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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 8/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 5 Abs. 1; LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 6 Abs. 3; LV, Art. 12 Abs. 1 Satz 1; LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 52 Abs. 4
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Kostenentscheidung
- selbstständiger Beschwerdegegenstand
- Begründung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 8/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 8/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

N.,

Beschwerdeführer,

wegen            Beschlüsse des Landgerichts Cottbus vom 12. Dezember 2016 (7 T 254/16) und vom 13. Januar 2017 (7 T 8/17)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. Mai 2017

durch die Verfassungsrichter Dielitz, Dr. Becker, Dresen, Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die landgerichtliche Kostenentscheidung zu einer Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren.

 

I.

Im Nachgang zu einem Zivilrechtsstreit setzte das Amtsgericht Cottbus mit Be­schluss vom 16. Juni 2016 (45 C 466/13) auf Antrag des seinerzeitigen Klägers die vom Beschwerdeführer zu tragenden Kosten auf 1.059,86 € fest.

 

Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde begründete der Beschwerdeführer dahingehend, dass die Festsetzung unzulässig gewesen sei, da es an einem rechts­kräftig festgestellten Streitwert fehle; hinsichtlich des ergangenen Streitwertbeschlus­ses sei noch ein Rechtsmittelverfahren beim Brandenburgischen Oberlandesgericht anhängig. Später machte er gegenüber dem Landgericht Cottbus geltend, dass eine Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht vorliege. Zudem sei das Amtsgericht auf seine schon vor der Festsetzung angeführten Einwände hinsichtlich der Neben­kosten des Klägers nicht eingegangen.

 

Das Landgericht änderte mit Beschluss vom 12. Dezember 2016 (7 T 254/16) unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen den Kostenfestsetzungsbeschluss teil­weise ab, setzte die vom Beschwerdeführer zu tragenden Kosten auf 1.025,26 € fest und wies den weitergehenden Festsetzungsantrag des Klägers zurück. Die Kosten des Kostenfestsetzungsverfahrens in beiden Rechtszügen legte das Landgericht dem Beschwerdeführer auf. Einige Positionen des Kostenfestsetzungsantrags des Klägers seien nur in geringerem Umfang erstattungsfähig. Das weitergehende Be­schwerdevorbringen des Beschwerdeführers dringe nicht durch. Der Streitwert sei inzwischen rechtskräftig festgesetzt worden. Die Kosten für Reisen des Vertreters des Klägers seien erstattungsfähig. Die Kostenentscheidung für das Kostenfest­setzungsverfahren beruhe auf § 91, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 ZPO; das Unterliegen des Klägers sei verhältnismäßig geringfügig und habe keine höheren Kosten veran­lasst.

 

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 erhob der Beschwerdeführer beim Landge­richt "Gehörsrüge bzw. Willkürrüge und sofortige Beschwerde gegen die Kostenent­scheidung für das Kostenfestsetzungsverfahren". Ziel seiner Beschwerde sei nicht der gesamte Kostenfestsetzungsbeschluss in inhaltlicher Hinsicht gewesen. Sein Einwand einer Festsetzung vor Abschluss des Rechtsmittelverfahrens über den Streitwert sei nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts als erledigt anzusehen gewesen. Das Landgericht habe seine Bedenken gegenüber den geltend gemachten Kostenpositionen weitgehend aufgegriffen. Es habe im Antrag des Klägers und der Festsetzung Mängel gegeben, die er zu Recht gerügt habe. Die Kosten der Be­schwerde seien daher dem Kläger bzw. der Staatskasse aufzuerlegen und die Kostenentscheidung zu seinen Lasten aufzuheben.

 

Das Landgericht Cottbus wies die Gehörsrüge mit Beschluss vom 13. Januar 2017 (7 T 8/17) zurück. Den Umfang des Rechtsmittels habe das Gericht zur Kenntnis ge­nommen und berücksichtigt. Durch den Beschwerdeführer sei gegen den Kosten­festsetzungsbeschluss uneingeschränkt sofortige Beschwerde erhoben worden. Das Rechtsmittel sei auch nicht teilweise zurückgenommen worden.

 

II.

Der Beschwerdeführer hat am 15. Februar 2017 Verfassungsbeschwerde gegen die Kostenentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben, mit der er eine Ver­letzung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 3, Art. 12 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 52 Abs. 3 und 4 LV rügt.

 

Aus seiner Beschwerde habe nicht entnommen werden können, dass der Fest­setzungsbeschluss in seiner Gesamtheit angegriffen werden sollte. Trotz seiner be­rechtigten Einwände habe das Amtsgericht die beantragten Kosten nicht bean­standet. Allein aus der Tatsache, dass das Landgericht die Korrekturen selbst vorge­nommen und nicht zur Bearbeitung an das Amtsgericht zurückgereicht habe, sei für ihn nicht zu erkennen gewesen, dass daraus eine Ablehnung der Beschwerde folgen könne. Seine Beschwerde sei vielmehr erfolgreich gewesen. Er habe mit seiner Be­schwerde nicht eine fehlerhafte Streitwertfestsetzung geltend gemacht, sondern le­diglich, dass der Streitwert zum Zeitpunkt des Kostenfestsetzungsbeschlusses noch nicht rechtskräftig festgestanden habe. Aus seinen Schreiben sei deutlich geworden, dass die Beschwerde hinsichtlich der Bekanntgabe des Beschlusses des Oberlan­desgerichts als erfüllt anzusehen gewesen sei. Einer Rücknahme der Beschwerde, selbst teilweise, habe es nicht bedurft, da diese in jeder Hinsicht zulässig, begründet und zu den beanstandeten Sachverhalten erfolgreich gewesen sei. Die Kosten der Beschwerde seien vielmehr der Landeskasse aufzuerlegen, da das Amtsgericht seine originären Amtspflichten bei der Prüfung des Kostenfestsetzungsantrages in grober Weise verletzt und damit die Beschwerde verursacht habe.

 

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Bran­denburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen.

 

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit mit ihr der Beschluss des Landgerichts vom 13. Januar 2017 über die Zurückweisung der Gehörsrüge angegriffen wird, we­gen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Es entspricht ständiger Recht­sprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gericht­liche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selb­ständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentschei­dung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer - zusätzlichen - verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeent­scheidung besteht nicht (vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 24/16 -, vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 39/15 -, vom 12. Dezember 2014 - VfGBbg 23/14 - und vom 15. Juli 2011 - VfGBbg 10/11 -, www.verfassungsgericht.branden­burg.de).

 

2. Auch im Hinblick auf den Beschluss des Landgerichts vom 12. Dezember 2016 ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die ausdrücklich allein gegen die Kostenentscheidung dieses Beschlusses gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht gegeben.

 

Eine gerichtliche Entscheidung kann im Kostenpunkt selbständig mit der Verfas­sungsbeschwerde angegriffen werden, wenn sich der behauptete Verfassungsver­stoß ausschließlich auf die Kostenentscheidung bezieht und die Entscheidung in der Hauptsache davon nicht berührt wird, wenn mithin die Kostenentscheidung selbst ein verfassungsmäßiges Recht des Beschwerdeführers verletzt und nicht lediglich einen Annex zur Hauptsache darstellt (vgl. Beschlüsse vom 17. April 2015 - VfGBbg 56/14 -, vom 26. März 2009 - VfGBbg 40/08 -, vom 28. September 2006 - VfGBbg 17/06 - und vom 28. Juni 2001 - VfGBbg 13/01 -, www.verfassungsgericht.branden­burg.de; BVerfGE 74, 78, 89 f; E 85, 109, 113 f; BVerfGK 5, 10, 12 f; BVerfG NJW 2016, 861, 862; NJW 2010, 1349, 1350). Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten­entscheidung - wie bei Rücknahme einer Klage, Erledigung der Hauptsache oder Vergleich - für sich oder ob sie in Zusammenhang mit einer Sachentscheidung er­gangen ist (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 14. November 2012 - 127/10 -, LKV 2013, 121).

 

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn der Beschwerdeführer macht in der Beschwerdeschrift einen eigenständigen und auf die Kostentscheidung des Be­schlusses vom 12. Dezember 2016 beschränkten Verfassungsverstoß nicht geltend. Seine Einwände betreffen vielmehr allein die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache, konkret die Auslegung und Behandlung seiner Beschwerde vom 15. Juli 2016 gegen den amtsgerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss, die sich lediglich (folgerichtig) auf die Kostenentscheidung mit ausgewirkt haben.

 

3. Auch unabhängig davon ist die Verfassungsbeschwerde zu verwerfen.

 

a. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 LV und Art. 6 Abs. 3 LV rügt, ist die Verfassungsbeschwerde bereits deshalb unzulässig, weil diese nicht Gegenstand eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens sein können. Die in Art. 5 Abs. 1 LV enthaltene Anordnung der allgemeinen Geltung der Grundrechte begründet zwar deren Durchsetzbarkeit vor dem Verfassungsgericht, entscheidet aber lediglich über das "Ob" der Bindung und enthält keine konkret einklagbaren subjektiven Rechte. Auch Art. 6 Abs. 3 LV beinhaltet - ebenso wie Art. 34 GG auf Bundesebene (vgl. dazu BVerfGE 2, 336, 338 f) - kein Grundrecht, dessen Ver­letzung unmittelbar vor dem Verfassungsgericht geltend gemacht werden kann (vgl. Beschluss vom 18. November 2011 - VfGBbg 40/11 -, www.verfassungsgericht.bran­den­burg.de).

 

b. Im Übrigen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen an die Beschwerdebegründung.

 

Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg ist eine Begründung notwendig, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Be­schwerdeführers aufzeigt. Sie muss somit umfassend und aus sich heraus verständ­lich sein. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des ent­scheidungserheblichen Sachverhalts je nach den Umständen des Falles die wesent­lichen rechtlichen Erwägungen dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzu­legen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kolli­diert. Es bedarf demnach einer einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufar­beitung der Rechtslage (vgl. Beschlüsse vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 -, vom 25. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 - und vom 21. Novem­ber 2014 - VfGBbg 15/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; zum Bundesrecht vgl. BVerfGE 130, 1, 21; BVerfGK 20, 327, 329; BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2017 - 1 BvR 781/15 -, juris Rn. 20). Dies leistet die Beschwerdeschrift nicht.

 

Soweit der Beschwerdeführer pauschal auf Art. 52 Abs. 3 und 4 LV verweist, wird damit schon nicht deutlich, welche der in diesen Bestimmungen enthaltenen Grund­rechtsgewährleistungen - Gleichheit vor Gericht oder rechtliches Gehör bzw. faires oder zügiges Verfahren oder Verfahren vor einem unparteiischen Gericht - geltend gemacht werden sollen; auch die weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegrün­dung lassen dies nicht erkennen. Inwieweit das Landgericht mit seiner Kostenent­scheidung gegen das Willkürverbot verstoßen haben soll (vgl. zu den Anforderungen zuletzt Beschluss vom 16. Dezember 2016 - VfGBbg 33/16 -, www.verfassungs­ge­richt.brandenburg.de, m. w. Nachw.), legt die Beschwerdebegründung nicht ansatz­weise dar. In dem Beschluss ist - einfachrechtlich zutreffend - darauf hingewiesen worden, dass das geringfügige Unterliegen des Klägers kostenrechtlich unbeachtlich war; der Beschwerdeführer übersieht dies offensichtlich. Ebenso wenig wird erkenn­bar, inwiefern die Rechtsweggarantie des Art. 6 Abs. 1 LV durch das Landgericht missachtet worden sein soll.

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Dielitz Dr. Becker
   
Dresen Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt