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VerfGBbg, Beschluss vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 155/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 47 Abs. 1 Satz 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- unzureichende Begründung
- Beschwerdefrist
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 155/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 155/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

B.

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt L.

wegen           

Beschlüsse des Sozialgerichts Cottbus vom 21. März 2017  (S 30 SF 3736/17 E RG) und vom 29. Juli 2016 (S 30 SF 1741/16 E)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 20. Juli 2018

durch die Verfassungsrichter Nitsche, Dr. Becker, Dresen, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

 

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen Entscheidungen des Sozialgerichts Cottbus über ein eine Erinnerung und eine Anhörungsrüge im Verfahren zur Festsetzung seiner erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten.

I.

Der Beschwerdeführer führte beim Sozialgericht Cottbus ein Untätigkeitsklageverfahren (S 40 AS 1254/13) gegen das Jobcenter Oberspreewald Lausitz (im Folgenden: Beklagter). Nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, den begehrten Widerspruchsbescheid erlassen zu haben, gab der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers am 18. November 2013 eine prozessbeendende Erklärung ab und beantragte die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens in Höhe von insgesamt 362,95 Euro. Die Beklagte nahm zum Kostenfestsetzungsantrag in der Weise Stellung, dass insgesamt nur eine Summe von 57,12 Euro zu erstatten sei.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2016 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts die Kosten auf insgesamt 57,12 Euro fest. Dagegen legte der Beschwerdeführer am 6. Juni 2016 Erinnerung ein und lehnte zugleich den für die Erinnerung zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Richter werde vom Beklagten im Rahmen einer gewerblichen Nebentätigkeit für sog. Inhouse-Seminare zum Gebührenrecht bezahlt. Er sei somit nicht in der Lage, in Kostensachen unvoreingenommen zu entscheiden, weil er damit rechnen müsse, bei Entscheidungen gegen die Behörde von dieser keine Aufträge mehr zu erhalten. Zudem habe das Landessozialgericht in einem anderen Verfahren klargestellt, dass der abgelehnte Richter seine richterliche Unabhängigkeit offenbar mit blanker Willkür verwechsle und das geltende Prozessrecht wissentlich beuge.

Mit Beschluss des abgelehnten Richters vom 29. Juli 2016 verwarf das Sozialgericht Cottbus das Ablehnungsgesuch als unzulässig, es sei rechtsmissbräuchlich. Das Gesuch stelle auf Ablehnungsgründe ab, die wiederholt Gegenstand von Befangenheitsverfahren gewesen seien und bereits mehrfach durch verschiedene Kammern als unzureichender Grund für die Besorgnis einer Befangenheit eingestuft worden seien. Die Wiederholung gleicher Befangenheitsgründe, deren Unbeachtlichkeit bereits mehrfach festgestellt worden sei, werde nicht mehr vom Rechtsschutzbedürfnis gedeckt. Aufgrund der offensichtlichen Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs dürfe der abgelehnte Richter hierüber selbst entscheiden.

Mit weiterem Beschluss des abgelehnten Richters vom gleichen Tag wies das Sozialgericht Cottbus sodann die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurück. Unter Verweis auf die zutreffenden Ausführungen der Kostenbeamtin im angegriffenen Beschluss seien die Gebühren im Ergebnis rechtmäßig festgesetzt worden.

Am 17. Oktober 2016 legte der Beschwerdeführer gegen den Beschluss betreffend die Ablehnung Beschwerde ein und erhob zugleich Anhörungsrüge gegen den Beschluss über die Erinnerung.

Mit Beschluss vom 21. März 2017 verwarf das Sozialgericht die Anhörungsrüge als unzulässig. Der angegriffene Beschluss sei nicht eindeutig bezeichnet worden. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 26. September 2017 zugestellt. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2017 verwarf das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Beschwerde gegen den Beschluss betreffend die Befangenheit als unzulässig. Der Senat habe zwar Bedenken gegen die Entscheidung des Sozialgerichts, gleichwohl sei das Rechtsmittel unstatthaft, da § 172 Abs. 2 SGG ausdrücklich regele, dass Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde anfechtbar seien.

II.

Mit der am 27. November 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art.12 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 52 Abs. 1 und Abs. 4 LV.

Der Beschluss über die Verwerfung der Anhörungsrüge sei mit dem Grundrecht auf faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV) unvereinbar. Das Gericht überspanne die Anforderungen an die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung. Insoweit reiche die Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens. Das Gericht verhalte sich auch in keiner Weise dazu, welche Anforderungen nicht erfüllt seien.

III.

Das Sozialgericht Cottbus erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verfahrensakten S 40 AS 1254/13, S 30 SF 3736/17 E RG und S 30 SF 1741/16 E wurden beigezogen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

I.

Sowohl in Bezug auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 21. März 2017 (S 30 SF 3736/17 E RG) als auch den Beschluss des Sozialgerichts vom 29. Juli 2016 (S 30 SF 1741/16 E) entspricht die Verfassungsbeschwerde nicht den sich aus § 20 Abs. 1, § 46 VerfGGBbg ergebenden Anforderungen an die Begründung.

Notwendig ist danach eine Begründung, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss somit umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (vgl. Beschlüsse vom 21. November 2014 - VfGBbg 15/14 -, vom 25. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 - und vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfGE 130, 1, 21 m. w. Nachw.). Diese Anforderungen müssen bezüglich jeder der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Maßnahmen der hoheitlichen Gewalt jeweils gesondert erfüllt sein.

1. Daran fehlt es in Bezug auf die Beschlüsse des Sozialgerichts vom 29. Juli 2016 (S 30 SF 1741/16 E) schon deshalb, weil die Beschwerdeschrift zur Begründung allein auf einen vermeintlichen Verstoß gegen das Grundrecht auf faires Verfahren durch die Verwerfung der Anhörungsrüge mit Beschluss des Sozialgerichts vom 21. März 2017 (S 30 SF 3736/17 E RG) Bezug nimmt. Inhaltliche Ausführungen zu den Beschlüssen im Ablehnungs- und Erinnerungsverfahren fehlen völlig, ebenso legt die Beschwerdeschrift nicht dar, aus welchen Gründen diese Beschlüsse gegen die ebenfalls gerügten Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 3 LV verstoßen sollen, so dass es nicht mehr darauf ankommt, dass der Beschwerdeführer die der Beschwerdeschrift ursprünglich nicht beigefügten Beschlüsse noch am 5. Dezember 2017, damit allerdings außerhalb der Beschwerdefrist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg vorgelegt hat.

2. Auch in Bezug auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 21. März 2016 (S 30 SF 1741/16 E) genügt die Verfassungsbeschwerde dem Begründungserfordernis nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts gilt die Frist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg nicht nur für die Einlegung, sondern auch für die Begründung der Verfassungsbeschwerde (vgl. Beschlüsse vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 39/12 -, vom 16. Dezember 2016 - VfGBbg 14/16 - und vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 32/16 -, www. verfassungsgericht.brandenburg.de). Dem Verfassungsgericht müssen bei Ablauf der Beschwerdefrist alle Unterlagen vorliegen, die für eine Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit der Verfassungsbeschwerde erforderlich sind. Eine nach Fristablauf eingehende (weitere) Begründung kann daher nur Berücksichtigung finden, soweit sie sich als Ergänzung oder Vertiefung zu einem Vortrag darstellt, der seinerseits den Anforderungen der § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg entspricht (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2012 - VfGBbg 67/11, VfGBbg 8/11 EA -, www.verfasssungsgericht.brandenburg.de). Nach Fristablauf erfolgende Begründungen oder beim Verfassungsgericht eingereichte Unterlagen können eine ursprünglich mangels ausreichender Begründung unzulässige Verfassungsbeschwerde nicht mehr zulässig machen. Der am letzten Tag der Beschwerdefrist eingereichten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer weder den angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts zur Verwerfung der Anhörungsrüge noch das insoweit maßgebliche Anhörungsschreiben vom 17. Oktober 2016 beigefügt. Zwar enthält die Beschwerdeschrift eine noch ausreichende Darlegung des Inhalts des angegriffenen Beschlusses, allerdings ist das Verfassungsgericht ohne Kenntnis des Inhalts der Anhörungsrüge daran gehindert zu prüfen, ob die Verwerfung der Anhörungsrüge als unzulässig aufgrund einer vermeintlich unzureichenden Bezeichnung des jeweiligen Beschlusses unter Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers zustande gekommen ist. Insoweit hätte es zumindest der umrisshaften Wiedergabe der vom Beschwerdeführer konkret gewählten Formulierung bedurft. Da es an einer solchen fehlt, konnte auch die außerhalb der Beschwerdefrist eingegangen Abschrift dieses Schriftstückes den Begründungsmangel nicht mehr beseitigen.

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Nitsche Dr. Becker
   
Dresen Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt