Haushaltsstrukturgesetz, welches von Anfang an als Artikel 3 des Gesetzentwurfs eine dahingehende Änderung des § 1 des Kita-Gesetzes beinhaltete. Tatsächlich deckt sich denn auch der Gesetzentwurf der Volksinitiative mit einem im Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltsstrukturgesetz 2000 von der Fraktion der PDS eingebrachten und in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport vom 25. Mai 2000 mehrheitlich abgelehnten Änderungsantrag nahezu wörtlich (vgl. Ausschußprotokoll 3/162). Daß der Gesetzentwurf der Volksinitiative in eine sich anbahnende gesetzgeberische haushaltspolitische Entscheidung hinein erfolgte und dem Haushaltsgesetzgeber gewissermaßen in den Arm zu fallen versuchte, führt um so deutlicher vor Augen, daß hier die verfahrensgegenständliche Volksinitiative die Budgethoheit des Parlaments nicht zu respektieren gedachte.

Nach alledem richtet sich die Volksinitiative gezielt gegen eine vom Landtag in Ausübung seiner Budgethoheit getroffene haushaltspolitische Entscheidung. Damit handelt es sich – unter Mitberücksichtigung der gewichtigen Kostenauswirkungen - um eine wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Parlaments und hat deshalb der Haushaltsvorbehalt des Art. 76 Abs. 2 LV nach seinem Sinn und Zweck Platz zu greifen. Auf den von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang geltend gemachten Umstand, daß die Budgethoheit des Landtages im Ergebnis ja auch durch über- und außerplanmäßige Ausgaben und die Zulassung globaler Minderausgaben beeinträchtigt werde, kommt es nicht an. Für eine „Verwirkung“ des Budgetrechts des Landtages aufgrund etwaiger anderweitiger Bedenklichkeiten bei Aufstellung und Vollzug des Haushalts ist verfassungsrechtlich kein Raum.

c) Der spezifisch haushaltpolitische und budgetrechtsrelevante Charakter gerade der hier in Frage stehenden Gesetzes–Volksinitiative zeigt sich im übrigen auch eben darin, daß der Landtag für den Fall, daß er die von der Antragstellerin angestrebte Änderung des § 1 des Kita-Gesetzes vornehmen wollte, für die sich ergebende Mehrbelastung der Kommunen gemäß Art. 97 Abs. 3 Satz 3 LV einen angemessenen finanziellen Ausgleich schaffen, d. h. haushaltswirtschaftlich und somit als Haushaltsgesetzgeber reagieren müßte.

3. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Besorgnis bleibt für Volksinitiativen bei der hier vorgenommenen Auslegung durchaus Raum. So bleiben Volksinitiativen unberührt, die entweder gar keine oder jedenfalls keine „gewichtigen“ staatlichen Ausgaben (oder Minderausgaben) zur Folge haben. Zu der Frage, ab wann sich „gewichtige“ staatliche Mehrausgaben (oder Minderausgaben) wegen der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts zugleich als „wesentliche“ Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts darstellen und deshalb der Haushaltsvorbehalt eingreift, hat sich das Gericht durch die hier getroffene Entscheidung nicht festgelegt. Auf diese Frage kam es vorliegendenfalls deshalb nicht an, weil sich eine solche „wesentliche“ Beeinträchtigung des Budgetrechts jedenfalls aus einem offensichtlichen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer bewußten haushaltspolitischen Entscheidung des Landtags ergibt, die die Volksinitiative durch den von ihr vorgelegten Gesetzentwurf gezielt rückgängig zu machen versucht hat. Im übrigen bleibt es unbenommen, auf der Grundlage von Art. 76 Abs. 1 Satz 1 LV dem Landtag (im Rahmen seiner Zuständigkeit), sei es auch unter Hinweis auf eine veränderte Sach- oder Finanzlage oder auch auf nicht oder nicht so vorhergesehene Probleme, einen Gegenstand der politischen Willensbildung zu unterbreiten und ihn auf diesem Wege zu welcher Frage auch immer (lediglich) zu (erneuter) Befassung und Prüfung zu veranlassen. Dies findet Niederschlag in der Landesverfassung selbst insofern, als es dort in Art. 76 Abs. 1 Satz 2 heißt, daß die Volksinitiative „auch“ einen – ausformulierten – Gesetzentwurf einbringen könne. Daraus ergibt sich, daß es auch Volksinitiativen geben kann, die lediglich eine erneute (ergebnisoffene) Befassung des Landtags erzwingen (und deshalb auch nicht das Budgetrecht des Landtags beeinträchtigen können). Die Betreiber einer Volksinitiative haben es hiernach in der Hand, durch eine geeignete Ausgestaltung der Volksinitiative eine (erneute) Befassung des Landtags zu erreichen, ohne daß sich die Frage des Haushaltsvorbehalts stellt.

4. Soweit die Antragstellerin geltend macht, daß es ihr um die Gewährleistung des in Art. 27 Abs. 7 LV geschützten Grundrechts jedes Kindes auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in einer Kindertagesstätte gehe, kann hier dahinstehen, ob es sich bei Art. 27 Abs. 7 LV um ein „echtes“ Grundrecht handelt bzw. wie weit der einfachgesetzliche Gestaltungsspielraum geht (Anspruch „nach Maßgabe des Gesetzes“) oder diese Verfassungsbestimmung etwa nur eine sogenannte Staatszielbestimmung ist und für diesen Fall lediglich eine objektivrechtliche Verpflichtung des Staates begründet, sein Handeln an dem betreffenden Staatsziel auszurichten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 -, LVerfGE 8, 97, 127 f.). Fragen dieser Art gehören nicht in das Verfahren zur Überprüfung der Zulässigkeit einer Volksinitiative (im vorliegenden Fall am Maßstab des Haushaltsvorbehalts), sondern gegebenenfalls in das Normenkontroll-, u.U. auch in ein Verfassungsbeschwerdeverfahren.

C.

Diese Entscheidung ist mit 6 gegen 2 Stimmen ergangen.

Dr. Macke Dr. Dombert
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
Prof. Dr. Schröder Weisberg-Schwarz


Sondervotum

der Richterin Dr. Jegutidse und des Richters Havemann

Entgegen der Mehrheitsmeinung ist die Volksinitiative „Für unsere Kinder – Volksinitiative zur Sicherung des Rechtsanspruchs aller Kinder auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten“ zulässig. Es handelt sich nicht um eine gemäß Art. 76 Abs. 2 LV unzulässige Initiative zum Landeshaushalt (dazu unter 1.). Auch aus dem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang der Volksinitiative mit einer konkreten haushaltspolitischen Entscheidung des Parlaments ergibt sich keine wesentliche Beeinträchtigung des parlamentarischen Budgetrechts (dazu unter 2.).

1. Unter Landeshaushalt ist in Art. 76 Abs. 2 LV nur das Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan des Landes zu verstehen. Die hier im Wege der Volksgesetzgebung initiierten Regelungen sind nicht Regelungen des Haushaltsgesetzes oder des Haushaltsplanes, deshalb handelt es sich nicht um eine gemäß Art. 76 Abs. 2 LV unzulässige Initiative zum Landeshaushalt.

a) Art. 76 Abs. 2 LV ist nach Wortlaut und Systematik eng auszulegen.

aa) Art. 76 Abs. 2 LV regelt abschließend und nicht nur beispielhaft die unzulässigen Volksinitiativen.

(1) Art. 76 Abs. 2 LV nennt, bezogen auf das Recht der Einwohner des Landes Brandenburg aus Art. 76 Abs. 1 LV, Gesetzesentwürfe einzubringen, mehrere Einschränkungen. Dabei werden abschließend und nicht nur beispielhaft die unzulässigen Initiativen aufgezählt. Dies sind Initiativen zum Landeshaushalt, zu den Dienst- und Versorgungsbezügen, zu Abgaben und zu Personalentscheidungen. Daß diese Aufzählung des Verfassungsgebers abschließend und nicht nur beispielhaft ist, folgt aus dem Wortlaut der Norm. Die Verfassung zählt den Landeshaushalt, die Dienst- und Versorgungsbezüge, die Abgaben und die Personalentscheidungen, nur durch Komma und das Bindewort „und“ getrennt, als selbständig nebeneinander stehende Gegenstände auf, so dass für die Annahme einer offenen Enumeration kein Raum ist.

Folgt man der Mehrheitsmeinung, hätte Art. 76 Abs. 2 LV lauten müssen: „Initiativen zum Landeshaushalt, insbesondere zu den Dienst- und Versorgungsbezügen und zu den Abgaben, sowie zu Personalentscheidungen sind unzulässig.“

(2) Hinzu kommt, daß der Ausschluß von Volksinitiativen zu Personalentscheidungen kein Beispiel für den Ausschluß von Initiativen zum Landeshaushalt ist. Bei Personalentscheidungen sind Fälle denkbar, in denen solche Entscheidungen keine mittelbaren finanziellen Auswirkungen haben.

bb) Weil mit der Aufzählung in Art. 76 Abs. 2 LV abschließend geregelt ist, welche Volksinitiativen unzulässig sind, lässt sich entgegen der Mehrheitsmeinung auch der Anwendungsbereich des Haushaltsvorbehalts unter systematischen Gesichtspunkten sicher bestimmen .

(1) Würde der Begriff Landeshaushalt auf sämtliche Gesetzesinitiativen mit mittelbaren finanziellen Auswirkungen ausgedehnt werden, wäre der gesonderte Ausschluß von Initiativen zu Dienst- und Versorgungsbezügen oder zu Abgaben überflüssig, weil die finanziellen Auswirkungen solcher Initiativen auf der Hand liegen.

(2) Werden aber Gesetzesinitiativen mit unmittelbaren finanziellen Auswirkungen nur in den in Art. 76 Abs. 2 LV abschließend aufgeführten Fällen unzulässig, ist es sinnwidrig, Regelungen, die nur mittelbare finanzielle Auswirkungen haben, als unzulässige Volksinitiativen zum Landeshaushalt zu klassifizieren. Unzulässig können Volksinitiativen zum Landeshaushalt deshalb nur dann sein, wenn sie direkt darauf abzielen, das Haushaltsgesetz bzw. den Haushaltsplan zu verändern, nicht aber schon in all den Fällen, in denen die initiierte Regelung auch finanzielle Folgen hat.

Wenn es sich aber bei einer Volksinitiative – wie hier – nicht um eine Initiative zum Landeshaushalt, bestehend aus dem Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan des Landes, zu den Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben und Personalentscheidungen handelt, ist die Initiative zulässig.

b) Eine weite Auslegung des Haushaltsvorbehalts in Art. 76 Abs. 2 LV verstößt gegen Art. 2 Abs. 4 Satz 1 der Landesverfassung.

aa) Die in Art. 2 Abs. 4 Satz 1 LV als Verfassungsgrundsatz geregelte Gleichrangigkeit von parlamentarischem Gesetzgeber und Volksgesetzgeber gebietet es, die inhaltlichen Zulässigkeitsschranken für die Volksgesetzgebung nicht durch eine weite Auslegung des Haushaltsvorbehalts derartig zu verengen, daß die Volksgesetzgebung ihre praktische Bedeutung verliert und die Einwohner des Landes Brandenburg davon abgehalten werden, dem Landtag bestimmte Gegenstände der politischen Willensbildung, auch als Gesetzentwurf, zu unterbreiten.

Eine Interpretation des Haushaltsvorbehaltes, die dazu führt, daß Volksinitiativen nur in den Fällen zulässig sein sollen, in denen sie keine oder nur unwesentliche finanzielle Auswirkungen haben, verstößt gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichrangigkeit von parlamentarischem und Volksgesetzgeber.

bb) Die von der Mehrheit vorgenommene weite und unbestimmte Auslegung des Haushaltsvorbehalts kann dazu führen, dass die Bürger von der Wahrnehmung ihres Volksinitiativrechts künftig abgeschreckt werden – eine Befürchtung, die die Mehrheit in der Entscheidung zwar angesprochen, aber nicht ausgeräumt hat. Volksinitiativen sind danach nur noch in für den Bürger schwer zu ermittelnden Ausnahmefällen zulässig, zumal sich in der Mehrheitsentscheidung bei den in Blick zu nehmenden finanziellen Größenordnungen keine Festlegung findet.

cc) Entgegen der Mehrheitsmeinung dürfen wegen der Gleichrangigkeit von Volksgesetzgebung und parlamentarischer Gesetzgebung Sachgehalt und Wertigkeit einer Volksinitiative keine Rolle bei der Beurteilung ihrer Zulässigkeit spielen. Insoweit ist der Volksgesetzgeber – wie der parlamentarische Gesetzgeber – nur an den Maßstäben der Landesverfassung überprüfbar.

dd) Den Gefahren für das Verfassungsleben (Stichwort „Chaotisierung“), die aus einem engen Verständnis des Haushaltsvorbehaltes folgen könnten, und die die Mehrheit ihrerseits mit einer weiten Anwendung des Haushaltsvorbehaltes ausräumen will, begegnet der Verfassungsgeber mit Art. 78 LV. Er hat entsprechend dem Grundsatz der Gleichrangigkeit von Volks- und parlamentarischem Gesetzgeber für den Konflikt zwischen ihnen ein Verfahren vorgesehen. Danach hätte der Landtag bei konkurrierenden Gesetzentwürfen seinen Entwurf mit zum Volksentscheid zu stellen. Mit der Verfassungsänderung vom 07.04.1999 wurde an diesem Verfahren festgehalten. Darüber hinaus wurde der Landtagspräsident verpflichtet, die Gesetzentwürfe und Vorlagen zu veröffentlichen.

2. Das Budgetrecht des Landesparlamentes wird nicht beeinträchtigt, wenn der Haushaltsvorbehalt auf den Haushaltsplan und das Haushaltsgesetz beschränkt bleibt. Die von der Mehrheit aus dem Budgetrecht des Parlamentes gewonnene weite Interpretation und Anwendung des Haushaltsvorbehaltes enthält zudem keinen hinreichend bestimmten verfassungsrechtlichen Maßstab, an dem der Volksgesetzgeber sein Handeln ausrichten kann. Das in der Mehrheitsentscheidung angewandte Kriterium des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Volksinitiative und der Entscheidung des Parlaments, aus dem die Unzulässigkeit der Volksinitiative hergeleitet wird, führt letztlich dazu, daß der parlamentarische Gesetzgeber dem Volksgesetzgeber seine verfassungsrechtliche Gesetzgebungskompetenz verfassungswidrig entzieht.

a) Da bereits die systematische Auslegung des Art. 76 Abs. 2 LV zu einem eindeutigen Ergebnis führt, ist die teleologische Abgrenzung der Reichweite des Haushaltsvorbehaltes, wie die Mehrheit sie vornimmt, nicht mehr erforderlich. Auch folgt aus dem Zweck des Haushaltsvorbehalts, die Budgethoheit des Landtages zu sichern, nicht, daß der Haushaltsvorbehalt alle finanzwirksamen Regelungen erfaßt.

aa) Die Parlamentshoheit, über das Budget zu beschließen, ist lediglich eine formelle Gesetzgebungskompetenz. Es ist unbestritten, daß die durch materielles Recht begründeten finanzwirksamen Ansprüche die parlamentarische Entscheidung über das Budget vorprägen. Die vom materiellen Gesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenzordnung geschaffenen finanzwirksamen Ansprüche werden deshalb in die Haushaltsentscheidung eingestellt (vgl. dazu Maunz, in Maunz–Dürig, Grundgesetzkommentar, Art. 110, Rdn. 13). Der Landtag kann nicht im Rahmen seiner Budgethoheit materiellrechtlich begründete finanzwirksame Ansprüche verändern. Nur im Rahmen seiner eigenen verfassungsrechtlichen materiellrechtlichen Kompetenzen kann er materiellrechtliche Ansprüche gesetzlich neu regeln. Bis auf die Ausnahmen in Art. 76 Abs. 2 LV hat er dabei nach Art 76 Abs.1 dieselben Kompetenzen wie der Volksgesetzgeber. Aus der Budgethoheit des Landtages, als einem Recht des Parlamentes gegenüber der Exekutive, folgt deshalb kein Recht zum Kompetenzentzug gegenüber dem Volksgesetzgeber.

Hier verkürzt der parlamentarische Gesetzgeber aus Motiven der Haushaltskonsolidierung unter anderem materiellrechtliche Ansprüche im Kindertagesstättengesetz, ohne daß damit eine Änderung des Haushaltsplanes und das Haushaltsgesetzes verbunden wäre. Die Mehrheit sieht fälschlicherweise bereits im haushaltspolitischen Motiv des parlamentarischen Gesetzgebers eine Inanspruchnahme der Budgethoheit des Parlaments. Tatsächlich aber nimmt der parlamentarische Gesetzgeber hier eine ihm zustehende materiellrechtliche Kompetenz, die in gleicher Weise der Volksgesetzgeber hat, wahr. Die weite Interpretation des Haushaltsvorbehaltes unter Berufung auf das parlamentarische Budgetrecht entzieht dem Volksgesetzgeber eine verfassungsrechtliche Kompetenz und begründet einen weitgehenden Vorrang des parlamentarischen Gesetzgebers gegenüber dem Volksgesetzgeber, der den Verfassungsgrundsatz der Gleichrangigkeit beider Gesetzgeber verletzt. Nur noch der parlamentarische Gesetzgeber hätte dann materiellrechtliche Kompetenzen, die finanzwirksame Ansprüche begründen.

bb) So geben denn auch die Länder Baden-Württemberg, Bremen und Hessen, die den Haushaltsvorbehalt auf den Haushaltsplan bzw. das Staatshaushaltsgesetz beschränken, die Budgethoheit des Parlaments nicht auf. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die Mehrheitsmeinung nicht überzeugen.

b) Die Mehrheit hält zwar nicht alle Initiativen für unzulässig, die finanzwirksam sind, sondern nur solche, die zu gewichtigen staatlichen Ausgaben (oder Minderausgaben) führen und sich unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Haushalts und der weitere Umstände des Falles als eine wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Landtags darstellen. Sie bestimmt aber keinen nachvollziehbaren Maßstab für die Grenzziehung zwischen zulässigen und unzulässigen Initiativen.

aa) Anders als das Bundesverfassungsgericht, das im Beschluß des Zweiten Senats vom 3.7.2000 (2 BvK 3/98, BVerfGE 102, 176 ff.) eine Volksinitiative unter Berücksichtigung der schwierigen Haushaltslage des Landes Schleswig-Holstein erst ab einem bestimmten Prozentsatz des Gesamthaushalts für unzulässig hält, findet sich in der in dieser Sache vorliegenden Mehrheitsentscheidung hierzu keine konkrete Angabe. Dennoch kommt die Mehrheit zu dem nicht nachvollziehbaren Schluß, der von den Antragstellern angestrebte erweiterte Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in einer wohnortnahen Kindertagesstätte würde gewichtige staatliche Ausgaben auslösen. Daß es sich bei Mehraufwendungen in der Größenordnung von – nach den Angaben des Landtages und der Landesregierung – ca. 34 Mio. DM im Jahr 2001 und jeweils ca. 48 Mio DM für die folgenden Jahre bei einem Haushaltsvolumen von ca. 19 Milliarden DM, also weniger als 0,5 v.H. des Etats, bereits um gewichtige staatliche Ausgaben handelt, ist nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, daß sich die genannten Beträge weiter reduzieren dürften, da der Landeshaushalt bei einem Erfolg der Volksinitiative nur mittelbar betroffen wäre. Das in der Landesverfassung vorgegebene Konnexitätsprinzip erfordert nicht, dass das Land zu 100% einen finanziellen Ausgleich für die betroffenen Kommunen zu schaffen hat. Der Ausgleich muß lediglich angemessen sein.

Darüber hinaus greifen die auf den ersten Blick einleuchtenden, wenngleich von der Antragstellerin bestrittenen Berechnungen der Verfahrensbeteiligten zu kurz. Der Rechtsanspruch, um den es in der Volksinitiative geht, dürfte langfristig gesehen auch zu Einnahmen und Minderausgaben auf anderen Gebieten führen, die in keiner der dem Gericht vorgelegten Berechnungen Berücksichtigung gefunden haben. Es liegt auf der Hand, daß die beschäftigungs- und bildungspolitischen Folgen des mit der Volksinitiative verfolgten Rechtsanspruchs zweifelsohne auch positive Auswirkungen auf die Einnahmen- und Ausgabensituation des Landes haben dürften.

bb) Auch das Argument, das Gesamtgefüge des Haushalts könne möglicherweise bei einem Erfolg des Volksinitiative gestört sein, überzeugt nicht. Schließlich gerät das Gesamtgefüge des Haushalts auch nicht aus dem Gleichgewicht, wenn gemäß § 6 Haushaltsgesetz 2000/2001 i. V. m. § 37 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung über- und außerplanmäßige Ausgaben bis zu einer Größenordnung von jeweils 15 Mio DM nur der Einwilligung des Ministeriums der Finanzen, nicht aber des Parlaments bedürfen. Nach den in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragstellerin beliefen sich diese Ausgaben allein im Haushaltsjahr 2000 auf rund 135 Mio DM. In Anbetracht dieser Beträge erscheint es weder sachgerecht noch verhältnismäßig, bei der Volksinitiative einen Maßstab anzulegen, der weit unter dem Spielraum liegt, den der Haushaltsgesetzgeber der Landesregierung zugebilligt hat.

cc) Nachdem die Mehrheit zu dem überraschenden Schluß kommt, die Volksinitiative würde im Falle ihres Erfolgs zu gewichtigen staatlichen Ausgaben führen, sich aber hinsichtlich der Frage, ob dadurch das Gesamtgefüge des Haushalts gestört wäre, nicht festlegt, wird aus den weiteren Umständen des Falles auf eine wesentliche Beeinträchtigung des Budgetrechts des Landtags geschlossen.

Letztlich baut die Mehrheit hiermit – anders als das Bundesverfassungsgericht - eine zusätzliche Hürde auf. Ausschlaggebend dafür soll sein, dass ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Volksinitiative und dem Haushaltsstrukturgesetz 2000 vom 28.06.2000 besteht. Dabei soll selbst unerheblich sein, dass mit der Sammlung der Unterschriften zur Unterstützung des Volksinitiative bereits vor der Verabschiedung des Haushaltsstrukturgesetzes, das den Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten gegenüber der bis dahin bestehenden Gesetzeslage einschränkte, begonnen wurde. Dieser Logik folgend würden unter den Vorbehalt des Art. 76 Abs. 2 LV auch Initiativen zu einem noch nicht existenten Landeshaushalt fallen, der zudem in einem weiten Sinne verstanden wird.

Mit dem Kriterium des zeitlichen Zusammenhangs grenzt die Mehrheit die Gegenstände der Volksinitiative unzumutbar ein. Im Zweifel umfaßt dieses Kriterium den Zeitraum der Gesetzesdebatte, der Annahme und Durchführung des Gesetzes, der parlamentarischen Diskussion von erforderlich werdenden Gesetzesänderungen, ihrer Annahme sowie Durchführung. Damit wäre dieser Gegenstand der Gesetzgebung der Volksinitiative auf Dauer entzogen.

dd) Bezogen auf die Volksinitiative zum Kindertagesstättengesetz folgt aus der Logik der Mehrheitsmeinung, wonach in der mit Haushaltsstrukturgesetz beschlossenen Änderung des Kindertagesstättengesetzes eine haushaltspolitische Grundentscheidung im Sinne des Art. 76 Abs. 2 LV zu sehen ist, daß jede künftige Volksinitiative, die auf dessen Änderung gerichtet ist, unzulässig wäre. Dieser Zusammenhang könnte dann – entgegen der Mehrheitsmeinung - auch nicht durch Zeitablauf oder eine veränderte Sach- oder Finanzlage des Landes aufgehoben werden, weil jedenfalls der enge sachliche Zusammenhang bei einer solchen haushaltspolitischen Grundentscheidung, solange diese in Kraft ist, fortgilt. Was eine geänderte Sachlage ist, die eine Volksinitiative zum selben Gegenstand erlaubt, bleibt in der Mehrheitsentscheidung unbestimmt.

Gegenstand einer künftigen Volksinitiative könnte nur noch das wesentlich schwächere Recht sein, dem Landtag den Gegenstand „Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten“ der politischen Willensbildung zu unterbreiten. Die plebiszitäre Gesetzgebungskompetenz ist damit von Anbeginn und auf Dauer verfassungswidrig entzogen.

ee) Das hier angewendete Kriterium für die Unzulässigkeit der Volksinitiative kann künftig bei jeder Volksinitiative wegen des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit einem laufenden finanzwirksamen Gesetzgebungsverfahren zur Anwendung kommen. Es läge in der Hand der Landesregierung und aller anderen Inhaber des Gesetzgebungsinitiativrechts, durch Einbringung eines eigenen Gesetzesentwurfs zum selben finanzwirksamen Gegenstand eine Volksinitiative unzulässig werden zu lassen.