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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Juni 2015 - VfGBbg 11/15 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
Schlagworte: - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
- Bundesbehörde
- Abschiebung
- Asylrecht
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Juni 2015 - VfGBbg 11/15 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 11/15 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

N

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigte:              Rechtsanwältin B

 

wegen            Bescheid des Bundesamtes für Migration  und Flüchtlinge vom 6. Februar 2015

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. Juni 2015

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Schmidt

beschlossen:

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

 

 

 

G r ü n d e :

 

A.

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Vollzug der Abschiebung der Antragstellerin nach Italien untersagt werden soll.

 

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen ihre mit der Ablehnung ihres Antrags auf Anerkennung der Asylberechtigung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 6. Februar 2015 angeordnete Abschiebung nach Italien. Die aus Kamerun stammende Antragstellerin, der durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Italien ein Kurzaufenthaltsvisum für den Schengen-Raum ausgestellt worden war, reiste im Jahre 2014 nach Deutschland ein und stellte beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag auf Anerkennung der Asylberechtigung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Diesen lehnte  das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 6. Februar 2015 ab und ordnete gleichzeitig die Abschiebung nach Italien an.

 

Den hiergegen beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) gestellten, maßgeblich mit der schlechten gesundheitlichen Situation der Antragstellerin begründeten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Mai 2015 als unbegründet mit der Maßgabe ab, dass die Abschiebung erst erfolgen dürfe, wenn durch individuelle Erklärung der italienischen Behörde sichergestellt sei, dass der Antragstellerin unmittelbar nach ihrer Ankunft in Italien eine ihrem Gesundheitszustand angemessene Unterkunft zur Verfügung gestellt werde.

 

Das Verwaltungsgericht führte zur Begründung aus, die Abschiebungsanordnung sei rechtmäßig, da Italien für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragstellerin zuständig und eine Abschiebung zu vollziehen sei, sobald feststehe, dass diese durchgeführt werden könne. Die von der Antragstellerin vorgetragenen systemischen Schwachstellen des italienischen Asylverfahrens und die Aufnahmebedingungen, derentwegen die Antragstellerin einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung im Sinne Art. 4 der Charta der Grundrechte ausgesetzt wäre, bestünden nicht.

 

II.

Am 14. Juni 2015 hat die Antragstellerin Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 2015 begehrt und mit der sie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden hat.

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

im Wege der einstweiligen Anordnung dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einstweilen bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde zu untersagen, die in dem Bescheid vom 6. Februar 2015 angeordnete Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien zu vollziehen.

 

B.

Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zurückzuweisen. Die  Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) sind nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

 

Der Antrag der Antragstellerin richtet sich gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Unter diesen Umständen kommt eine Verletzung von in der Landesverfassung gewährleisteten Grundrechten durch die öffentliche Gewalt des Landes Brandenburg, die für eine vom Verfassungsgericht des Landes Brandenburg auszusprechende einstweilige Anordnung nach § 30 Abs.1 VerfGGBbg vorauszusetzen ist, von vornherein nicht in Betracht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist eine Bundesbehörde und ordnet Abschiebungen auf der Grundlage von Bundesrecht an. Als Bundesbehörde ist es beim Erlass und beim Vollzug der diesbezüglichen Bescheide nicht an das Landesverfassungsrecht gebunden. Bildet das Landesverfassungsrecht (einschließlich der Grundrechte der Landesverfassung) aber keinen Maßstab für die asylrechtlichen Entscheidungen des Bundesamtes, dann können Grundrechte der Landesverfassung hierdurch nicht verletzt werden (vgl. Beschluss vom 17. Mai 2013 - VfGBbg 18/13 -, m. w. Nachw.).

 

Ob hierüber hinaus die die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehenden weiteren Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 VerfGGBbg vorliegen, er insbesondere „zum gemeinen Wohl“ und „dringend geboten“ wäre (vgl. Beschlüsse vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 9/15 EA -; vom 24. Februar 2015 - VfGBbg 3/15 EA; vom 22. Februar 2013 - VfGBbg 1/13 EA -, vom 6. Juli 2012 - VfGBbg 5/12 EA -, vom 20. Februar 2003 - VfGBbg 1/03 EA -; Urteil vom 4. März 1996 -  VfGBbg 3/96 EA -, LVerfGE 4, 109, 112 f m. w. Nachw.), kann dahinstehen.

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Schmidt