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VerfGBbg, Beschluss vom 20. April 2006 - VfGBbg 74/05 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 41 Abs. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
- VwGO, § 152a
Schlagworte: - Beschwerdebefugnis
- Rechtswegerschöpfung
- rechtliches Gehör
- Eigentum
- Gleichheitsgrundsatz
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 20. April 2006 - VfGBbg 74/05 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 74/05



IM NAMEN DES VOLKES

B E S C H L U S S
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

L. und H. B.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S.,

gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichtes Frankfurt (Oder) vom 26. Juli 2005 ... und den Beschluß des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2005

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Will

am 20. April 2006

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

G r ü n d e :

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen, nachdem die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04. Januar 2006 - zugestellt am 16. Januar 2006 - auf Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden sind und diese Bedenken nicht, auch nicht durch ihr Schreiben vom 01. Februar 2006, ausgeräumt haben.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Rechtsweg nicht erschöpft ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg). Insoweit wird auf das Hinweisschreiben des Gerichtes verwiesen. Das Unterlassen der Einlegung des Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge (§ 152 a Verwaltungsgerichtsordnung) hat - würde sich das Gericht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluß vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -) anschließen - nicht nur zur Folge, daß die Verfassungsbeschwerde in Bezug auf die behauptete Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 2. Alt. Verfassung des Landes Brandenburg - LV - ) unzulässig ist. Vielmehr wäre die Verfassungsbeschwerde insgesamt, also auch mit Blick auf die von den Beschwerdeführern gerügten weiteren Verstöße gegen ihre Rechte aus der Landesverfassung unzulässig.

2.  Selbst wenn sich das Verfassungsgericht nicht dem Bundesverfassungsgericht anschließen würde, wäre die Verfassungsbeschwerde jedoch auch aus anderen Gründen mangels Beschwerdebefugnis unzulässig. Auf das Hinweisschreiben des Gerichtes wird verwiesen.

Aus dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführer ist nicht ersichtlich, daß das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg insbesondere die Rechte der Beschwerdeführer aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 1, Art. 41 Abs. 1, Art. 39 Abs. 2, Art. 12 Landesverfassung Brandenburg - LV - verkannt oder unberücksichtigt gelassen haben.

Soweit der Anschluß- und Benutzungszwang für die Trinkwasserversorgung im konkreten Fall der Beschwerdeführer von den Fachgerichten als eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums beurteilt wird (vgl. nur BVerwG, VerwRspr 27, 481), ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Fachgerichte haben die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einer Selbstversorgung mit Trinkwasser insbesondere mit dem öffentlichen Interesse an der Volksgesundheit und dem Brandschutz abgewogen und den letzteren das höhere Gewicht beigemessen. Besonderen Ausnahmefällen, in denen die Ausübung des Anschluß- und Benutzungszwanges insbesondere mit Blick auf das Grundrecht auf Eigentum zu unbilligen Härten führen würde, dürfte durch die auch in der Wasserversorgungssatzung vorgesehene Möglichkeit der Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang hinreichend Rechnung getragen werden können.

Der Anspruch der Beschwerdeführer auf Gleichheit vor Gericht (Art. 52 Abs. 3 Alt 1 LV) ist ebenfalls nicht verletzt. Ihren Einwand, die Qualität des Trinkwassers aus ihrem Brunnen sei besser als die des von der zentralen Wasserversorgung gelieferten Wassers, haben die Fachgerichte berücksichtigt, indem sie in nicht zu beanstandender Weise davon ausgingen, daß auch eine solche Sachlage dem Anschluß- und Benutzungszwang nicht entgegenstehe, solange die Qualität des Trinkwassers aus der öffentlichen Versorgungsanlage dauerhaft den Qualitätsbestimmungen genüge. Auf genauere Werte und hierfür nach Ansicht der Beschwerdeführer zu hohe Beweislastanforderungen kam es nicht entscheidungserheblich an, zumal sie weder geltend gemacht noch substantiiert dargelegt hatten, das aus der öffentlichen Trinkwasseranlage zu beziehende Wasser genüge den geltenden Qualitätsanforderungen nicht.

Soweit die Fachgerichte vor diesem Hintergrund die Anschlußpflicht als zulässige Einschränkung der Handlungsfreiheit betrachten, erscheint diese Beurteilung nicht willkürlich und ist hierin kein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 10 LV) zu erkennen.

3. Dafür, daß das Gericht vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung absehen kann, ergeben sich auch anhand des Vorbringens der Beschwerdeführer in ihrem Schreiben vom 01. Februar 2006 keine Anhaltspunkte (§ 45 Abs. 2 VerfGGBbg). Zum einen ist die Verfassungsbeschwerde nicht von allgemeiner Bedeutung. Daß den Beschwerdeführern schwere und unabwendbare Nachteile entstünden, wenn sie zunächst das Verfahren der Anhörungsrüge vor den Fachgerichten durchlaufen müßten, wurde weder geltend gemacht noch ist es sonst ersichtlich. Der pauschale Vortrag der Beschwerdeführer, die Anhörungsrüge sei nur eine nutzlose und kostenträchtige Förmelei, da die Fachgerichte zu erkennen gegeben hätten, nicht gewillt zu seien, sich den Argumenten der Beschwerdeführer anzuschließen, gibt auch nichts dafür her, daß aufgrund einer gefestigten jüngeren und einheitlich höchstrichterlichen Rechtsprechung im konkreten Einzelfall mit keiner abweichenden Entscheidung zu rechnen ist.

4.  Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob das erkennende Gericht befugt ist, über Entscheidungen des gemeinsamen Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zu befinden. Zweifel können insofern bestehen, als ein gemeinsames Gericht der Länder Berlin und Brandenburg nicht als öffentliche Gewalt des Landes Brandenburg (vgl. § 45 Abs. 1 VerfGGBbg) anzusehen sein könnte (vgl. Finkelnburg in Festschrift für Driehaus, S. 458 ff.).

Der Beschluß ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 
Weisberg-Schwarz Prof. Dr. Dombert
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
   
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
   
Prof. Dr. Will