Toolbar-Menü
Hauptmenü

VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 9/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 5 Abs. 1; LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 7 Abs. 2; LV, Art. 11 Abs. 1; LV, Art. 12 Abs. 1 Satz 2; LV, Art. 52 Abs. 3
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 46
- ZPO, § 114 Abs. 1
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Grundrechtsbindung (Art. 5 Abs. 1 LV) nicht mit Verfassungsbeschwerde rügefähig
- Begründung
- Grundrecht auf Datenschutz
- Ausstrahlungswirkung
- Abwägung
- Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet
- Prozesskostenhilfe
- Rechtsschutzgleichheit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 9/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 9/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

N.,

Beschwerdeführer,

wegen Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 18. März 2016 (41 C 81/16), Beschlüsse des Landgerichts Cottbus vom 9. Dezember 2016 und 3. Februar 2017 (1 S 51/16),

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. Mai 2017

durch die Verfassungsrichter Dielitz, Dr. Becker, Dresen, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

Der Beschwerdeführer wendet sich zum einen gegen die Versagung einer einstweiligen Verfügung durch das Amtsgericht Cottbus und zum anderen gegen eine prozesskostenhilferechtliche Entscheidung des Landgerichts Cottbus.

 

A.

I.

Der Beschwerdeführer begehrte unter dem 2. März 2016 beim Amtsgericht Cottbus den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dem Verfügungsbeklagten - einem Kleingartenverein - aufzugeben, eine in Schaukästen der Gartenanlage ausgehängte Einladung zu einer Mitgliederversammlung zu entfernen oder dergestalt zu ändern, dass er nicht mehr namentlich genannt werde, sowie jede weitere namentliche Erwähnung in den Schaukästen zu untersagen. Mit dem Aushang sei eine potentielle Gefährdung seiner Daten und seiner Person verbunden.

 

Das Amtsgericht wies den Antrag mit am 18. März 2016 verkündetem Urteil zurück (41 C 81/16). Die Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins sei unter Nennung einer so präzisen Tagesordnung zu gestalten, dass jedes Vereinsmitglied sich auf dieser Grundlage entscheiden könne, ob es der Mitgliederversammlung beiwohnen wolle. Die namentliche Nennung eines von einem Ausschluss aus dem Verein betroffenen Mitglieds sei dabei zwingend erforderlich, um die Tagesordnung für alle Mitglieder durchschaubar zu machen. Allein die Nennung der Tatsache, dass der Beschwerdeführer von einem Ausschluss bedroht sei, sei nicht diskriminierend, denn es handele sich dabei um einen im Vereinsleben durchaus üblichen Vorgang. Gründe, die zum Ausschluss des Beschwerdeführers führen sollten, seien nicht einmal ansatzweise angedeutet, geschweige denn in diskriminierender Form benannt worden. Die Argumentation, die Tagesordnung sei öffentlich für jedermann einsehbar, sei nach den vorgelegten Fotos nicht haltbar.

 

Mit Schreiben vom 23. März 2016 stellte der Beschwerdeführer beim Landgericht Cottbus einen Prozesskostenhilfeantrag zum Zweck der Erhebung einer Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts. Der Verfügungsbeklagte sei dem Begehren auf Entfernung der Aushänge nachgekommen, so dass von einem Anerkenntnis auszugehen sei. Der weitere Antrag sei auf ein zukünftiges Handeln gerichtet. Er habe einen "Anspruch auf Privatsphäre und informelle Selbstbestimmung". Dieser Anspruch sei höher zu bewerten als das Informationsrecht des Vereins. Mit dem Aushang sei weder zu garantieren, dass alle Mitglieder die Einladung zur Kenntnis nehmen könnten, noch sei auszuschließen, dass nicht berechtigte Dritte davon Kenntnis nehmen könnten, da die Gartenanlage nicht für Dritte gesperrt sei. Entgegen der Darstellung des Amtsgerichts gehe es nicht um Diskriminierung, sondern um Diskreditierung seiner Person durch eine unvollständige Information in der Einladung.

 

Das Landgericht wies den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 (1 S 51/16) zurück, da das vom Beschwerdeführer beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Eine Feststellung der Erledigung des Verfügungsverfahrens in der Hauptsache bezüglich des Begehrens auf Entfernung scheide aus, da kein Verfügungsanspruch bestanden habe. Voraussetzung eines Abwehranspruchs sei ein rechtswidriger Eingriff in die geschützte Sphäre des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die Einladung des Verfügungsbeklagten zur Mitgliederversammlung habe keine Herabsetzung des Verfügungsklägers enthalten. Vielmehr sei lediglich die Tatsache benannt worden, dass der Ausschluss des Beschwerdeführer aus dem Kleingartenverein auf der Tagesordnung stehe. Die Information sei auch nur einer beschränkten Öffentlichkeit zugänglich gewesen. Dem weiteren Begehren auf Unterlassung jeder weiteren namentlichen Erwähnung des Beschwerdeführers in den beiden Schaukästen der Gartenanlage fehle ebenfalls die hinreichende Erfolgsaussicht. Der Verfügungskläger behaupte nicht mit Substanz, dass sich eine künftige namentliche Erwähnung in einem Schaukasten des Verfügungsbeklagten abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auswirken könnte. Ferner bestehe keine hinreichende Wiederholungsgefahr, nachdem die Mitgliederversammlung des Verfügungsbeklagten den Ausschluss des Verfügungsklägers beschlossen habe. Darüber hinaus fehle es auch an einem Verfügungsgrund. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei nicht eilbedürftig, denn eine erneute namentliche Erwähnung des Beschwerdeführers in einem der Schaukästen stehe nicht zu erwarten.

 

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2016 wandte sich der Beschwerdeführer gegen diesen Beschluss und stellte mit Schreiben vom 18. Januar 2017 klar, dass er Gehörs- und Willkürrüge erhebe. Er sehe seine Argumente nur ungenügend berücksichtigt und gehe von einem willkürlichen Handeln aus. Alle Anträge seien zum Zeitpunkt der Antragstellung zulässig und begründet gewesen. Die öffentliche namentliche Bekanntgabe stelle eine Verletzung seiner Datenschutzrechte wie auch solcher des Vereins dar, was als unzulässiges Handeln des Verfügungsbeklagten anzusehen sei und seinen Verfügungsanspruch begründe. Bezüglich der Wiederholungsgefahr stehe nicht eine Herabsetzung seiner Persönlichkeit im Vordergrund, sondern das Selbstbestimmungsrecht über die Darstellung und Verwendung seiner persönlichen Daten ohne seine Zustimmung; dabei gehe es auch nicht nur um die Schaukästen.

 

Das Landgericht wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 3. Februar 2017

(1 S 51/16) als unzulässig zurück, da sie keine substantiierte Darlegung einer Verletzung rechtlichen Gehörs enthalte, sondern im Wesentlichen nur die Rechtsansicht des Beschwerdeführers wiedergebe.

 

II.

Der Beschwerdeführer hat am 15. Februar 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er die Verletzung von Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 2, Art. 11 Abs. 1,

Art. 12 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 52 Abs. 3 LV geltend macht.

 

Er habe sich mit seinem Antrag gegen die Verletzung von Rechten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes durch den Verfügungsbeklagten aufgrund der öffentlichen Bekanntgabe der Mitgliedschaft in dem Verein einschließlich einer damit verbundenen negativen Darstellung seiner Person gewandt. Dies sei weder im Urteil des Amtsgerichts noch in den Beschlüssen des Landgerichts berücksichtigt worden. Das Landgericht habe mit der Ablehnung der Prozesskostenhilfe den Zugang zum ordentlichen Gericht und damit die Überprüfung des Urteils des Amtsgerichts verhindert. Das Landgericht habe im PKH-Ver­fahren abschließend in der Sache entschieden, ohne dass ein beigeordneter Rechtsanwalt das Urteil des Amtsgerichts habe prüfen können. Darin sehe er ein willkürliches Handeln. Das Amtsgericht verkenne, dass der Verfügungsbeklagte zwar beanspruchen könne, in einer Einladung zur Mitgliederversammlung die Tagesordnung präzise zu gestalten, es sich hier jedoch um eine außerordentliche Mitgliederversammlung gehandelt habe, deren Tagesordnung allenfalls unterstützend habe ausgehangen werden dürfen und die die Rechte der Mitglieder aufgrund anderer Rechtsgrundlagen als der Satzung nicht habe verletzen dürfen. Dies sei aber hier der Fall. Schon die Form der Darstellung des Aushangs sei ausreichend gewesen für die Erzeugung der Aufmerksamkeit; auf die Einsehbarkeit von der Straße sei es nicht angekommen. Die Anzahl der potentiellen Personen, welche davon Kenntnis nehmen konnten, sei irrelevant. Es sei nicht um diskriminierende Aussagen gegangen, wie es Amtsgericht und Landgericht als Grundlage ihrer Entscheidung angegeben hätten, sondern um die Selbstbestimmung über Daten. Das Recht auf Datenschutz des einzelnen Mitglieds stehe über dem Anspruch des Vereins auf Weitergabe von Informationen.

 

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen.

 

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit mit ihr der Beschluss des Landgerichts vom 3. Februar 2017 über die Zurückweisung der Gehörsrüge angegriffen wird, wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gerichtliche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentscheidung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer - zusätzlichen - verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 24/16 -, vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 39/15 -, vom 12. Dezember 2014 - VfGBbg 23/14 - und vom 15. Juli 2011 - VfGBbg 10/11 -, www.verfassungsgericht.branden­burg.de).

 

2. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 LV rügt, ist die Verfassungsbeschwerde bereits deshalb unzulässig, weil dieser nicht Gegenstand eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens sein kann. Die in der genannten Verfassungsnorm enthaltene Anordnung der allgemeinen Geltung der Grundrechte begründet zwar deren Durchsetzbarkeit vor dem Verfassungsgericht, entscheidet aber lediglich über das "Ob" der Bindung und enthält keine konkret einklagbaren subjektiven Rechte (vgl. Beschluss vom 18. November 2011 - VfGBbg 40/11 -, www.verfas­sungsgericht.bran­den­burg.de).

 

3. Im Übrigen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen an die Beschwerdebegründung. Nach den maßgeblichen Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg ist eine Begründung notwendig, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss somit umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert. Es bedarf demnach einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage (vgl. Beschlüsse vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 -, vom 25. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 - und vom 21. November 2014 - VfGBbg 15/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; zum Bundesrecht vgl. BVerfGE 130, 1, 21; BVerfGK 20, 327, 329; BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2017 - 1 BvR 781/15 -, juris Rn. 20). Dies leistet die Beschwerdeschrift nicht.

 

a. Inwiefern die Rechtsweggarantie des Art. 6 Abs. 1 LV durch das Landgericht oder das Amtsgericht missachtet worden sein soll, macht die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise deutlich.

 

b. Die Möglichkeit einer Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz gemäß Art. 11 Abs. 1 LV ist den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen.

 

Das Vorbringen, die befassten Gerichte hätten "die Verletzung von Rechten im Sinne des BDSG durch den Verfügungsbeklagten" nicht berücksichtigt, verkennt bereits, dass Maßstab der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nicht die einfachgesetzlichen Regelungen sind. Die Entscheidungen der zuständigen Fachgerichte, namentlich die Feststellung und Würdigung des Tatbestands sowie die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den Einzelfall, sind grundsätzlich der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht entzogen. Vielmehr ist es darauf beschränkt, die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts zu korrigieren. Diese Schwelle ist - außerhalb der stets zulässigen Willkürkontrolle - erst erreicht, wenn das Fachgericht dem einfachen Recht einen Inhalt entnommen hat, den auch der Gesetzgeber nicht ohne Verstoß gegen die Verfassung festlegen könnte  oder wenn die fachgerichtliche Entscheidung bei der Tatbestandsfeststellung oder Auslegung des einfachen Rechts die Grundrechte und deren Ausstrahlungswirkung auf das gesamte Recht grundsätzlich verkannt hat und die Entscheidung auf dieser unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruht (vgl. Beschlüsse vom 17. Juni 2016 - VfG­Bbg 95/15 - und vom 20. Februar 2015 - VfGBbg 44/14 -, www.verfas­sungsge­richt.brandenburg.de; BVerfGE 18, 85, 92 f; E 42, 143, 147 f; E 43, 130, 135 f; E 67, 213, 222 f). Einen solchen Fall zeigt die Beschwerdebegründung in Bezug auf das Datenschutzgrundrecht nicht auf.

 

Nach Art. 11 Abs. 1 LV hat jeder das Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen, auf Auskunft über die Speicherung seiner persönlichen Daten und auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen, soweit sie ihn betreffen und Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Daten dürfen nur mit freiwilliger und ausdrücklicher Zustimmung des Berechtigten erhoben, gespeichert, verarbeitet, weitergegeben oder sonst verwendet werden. Dementsprechend umfasst das Grundrecht, das inhaltsgleich mit dem vom Bundesverfassungsgericht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) abgeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist (vgl. hierzu BVerfGE 65, 1, 42 ff), die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen er einen persönlichen Lebenssachverhalt offenbart und wie mit seinen personenbezogenen Daten verfahren wird (vgl. Beschlüsse vom 20. Juni 2014 - VfGBbg 60/13 -, ZOV 2014, 242; vom 15. April 2010 - VfGBbg 37/09 -, www.verfas­sungsge­richt.brandenburg.de; vom 21. April 2005 - VfGBbg 56/04 -, LKV 2005, 401, 402; vom 25. September 2002 - VfGBbg 79/02 -, LVerfGE 13, 177, 181 f; vom 15. November 2001 - VfGBbg 49/01, 49/01 EA -, LVerfGE 12, 155, 159 f; sowie Urteil vom 30. Juni 1999 - VfGBbg 3/98 -, LVerfGE 10, 157, 161 f). Entsprechend dem Wesen der Grundrechte als Freiheitsrechte des Bürgers gegenüber dem Staat erfasst die Bestimmung die staatliche Erhebung, Verarbeitung oder Weitergabe von personenbezogenen Daten und schützt demgemäß vor der Inanspruchnahme persönlicher Daten durch staatliche Stellen (vgl. Beschluss vom 25. September 2002 - VfGBbg 79/02 -, LVerfGE 13, 177, 181 f; BVerfGE 78, 77, 84; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: September 2016, Art. 2 Rn. 176). Dass vorliegend die befassten Gerichte durch ihre Entscheidungen selbst direkt in den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 LV eingegriffen hätten, macht selbst der Beschwerdeführer nicht geltend.

 

Aber auch eine grundsätzliche Verkennung der Ausstrahlungswirkung des Grundrechts durch das Amtsgericht oder das Landgericht legt der Beschwerdeführer nicht schlüssig dar. Anerkanntermaßen ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur vor direkten staatlichen Eingriffen geschützt. Vielmehr entfaltet es als objektive Norm seinen Rechtsgehalt auch im Privatrecht und strahlt in dieser Eigenschaft auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften aus. Der Richter hat kraft Verfassungsgebots zu prüfen, ob von der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Einzelfall Grundrechte berührt werden. Trifft das zu, dann hat er diese Vorschriften im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerfGE 81, 40, 52; 84, 192, 194 f). Angesichts der Tatsache aber, dass das Sammeln und Verbreiten von Informationen durch Private ihrerseits Grundrechtsausübungen darstellen und sich im Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten damit in der Regel kollidierende und daher ausgleichsbedürftige Grundrechtspositionen gegenüberstehen, sind das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die gegenläufigen Grundrechte über eine Abwägung in einen möglichst schonenden Ausgleich zueinander zu bringen (vgl. Rudolf, in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte IV, 2011, § 90 Rn. 44; Dreier, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 1 Rn. 97; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 2 Abs. 1 Rn. 177).

 

Die Argumentation des Beschwerdeführers macht nicht deutlich, dass das Urteil des Amtsgerichts oder der Beschluss des Landgerichts vom 9. Dezember 2016 diesen Anforderungen nicht genügt, insbesondere die auf Seiten des Beschwerdeführers betroffene grundrechtliche Position gänzlich verkannt hätte. Vielmehr legen die Entscheidungen erkennbar eine Abwägung zwischen den Belangen des Beschwerdeführers und den Interessen des Verfügungsbeklagten zugrunde. Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht in der nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg erforderlichen Tiefe auseinander. Sein Einwand, das Recht auf Datenschutz des einzelnen Mitglieds stehe über dem Anspruch des Vereins auf Weitergabe von Informationen, taugt hierfür schon deshalb nicht, weil er ignoriert, dass auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet ist und der Einzelne kein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über seine Daten hat (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 f). Es reicht aber insbesondere für die gebotene inhaltliche Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung nicht aus, den Erwägungen des Gerichts nur die eigene Sichtweise entgegenzustellen, ohne deutlich zu machen, aus welchen verfassungsrechtlichen Gründen die angegriffene Entscheidung fehlerhaft sein soll (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2017 - VfGBbg 60/16 -, www.verfas­sungsgericht.bran­den­burg.de; BVerfG EuGRZ 2008, 79, 80; BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 BvR 2539/10 -, juris Rn.  21; BVerfGK 2, 22, 24).

 

c. Der Beschwerdeführer legt mit Blick auf den Beschluss des Landgerichts über die Prozesskostenhilfe einen Verstoß gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit nach Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV, der in Bezug auf gerichtliche Verfahren im Verhältnis zum allgemeinen Gleichheitsgebot des Art. 12 Abs. 1 LV spezielleren und damit vorrangigen Norm, nicht dar.

 

aa. Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV gebietet - ebenso wie Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip - eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes, wobei diesen Geboten der Rechtsschutzgleichheit und -effektivität das Institut der Prozesskostenhilfe dient. Verfassungsrechtlich ist es unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen jedoch nicht überspannt werden. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz fordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Die Auslegung und Anwendung des § 114 Abs. 1 ZPO obliegt dabei in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die den - verfassungsgebotenen - Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben. Das Verfassungsgericht ist keine zusätzliche Rechtsmittelinstanz. Er kann hier nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffenen Entscheidungen Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des in Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV gewährleisteten Rechts beruhen. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht zukommt, erst dann, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderung an die Erfolgsaussicht des beabsichtigten Rechtsstreits überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt. Dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit läuft es zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder das Gericht von höchstrichterlicher Rechtsprechung und herrschender Literaturmeinung abweichen will (vgl. Beschluss vom 14. Oktober 2016 - VfGBbg 17/16 -, www.verfassungsgericht.branden­burg.de, m. w. Nachw.).

 

bb. Nach diesen Grundsätzen zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass das Landgericht die Tragweite der verfassungsrechtlich geschützten Rechtsschutzgleichheit dadurch verkannt hätte, dass es weit überhöhte Anforderungen an die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Berufung gestellt hat.

 

d. Einen Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV lässt die Beschwerdebegründung ebenso wenig erkennen.

 

Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist. Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar unverständlich erscheint. Diese Voraussetzungen liegen u. a. dann vor, wenn sich ein Gericht mit seiner rechtlichen Beurteilung ohne nachvollziehbare Begründung in Widerspruch zu einer durch Rechtsprechung und Schrifttum geklärten Rechtslage setzt oder das Gericht den Inhalt einer Norm krass missdeutet, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 79/15 -, www.verfassungs­gericht.bran­denburg.de, m. w. Nachw.). Ansatzpunkte hierfür zeigt die Beschwerdeschrift nicht auf.

e. Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 7 Abs. 2 LV rügt, wonach jeder jedem die Anerkennung seiner Würde schuldet, genügt das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Begründungserfordernissen. Abgesehen davon, dass dieser Bestimmung ohnehin wohl nur eine im Verhältnis zu Art. 7 Abs. 1 LV deklaratorische, klarstellende Bedeutung zukommt (vgl. Iwers, in: Lieber/Iwers/Ernst, LV, 2012, Art. 7 Anm. 3; Iwers, Entstehung, Bindungen und Ziele der materiellen Bestimmungen der Landesverfassung Brandenburg, 1998, S. 321), wird unter Zugrundelegung des Tatsachenvortrags des Beschwerdeführers die Möglichkeit einer entsprechenden Grundrechtsverletzung - ein Betroffensein in der Menschenwürde -im vorliegenden Fall nicht deutlich.

 

II.

Die Entscheidung ist einstimmig ergangen. Sie ist unanfechtbar.

Dielitz Dr. Becker
   
Dresen Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt