VerfGBbg, Beschluss vom 19. Juni 2015 - VfGBbg 32/15 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 10; LV, Art. 12 Abs. 1;LV, Art. 52 Abs. 4 - ZPO, § 32b; ZPO, § 35; ZPO, § 36; ZPO, § 321a; ZPO, § 522; ZPO, § 524 Abs. 4; ZPO, § 534; ZPO, § 544; ZPO, § 545 |
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Schlagworte: | - Rechtswegerschöpfung - Gehörsverstoß - Willkürverbot - Effektiver Rechtsschutz - Ausschließlicher Gerichtsstand - Öffentliche Kapitalmarktinformationen - Zugang zur nächsten Instanz - Nichtzulassungsbeschwerde - Verweisungsantrag - Mündliche Verhandlung |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 19. Juni 2015 - VfGBbg 32/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 32/15
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
1. W.,
2. W.,
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte M.,
wegen des Beschlusses des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2015 ( Az.: 7 U 170/14)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
am 19. Juni 2015
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Schmidt
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Verfassungsbeschwerde liegt eine zivilrechtliche Streitigkeit zugrunde, in der sich das Ausgangsgericht für örtlich unzuständig gehalten und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen hat, und zwar wegen eines gemäß § 32b Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) für fehlerhafte öffentliche Kapitalmarktinformationen ausschließlich begründeten Gerichtsstandes.
I.
Die Beschwerdeführer begehrten von einem Anlageberatungsunternehmen (nachfolgend: Beklagten) Schadensersatz wegen positiver Verletzung eines Anlageberatungsvertrages zu mehreren Mischfonds. Diese Klage machten sie an ihrem Wohnsitzgerichtsstand beim Landgericht A anhängig. Daneben nahmen sie den Initiator und Gründungsgesellschafter der Fonds wegen desselben Schadens mit gesonderter Klage an dessen Gerichtsstand in X in Anspruch.
Das Landgericht, das zuvor auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit hingewiesen hatte, wies die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2014 (5 O 136/13) als unzulässig ab und führte zur Begründung aus, gemäß § 32b Abs. 1 ZPO sei das Landgericht X als das Gericht am Sitz des von den Beschwerdeführern in dem Parallelverfahren in Anspruch genommenen Gründungsgesellschafters und Initiators der Fonds örtlich zuständig. Dieser rechne zu dem von § 32b Abs. 1 ZPO erfassten Personenkreis des betroffenen Emittenten, des betroffenen Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen oder der Zielgesellschaft.
Gegen die Annahme eines ausschließlichen Gerichtsstandes spreche nicht, dass der Gründungsgesellschafter mit einer gesonderten Klage in Anspruch genommen werde. Zwar müsse sich dem Wortlaut des § 32b Abs. 1 ZPO nach „die Klage“ zumindest „auch“ gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft richten. Dies bedeute aber nicht, dass § 32b Abs. 1 ZPO nur dann zum Tragen komme, wenn Anlageberater bzw. -vermittler und Verantwortliche im Sinne des § 32b Abs. 1 ZPO in derselben Klage in Anspruch genommen würden. Jedenfalls wenn der Anlageberater bzw. -vermittler und einer der Verantwortlichen im Sinne des § 32b Abs. 1 ZPO aufgrund eines einheitlichen Willensentschlusses in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang wegen derselben als fehlerhaft behaupteten Kapitalmarktinformationen in Anspruch genommen würden, sei eine ausschließliche Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 ZPO gegeben.
Zur Begründung ihrer zum Brandenburgischen Oberlandesgericht (BbgOLG) erhobenen Berufung trugen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, § 32b ZPO erfasse zwar prinzipiell auch Verfahren gegen den Anlageberater und gegen den Vermittler, dies setze aber voraus, dass sich die Klage gleichzeitig gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft richte. Vorliegend werde jedoch allein das Beratungsunternehmen in Anspruch genommen.
Mit (Hinweis-) Beschluss vom 24. Oktober 2014 wies das BbgOLG darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Für die Begründung eines Gerichtsstandes nach § 32b Abs. 1 ZPO reiche es aus, wenn zumindest einer der Beklagten wegen falscher, irreführender oder unterlassener Kapitalmarktinformationen im Sinne der Nr. 1 der Vorschrift in Anspruch genommen werde. Die Klage werde im vorliegenden Falle gerade nicht ausschließlich gegen den Anlageberater geführt, sondern inhaltlich und zeitgleich gegen den Gründungsgesellschafter.
Die Beschwerdeführer beantragten auf diesen Hinweis hilfsweise, den Rechtsstreit gemäß § 281 ZPO an das Landgericht X zu verweisen. Zur Begründung trugen sie vor, dieser Antrag könne auch erstmals in der Berufungsinstanz gestellt werden, wenn das erstinstanzliche Gericht die Klage wegen Unzuständigkeit als unzulässig abgewiesen habe; über ihn sei nach mündlicher Verhandlung durch Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu entscheiden.
Das BbgOLG wies die Berufung unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf seinen Hinweisbeschluss mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 9. Januar 2015 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück und führte ergänzend aus, eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht X scheide angesichts des nunmehr erstmals gestellten Hilfsantrags aus, da dieser mit der Zurückweisung der Berufung analog § 524 Abs. 4 ZPO wirkungslos sei. Zwar könne eine Verweisung an das örtlich zuständige Gericht der ersten Instanz grundsätzlich auch noch aufgrund eines erstmals im zweiten Rechtszuge gestellten Antrags ausgesprochen werden, allerdings komme dies nur unter Aufhebung des angefochtenen Urteils in Betracht. Dies stehe einer Verfahrensweise des Berufungsgerichts nach Maßgabe des § 522 Abs. 2 ZPO entgegen.
Der Beschluss des BbgOLG wurde den Beschwerdeführern am 3. Februar 2015 zugestellt.
II.
Am 1. April 2015 haben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie sich gegen die Zurückweisung ihrer Berufung wenden.
Die Verfassungsbeschwerde sei begründet, da der Beschluss des BbgOLG gegen das Willkürverbot des Art. 12 Abs. 1 Landesverfassung (LV) verstoße: Er beruhe darauf, dass er die beiden von den Beschwerdeführern getrennt erhobenen Klagen als „eine Klage“ im Sinne des § 32b Abs. 1 ZPO ansehe, so dass auch die Klage, für die § 32b Abs. 1 ZPO nicht gelte, dieser Vorschrift unterworfen werde; hierdurch würden ungleiche Sachverhalte gleich behandelt. Dies verletze das Willkürverbot und (als Auffanggrundrecht) auch dasjenige auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Die Entscheidung stelle eine unverständliche Gesetzesanwendung dar. Das BbgOLG habe bei seiner Bestimmung des Regelungsgehaltes der Norm auf ihren Sinn abgestellt und diesen in der mit ihr bezweckten Konzentrationswirkung gesehen, hierbei aber außer Acht gelassen, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung keine derartige, über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Konzentrationswirkung zulasse.
Verkannt werde auch, dass die über das Gesetz hinausgehende Konzentration in die Rechte und Grundrechte der Klägerpartei eingreife. Es gelte hierfür gemäß § 35 ZPO der Grundsatz, dass dem Kläger im Falle mehrerer Gerichtsstände die Wahl zwischen diesen offen stehe.
Zudem habe das BbgOLG das Grundrecht auf ein faires und zügiges Verfahren, Art. 52 Abs. 4 LV, und auf effektiven Rechtsschutz verletzt, da es die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO verkannt und übersehen habe, dass eine Entscheidung durch Urteil hätte ergehen müssen, mit welchem dem Hilfsantrag der Kläger stattzugeben gewesen wäre. Da die Frage, ob § 32b ZPO auch auf den Fall einer nur gegen den Anlageberater gerichteten Klage anwendbar sei, wenn mit einer weiteren Klage an einem anderen Gerichtsstand der Emittent in Anspruch genommen werde, höchstrichterlich nicht geklärt sei, weise die Sache grundsätzliche Bedeutung auf, so dass eine Entscheidung durch Urteil habe getroffen werden müssen.
Die Anwendung des § 522 Abs. 2 ZPO sei auch unvertretbar und begründe einen Verstoß gegen das Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz als Ausfluss des Justizgewährungsanspruches und des Anspruches auf ein faires Verfahren, da bei einer nur über die örtliche Zuständigkeit zu treffenden Entscheidung das gesetzliche Ziel der Verfahrensbeschleunigung konterkariert werde. Eine unzumutbare Erschwerung könne auch darin liegen, dass die Gerichte die in § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO geregelten Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung im Beschlussverfahren in unvertretbarer Weise anwendeten.
Die Entscheidung des BbgOLG beruhe schließlich auch auf den dargelegten Grundrechtseingriffen, da anderenfalls entweder zu einer Sachentscheidung oder zur Verweisung des Rechtsstreits hätte verhandelt werden müssen.
Die Beschwerdeführer beantragen, den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2015 aufzuheben und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
III.
Die Beklagte hat Gelegenheit zur Äußerung erhalten.
B.
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
Sie ist zulässig.
Die Beschwerdeführer haben den Rechtsweg ausgeschöpft. Gegen den nach § 522 Abs. 2 ZPO ergangenen Beschluss steht zwar gemäß § 522 Abs. 3 ZPO dasjenige Rechtsmittel zur Verfügung, das im Falle einer Sachentscheidung durch Urteil gegeben gewesen wäre, vorliegend also gemäß § 544 Abs. 1 ZPO die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH). Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO, wonach die Revision nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat, ist jedoch die Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2010 - VIII ZR 341/09 -; Beschl. v. 23. April 2007 - II ZR 133/07 -, m. w. Nachw.; Urt. v. 7. März 2006 - VI ZR 42/05 -; Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 545 Rn. 15).
Die Beschwerdeführer waren auch nicht gehalten, über § 321a ZPO die Verletzung rechtlichen Gehörs zu rügen. Dabei kann offen bleiben, ob die Rüge des § 321a ZPO im Verfahren des § 522 Abs. 2 ZPO dann zur Verfügung steht, wenn der hiernach ergangene Beschluss, wie vorliegend, nicht mehr erfolgreich angefochten werden kann (BGH, Urt. v. 23. November 2006 - IX ZR141/04 -; Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 321a Rn. 3; a. A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl., § 522 Rn. 26, § 321a Rn. 4), da weder die gerichtliche Entscheidung über den in § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO bestimmten Fortfall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung für sich genommen ohne Weiteres einen Gehörsverstoß zu begründen vermag, noch die Beschwerdeführer eine Verletzung rechtlichen Gehörs ausschließlich oder sinngemäß vortragen und schließlich auch tatsächlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Gehörsverstoßes bestehen. Soweit der Beschluss des BbgOLG angegriffen wird, weil er im Verfahren des § 522 Abs. 2 ZPO erging, wird vielmehr eine Verletzung der Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz und auf ein faires und zügiges Verfahren geltend gemacht.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Der angegriffene Beschluss des BbgOLG verletzt die Beschwerdeführer weder in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür aus Art. 12 Abs. 1 LV noch in ihren Rechten auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 6 Abs. 1 LV, auf ein faires und zügiges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 LV oder in ihrem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Es ist dabei nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichts, die Entscheidungen der Fachgerichte allgemein auf ihre materielle und verfahrensrechtliche Richtigkeit zu überprüfen und sich in dieser Weise an ihre Stelle zu setzen (Beschluss vom 21. Oktober 1999 - VerfGBbg 26/99 -). Eine Überprüfung erfolgt vielmehr allein am Maßstab der Landesverfassung darauf hin, ob eine gerichtliche Entscheidung hierin gewährte Rechte verletzt.
1. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 51/14 -; Beschluss vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 61/12 -; Beschluss vom 17. September 1998 - VfGBbg 18/98 -, LVerfGE 9, 95, 100; zu Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschl. v. 21. November 2012 - 1 BvR 1711/09). Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar und unverständlich erscheint (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 56/14 -; Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 47/13 -). Diese Voraussetzungen liegen u. a. dann vor, wenn ein Gericht mit seiner rechtlichen Beurteilung ohne nachvollziehbare Begründung in Widerspruch zu einer durch Rechtsprechung und Literatur geklärten Rechtslage gerät (Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 56/14 -; Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 47/13 -; Beschluss vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 61/12 -; Beschluss vom 15. März 2013 - VfGBbg 42/12 -; zu Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschl. v. 30. Juni 2011 - 1 BvR 367/11 -, NJW 2011, 3217, 3218; Beschl. v. 14. Dezember 2005 - 1 BvR 2874/04 -), der Inhalt einer Norm krass missdeutet wird, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (zu Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfGE 87, 273, 278 f; E 96, 189, 203; E 108, 129, 137; E 112, 185, 215 f). Von einer willkürlichen Missdeutung kann dabei nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht eingehend mit der Rechtslage auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (zu Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfGE 87, 273, 278 f; E 96, 189, 203; E 112, 185, 215 f).
Die angegriffene Entscheidung ist danach nicht willkürlich. Im Kern ist für das fachgerichtliche Verfahren die Frage entscheidungserheblich, ob § 32b Abs. 1 ZPO voraussetzt, dass Anlageberater bzw. -vermittler und Emittent, Anbieter oder Zielgesellschaft in einer Klage (gemeinsam) verklagt werden, oder ob es für die Begründung des ausschließlichen Gerichtsstandes ausreichen kann, dass sie in zwei verschiedenen Klagen in Anspruch genommen werden. Hierzu hat das BbgOLG angenommen, allein Letzteres entspreche dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der darauf gerichtet sei, derartige Verfahren an einem Gerichtsstand zu bündeln, um an diesem verallgemeinerungsfähige Tatsachen und Rechtsfragen auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts einer konzentrierten Erledigung zuzuführen; das gelte auch für Klagen wegen Pflichtverletzungen bei der Beratung oder Vermittlung.
Dieser Annahme steht weder der Wortlaut des § 32b Abs. 1 ZPO entgegen, noch sind die zuvörderst auf die Systematik der Regelungen der Zivilprozessordnung abstellenden Erwägungen der Beschwerdeführer zu § 35 ZPO geeignet, das vom BbgOLG im Wege der teleologischen Auslegung der Norm gefundene Ergebnis derart geradezu auszuschließen, dass sich seine Entscheidung als nicht mehr nachvollziehbar und sachlich schlechthin unhaltbar darstellte. Das BbgOLG kann sich vielmehr erkennbar auf den mit der Regelung des § 32b ZPO verfolgten gesetzgeberischen Willen berufen, wie er in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt. Es greift diesen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf.
Bereits mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren wurde in der Gesetzesbegründung zu dem in die Zivilprozessordnung neu aufzunehmenden § 32b ZPO ausgeführt (BT-Ds. 15/5091 S. 33), die Regelung diene einer Beschleunigung des Verfahrens und habe eine erhebliche Kostenersparnis zugunsten der Beteiligten zur Folge; sie wirke schließlich einer Zersplitterung der örtlichen Zuständigkeiten auf Grund verschiedener Gerichtsstände entgegen. Diese Vorteile überwögen die mit der Zuständigkeitskonzentration verbundenen Nachteile, wonach die geschädigte Partei nicht mehr die Möglichkeit habe, am ortsnahen Gericht des Erfolgsorts klagen zu können.
Die sodann im Jahre 2012 erfolgte Änderung des § 32b Abs. 1 ZPO, durch die Anlageberater und -vermittler in den Anwendungsbereich der Norm einbezogen wurden, wurde ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Ds. 17/8799 S. 27) mit der Notwendigkeit begründet, künftig auch Prozesse unter die Norm zu fassen, bei denen lediglich ein mittelbarer Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation bestehe, etwa wenn Anlageberater oder -vermittler ebenfalls mitverklagt seien. Bisher sei in diesen Fällen ein gemeinsamer Gerichtsstand nach § 36 ZPO zu bestimmen gewesen, was in der Praxis häufig zu einer örtlichen Verteilung gleich gelagerter Prozesse geführt habe und der ursprünglichen Intention des § 32b ZPO entgegenlaufe. Wenn sich (allerdings) die Klage nicht zumindest auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft richte, sei es nicht angemessen, einen ausschließlichen Gerichtsstand am Ort des Emittenten, des Anbieters oder der Zielgesellschaft vorzusehen, da sich die Beklagten in diesen Fällen vielfach in örtlicher Nähe zum Kläger befänden, so dass eine Verlagerung des Rechtsstreits an einen anderen, unter Umständen weit entfernten Gerichtsort unverhältnismäßig sei.
Die Gesetzesmaterialien zeigen damit, dass der Gesetzgeber mit der Einführung und der späteren Änderung des § 32b ZPO in erster Linie die Bündelung der mit öffentlichen Kapitalmarktinformationen einhergehenden Klagen samt der mit dieser verbundenen prozessökonomischen Vorteile erstrebte. Das Interesse der geschädigten Kläger an einer möglichst ortsnahen Klageerhebung war dabei durchaus im Blick, der Gesetzgeber entschied sich aber bereits bei der Ausgestaltung der ursprünglichen Fassung des Gesetzes dafür, verfahrensökonomischen Aspekten den Vorzug zu geben.
Auch im Rahmen der Gesetzesänderung wurde das Interesse der Geschädigten an einer ortsnahen Klageerhebung nur in dem Fall als vorrangig betrachtet, dass sich die Klage ausschließlich gegen den Anlageberater oder -vermittler richtet. Es ist vertretbar, fachgerichtlich anzunehmen, dass es für die übrigen Fallkonstellationen dem Willen des Änderungsgesetzgebers nach bei der Privilegierung der mit der Anordnung des ausschließlichen Gerichtsstandes verbundenen prozessökonomischen Vorteile bleiben sollte.
Ob es angesichts dieses Ziels, mit der Ergänzung des § 32b ZPO zu einer Bündelung gerade auch der mit den öffentlichen Kapitalmarktinformationen und den sich hieraus ergebenden Prozessen in mittelbarem Zusammenhang stehenden, Anlageberatungs- und -vermittlungsfälle betreffenden Klagen zu gelangen, und angesichts der bei der Gesetzesänderung erfolgten bloßen Fortschreibung des ursprünglich umfassend angelegten Konzeptes der Einführung eines ausschließlichen Gerichtsstandes noch vertretbar erscheint, die Bündelungsfunktion der Vorschrift in dem von den Beschwerdeführern behaupteten Sinne wiederum einschränken zu wollen, kann dahinstehen. Die durch das BbgOLG getroffene Auslegung greift jedenfalls den dargestellten, zentralen Zweck des Gesetzes auf und bringt diesen mit der - von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemachten - Erstreckung der Wirkung auch für die Fälle zweier (zunächst) voneinander getrennt erhobener Klagen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zur Geltung.
Das BbgOLG geht weiter zutreffend davon aus, die Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 ZPO sei zu verneinen, wenn mit der Klage ausschließlich Anlageberater, -vermittler oder sonstige Personen wegen der in § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO aufgeführten Handlungen in Anspruch genommen würden; seine Folgerung, die Klage sei im zu entscheidenden Fall aber nicht in diesem Sinne ausschließlich gegen den Anlageberater, sondern inhaltlich und zeitlich identisch und damit „auch“ gegen den Gründungsgesellschafter geführt worden und damit in den Anwendungsbereich des § 32b Abs. 1 ZPO gefallen, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
2. Der im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ergangene Beschluss des BbgOLG verstößt ebenfalls nicht gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes. Das Rechtsstaatsgebot der Landesverfassung gewährleistet in Verbindung mit Art. 10 LV effektiven Rechtsschutz im Sinne eines Anspruchs der Bürger auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle in allen gesetzlich vorgesehenen Verfahrensarten (vgl. Beschluss vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 35/10 -; Beschluss vom 19. November 2010 - VfGBbg 26/10 -; Beschluss vom 19. November 2009 - VfGBbg 17/09 -). Welche Anforderungen an die Rechtsauslegung und –anwendung sich daraus im Einzelnen für die Gerichte ergeben, ist mit Blick auf das jeweils vom Gesetzgeber verfolgte Verfahrensziel zu bestimmen (Beschluss vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 35/10-; Beschluss vom 15. Januar 2009 - VfGBbg 63/07 -).
a) Ein Verstoß gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes liegt zunächst nicht darin begründet, dass der Beschluss des BbgOLG den Beschwerdeführern den Zugang zur nächsten Instanz nicht eröffnet hat.
Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gewährleistet allerdings nicht nur den Zugang zu den Gerichten sowie eine verbindliche Entscheidung durch den Richter aufgrund einer grundsätzlich umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des Streitgegenstandes (BVerfGE 97, 169, 185; E 107, 395, 401; E 108, 341, 347; BVerfG-K, Beschl. v. 3. März 2014 - 1 BvR 2534/10 -, NJW 2014, 1796), sie beeinflusst vielmehr auch die Auslegung und Anwendung derjenigen gesetzlichen Be-stimmungen, die für die Eröffnung des Rechtszuges und die Beschreitung eines Instanzenzuges von Bedeutung sind. Sie begründet dabei zwar keinen Anspruch auf die Eröffnung eines Instanzenzuges; die Entscheidung über den Umfang des Rechtsmittelzuges bleibt vielmehr dem Gesetzgeber überlassen (BVerfGE 54, 277, 291; E 89, 381, 390; E 107, 395, 401; E 125, 104, 136 f.; BVerfG-K, Beschl. v. 3. März 2014, a. a. O.). Hat sich der Gesetzgeber jedoch für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, darf ein Gericht dieses Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen. Bei der Auslegung und Anwendung der verfahrensrechtlichen Vorschriften darf insbesondere der Zugang zu der nächsten Instanz nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder den Zugang in einer Weise erschweren, die aus Sachgründen nicht zu rechtfertigen ist (Beschluss vom 19. November 2010 - VfGBbg 26/10 -; vom 21. Oktober 1999 - VfGBbg 26/99 -, LVerfGE 10, 257, NVwZ 2000, 60, 61 und vom 17. September 1998 - VfGBbg 17/98 -, LVerfGE 9, 88, 93; BVerfGE 112, 185, 207 f., m. w. Nachw.).
Diesen Grundsätzen trug das Bundesverfassungsgericht auch für Verfahren nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO a. F. in der bis zu dessen Änderung im Jahre 2011 (Gesetz zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung vom 21. Oktober 2011, BGBl I 2011 S. 2082) geltenden Fassung Rechnung, da § 522 Abs. 3 ZPO a. F. die Unanfechtbarkeit des nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO a. F. ergehenden Beschlusses vorsah und damit den Weg zur Revision versperrte (BVerfG-K, Beschl. v. 3. März 2014, a. a. O.; BVerfGK 5, 189, 192 ff; BVerfGK 10, 389, 395 f.). Insbesondere nahm das Bundesverfassungsgericht dabei an, eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zur nächsthöheren Instanz könne auch darin begründet sein, dass die Gerichte die in § 522 Abs. 2 Ziffern 1 bis 3 ZPO a. F. geregelten Voraussetzungen in unvertretbarer Weise anwendeten (BVerfGK 10, 389, 396).
Diese Wirkung des Ausschlusses der nächsten Instanz ist Beschlüssen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO in seiner geltenden Fassung hingegen wegen der nunmehr in § 522 Abs. 3 ZPO vorgesehen Zulassung desjenigen Rechtsmittels, das für eine Entscheidung durch Urteil zulässig wäre, prinzipiell nicht mehr zu eigen. Der Beschluss des BbgOLG kann daher das Recht der Beschwerdeführer auf effektiven Rechtsschutz und auf ein faires Verfahren nicht ohne weiteres deshalb verletzen, weil ihnen hierdurch eine Instanz genommen würde.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die gegen Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO gemäß § 544 ZPO zulässige Nichtzulassungsbeschwerde vorliegend wegen der Vorschrift des § 545 Abs. 2 ZPO, wonach die Revision nicht auf die Frage der Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges gestützt werden kann, nicht zu einer inhaltlichen Befassung des Revisionsgerichts mit dem angegriffenen Beschluss führt: Die Revision ist in diesem Falle zwar statthaft und kann auch im Übrigen zulässig sein, sie ist aber jedenfalls unbegründet (BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2010 - VIII ZR 341/09 -; Beschl. v. 23. April 2007 - II ZR 133/07 -, m. w. Nachw.; Urt. v. 7. März 2006 - VI ZR 42/05 -; Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 545 Rn. 15). Obwohl daher die weitere Instanz die Entscheidung des Berufungsgerichts inhaltlich nicht mehr überprüft, nimmt der Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO einem Verfahrensbeteiligten im Falle des § 545 Abs. 2 ZPO keine ihm ansonsten, bei einer Entscheidung durch Urteil eröffnete Instanz bzw. schränkt keine ihm anderenfalls dort zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ein. Auch im Falle einer durch Urteil ergehenden Entscheidung des Berufungsgerichts wären die Beschwerdeführer wegen § 545 Abs. 2 ZPO nämlich daran gehindert, sich auf die Unzuständigkeit des Ausgangsgerichts zu berufen.
b) Der angegriffene Beschluss verstößt auch nicht deshalb gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes, weil das BbgOLG die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO verkannt und den Beschwerdeführern hierdurch die Entscheidung durch Urteil abgeschnitten hätte, mit dem ihrer Ansicht nach ihrem hilfsweise gestellten Antrag auf Verweisung der Sache an das Landgericht X stattzugeben gewesen wäre. Hiermit wird nichts vorgetragen, was über einen möglichen Verstoß der gerichtlichen Entscheidung gegen einfachgesetzliche Normen hinauswiese und eine Verletzung des spezifischen Schutzbereichs des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, etwa im Sinne einer grundsätzlichen Verkennung seiner Bedeutung oder seines Umfangs, nahelegte. Behauptet wird lediglich, die Anwendung der zivilprozessualen Bestimmung sei „unvertretbar“, letztlich also willkürlich erfolgt.
Es kann offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine unter Verstoß gegen das Willkürverbot erfolgende Auslegung und Anwendung einer Norm des Zivilprozessrechts zugleich eine Verletzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes beinhaltet (vgl. hierzu Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 103 Rn. 50 [Willkürprüfung]; allgemein zur willkürfreien Auslegung des Verfahrensrechts BVerfGE 42, 64, 73 f; 52, 131, 157 ff; vgl. auch E 125, 104, 139), da das BbgOLG die Vorschrift des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO willkürfrei angewandt hat.
Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nicht bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts - für die hier schon nichts spricht -, sondern erst dann gegen das Willkürverbot, wenn der Inhalt einer Norm krass missdeutet wird, sodass sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht.
aa) Die Beschwerdeführer machen insoweit geltend, das BbgOLG habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO verkannt, da die zu entscheidende Frage grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO habe und gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO auch nicht höchstrichterlich geklärt sei.
Die Annahme, neben der offensichtlichen Unbegründetheit der Berufung seien auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO gegeben, verstößt nicht gegen das Willkürverbot. Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist gegeben, wenn die der Rechtssache zugrunde liegende Rechtsfrage auch künftig wiederholt auftreten wird und zu ihrer Auslegung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen geäußert worden sind (Heßler, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 522 Rn. 38), wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BVerfG-K NJW 2011, 2276, 2277, zu § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Fortbildung des Rechts im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ist erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen oder sich aus der Rechtspraxis heraus ein Bedürfnis nach Ergehen einer Leitentscheidung ergibt (Heßler, a. a. O., § 543 Rn. 12). Das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wird im Falle von Divergenzen oder bei Bestehen sonstiger erheblicher Unterschiede in der Rechtsprechung bejaht (Ball, in: Musielak, ZPO, 12. Aufl., § 543 Rn. 8 f).
In allen Fällen orientiert sich das Verständnis der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO an den gleichermaßen auch für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO geltenden Anforderungen (Heßler, a. a. O., § 522 Rn. 38 f). Für diese aber hat der Gesetzgeber mit § 545 Abs. 2 ZPO, wonach die Revision nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat, die Wertung getroffen, dass Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit, unabhängig von den im Einzelfall gegebenen Umständen, kein hinreichendes Gewicht besitzen, um zu einer Befassung der Revisionsgerichtsbarkeit führen zu können. Sie rechnen damit also von vornherein auch nicht zu dem Kreis derjenigen Fragen, die es rechtfertigen, einer Rechtssache derart grundsätzliche Bedeutung zuzumessen, dass die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen wäre; ebenso wenig sieht es der Gesetzgeber für erforderlich an, dass für sie mit Hilfe der Revision eine Fortbildung des Rechts erfolgen sollte oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gewährleistet werden müsste.
Diese für das Revisionsverfahren getroffene gesetzgeberische Wertung kann in jedenfalls willkürfreier Weise in den von § 545 Abs. 2 ZPO geregelten Fällen auch für das Verständnis des zu § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO gleichgerichtet ausgestalteten § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO und damit für das Berufungsverfahren fruchtbar gemacht werden: Beanstandet die Berufung, wie vorliegend, lediglich die Zuständigkeit des Ausgangsgerichts, kann das Berufungsgericht die Frage der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bzw. der Notwendigkeit der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung regelmäßig verneinen, ohne dass hierin eine krasse Missdeutung der Norm im Sinne des Willkürverbotes läge und sich der Verdacht aufdrängte, die Entscheidung beruhe auf sachfremden Erwägungen.
Gleiches gilt für die Vorschrift des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO, nach der der Beschluss nur ergehen darf, wenn eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Hierzu tragen die Beschwerdeführer lediglich vor, das BbgOLG hätte, auch unter Zugrundelegung seiner zum Verständnis des § 32b ZPO vertretenen Auffassung, im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung über ihren hilfsweise gestellten Verweisungsantrag anders zu entscheiden gehabt. Ob dieses Vorbringen den Anforderungen des Substantiierungsgebots entspricht, kann dahinstehen, da die Entscheidung des BbgOLG jedenfalls nicht gegen das Willkürverbot verstößt.
Für § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO wird eine mündliche Verhandlung als erforderlich erachtet, wenn das Berufungsgericht seine Entscheidung auf eine umfassend neue rechtliche Würdigung stützt und diese nicht im Wege des schriftlichen Verfahrens nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO angemessen erörtert werden kann (Heßler, a. a. O., § 522 Rn. 40). Dies war vorliegend gerade nicht der Fall, da das BbgOLG ausdrücklich auf die seiner Wertung nach zutreffende Begründung des Urteils des Landgerichts verwiesen und diese lediglich ergänzt hat.
bb) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot insofern vor, als das BbgOLG trotz des gestellten Verweisungsantrages durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO entschieden und jenen zugleich als wirkungslos qualifiziert hat.
Das BbgOLG hat die im Rahmen des Beschlusses nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgte analoge Anwendung des § 524 Abs. 4 ZPO, wonach eine Anschlussberufung ihre Wirkung u. a. dann verliert, wenn die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen wird, unter Hinweis auf neuere Rechtsprechung des BGH zu Fällen einer zweitinstanzlich erhobenen Widerklage, Klageerweiterung oder eines Hilfsantrages damit begründet, ein erst im Berufungsverfahren gestellter Verweisungsantrag hindere die Zurückweisung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht. Die Norm verfolge den Zweck, offensichtlich aussichtslose Berufungen alsbald im Beschlusswege zu erledigen. Dieses Ziel lasse sich aber nicht erreichen, wenn dem Verweisungsantrag stattgegeben werde, da dies der Rechtsprechung des BGH nach nur unter Aufhebung des Urteils des Ausgangsgerichts möglich sei; mit dem Verweisungsantrag könne daher eine mündliche Verhandlung erzwungen werden, was dem dargestellten gesetzgeberischen Anliegen direkt zuwider laufe. Die Beschwerdeführer seien zudem von dem Gericht des ersten Rechtszuges auf dessen örtliche Unzuständigkeit hingewiesen worden und hätten dennoch davon abgesehen, einen Verweisungsantrag zu stellen.
Diese Erwägungen stellen eine nachvollziehbare Auslegung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO i. V. m § 524 Abs. 4 ZPO dar, da sie in zutreffender Weise zentral die mit der Norm verfolgte gesetzgeberische Zielstellung aufgreifen. Sie lassen sich daher keinesfalls als krasse Missdeutung der Vorschrift werten, sondern sind mit Normzweck und Interessenlage gut vereinbar.
Wie der BGH in seiner vom BbgOLG zitierten Judikatur (BGH, Urt. v. 24. Oktober 2014 - III ZR 403/12 -, BGHZ 198, 315 ff; Beschl. v. 6. November 2014 - IX ZR 204/13 -, NJW 2015, 251) erst jüngst ausgeführt hat, wurde mit dem im Rahmen der Zivilprozessreform im Jahre 2002 eingeführten Instrument der Zurückweisung einer unbegründeten Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 ZPO die Erwartung verbunden, die hiermit eröffnete Möglichkeit der zügigen Beendigung des Berufungsverfahrens werde eine im öffentlichen Interesse liegende Entlastung der Gerichtsbarkeit bewirken und sei zugleich geeignet, eine Verzögerung des Rechtsstreits zu Lasten der in erster Instanz obsiegenden Partei zu verhindern (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Ds. 14/4722 S. 96 f). Hierneben sollte das Berufungsverfahren den Vorstellungen des Gesetzgebers nach zu einer vornehmlich der Fehlerkontrolle dienenden Instanz umgestaltet werden (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Ds. 14/4722 S. 1, 58, 61, 97, 101).
Das BbgOLG hat in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die bereits mit der Durchführung der mündlichen Verhandlung innerhalb des Berufungsverfahrens selbst einhergehende Verzögerung, nicht auf einen fiktiven Ablauf der einmal eröffneten mündlichen Verhandlung oder auf die den Berufungsklägern nach Beendigung der Berufung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der (Weiter-) Verfolgung ihres Klagebegehrens abgestellt. Es hat schließlich mit der Beschränkung der berufungsgerichtlichen Prüfung auf die Urteilskontrolle und des Ausschlusses des Verweisungsantrages gerade auch in Übereinstimmung mit der gesetzgeberischen Vorstellung gehandelt, dem Berufungsverfahren insgesamt die Funktion einer Fehlerkontrolle zuzuweisen und das erstinstanzliche Urteil in den Mittelpunkt zu stellen.
3. Für den geltend gemachten Verstoß gegen das Grundrecht auf ein faires und zügiges Verfahren haben die Beschwerdeführer nichts vorgetragen, was über die angegriffene einfachrechtliche Auslegung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch das BbgOLG hinausginge.
a) Das Grundrecht auf ein faires Verfahren garantiert dem Einzelnen, nicht bloßes Objekt des Verfahrens zu sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis eines Verfahrens Einfluss zu nehmen (Beschluss vom 21. Januar 2011 - VfGBbg 35/10 -; Beschluss vom 15. Januar 2009 - VfGBbg 63/07 -).
Die Beschwerdeführer werden nicht schon dadurch als bloße Objekte des gerichtlichen Verfahrens behandelt, weil die Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergeht. Diese einfachgesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens begegnet ihrerseits keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da der verfassungsrechtliche Anspruch auf ein faires Verfahren nicht in jedem Fall einen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung umfasst. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, je nach Sachmaterie und Bedeutung der Verfahren für den Einzelnen durch Ausgestaltung der jeweils einschlägigen Verfahrensordnung zu entscheiden, in welchen Gerichtsverfahren eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden soll. Fehlen gesetzliche Vorgaben zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung, besteht von Verfassungs wegen kein genereller Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf eine mündliche Verhandlung (vgl. Beschluss vom 20. März 2015 - VfGBbg 58/14 -; Urteil vom 24. Januar 2014 - VfGBbg 2/13 -).
b) Für eine Verletzung des Rechts auf ein zügiges Verfahren, das einen Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit gewährt (Beschluss vom 17. Dezember 2009 - VfGBbg 30/09 -), ist ebenfalls nichts ersichtlich.
4. Soweit die Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 10 LV geltend machen, ist das Recht auf Gewähr effektiven Rechtsschutzes spezieller, Art. 10 LV gewährleistet keine weitergehenden Rechte.
C.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Möller | Dr. Becker |
Dielitz | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Schmidt |