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VerfGBbg, Beschluss vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 191/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 47 Abs. 1 Satz 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Beschwerdefrist
- Anhörungsrüge
- fehlendes Rechtsschutzinteresse
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 191/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 191/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

S.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt L.,

wegen           

Beschlüsse des Sozialgerichts Cottbus vom 21. September 2017 (S 30 SF 3905/17 E RG) und 9. August 2016 (S 30 SF 1780/16 E)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 20. Juli 2018

durch die Verfassungsrichter Nitsche, Dr. Becker, Dresen, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen Entscheidungen des Sozialgerichts Cottbus über eine Erinnerung und eine Anhörungsrüge im Verfahren zur Festsetzung seiner erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten.

I.

Der Beschwerdeführer führte beim Sozialgericht Cottbus ein Klageverfahren wegen der Erstattung von Kosten eines Vorverfahrens (S 42 AS 2753/13) gegen das Jobcenter Oberspreewald Lausitz (im Folgenden: Beklagter). Der Rechtsstreit endete durch ein Teilanerkenntnis. Die Beklagte erklärte sich bereit, ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers zu erstatten.

Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers beantragte am 21. April 2015 die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens in Höhe von insgesamt 1.095,99 Euro. Die Beklagte nahm zum Kostenfestsetzungsantrag in der Weise Stellung, dass insgesamt nur eine Summe von 142,90 Euro, davon ein Drittel, mithin insgesamt 47,60 Euro zu erstatten sei.

Mit ausführlich begründetem Beschluss vom 18. Mai 2016 setzte der Urkundsbeamte des Sozialgerichts die Kosten auf insgesamt 146,37 Euro fest. Dagegen legte der Beschwerdeführer am 6. Juni 2016 Erinnerung ein und lehnte zugleich den für die Erinnerungsentscheidung zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Richter werde vom Beklagten im Rahmen einer gewerblichen Nebentätigkeit für sog. Inhouse-Seminare zum Gebührenrecht bezahlt. Er sei somit nicht in der Lage, in Kostensachen unvoreingenommen zu entscheiden, weil er damit rechnen müsse, bei Entscheidungen gegen die Behörde von dieser keine Aufträge mehr zu erhalten. Zudem habe das Landessozialgericht in einem anderen Verfahren klargestellt, dass der abgelehnte Richter seine richterliche Unabhängigkeit offenbar mit blanker Willkür verwechsle und das geltende Prozessrecht wissentlich beuge.

Mit Beschluss des abgelehnten Richters vom 9. August 2016 verwarf das Sozialgericht Cottbus das Ablehnungsgesuch als unzulässig, es sei rechtsmissbräuchlich. Das Gesuch stelle auf Ablehnungsgründe ab, die wiederholt Gegenstand von Befangenheitsverfahren gewesen seien und bereits mehrfach durch verschiedene Kammern als unzureichender Grund für die Besorgnis einer Befangenheit eingestuft worden seien. Die Wiederholung gleicher Befangenheitsgründe, deren Unbeachtlichkeit bereits mehrfach festgestellt worden sei, werde nicht mehr vom Rechtsschutzbedürfnis gedeckt. Aufgrund der offensichtlichen Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs dürfe der abgelehnte Richter hierüber selbst entscheiden. Die dagegen gerichtete Beschwerde vom 14. November 2016 verwarf das Sozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 28. Dezember 2017 (L 26 SF 321/17 B AB).

Mit weiterem Beschluss des abgelehnten Richters vom 9. August 2016 wies das Sozialgericht Cottbus sodann die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurück. Die Gebühren seien im Ergebnis rechtmäßig festgesetzt worden, so dass darauf verwiesen werden könne. Die Beschlüsse vom 9. August 2016 wurden dem Bevollmächtigten dem Beschwerdeführer jeweils am 8. November 2016 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer am 14. November 2016 Anhörungsrüge. Dem Beschluss fehle die Begründung. Es sei nicht zu entnehmen, warum den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden könne.

Mit Beschluss vom 21. September 2017 verwarf das Sozialgericht die Anhörungsrüge als unzulässig. Der angegriffene Beschluss sei nicht bezeichnet worden. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 17. Oktober 2017 zugestellt.

II.

Mit der am 4. Dezember 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art.12 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 52 Abs. 1 und Abs. 4 LV.

Der Beschluss über die Verwerfung der Anhörungsrüge sei mit dem Grundrecht auf faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV) unvereinbar. Das Gericht überspanne die Anforderungen an die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung. Insoweit reiche die Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens. Das Gericht verhalte sich auch in keiner Weise dazu, welche Anforderungen nicht erfüllt seien.

III.

Das Sozialgericht Cottbus erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verfahrensakten S 42 AS 2753/13, S 30 SF 1780/16 E, S 30 SF 1811/16 AB, S 30 SF 3905/17 E RG und L 26 SF 321/17 B AB wurden beigezogen.

C.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

I.

1. In Bezug auf den Beschluss des Sozialgerichts über die Erinnerung vom 9. August 2016 (S 30 SF 686/15 E) ist die Verfassungsbeschwerde außerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 47 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) erhoben worden.

Die Frist konnte auch durch die Erhebung der Anhörungsrüge vom 14. November 2016 nicht hinausgeschoben werden, denn diese war offensichtlich unzulässig und gehört deshalb nicht zum Rechtsweg (vgl. Beschluss vom 16. August 2013 - VfGBbg 24/13 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG NJW 2014, 991, 992; BVerfGK 11, 203, 205 f). Mit ihr trägt der Beschwerdeführer weder substantiiert einen Sachverhalt vor, der dem Grundrecht auf rechtliches Gehör unterfällt, denn dieses schützt den Beschwerdeführer nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden (womöglich auch unzutreffenden) Rechtsauffassung gelangt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 2/16 - und vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 7/17 -, www. verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. Nachw.), noch dient die Anhörungsrüge dazu, dass Gericht zu einer wiederholenden Darstellung seiner Entscheidungsgründe zu veranlassen (vgl. Beschluss vom 15. September 2017 - VfGBbg 46/17 -, www. verfassungsgericht.brandenburg.de). Insoweit geht die Verfassungsbeschwerde unzutreffend davon aus, dass durch die vom Sozialgericht vorgenommene Verweisung auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung entsprechend § 136 Abs. 3 SGG keine Begründung erfolgt ist. Es kommt hinzu, dass mit der Beschwerdeschrift zu einem möglichen Verstoß gegen Grundrechte durch den Beschluss im Erinnerungsverfahren nichts vorgetragen ist, so dass die Verfassungsbeschwerde im Hinblick darauf auch nicht den sich aus § 20 Abs. 1, § 46 VerfGGBbg ergebenden Anforderungen an die Begründung entspricht.

2. Auch die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss im Anhörungsrügeverfahren (S 30 SF 3736/17 E RG) ist unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gerichtliche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentscheidung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer  zusätzlichen verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 24/16 -, vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 39/15 -, vom 12. Dezember 2014 - VfGBbg 23/14 - und vom 15. Juli 2011 - VfGBbg 10/11 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

Dass vorliegend ein Ausnahmefall einer eigenständigen, in der Zurückweisung der Anhörungsrüge liegenden verfassungsrechtlich erheblichen Beschwer gegeben ist (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 119, 292, 295; NJW 2008, 2635; BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 2014 - 2 BvR 683/12 -, juris Rn. 23), ist nicht ersichtlich. Es fehlt wegen der offensichtlichen Unzulässigkeit der am 14. November 2016 erhobenen Anhörungsrüge bereits an einem Beruhen der Entscheidung des Sozialgerichts auf dem geltend gemachten Grundrechtsverstoß, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob das Sozialgericht mit der Verwerfung der Anhörungsrüge wegen einer vermeintlich unzureichenden Benennung des angegriffenen Beschlusses das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz des Beschwerdeführers verletzt hat.

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Nitsche Dr. Becker
   
Dresen Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt