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VerfGBbg, Urteil vom 20. März 2003 - VfGBbg 54/01 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 2 Abs. 5; LV, Art. 97
- VerfGGBbg, § 41 Satz 2
- GG, Art. 72; GG, Art. 74 Abs. 1 Nr. 7; GG, Art. 84 Abs. 1; GG, Art. 100 Abs. 1
- SGB VIII, § 3 Abs. 2 Satz 2; SGB VIII, § 24; SGB VIII, § 69; SGB VIII, § 79;
  SGB VIII, § 85
- KitaG, § 12; KitaG, § 16; KitaG, § 16a; KitaG, § 18
Schlagworte: - Gesetzgebungskompetenz
- Rechtsstaatsprinzip
- Tenor
- Bundesrecht
- Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts
- Sondervotum
amtlicher Leitsatz: 1. Die Änderungen des brandenburgischen Kindertagesstättengesetzes, denen zufolge die kreisangehörigen Gemeinden für den Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz einzustehen sowie für ein bedarfsgerechtes Angebot an Kita-Plätzen zu sorgen haben, laufen unter Mitberücksichtigung der Folgeregelungen der Sache nach auf eine teilweise Übertragung der Trägerschaft für Jugendhilfeaufgaben, nämlich für die Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen, hinaus. Die betreffenden Regelungen sind in dieser Ausgestaltung von der Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht gedeckt. Zu demselben Ergebnis führt, daß sich der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz der Sache nach zufolge § 3 Abs. 2 i.V.m. § 24 SGB VIII gegen die Landkreise (und kreisfreien Städte) richtet. Auch von daher war es dem Landesgesetzgeber verwehrt, die kreisangehörigen Gemeinden diesem Anspruch auszusetzen.

2. „Trägerschaft“ (hier: i.S.d. Achten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VIII -) wird wesentlich durch das rechtliche Einstehenmüssen nach außen geprägt.
Fundstellen: - GVBl I 2003, 159 (nur Entscheidungsformel)
- Mitt StGB 2003, 235
- DVBl 2003, 938
- LKV 2003, 372
- LVerfGE 14, 146
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 20. März 2003 - VfGBbg 54/01 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 54/01



IM NAMEN DES VOLKES
U R T E I L

In den kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren

1. der Stadt Uebigau-Wahrenbrück,
vertreten durch den Bürgermeister,
Markt 11, 04938 Uebigau,

Beschwerdeführerin zu 1.,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S.,

2. der Gemeinde Nuthe-Urstromtal,
vertreten durch den Bürgermeister,
Frankenfelder Str. 10, 14947 Nuthe-Urstromtal,

Beschwerdeführerin zu 2.,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. und E.,

betreffend Art. 3 Nr. 3 und 4 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 - HStrG 2000) vom 28. Juni 2000 (GVBl. I S. 90), Art. 1 Nr. 10, 14, 15 und 17 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes (2. KitaÄndG) vom 07. Juli 2000 (GVBl. I S. 106) und Art. 2 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2002 - HStrG 2002) vom 18. Dezember 2001 (GVBl. I S. 316)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Prof. Dr.Dombert,
Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof. Dr. Will

auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2003

für R e c h t erkannt:

1. Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 - HStrG 2000) vom 28. Juni 2000 (GVBl. I S. 90) und Art. 1 Nr. 10 a) des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes (2. KitaÄndG) vom 07. Juli 2000 (GVBl. I S. 106) - betreffend § 12 Abs. 1 KitaG - sowie Art. 1 Nr. 10 c) Satz 1 und 2 und Nr. 10 d) 2. KitaÄndG - betreffend § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 und Abs. 4 KitaG - und Art. 1 Nr. 14 2. KitaÄndG - soweit § 16 Abs. 4 KitaG betreffend - sind wegen Verletzung der Beschwerdeführerinnen zu 1. und 2. in ihrem Recht auf Selbstverwaltung mit der Landesverfassung unvereinbar.

2. Weiter sind Art. 3 Nr. 4 HStrG 2000 und Art. 1 Nr. 14 2. KitaÄndG - soweit § 16 Abs. 1 bis 3 und 5 KitaG betreffend - sowie Art. 1 Nr. 15 2. KitaÄndG und Art. 2 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2002 - HStrG 2002) vom 18. Dezember 2001 (GVBl. I S. 316) - betreffend § 16a KitaG - und Art. 1 Nr. 17 2. KitaÄndG - betreffend § 18 KitaG - wegen Verletzung der Beschwerdeführerin zu 2. in ihrem Recht auf Selbstverwaltung mit der Landesverfassung unvereinbar.

3. Die als unvereinbar mit der Landesverfassung festgestellten Regelungen bleiben bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 in Geltung.

4. Das Land Brandenburg hat den Beschwerdeführerinnen die in dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen Änderungen des Zweiten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - Kindertagesstättengesetz (KitaG) vom 10. Juni 1992 (GVBl. I S. 178), denen zufolge sich der Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in einer Kindertagesstätte gegen die Gemeinden richtet und den Gemeinden die Verpflichtung zur Bereitstellung von Plätzen für die Kindertagesbetreuung und zu finanziellen Zuschüssen auferlegt wird.

I.

Durch das Gesetz zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 – HStrG 2000) vom 28. Juni 2000 (GVBl. I S. 90) wurde der in § 1 KitaG verankerte Rechtsanspruch wie folgt neu gefaßt:

§ 1
Rechtsanspruch

(1) Die Kindertagesbetreuung gewährleistet die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dient dem Wohl und der Entwicklung der Kinder.

(2) Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zur Versetzung in die fünfte Schuljahrgangsstufe haben einen Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung in Kindertagesstätten. Kinder bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr und Kinder der fünften und sechsten Schuljahrgangsstufe haben einen Rechtsanspruch, wenn ihre familiäre Situation, insbesondere die Erwerbstätigkeit, die häusliche Abwesenheit wegen Erwerbssuche, die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf Tagesbetreuung erforderlich macht.

(3) Der Anspruch nach Absatz 2 ist für Kinder im Alter bis zur Einschulung mit einer Mindestbetreuungszeit von sechs Stunden und für Kinder im Grundschulalter mit einer Mindestbetreuungszeit von vier Stunden erfüllt. Längere Betreuungszeiten sind zu gewährleisten, wenn die familiäre Situation des Kindes, insbesondere die Erwerbstätigkeit, die häusliche Abwesenheit wegen Erwerbssuche, die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf, dies erforderlich macht. Für Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres kann der Anspruch vorrangig durch Tagespflege erfüllt werden.

Der Anspruch nach § 1 KitaG richtete sich gemäß § 12 Abs. 1 KitaG a.F. gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und somit - gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) - gegen die Kreise und kreisfreien Städte. Durch Art. 3 Nr. 3 HStrG 2000 wurde § 12 Abs. 1 KitaG neu gefaßt. Weiter wurde durch Art. 1 Nr. 10 a) des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes (2. KitaÄndG) vom 07. Juli 2000 (GVBl. I S. 106) § 12 Abs. 1 Satz 4 KitaG angefügt. Zugleich wurde durch Art. 1 Nr. 10 c) und d) 2. KitaÄndG § 12 Abs. 3 und 4 KitaG neu gefaßt. § 12 KitaG lautet nun:

§ 12
Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebots

(1) Der Anspruch nach § 1 richtet sich gegen die Gemeinde, in der das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist die Gemeinde eine amtsangehörige Gemeinde, richtet sich, wenn mehrere Gemeinden des Amtes die Aufgabe auf das Amt übertragen haben, der Anspruch nicht mehr gegen diese Gemeinden, sondern gegen das Amt. Die Gemeinde oder das Amt (Leistungsverpflichteter) ist verpflichtet, für ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen, Tagespflege oder anderer geeigneter Form zu sorgen. Die Feststellung eines Anspruchs aufgrund eines besonderen Erziehungsbedarfs gemäß § 1 erfolgt im Benehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Zuständigkeitsbereich das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) ...

(3) Der Leistungsverpflichtete hat im Benehmen mit den Trägern der Einrichtungen die zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 1 erforderlichen Angebote rechtzeitig zu planen. Bei der Planung der Angebote sind die Erreichbarkeit der Einrichtung und das Wahlrecht nach § 5 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches zu beachten. Ein Minderheitenschutz ist zu gewährleisten. Träger und Personal der Einrichtung sind zur Toleranz und zum Respekt der unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Einstellungen der Kinder und ihrer Eltern verpflichtet. Bei Bedarf müssen Einrichtungen für alle Kinder unabhängig von ihrem religiösen und weltanschaulichen Hintergrund offen stehen, insbesondere dann, wenn nur eine Kindertagesstätte in erreichbarer Nähe ist.

(4) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe unterstützt die Leistungsverpflichteten bei ihrer Planung und berät die Leistungsverpflichteten, die Träger der Einrichtungen und die Fachkräfte der Kindertagesbetreuung in allen Fragen der Sicherstellung und Qualifizierung des bedarfsgerechten Angebotes. Unter Berücksichtigung der Planungen der Leistungsverpflichteten nimmt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe seine Planungsverantwortung gemäß § 80 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches im Benehmen mit den Leistungsverpflichteten und den Trägern der Einrichtungen wahr, stellt einen Bedarfsplan für die Kindertagesbetreuung auf und schreibt ihn fort. Einrichtungen sind in den Bedarfsplan aufzunehmen, wenn sie erforderlich sind und um dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern gemäß § 5 des Achten Buches des Sozialgesetzbuches zu entsprechen.

Außerdem wurde durch Art. 3 Nr. 4 HStrG 2000 § 16 KitaG geändert. Diese Änderungen traten gemäß Art. 22 HStrG 2000 am 01. Juli 2000 in Kraft. Die Neufassung des § 12 Abs. 1 KitaG trat gemäß Art. 22 HStrG 2000 hingegen am 01. Januar 2001 in Kraft. Durch Art. 1 Nr. 14 und 17 des 2. KitaÄndG wurden die §§ 16 und 18 KitaG wie folgt neu gefaßt:

§ 16
Finanzierung der Kindertagesbetreuungsangebote

(1) Die Kosten der Kindertagesbetreuung werden durch Eigenleistungen des Trägers, durch Elternbeiträge sowie durch Zuschüsse des Leistungsverpflichteten gedeckt. Zuschüsse und Zuweisungen an die Leistungsverpflichteten, die zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Angebotes dienen, sind zweckgebunden für die Kindertagesbetreuung zu verwenden. Das Land kann den Nachweis der zweckgebundenen Verwendung von den Leistungsverpflichteten verlangen. Örtlich zuständig für die Gewährung der Zuschüsse nach Absatz 2 ist der Leistungsverpflichtete, in dessen Zuständigkeitsbereich die Einrichtung gelegen ist. Erfolgt eine Unterbringung grundsätzlich oder in ihrem zeitlichen oder qualitativen Umfang aufgrund der §§ 27, 35a des Achten Buches des Sozialgesetzbuches oder der §§ 39, 40 des Bundessozialhilfegesetzes, so trägt der nach diesen Vorschriften Verpflichtete die hierdurch entstehenden Mehrkosten.

(2) Der Leistungsverpflichtete gewährt dem Träger der Kindertagesstätte einen Zuschuß pro belegtem Platz von mindestens 84 vom Hundert der Kosten des notwendigen pädagogischen Personals der Einrichtung, das erforderlich ist zur Sicherstellung der Leistungsverpflichtung gemäß § 1. Dieser Zuschuß wird nur gewährt für die Anzahl des tatsächlich beschäftigten pädagogischen Personals. Bemessungsgröße sind die Durchschnittssätze der jeweils gültigen Vergütungsregelung. Der Leistungsverpflichtete soll für den Träger einer nach dem Bedarfsplan gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 erforderlichen Einrichtung, der auch bei sparsamer Betriebsführung und nach Ausschöpfung aller zumutbaren Einnahmemöglichkeiten aus dem Betrieb der Einrichtung nicht in der Lage ist, die Einrichtung weiterzuführen, den Zuschuss erhöhen. Soweit einem Träger vor dem 1. Januar 2001 Grundstück und Gebäude zur Verfügung gestellt wurden und die Gemeinde hierfür die Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 des Kindertagesstättengesetzes vom 10. Juni 1992 (GVBl. I S. 178) in der Fassung des Gesetzes vom 17. Dezember 1996 (GVBl. I S. 358) getragen hat, sind diese Kosten weiterhin bis zum 31. Dezember 2001 von der Gemeinde zu tragen, auch wenn die Einrichtung nicht nach dem Bedarfsplan gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 erforderlich ist. Dies gilt nicht, wenn anders lautende vertragliche Regelungen bestehen oder die Einrichtung nicht mehr oder nicht mehr in diesem Umfang betrieben wird.

(3) Die Kosten einer Tagespflegestelle werden nach Maßgabe des § 18 durch den Leistungsverpflichteten getragen.

(4) Beanspruchen Kinder die Aufnahme in eine Einrichtung außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Leistungsverpflichteten, so hat dieser der aufnehmenden Gemeinde oder dem aufnehmenden Amt einen angemessenen Kostenausgleich zu gewähren.

(5) Das Land beteiligt sich an den Kosten der Kindertagesbetreuung. In den Jahren 2001 und 2002 stellt das Land jährlich zweckgebunden den Leistungsverpflichteten den Betrag von 252 000 000 Deutschen Mark zur Finanzierung der Kindertagesbetreuung zur Verfügung. In den Folgejahren wird dieser Betrag im Zwei-Jahres-Rhythmus der Kinderzahl und der Personalkostenentwicklung sowie dem Umfang des Tagesbetreuungsangebotes angepasst. Für die Verteilung dieses Betrages werden die Zahlen der Kinder im Alter bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres gemäß der amtlichen Statistik des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg zum Stichtag 31. Dezember des jeweils vorletzten Jahres angesetzt.

§ 18
Förderung der Tagespflege

(1) Wird eine geeignete Tagespflegeperson durch den Leistungsverpflichteten vermittelt und ist die Förderung des Kindes in Tagespflege für sein Wohl geeignet und erforderlich oder wird eine selbst organisierte Tagesbetreuung nachträglich als geeignet und erforderlich anerkannt, so übernimmt der Leistungsverpflichtete die entstehenden Aufwendungen einschließlich der Abgeltung des Erziehungsaufwandes.

(2) § 17 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Elternbeiträge und das Essengeld vom Leistungsverpflichteten festgesetzt und erhoben werden.

(3) Zwischen der Tagespflegeperson, den Personensorgeberechtigten und dem Leistungsverpflichteten sind jeweils die Rechte und Pflichten, die sich aus der Tagespflege ergeben, vertraglich zu regeln, insbesondere

1. die Erstattung der Aufwendungen, einschließlich der Abgeltung des Erziehungsaufwandes,

2. der Abschluss einer Unfall- und Haftpflichtversicherung für Schäden, die im Zusammenhang mit der Tagespflege eintreten können,

3. der Betreuungsumfang.

(4) Die Tagespflegepersonen sollen vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe fachlich beraten werden.

Das 2. KitaÄndG trat am 01. Januar 2001 in Kraft. § 16a KitaG, eingefügt durch Art. 1 Nr. 15 des 2. KitaÄndG, wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2002 - HStrG 2002) vom 18. Dezember 2001 (GVBl. I S. 316), in Kraft getreten am 01. Januar 2002, wie folgt neu gefaßt:

§ 16 a
Übergangsregelung zur Finanzierungsbeteiligung
des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe

Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe beteiligt sich an den Kosten der Kindertagesbetreuung durch einen Zuschuß an die Leistungsverpflichteten. Die Höhe dieses Zuschusses entspricht dem Betrag, der von dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Finanzierung der Kindertagesbetreuung im Jahr 1999 aufgewandt wurde. Die im Jahr 1999 von den Städten Eisenhüttenstadt und Schwedt als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Finanzierung der Kindertagesbetreuung aufgewendeten Beträge sind den jeweils zuständigen örtlichen Trägern der Jugendhilfe zuzurechnen. Für die Verteilung dieses Betrages werden die Zahlen der Kinder im Alter bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres gemäß der jeweils aktuellen amtlichen Statistik des Landesbetriebes für Datenverarbeitung und Statistik zum Stichtag 31. Dezember des jeweils vorletzten Jahres angesetzt. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann diesen Betrag abweichend von Satz 4 einsetzen, um seiner Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 1 der Landkreisordnung Rechnung zu tragen. Diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2003.

II.

1. Die Beschwerdeführerin zu 1. wendet sich mit ihrer am 03. November 2001 erhobenen Verfassungsbeschwerde gegen die Neufassung der §§ 12 Abs. 1 und 16 Abs. 4 KitaG. Sie unterhält derzeit zwei Kindertagesstätten. Sie macht geltend:

Eine Verletzung des durch Art. 97 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) gewährleisteten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung in Gestalt der Gebiets-, Finanz-, Planungs- und Personalhoheit ergebe sich schon daraus, daß sie mit der Errichtung und dem Betrieb von Kindertageseinrichtungen bisher eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe wahrgenommen habe, nun aber zur Bereitstellung von Kindertageseinrichtungen als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe gezwungen werde, womit ein höherer Verwaltungsaufwand und weitere Kosten verbunden seien. Im Jahre 2001 hätten 41 Kinder aus ihrem Gemeindegebiet Kindertagesstätten von Nachbargemeinden besucht. Sie habe hierfür rund 134.000 DM zu erstatten.

Dem Land Brandenburg fehle die Gesetzgebungskompetenz für die angegriffenen Regelungen. Der Landesrechtsvorbehalt in § 69 Abs. 5 Satz 4 SGB VIII decke nicht die Übertragung der Leistungsverpflichtung auf die Gemeinden in § 12 Abs. 1 KitaG. Die Kinder- und Jugendhilfe sei als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gem. Art. 71 Abs. 1 Nr. 7 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG mit der insoweit abschließenden Regelung in §§ 69, 79 SGB VIII einer landesgesetzlichen Regelung entzogen. Das Regel-Ausnahmeverhältnis der Aufgabenwahrnehmung werde verkehrt. Die bisher durch die Rechtsprechung entschiedenen Fälle seien nicht vergleichbar, da den Gemeinden dort - anders als hier - lediglich eine Mitwirkung bei der Sicherstellung der Betreuung in Kindertagesstätten abverlangt, nicht jedoch die Kindertagesbetreuung als Ganzes und in alleiniger Verantwortung übertragen werde. Auch für § 16 Abs. 4 KitaG fehle die Gesetzgebungskompetenz, da es sich um Folgeregelungen zu § 12 Abs. 1 KitaG handele.

Für die Übertragung der Betreuung in Kindertagesstätten auf die Gemeinden als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe seien hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls nicht zu erkennen. Im übrigen hätten die Gemeinden kaum Möglichkeiten, an der Bedarfsplanung mitzuwirken, so daß letztlich Planungsverantwortung und Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung auseinanderfielen. § 16 Abs. 4 KitaG führe dazu, daß eine Gemeinde auch dann, wenn sie für sämtliche Kinder der Gemeinde Kindertagesplätze vorhalte, Kindertagesstättenplätze in Nachbargemeinden mitfinanzieren müsse. Damit werde zugleich in die Planungshoheit der Gemeinden eingegriffen.

Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragt

festzustellen, daß

1. § 12 Abs. 1 Kindertagesstättengesetz vom 10.06.1992 (GVBl. I S. 178) in der Fassung des Art. 3 Haushaltsstrukturgesetz 2000 vom 28.06.2000 (GVBl. I S. 90) und des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 07.07.2000 (GVBl. I S. 106) und

2. § 16 Abs. 4 Kindertagesstättengesetz vom 10.06.1992 (GVBl. I S. 178) in der Fassung des Art. 3 Haushaltsstrukturgesetz 2000 vom 28.06.2000 (GVBl. I S. 90) und des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 07.07.2000 (GVBl. I S. 106) ihr Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg verletzen.

2. Die Beschwerdeführerin zu 2. wendet sich mit ihrer am 24. Dezember 2001 erhobenen Verfassungsbeschwerde gegen die Neufassung der §§ 12 Abs. 1, 16, 16a und 18 KitaG. Sie unterhält derzeit 8 Kindertagesstätten, in denen 345 Kinder betreut werden. 20 Kinder besuchen Kindertagesstätten in Nachbargemeinden. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin zu 2. sind im Jahre 2001 183.000,00 DM als Kostenausgleich an Nachbargemeinden gezahlt und 143.000,00 DM von anderen Gemeinden erstattet worden.

Die Beschwerdeführerin zu 2. teilt die rechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin zu 1. und macht ergänzend geltend, daß sich die Aufgabenübertragung (auch) als unzulässiger Eingriff in die Finanzhoheit darstelle, da sie geeignet sei, die finanzielle Basis der Selbstverwaltung auszuhöhlen. Die Kostentragungsregelung in § 16 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 18 KitaG stelle sich als Folgeregelung der Aufgabenübertragung dar und könne deshalb ebenfalls keinen Bestand haben. Die Kostenerstattungsregelung des § 16 Abs. 5 KitaG verstoße gegen Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV, da kein voller Kostenausgleich, sondern lediglich ein der Höhe nach begrenzter Zuschuß vorgesehen werde. Das Nämliche gelte für § 16a KitaG. Es fehle an einer den Anforderungen des Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV genügenden gesetzgeberischen Prognose über die den Gemeinden entstehenden Kosten und den daraus resultierenden Umfang der Kostenerstattung seitens des Landes.

Die Beschwerdeführerin zu 2. beantragt

festzustellen, daß die §§ 12 Abs. 1, 16, 16a und 18 des 2. Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - Kindertagesstättengesetz (KitaG), verkündet als Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2000 - HStrG) vom 28.06.2000 (GVBl. S. 90 ff.) sowie durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 07.07.2000 (GVBl. S. 106 ff.), nichtig sind,

sowie ergänzend,

festzustellen, daß § 16a Kindertagesstättengesetz (KitaG), verkündet als Gesetz zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts im Haushalt (Haushaltsstrukturgesetz 2002 - HStrG 2002) vom 18.12.2001 (GVBl. I S. 316), nichtig ist.

III.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und der Landkreistag Brandenburg haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

1. Die Landesregierung hält die Gesetzgebungskompetenz des Landes für gegeben. Der Bundesgesetzgeber habe das Recht der Kindertagesbetreuung nicht abschließend geregelt. Das Land könne sich auf § 69 Abs. 5 Satz 4 SGB VIII stützen, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang des § 69 SGB VIII ergebe. Die Übertragung der Leistungsverpflichtung für die Kindertagesbetreuung lasse den weitaus überwiegenden Anteil der Ausgaben beim örtlichen Träger. Seine Gesamtverantwortung bleibe unberührt. Auch zu der Regelung in § 16 Abs. 4 KitaG sei der Landesgesetzgeber befugt gewesen.

Die sich gegebenenfalls als Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellende Übertragung einer neuen pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe sei jedenfalls aus Gründen des gemeinen Wohls gerechtfertigt. Bezüglich der Kostenerstattungspflicht nach § 16 Abs. 4 KitaG liege es in der Hand der Gemeinden, auf die Ausübung des Wahlrechts der Eltern durch eine Veränderung der Angebotsstruktur zu reagieren. §§ 16 Abs. 5, 16a KitaG verstießen nicht gegen das Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 2 Satz 2 und 3 LV, weil es sich nicht um eine neue öffentliche Aufgabe handele. Eine Kostenprognose sei dem Gesetzgeber bei rund 1000 Gemeinden angesichts der unterschiedlichen gemeindlichen Gegebenheiten nahezu unmöglich gewesen. Unter solchen Umständen sei an das Erfordernis der gesetzgeberischen Prognose ein milderer Maßstab anzulegen.

2. Der Landkreistag Brandenburg schließt sich im wesentlichen den Ausführungen der Landesregierung an und bejaht die Gesetzgebungskompetenz des Landes. Die Gemeinden seien nicht Träger der öffentlichen Jugendhilfe, sondern erfüllten lediglich einzelne Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII.

3. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg tritt dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen bei und ist mit ihnen der Auffassung, daß dem Land die Gesetzgebungskompetenz fehle. Hätte der Bundesgesetzgeber den Ländern ermöglichen wollen, die Gemeinden zur Wahrnehmung von Jugendhilfeaufgaben zu verpflichten, hätte er dies – etwa wie bei der Öffnungsklausel in § 96 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) – eindeutig zum Ausdruck gebracht. Auch das Regel-Ausnahme-Verhältnis der Aufgabenwahrnehmung durch Kreise und Gemeinden werde verkehrt. Indem den Gemeinden auferlegt werde, für den Anspruch auf Betreuung in einer Kindertagesstätte einzustehen und für geeignete Kindertagesplätze zu sorgen, werde der bedeutsamste und kostenträchtigste Leistungsbereich der Jugendhilfe auf die Gemeinden verlagert. Im Leistungsbereich nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII hätten die Landkreise nur noch Planungskompetenzen. Die Gesamt- und Letztverantwortung in diesem Leistungsbereich liege aber nicht mehr bei ihnen, sondern bei den Gemeinden. Hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls für die Übertragung der Aufgabe auf die Gemeinden seien nicht ersichtlich. Ferner werde, weil keine volle Kostendeckung sichergestellt sei, gegen das Konnexitätsprinzip des Art. 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 LV verstoßen. Für die bei den Gemeinden entstehenden Kosten gebe es keine gesetzgeberische Prognose.

IV.

Die kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren sind durch Beschluß vom 20. Juni 2002 – VfGBbg 54/01 und VfGBbg 69/01-verbunden worden.

B.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Soweit sich die Beschwerdeführerinnen gegen Vorschriften des KitaG wenden, sind die das KitaG ändernden Gesetze - HStrG 2000, 2. KitaÄndG und HStrG 2002 - Verfahrensgegenstand.

I.

1. Die Beschwerdebefugnis (Art. 100 LV, § 51 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -) ergibt sich daraus, daß jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist, daß die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 97 LV in Gestalt der Organisations-, Planungs-, Personal- und Finanzhoheit (vgl. hierzu: Vogelsang/Lübking/Jahn, Kommunale Selbstverwaltung, 2. Auflage 1997, Rn. 97 ff.) verletzt sind. Allerdings hat das erkennende Gericht bisher noch nicht darüber zu entscheiden gehabt, ob das Recht auf kommunale Selbstverwaltung außer durch Aufgabenentzug („Hochzonung“: BVerfGE 79, 127; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 21. März 2002 - VfGBbg 19/01 -, LKV 2002, 516; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 1/97 -, LVerfGE 7, 74; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 -, LVerfGE 5, 79) auch durch Aufgabenübertragung bzw. - wie hier - durch Auferlegung einer bisher nur freiwillig wahrgenommenen Aufgabe als Pflichtaufgabe verletzt werden kann. Dies anzunehmen liegt indes durchaus nahe, so daß jedenfalls die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerinnen nicht zweifelhaft sein kann (vgl. auch Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen DVBl. 1993, 197, 198; Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz DÖV 2001, 601, 602; Löwer in: v. Münch/Kunig, GGK II, 5. Auflage 2001, Rn. 54 ff. zu Art. 28m.w.N.).

2. Die für Individualverfassungsbeschwerden geltende Sachentscheidungsvoraussetzung einer vorherigen Erschöpfung des Rechtswegs bzw. der Grundsatz der Subsidiarität gelten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts für die Kommunalverfassungsbeschwerde allenfalls in abgeschwächter Form (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2000 - VfGBbg 53/98 und 3/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 3, 22; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 14. Februar 2002 - VfGBbg 17/01 -, LKV 2002, 323). Unter diesem Gesichtspunkt sind hier Zulässigkeitsbedenken nicht zu erheben.

3. Die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde (§ 51 Abs. 2 VerfGGBbg) ist gewahrt. Für die Frage der Rechtzeitigkeit der kommunalen Verfassungsbeschwerde ist hier auf das Inkrafttreten von Art. 3 Nr. 3 HStrG 2000 am 01. Januar 2001 (Art. 22 HStrG 2000) abzustellen.

II.

Die Auferlegung der Verpflichtung zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz (§ 12 Abs. 1 Satz 1 KitaG) und zur Bereithaltung eines bedarfsgerechten Angebots an Kindertagesstättenplätzen (§ 12 Abs. 1 Satz 3 KitaG) nimmt die Beschwerdeführerinnen zu Lasten anderer Aufgaben der gemeindlichen Selbstverwaltung in die Pflicht und stellt sich damit - offensichtlich und auch von der Landesregierung nicht ernstlich in Abrede genommen - als Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar. Dieser Eingriff ist schon formell verfassungswidrig. Das Land hat seine Gesetzgebungskompetenz überschritten. Damit können auch Folgeregelungen keinen Bestand haben.

1. Das erkennende Gericht hat schon früher ausgesprochen, daß es gehalten ist, zunächst die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers zu überprüfen, und hierzu ausgeführt: „In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß das Landesverfassungsgericht bei der Prüfung, ob der brandenburgische Gesetzgeber sich im Rahmen seiner Kompetenzen bewegt, nicht gehalten ist, dies als bundesrechtliche Vorfrage zu klären und gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG anzurufen. Es hat vielmehr eigenständig und abschließend zu prüfen, ob ein Verstoß gegen bundesrechtliche Kompetenzvorschriften einen Verstoß gegen die Brandenburgische Landesverfassung darstellt. Der landesverfassungsrechtliche Anknüpfungspunkt für diese Prüfungspflicht liegt im Rechtsstaatsgebot des Art. 2 LV, das es dem Landesgesetzgeber untersagt, Landesrecht zu setzen, ohne dazu befugt zu sein (vgl. auch BayVerfGHE 45, 33, 40 f.)“ (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 21. März 1996 - VfGBbg 18/95 -, LVerfGE 4, 114, 129; vgl. auch Urteil vom 18. Juni 1998 - VfGBbg 27/97 -, LVerfGE 8, 97, 118; für das schleswig-holsteinische Landesverfassungsrecht – das eine Art. 2 Abs. 5 der Brandenburgischen Landesverfassung entsprechende Verfassungsnorm nicht enthält - BVerfGE 103, 332, 349 ff.). Insofern wirkt mit dem Rechtsstaatsgebot die Frage der Gesetzgebungskompetenz des Landes auf das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung herüber (vgl. dazu: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2000 - VfGBbg 53/98 und 3/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 3, 20 ; BVerfGE 71, 25, 37 m.w.N.), und gehört deshalb - wegen der (subjektiven) abwehrrechtlichen Schutzfunktion der Art. 2, 97 LV - zum Prüfungsprogramm im Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren (vgl. zu Art. 2 LV als Prüfungsmaßstab im Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahren i.V.m. den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2000 - VfGBbg 53/98 und 3/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 3, 20; vgl. auch Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern LKV 1999, 319).

2. Der Bundesgesetzgeber hat nach Maßgabe des SGB VIII von seiner ihm durch Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG bzw. Art. 84 Abs. 1 (a.E.) GG eröffneten konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Damit korrespondierend (vgl. Art. 72 Abs. 1 GG: „solange und soweit“) ist dem Landesgesetzgeber eine mit den Regelungen des SGB VIII unvereinbare Verlagerung der Verantwortung für die Erziehung, Bildung, Betreuung und Versorgung von Kindern in Kindertagesstätten auf die Gemeinden von Verfassungs wegen versperrt (vgl. Pieroth in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 6. Auflage 2002, Rn. 2 ff. zu Art. 72). Hiernach sind die in der Entscheidungsformel genannten Gesetzesbestimmungen nicht von der Gesetzgebungskompetenz des Landes gedeckt. Im einzelnen:

a. Das erkennende Gericht hält die Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers für das SGB VIII aus Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG nicht für zweifelhaft und schließt sich insoweit im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 97, 332, 341 ff.), des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt (LVerfGE 9, 368, 378 ff.) und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (NVwZ 1995, 191, 192; NVwZ 1995, 195) an (teilweise abweichend: OVG Berlin NJW 1982, 954; Maunz in: MDHS, Grundgesetz-Kommentar, Stand: Juni 2002, Rn. 116 zu Art. 74 GG; Kunig in: v. Münch/Kunig, GGK III, 3. Auflage 1996, Rn. 34 zu Art. 74; Isensee, DVBl. 1995, 1, 5 f.; Pestalozza in: v. Mangoldt/Klein/Pestalozza, Das Bonner Grundgesetz, 3. Auflage 1996, Rn. 340 zu Art. 74).

b. In Wahrnehmung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) hat der Bundesgesetzgeber durch § 69 SGB VIII geregelt, wer örtlicher Träger der Jugendhilfe sein kann, und insoweit eine erschöpfende und damit abschließende Regelung getroffen (vgl. BVerfGE 85, 134, 142 m.w.N.; Oeter in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, 4. Auflage 2000, Rn. 66 zu Art. 72 Abs. 1). Im gleichen Umfange hat der Landesgesetzgeber seine Gesetzgebungskompetenz verloren (vgl. BVerfGE 102, 99, 114 f. m.w.N.: „Sperrwirkung“). Hieran gemessen schließt § 69 SGB VIII eine derart weitgehende Verlagerung der Verantwortung für die Betreuung in Kindertagesstätten auf die Gemeinden durch den Landesgesetzgeber, wie sie hier durch § 12 Abs. 1 Satz 1 und 3 KitaG erfolgt ist, aus.

aa. Das SGB VIII begründet durch § 69 Abs. 1 für Aufgaben der Jugendhilfe, zu denen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege gehört, ein zweistufiges Trägersystem. Überörtlicher Träger ist im Land Brandenburg gemäß § 8 Erstes Gesetz zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (AGKJHG) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII das Land selbst. Örtliche Träger sind kraft ausdrücklicher Bestimmung in § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII die Kreise und kreisfreien Städte. Kreisangehörige Gemeinden können gemäß § 69 Abs. 2 SGB VIII – unter den weiteren dort genannten Voraussetzungen – nur „auf Antrag“ zu örtlichen Trägern bestimmt werden. Einen solchen Antrag haben die Beschwerdeführerinnen ersichtlich nicht gestellt.

bb. Weiter können nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII auch kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtliche Träger sind, für den örtlichen Bereich Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen. Sie haben sich für diesen Fall mit den örtlichen Trägern abzustimmen (Satz 2). Für die Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Jugendhilfe gelten die §§ 4, 74, 76 und 77 entsprechend (Satz 3). Das Landesrecht kann Näheres regeln (Satz 4). Ob sich für die hier in Frage stehende Regelung eine Gesetzgebungskompetenz des Landes aus § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII oder aus § 69 Abs. 5 Satz 4 SGB VIII ergibt, kann letztlichoffenbleiben.

(a) Gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII „können“ Gemeinden und Gemeindeverbände für den örtlichen Bereich Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen. Dies stellt jedenfalls bei unbefangenem Verständnis des Wortlauts die Wahrnehmung von Jugendhilfeaufgaben in das Belieben der kreisangehörigen Gemeinden. Sie dürfen (einzelne) Aufgaben (i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VIII) wahrnehmen, ohne gegen die Kompetenz des örtlichen Trägers zu verstoßen, müssen es aber nicht. § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII ist - vor dem Hintergrund einer als erschöpfend zu verstehenden Gesamtregelung in den Absätzen 1 bis 5 des § 69 SGB VIII - nach Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte nicht als Ermächtigung zu einer landesrechtlichen Verpflichtung der Gemeinden zur Aufgabenwahrnehmung zu verstehen. Dies bestätigt sich darin, daß der Bundesgesetzgeber an anderen Stellen die Befugnis zu einer landesrechtlichen Aufgabenübertragung ausdrücklich und unzweideutig formuliert hat (vgl. die landesrechtliche Öffnungsklausel in § 89g SGB VIII, ferner in §§ 15, 26, 49, 78e Abs. 1 SGB VIII; vgl. auch z.B. § 96 Abs. 1 BSHG). Auch die Gesetzesgeschichte spricht für die nach dem Wortlaut naheliegende Auslegung. Der Gesetzesentwurf für das SGB VIII sah für § 61 Abs. 5 - den späteren § 69 Abs. 5 SGB VIII - folgende Fassung vor (BT-Drs. 11/5948, S. 21):

Kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtliche Träger sind, können für den örtlichen Bereich Aufgaben und Leistungen der Jugendhilfe wahrnehmen. Bei der Planung und Durchführung dieser Leistungen und Aufgaben haben sie das Einvernehmen des örtlichen Trägers einzuholen; dessen Gesamtverantwortung bleibt unberührt. Für die Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Jugendhilfe gelten die §§ 4, 66 und 68 entsprechend. Landesrecht kann Näheres regeln.

Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 11/5948, S. 94 f.) sollte durch diese Regelung das tatsächlich bestehende – also das aus eigenem Antrieb bereitgestellte - gemeindliche Jugendhilfeangebot dem SGB VIII unterstellt werden. Auf Anregung des Bundesrates wurde in § 61 Abs. 5 dann die Einholung des Einvernehmens des örtlichen Trägers sogar noch gestrichen, da dies einen zu weitgehenden Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht darstelle (BT-Drs. 11/5948, S. 142). Dieser Auffassung schloß sich die Bundesregierung an (BT-Drs. 11/6002, S. 9). § 69 Abs. 5 SGB VIII erhielt sodann den heutigen Wortlaut. Hiernach ging es eher darum, eine freiwillige Betätigung der Gemeinden in diesem Bereich auch nur von einem Einvernehmenserfordernis freizuhalten, und jedenfalls nicht darum, eine landesrechtliche Verpflichtung der Gemeinden zur Wahrnehmung von Jugendhilfeaufgaben zu ermöglichen.

(b) Der Landesrechtsvorbehalt in Satz 4 zur Regelung „weiterer Einzelheiten“ (BT-Drs. 11/5948, S. 95) kann nach Sinn und Zweck allein als Ausgestaltungsermächtigung für die Abstimmung mit dem örtlichen Träger (Satz 2) und die Zusammenarbeit mit den freien Trägern (Satz 3), nicht aber als Ermächtigung zu einem landesgesetzlichen Zwang zur Wahrnehmung von Jugendhilfeaufgaben und zur Einlösung damit verbundener rechtlicher Verpflichtungen - wie hier des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz - durch die Gemeinden verstanden werden (vgl. Schellhorn, SGB VIII/KJHG, Rn. 23 zu § 69; Vondung in: Kunkel (Hrsg.), Kinder- und Jugendhilfe, Lehr- und Praxiskommentar (LPK-SGB VIII), 1998, Rn. 11 f. zu § 69; Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Auflage 2000, Rn. 50 zu § 69; Kunkel, NDV 1992, 285).

cc. Letztlich bedarf indes die Frage, ob § 69 Abs. 5 SGB VIII eine landesgesetzliche Verpflichtung der Gemeinden zur Wahrnehmung einzelner Jugendhilfeaufgaben zuließe, keiner abschließenden Beantwortung. Denn auch unabhängig hiervon widerspricht es den bundesrechtlichen Vorgaben, daß der Landesgesetzgeber die Verantwortung für die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten so weitgehend wie hier geschehen, nämlich bis hin zum Einstehenmüssen für den Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz, auf die Gemeinden verlagert hat. In der hier vorgenommenen Ausgestaltung läuft dies auf eine durch die Landesgesetzgebungskompetenz nicht mehr gedeckte teilweise Übertragung der Trägerschaft für Jugendhilfeaufgaben, nämlich für eine der bedeutsamsten Aufgaben der Jugendhilfe, auf die Gemeinden hinaus, wie sie nach § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII nur „auf Antrag“ und selbst dann nur für den Fall zulässig ist, daß ihre Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgabe gewährleistet ist.

(a) Allerdings hat hier der Landesgesetzgeber die örtliche Trägerschaft der Kreise der Form nach aufrechterhalten und durch § 12 Abs. 1 Satz 1 KitaG „lediglich“ bestimmt, daß sich der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz gegen die Gemeinden richtet, und ihnen dabei die Verpflichtung auferlegt, für ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen zu sorgen (Satz 3). Auch geht es „nur“ um eine der in § 2 Abs. 2 SGB VIII genannten Aufgaben der Jugendhilfe. Ferner nimmt der Landkreis nach § 12 Abs. 4 Satz 2 KitaG i. V. m. § 80 SGB VIII unter Berücksichtigung der Planungen der Gemeinden die übergreifende Planungsverantwortung wahr und stellt einen Bedarfsplan für die Kindertagesbetreuung auf.

(b) Unbeschadet dessen stellt sich die brandenburgische Regelung der Sache nach als eine Verlagerung der örtlichen Trägerschaft für eine wesentliche Aufgabe der Jugendhilfe auf die kreisangehörigen Gemeinden - und zwar im Falle der Beschwerdeführerinnen gegen ihren Willen - dar. Die Gemeinden werden nach der Art der Regelung rechtlich, planerisch und wirtschaftlich in eine Position gedrängt, die so stark durch trägerschaftliche Elemente geprägt ist, daß die Aufgabenübertragung an § 69 Abs. 2 SGB VIII zu messen ist, also insbesondere nur „auf Antrag“ der Gemeinde erfolgen kann.

So hat gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 KitaG allein die Gemeinde für den Anspruch auf Betreuung in einer Kindertagesstätte geradezustehen. Sie ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 KitaG verpflichtet, für ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen zu sorgen. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 KitaG hat sie (im Benehmen mit dem Landkreis) die zur Erfüllung des Anspruchs auf Betreuung in einer Kindertagesstätte erforderlichen Angebote rechtzeitig zu planen. Der Landkreis beschränkt sich darauf, die Gemeinde bei ihrer Planung zu unterstützen und sie in Fragen der Kindertagesbetreuung zu beraten (§ 12 Abs. 4 Satz 1 KitaG). Auch das Kosten- und Finanzierungsrisiko liegt letztlich bei der Gemeinde. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KitaG hat sie, soweit die Eigenleistungen des Trägers (der Einrichtung) und Elternbeiträge nicht ausreichen, „Zuschüsse“ zu leisten und notfalls zu erhöhen (§ 16 Abs. 2 Satz 4 KitaG). Das Land trägt zu den Kosten der Kindertagesbetreuung mit einem auf die Gemeinden umzuverteilenden festen Gesamtbetrag bei (§ 16 Abs. 5 Satz 1 bis 4 KitaG). Der Landkreis als der (eigentliche) örtliche Träger beteiligt sich an den Kosten mit einem „Zuschuß“, der sich nach der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Regelung nach den für die Kindertagesbetreuung im Jahre 1999 aufgewandten Kosten der Kindertagesbetreuung bemißt (§ 16a Satz 1 und 2 KitaG). Demzufolge sind die Kostenbeiträge von anderer Seite jeweils limitiert. Für den Rest hat die Gemeinde selbst aufzukommen.

Hiernach erscheint die formal fortbestehende örtliche Trägerschaft der Landkreise weitgehend entleert. In Wahrheit wird in einer der wichtigsten und brisantesten Jugendhilfeaufgaben aus dem Katalog des § 2 SGB VIII, die gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII in die örtliche Trägerschaft der Landkreise und kreisfreien Städte gehört, die Verantwortung so weitgehend auf die Gemeinden verlagert, daß sie in diesem Bereich der Kindertagesstättenbetreuung praktisch an die Stelle des örtlichen Trägers treten. Dies zeigt sich insbesondere in der Einstandspflicht für die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz gegenüber den Berechtigten. Eine Klage zur Einlösung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz wäre danach allein gegen die Gemeinde zu richten. Gerade das rechtliche Einstehenmüssen nach außen, die juristische Verantwortung im Außenverhältnis, ist ein kennzeichnendes Element der Trägerschaft (vgl. etwa für das Sozialhilferecht Schellhorn/Jirasek/Seipp, Bundessozialhilfegesetz, 15. Auflage 1997, Rn. 8 zu § 96: Einheit von Trägerschaft und haftungsrechtlicher Verantwortung; für das Abfallrecht § 16 Abs. 1 Satz 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz: kein Fortfall der „Verantwortlichkeit“ des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers „für die Erfüllung der Pflichten“ bei Übertragung der Aufgabe auf Dritte). Eine solche die juristische Verantwortung und damit ein Kernelement der Trägerschaft auf die Gemeinden verlagernde Regelung ist dem Landesgesetzgeber außer unter den - im Falle der Beschwerdeführerinnen ersichtlich nicht gegebenen - Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII („auf Antrag“) verwehrt. Das SGB VIII ist - stärker noch als vorher das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) - von der Zweistufigkeit der Trägerschaft bei örtlicher Trägerschaft der Kreise und kreisfreien Städte geprägt (vgl. Wiesner in: Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Auflage 2000, Rn. 50 zu § 69). Eine Betätigung der kreisangehörigen Gemeinden ist – abgesehen von § 69 Abs. 2 SGB VIII (Trägerschaft „auf Antrag“) und der Wahrnehmung einzelner Aufgaben gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII – auch in Form einer (auf einzelne Jugendhilfeaufgaben beschränkten und in diesem Sinne) sektoralen „Teilträgerschaft“ nicht vorgesehen und kann daher durch die Länder auch nicht bestimmt werden. Im Lichte dieser zweistufigen Trägerstruktur erscheint eine Verlagerung auf kreisangehörige Gemeinden ohne eigenes Jugendamt - wenigstens normativ - als Ausnahme, nicht als eine durch das Landesrecht bestimmbare Regel. Eine solche Entscheidung könnte darüber hinaus auch nicht flächendeckend erfolgen, sondern müßte auch die individuelle Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinden berücksichtigen (vgl. auch Art. 17 BayKJHG). Im übrigen spricht auch die Zuweisung der Aufgaben der Jugendhilfe zur kommunalen Selbstverwaltung dafür, daß die Entscheidung bei der Gemeinde selbst liegt (in diesem Sinne – sogar schon für die Übertragung einzelner Aufgaben der Jugendhilfe - Wiesner in: Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Auflage 2000, Rn. 50 zu § 69).

dd. Das hier gefundene Ergebnis ergibt sich auch aus § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII i.V.m. § 24 SGB VIII. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII richten sich Leistungsverpflichtungen, die durch das SGB VIII begründet - bzw. was gleichstehen muß - „festgeschrieben“ werden, unzweideutig „an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe“. Der Rechtsanspruch „auf den Besuch eines Kindergartens“ folgt aber - unabhängig von den Regelungen auf Landesebene - bereits aus § 24 SGB VIII. Anspruchsgegner ist auch von daher zwingend der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, und zwar - zufolge § 85 SGB VIII - der örtliche Träger der Jugendhilfe. Der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz richtet sich damit aus dem SGB VIII heraus allein gegen die Landkreise und kreisfreien Städte und nur unter den - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII gegen kreisangehörige Gemeinden. Auch von daher war es dem Landesgesetzgeber verwehrt zu bestimmen, daß sich der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz flächendeckend gegen die Gemeinden richtet.

ee. Die vorliegende Entscheidung gerät nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 1967 zum damaligen JWG (BVerfGE 22, 180). Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung Zurückhaltung des Bundesgesetzgebers im Bereich der den Ländern „als eigene Angelegenheit“ obliegenden Ausführung von Bundesgesetzen (Art. 84 GG) angemahnt (BVerfGE 22, 180, 209 f.) und sich auf den Standpunkt gestellt, daß es sich bei diesen Bereich betreffenden bundesgesetzlichen Regelungen „immer nur um punktuelle Annexregelungen zu einer zur Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers gehörenden materiellen Regelung“ handeln dürfe (BVerfGE 22, 180, 210). Hiermit bleibt die vorliegende Entscheidung im Einklang. Der Bundesgesetzgeber war zu der Abstufung zwischen örtlicher und überörtlicher Trägerschaft (§ 69 Abs. 1 SGB VIII) und zur Bestimmung der Kreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger (mit der Möglichkeit der Bestimmung von Gemeinden zu örtlichen Trägern auf Antrag und bei Leistungsfähigkeit - § 69 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VIII -) als Annex zu den materiellen Regelungen des SGB VIII und zur Absicherung eines diesbezüglich wirksamen Gesetzesvollzugs (vgl. BVerfGE 77, 288, 299; 22, 180, 210 und Leitsatz 2.) kompetentiell befugt (vgl. die dahingehende Regelungskompetenz stillschweigend bejahend: BVerfG LKV 1994, 145; ausdrücklich bejahend: Staatsgerichtshof Baden-Württemberg DVBl. 1999, 1351, 1352 f.). Er hat sich hierbei ersichtlich davon leiten lassen, daß die Voraussetzungen für die örtliche Trägerschaft bei den Landkreisen und kreisfreien Städten stets, bei den Gemeinden aber nur für den Fall anzunehmen seien, daß sie die Trägerschaft wünschten („auf Antrag“) und ihre Leistungsfähigkeit gewährleistet sei (vgl. ferner zur punktuellen Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers Hermes in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Rn. 40 ff. zu Art. 84; Pieroth in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 6. Auflage 2002, Rn. 2 zu Art. 84). Dann aber muß eben diese Leiterwägung des Bundesgesetzgebers auf die Ermittlung des den Ländern verbleibenden Regelungsspielraums durchschlagen. Auch von daher erweist sich die pauschalierend ohne Rücksicht auf die Verhältnisse der einzelnen Gemeinde erfolgte und auf eine „Teilträgerschaft“ (nämlich für eine wesentliche Jugendhilfeaufgabe) hinauslaufende Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 (und Satz 3) KitaG als von der Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht gedeckt.

ff. Das erkennende Gericht sieht sich an der hier getroffenen Entscheidung auch nicht durch die zu anderweitigen Kita-Regelungen ergangene Rechtsprechung anderer Verfassungsgerichte gehindert. Die dort verfahrensgegenständlichen landesgesetzlichen Regelungen sind mit den hier zur Überprüfung gestellten nicht identisch und weniger weitgehend. Insbesondere erlegen sie den Gemeinden nicht die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz auf. So verpflichtet die vom Bundesverfassungsgericht als bundesrechtskonform angesehene Regelung in § 22 Abs. 2 des Thüringer Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder als Landesausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz die Wohnsitzgemeinde lediglich, die erforderlichen Plätze bereitzustellen, ohne sie dem Rechtsanspruch auf Erfüllung des Anspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz auszusetzen (BVerfG - 1. Kammer des Zweiten Senats - LKV 1994, 145). Die Regelung in § 12 Abs. 2 des sachsen-anhaltinischen Kinderbetreuungsgesetzes, die das Verfassungsgericht Sachsen-Anhalt für (kompetentiell) bundesrechtskonform gehalten hat (LVerfGE 9, 390), enthält lediglich die Verpflichtung der kreisangehörigen Gemeinden, zu einer bedarfsgerechten Versorgung mit Plätzen der Kindertagesbetreuung beizutragen. Mit der sachsen-anhaltinischen Regelung wird den Gemeinden „lediglich eine Sicherstellungsfunktion auferlegt, die neben die Verpflichtung des örtlichen Trägers tritt“ (a.a.O., S. 403).

3. War nach dem Vorstehenden der Landesgesetzgeber nicht befugt, die kreisangehörigen Gemeinden der Verpflichtung zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz (§ 12 Abs. 1 Satz 1 KitaG) und - als solcherart „Leistungsverpflichtete“ - zur Bereithaltung eines bedarfsgerechten Angebots an Kindertagesstättenplätzen (§ 12 Abs. 1 Satz 3 KitaG) auszusetzen, werden auch die daran anknüpfenden Regelungen der sich ergebenden Folgefragen - bei Übertragung der Aufgabe von amtsangehörigen Gemeinden auf das Amt in § 12 Abs. 1 Satz 2 KitaG, für die Anspruchsfeststellung in § 12 Abs. 1 Satz 4 KitaG, für die Planung in § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 und Abs. 4 KitaG sowie für die Finanzierung in §§ 16, 16a KitaG – von der Verfassungswidrigkeit erfaßt und können deshalb in dieser Form keinen Bestand haben. Soweit die Beschwerdeführerinnen selbst lediglich § 12 Abs. 1 KitaG, nicht jedoch dessen Absätze 3 und 4 angegriffen haben, ergibt sich die Aufhebung der weiteren Vorschriften auch daraus, daß die betreffenden Vorschriften als ineinandergreifende Gesamtregelung eine untrennbare Einheit bilden (s. §§ 41 Satz 2, 51 Abs. 3 VerfGGBbg; vgl. auch BVerfGE 47, 253, 284; 22, 134, 152; Schmidt-Bleibtreu in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand: Juli 2002, Rn. 32 f. zu § 95; Rennert in Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Rn. 38 zu § 95; Stuth in Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Rn. 25 zu § 78) und somit nur ein Torso bestehen bliebe. Nachdem § 16a KitaG, durch Art. 1 Nr. 15 des 2. KitaÄndG eingeführt, inzwischen durch Art. 2 HStrG 2002 neu gefaßt worden ist, unterliegen beide (Änderungs-) Gesetze der Aufhebung. Auch § 18 KitaG erlegt für den Fall der Betreuung des Kindes durch eine Tagespflegeperson die Einstandspflicht für die entstehenden Aufwendungen den Gemeinden auf und kann daher in dieser Form ebenfalls nicht bestehen bleiben.

4. Abweichend von § 29 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 VerfGGBbg bestimmt das Landesverfassungsgericht auf der Grundlage von § 29 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 VerfGGBbg, daß die als unvereinbar mit der Landesverfassung festgestellten Regelungen aus Gründen der Handhabbarkeit, der Rechtssicherheit und der verläßlichen Haushaltswirtschaft bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 in Geltung bleiben.

III.

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg.

Dr. Macke Prof. Dr. Dombert
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
Prof. Dr. Schröder Prof. Dr. Will



Sondervotum

des Vizepräsidenten des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg Dr. Knippel und der Richterin Dr. Harms-Ziegler

Wir stimmen der Entscheidung, daß § 12 Abs. 1 KitaG mit der Landesverfassung unvereinbar ist, im Ergebnis, nicht aber in der Begründung zu. Mit der Mehrheit gehen wir davon aus, daß der Landesgesetzgeber mit § 12 Abs. 1 Kita-Gesetz seine Gesetzgebungskompetenz überschritten hat. Entgegen der Mehrheit sind wir allerdings der Auffassung, daß § 69 SGB VIII der Inpflichtnahme der Gemeinden durch §§ 12 ff. KitaG nicht entgegensteht. Vielmehr ist § 12 Abs. 1 KitaG mit § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII unvereinbar.

a) Die Übertragung von Aufgaben der Jugendhilfe auch gegen den Willen der Gemeinden ist mit § 69 Abs. 5 SGB VIII vereinbar. Es kann dahinstehen, ob sich dies bereits aus dem Wortlaut, insbesondere dem Landesvorbehalt des Satzes 4 ergibt (so im Ergebnis: Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 15. November 1993 – 2 BvR 1199/91; Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Dezember 1998 – LVG 19/97 –, LVerfGE 9, 390, 403). Entgegen der Mehrheitsmeinung läßt sich der Wortlaut des § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII („können wahrnehmen“) ohne weiteres auch im Sinne der Möglichkeit einer Aufgabenübernahme in Form einer Kompetenzerweiterung gegenüber der Regel des § 69 Abs. 1 SGB VIII verstehen. Einer ausdrücklichen „Ermächtigung zu einer bundesrechtlichen Verpflichtung der Gemeinden zur Aufgabenübernahme“ – wie von der Mehrheitsmeinung gefordert [vgl. II. 2. b. bb. (a) und (b)] – bedarf es im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung durch den Bundesgesetzgeber nicht. Es genügt, daß der Landesgesetzgeber durch Regelungen des Bundesgesetzgebers nicht seinen Gestaltungsspielraum verloren hat. § 69 Abs. 5 SGB VIII enthält keine Aussage darüber, auf welche Weise diese Kompetenzerweiterung erfolgen kann. Dem Landesgesetzgeber steht insoweit eine eigene Regelungsbefugnis zu.

Anders als die Mehrheit meint, spricht auch der sich aus der Entstehungsgeschichte des § 69 SGB VIII ergebende Zweck der Vorschrift unseres Erachtens eindeutig dafür, daß § 69 Abs. 5 SGB VIII eine Inpflichtnahme der Gemeinden zuläßt. Mit § 69 Abs. 5 SGB VIII sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß bei seinem Inkrafttreten kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände ohne eigenes Jugendamt bereits seit langer Zeit Aufgaben der Jugendhilfe im örtlichen Bereich wahrnahmen. Schon vor der Neuregelung unterhielten kreisangehörige Gemeinden Tageseinrichtungen für Kinder, insbesondere Kindergärten und Jugendfreizeitstätten, und förderten Maßnahmen der freien Jugendhilfe. Diese Tätigkeit der Gemeinden war nicht in das Jugendwohlfahrtsgesetz eingebunden. Die Vorschrift des § 69 Abs. 5 SGB VIII sollte zum Ausdruck bringen, daß diese Tätigkeit kreisangehöriger Gemeinden ohne eigenes Jugendamt öffentliche Jugendhilfe ist und deshalb den Bestimmungen des Gesetzesentwurfs unterliegen sollte (BT-Drucksache 11/5948, S. 95 f.). Es war deshalb insbesondere Sinn und Zweck der Regelung, die Gemeinden zu verpflichten, ihre Aufgabenerfüllung mit den öffentlichen Trägern abzustimmen. Eine die Länder bindende Regelung, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinden Aufgaben der Jugendhilfe übernehmen können, sollte ersichtlich nicht getroffen werden.

Eine Gesamtschau ergibt unseres Erachtens, daß mit § 69 SGB VIII in erster Linie durch den Bundesgesetzgeber der Sinn und Zweck verfolgt wurde, zur Verwirklichung des wirksamen Vollzuges der materiellen Bestimmungen des SGB VIII die Kreise und die kreisfreien Städte zu örtlichen Trägern zu bestimmen. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung ist der Umstand, daß durch §§ 69, 79 SGB VIII den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe die Gesamtverantwortung, einschließlich der für die Durchführung der Aufgaben notwendigen Errichtung von Jugendämtern übertragen wurde. Die Bundesregierung hatte in dem Gesetzgebungsverfahren ihre Skepsis darüber zum Ausdruck gebracht, ob kreisangehörige Gemeinden generell in der Lage sein würden zu gewährleisten, daß die Jugendämter die notwendige fachliche Ausstattung, einschließlich eine dem Bedarf entsprechende Zahl von Fachkräften, erhalten. Es sollte deshalb vermieden werden, daß „vermehrt unterhalb der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte Jugendämter“ eingerichtet werden. Entsprechend dieser gesetzgeberischen Intention ist dem Landesgesetzgeber durch § 69 Abs. 2 SGB VIII ein enger Rahmen gezogen worden, unter welchen Voraussetzungen kreisangehörige Gemeinden zu örtlichen Trägern der Jugendhilfe werden können. Demgegenüber ging es dem Bundesgesetzgeber in § 69 Abs. 5 SGB VIII ersichtlich darum klarzustellen, daß Gemeinden, auch wenn sie nicht örtlicher Träger sind, Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen können und daß auch bei Wahrnehmung von Aufgaben der Jugendhilfe durch kreisangehörige Gemeinden die dem örtlichen Träger durch § 79 SGB VIII übertragene Gesamtverantwortung für die Jugendhilfe unberührt bleibt.

Schließlich ergibt auch eine verfassungskonforme Auslegung, daß der Bundesgesetzgeber durch § 69 Abs. 5 SGB VIII nur die Beteiligung der Kreise und kreisfreien Städte, nicht aber der Gemeinden für die Landesgesetzgeber verbindlich geregelt hat (so im Ergebnis: Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt, a.a.O.). Denn sollte man in § 69 Abs. 5 SGB VIII eine Vorschrift sehen müssen, in der der Bund auch das „Ob“ und „Wie“ der Wahrnehmung der Aufgaben durch kreisangehörige Gemeinden verbindlich regelt, wäre diese Bestimmung unseres Erachtens mit Art. 84 Abs. 1 GG unvereinbar. Gemäß Art. 84 Abs. 1 GG führen nämlich die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Auch bei Zustimmungsgesetzen ist die Ratio des Art. 84 GG ganz allgemein auf die Gewährung eines wirksamen Vollzuges der Bundesgesetze ausgerichtet. Art. 84 Abs. 1 GG erlaubt nicht den uneingeschränkten Durchgriff auf die Gemeinden. Wenn eine Regelung für den wirksamen Vollzug der materiellen Bestimmungen eines Bundesgesetzes nicht notwendig ist, so liegt hierin ein unzulässiger Eingriff in die Verwaltungskompetenz der Länder (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 18. Juli 1967, BVerfGE 22, 180, 210). Der Bundesgesetzgeber hat es entsprechend seiner „fachpolitischen Zielsetzung zur Neuordnung der Kinder- und Jugendhilfe“ (vgl. BT-Drucksache 11/6002, S. 9) als erforderlich angesehen, durch § 69 Abs. 1 und 2 SGB VIII sicherzustellen, daß die durch § 69 SGB VIII den örtlichen Trägern übertragene Jugendhilfe, einschließlich der Einrichtung von Jugendämtern, durch die vom Bundesgesetzgeber als hierfür ausreichend leistungsfähig angesehenen Kreise und kreisfreien Städte wahrgenommen werden. Daß für den wirksamen Vollzug des Kinder- und Jugendhilfegesetzes bundesrechtliche Vorschriften notwendig sind, die regeln, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden „Aufgaben der Jugendhilfe“ wahrnehmen können (oder gegebenenfalls müssen), kann unseres Erachtens nicht angenommen werden.

b) § 12 Abs. 1 KitaG steht auch mit § 69 Abs. 1 und 2 SGB VIII in Einklang. Die Übertragung von Aufgaben der Jugendhilfe auf Gemeinden durch §§ 12 ff. KitaG stellt sich weder als teilweise Übertragung der Trägerschaft für Jugendhilfeaufgaben noch als Übertragung einer faktischen Trägerschaft dar.

Der Begriff der Trägerschaft ist rechtswissenschaftlich ungeklärt. Er wird im Gesetz nicht definiert. § 69 Abs. 1 SGB VIII bestimmt vielmehr, wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist. Von der Trägerschaft im Sinne des § 69 Abs. 1 SGB VIII wird die Wahrnehmung von einzelnen Aufgaben im Sinne des § 69 Abs. 5 SGB VIII abgegrenzt. Eine Teilträgerschaft bzw. eine Trägerschaft in sektoralen Bereichen kennt weder das Kinder- und Jugendhilfegesetz noch das Brandenburgische Kindertagesstättengesetz. Dieses Gesetz geht davon aus, daß durch die Aufgabenübertragung die örtliche Trägerschaft weder ganz noch teilweise auf die Gemeinden übergeht.

Die Mehrheitsmeinung verzichtet auf eine Abgrenzung zwischen einer noch zulässigen Verpflichtung zur Wahrnehmung von Aufgaben (im Sinne des § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII) und der unzulässigen Übertragung der Trägerschaft (§ 69 Abs. 2 SGB VIII). Hierdurch bleibt unklar, ob von den „trägerschaftlichen Elementen“ (Planung, Finanzen, rechtliches Einstehenmüssen) jedes einzelne für sich oder nur alle Elemente zusammengenommen zur Folge haben, daß die durch § 12 Abs. 1 KitaG erfolgte Aufgabenübertragung an § 69 Abs. 2 SGB VIII zu messen ist. Das Offenlassen dieser Frage wird den Landesgesetzgeber bei der nun anstehenden Novellierung des Kindertagesstättengesetzes vor nicht unerhebliche Probleme stellen.

Anhaltspunkte dafür, was Trägerschaft im Sinne des Jugendhilferechts ausmacht, liefern §§ 79 ff. SGB VIII. Nach § 79 Abs. 1 SGB VIII haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben nach dem Jugendhilfegesetz die Gesamtverantwortung einschließlich der in § 80 SGB VIII gesondert geregelten Planungsverantwortung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen gewährleisten, daß die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen und geeigneten Einrichtungsdienste und Veranstaltungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (§ 79 Abs. 2 SGB VIII). Weiterhin haben die Träger öffentlicher Jugendhilfe für eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter, insbesondere mit einer dem Bedarf entsprechenden Zahl von Fachkräften zu sorgen (§ 79 Abs. 3 SGB VIII). Schließlich verpflichtet § 81 SGB VIII die Träger der öffentlichen Jugendhilfe „im Interesse einer ganzheitlichen Betrachtungsweise von Lebenslagen junger Menschen“ (BT-Drucksache 11/5948, S. 102) zur Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen.

Nach unserer Auffassung kann ohne die Pflicht zur Einrichtung eines Jugendamtes, welches nach seiner heutigen Aufgabenstellung ein Amt für die Belange von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern sowie von jungen Volljährigen darstellt, von einer Trägerschaft im Sinne des § 69 Abs. 1 und 2 SGB VIII keine Rede sein. Mit der Aufstellung des Bedarfsplans (§ 12 Abs. 4 KitaG) hält der Kreis gegenüber den Gemeinden ein wesentliches planerisches Steuerungsmittel in der Hand. Es wird – wie in der mündlichen Verhandlung anschaulich dargestellt – auch entsprechend genutzt. Nimmt man darüber hinaus den Aufgabenkatalog des § 2 SGB VIII in den Blick, so wird deutlich, daß die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Tagespflege (§ 2 Abs. 2 Nr. 3) nur einen Teil des Aufgabenbereiches darstellt, der den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe durch das Jugendhilfegesetz auferlegt wird. Ein Leerlaufen der Trägerschaft der Kreise bzw. kreisfreien Städte durch das Kindertagesstättengesetz des Landes Brandenburg kann deshalb nicht angenommen werden.

Gegen die Annahme der Mehrheit, insbesondere durch die Aufbürdung finanzieller Verpflichtungen werde den Gemeinden eine (Teil-)Trägerschaft auferlegt, spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 69 SGB VIII. Die Situation, daß kreisangehörige Gemeinden Kindergärten und Jugendfreizeitstätten entweder selbst unterhalten oder (mit-)finanzieren, hatte der Gesetzgeber bereits vorgefunden. Sie gab maßgeblich Anlaß zur Neuregelung. Das Betreiben bzw. das Finanzieren von Kindergärten und Kindertagesstätten durch kreisangehörige Gemeinden ist deshalb der Hauptanwendungsfall des § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII. Insoweit greift das Argument, es werde eine der wichtigsten und brisantesten Jugendhilfeaufgaben aus dem Katalog des § 2 SGB VIII auf die Gemeinden verlagert, zu kurz. Durch § 69 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII wird klargestellt, daß die Wahrnehmung von Aufgaben der Jugendhilfe in Form von Kindergärten und Kindertageseinrichtungen die Gemeinden nicht zu Trägern der örtlichen Jugendhilfe machen, sondern daß die Gesamtverantwortung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe unberührt bleibt. Vor diesem Hintergrund kann es nach unserer Auffassung auch keinen Unterschied machen, ob eine Gemeinde freiwillig Aufgaben der Jugendhilfe in Form der Einrichtung von Kindertagesstätten wahrnimmt oder durch den Landesgesetzgeber hierzu verpflichtet wird. Die Gemeinde wird hierdurch nicht selbst Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

c) Dem Land Brandenburg fehlte indes die Gesetzgebungskompetenz insoweit, als durch § 12 Abs. 1 – abweichend von der bundesrechtlichen Regelung der §§ 3 Abs. 2 und 24 SGB VIII – den Gemeinden Leistungsverpflichtungen auferlegt werden. Gemäß § 24 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an bis zum Schulantritt Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens. Dieser Anspruch richtet sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII, da er durch das Jugendhilfegesetz begründet wird, gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Es kann dahingestellt bleiben, ob mit § 3 Abs. 2 primär klargestellt werden sollte, daß der Anspruch sich nicht gegen private Träger richten soll. Die Regelung des § 3 Abs. 2 SGB VIII ist ihrem Wortlaut nach unmißverständlich. Sie ist eine abschließende Regelung und läßt dem Landesgesetzgeber keinen Gestaltungsspielraum.

In Anbetracht dieses eindeutigen und klaren Befundes ist unseres Erachtens der Rückgriff auf die Konstruktion der Teilträgerschaft bzw. Übertragung der faktischen Trägerschaft künstlich und nicht geboten. Es sollte aus unserer Sicht an einer normativen Betrachtungsweise festgehalten werden, wonach Träger derjenige ist, den das Gesetz als Träger bestimmt. Hiervon abzuweichen bietet der vorliegende Fall keinen Anlaß.