VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2005 - VfGBbg 163/03 -
Verfahrensart: |
Kommunalverfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 97; LV, Art. 98 Abs. 1 |
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Schlagworte: | - kommunale Selbstverwaltung - Gemeindegebietsreform - Verhältnismäßigkeit |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 19. Mai 2005 - VfGBbg 163/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 163/03
IM NAMEN DES VOLKES |
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In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Gemeinde Kallinchen, Beschwerdeführerin, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.,
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg am 19. Mai 2005 b e s c h l o s s e n : Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen. G r ü n d e : A. Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem Amt Zossen angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung durch Eingliederung in die neu gebildete amtsfreie Stadt Zossen. I. 1. Die Beschwerdeführerin liegt im Westen des Landkreises Teltow-Fläming und grenzt an den Landkreis Dahme-Spreewald an. Bisher gehörte sie mit den Gemeinden Glienick, Groß Schulzendorf, Nächst Neuendorf, Nunsdorf, Schöneiche und Wünsdorf sowie der Stadt Zossen dem Amt Zossen an – einem Amt nach dem sog. Amtsmodell 1. Sitz der Amtsverwaltung war in der Stadt Zossen. Das Amt grenzte im Nordwesten an die amtsfreie Stadt Ludwigsfelde, im Norden an die Ämter Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf, im Nordosten und Osten an das Amt Mittenwalde sowie im Südosten an das Amt Schenkenländchen (beide Landkreis Dahme-Spreewald), im Süden an die amtsfreie Stadt Baruth/Mark, im Südwesten an das Amt Am Mellensee und im Westen an das Amt Trebbin an. Die im Nordwesten des Amtes Zossen gelegene Gemeinde Groß Schulzendorf mit 494 Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2001) hat sich mit Wirkung zum 26. Oktober 2003 aufgrund eines am 7. August 2002 vom Ministerium des Innern genehmigten Vertrages in die amtsfreie Stadt Ludwigsfelde eingegliedert. Das Amt und damit auch das Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin liegen im engeren Verflechtungsraum zu Berlin (s. Art. 1 Anlage 1 § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. Anhang B 1 des Staatsvertrages vom 7. August 1997 über das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg [Landesentwicklungsprogramm: LEPro] und über die Änderung des Landesplanungsvertrages [GVBl. 1998 I S. 14]). Die im Regionalplan Havelland-Fläming als Grundzentrum eingestufte Stadt Zossen liegt etwa in der Mitte des Amtsgebietes in einer Entfernung von ungefähr 9 km zum Gebiet der Beschwerdeführerin. Die weiteren amtsangehörigen Gemeinden befinden sich entlang der auf die Stadt Zossen zulaufenden Verkehrswege. Ende 2001 lebten von den etwa 16.900 Einwohnern des Amtgebietes 6737 in der Stadt Zossen und 478 im Gebiet der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin weist einen ausgeglichenen Haushalt auf (LT-Drucksache 3/4883, S. 321). 2. Anfang Mai 2002 versandte das Ministerium des Innern an die Beschwerdeführerin Unterlagen zu ihrer beabsichtigten Eingliederung in die neu zu bildende Stadt Zossen (damals noch „Zossen-Wünsdorf“) mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden Maiwochen wurden auch die Anhörungsunterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des Landkreises Teltow-Fläming versandt. Für die Bürgeranhörung stand ein Monat zur Verfügung; sie sollte vor dem Ende der Gemeindeanhörung abgeschlossen sein. Der Referentenentwurf wich von der letztlich getroffenen gesetzlichen Regelung insoweit ab, als in ihm noch der Stadtname „Zossen-Wünsdorf“ vorgesehen war. 3. Im September/Oktober desselben Jahres brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. § 19 des Entwurfes zum Vierten Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming (4. GemGebRefGBbg) sah den Zusammenschluß der bisher dem Amt Zossen zugehörigen Gemeinden (außer Groß Schulzendorf) zur neuen Stadt Zossen vor. Der Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung verwiesen worden waren, führte am 23. Oktober 2002 im Rahmen der Behandlung der Entwürfe zum 1. bis 4. Gemeindegebietsreformgesetz eine Anhörung zu grundsätzlichen Fragen durch. Anhörungsgegenstand war unter anderem die räumliche Festlegung des engeren Verflechtungsraumes. Zur Anhörung der Beschwerdeführerin vor dem Innenausschuß am 21. November 2002 wurde deren ehrenamtlicher Bürgermeister geladen, welcher – nach Angaben der Beschwerdeführerin - die Anhörungsunterlagen 3 Wochen und 6 Tage vor dem Termin erhielt. Im Anhörungstermin trat für die Beschwerdeführerin deren Prozeßbevollmächtigte auf und rügte ausschließlich formelle Fehler im Beteiligungsverfahren. Der Beschwerdeführerin wurde eine Nachfrist bis zum 6. Dezember 2002 für eine schriftliche Stellungnahme eingeräumt (vgl. Ausschußprotokoll 3/660, S. 103). Die Beschwerdeführerin lehnte die vorgesehene Neugliederung mit der Begründung ab, daß ihre Eigenständigkeit zwangsweise nur dann beseitigt werden könne, wenn eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung ihrerseits nicht sichergestellt sei. Das Gesetz wurde sodann im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 19 des 4. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl I S. 73), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. § 37 Satz 1 des 4. GemGebRefGBbg), lautet: § 19
II. Die Beschwerdeführerin hat am 11. Juni 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht unter verschiedenen Aspekten geltend, die Neugliederungsmaßnahme sei schon deshalb verfassungswidrig, weil weder die Bevölkerung des unmittelbar betroffenen Gebietes noch sie selbst (als Gemeinde) ordnungsgemäß angehört worden seien. Beispielsweise unterschieden sich die Anhörungsunterlagen und der Gesetzentwurf wesentlich. Die Anhörungsfehler seien „absolute Nichtigkeitsgründe“. Auf Fragen der Kausalität komme es nicht an. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei ein „ernstes Indiz für die verfassungswidrige Gewalt der gesetzlichen Regelung“ die Tatsache, daß sich von 302 Gemeinden, die der Gesetzgeber aufzulösen versucht habe, 250 mit kommunalen Verfassungsbeschwerden dagegen zu Wehr setzten. Es fehle am Nachweis, daß die Beschwerdeführerin ungeeignet sei, den Anforderungen moderner Selbstverwaltung zu entsprechen. Der Abwägungsvorgang sei fehlerhaft, was u.a. auf Ermittlungsdefiziten beruhe. Ferner habe man beispielsweise im Falle des Amtes Seelow-Land wegen der politischen Intervention einiger Abgeordneter von einer Eingemeindung abgesehen. Die Beschwerdeführerin beantragt zu erkennen:
III. Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die neu gebildete Stadt Zossen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. B. Die weitgehend zulässige kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. I. 1. Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist insofern unzulässig, als sie sich auch gegen die in § 19 Abs. 1 des 4. GemGebRefGBbg geregelte Eingliederung anderer Gemeinden in die neue Stadt Zossen und die in § 19 Abs. 2 Satz 1 des 4. GemGebRefGBbg bestimmte Auflösung des bisherigen Amtes Zossen richtet. Diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtes, die entsprechend der (bloßen) verwaltungsmäßigen Hilfsfunktion des - wie immer zustandegekommenen bisherigen - Amtes für jedwede spätere Änderung der Amtszuordnung zu gelten hat, lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 57/01 -, LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, LKV 2002, 573, 574). Soweit sich die kommunale Verfassungsbeschwerde einer amtsangehörigen Gemeinde als begründet erweist und sie (folglich) als amtsangehörige Gemeinde fortbesteht, hat das Land dafür zu sorgen, daß ihr eine Verwaltung – durch Zuordnung zu einem Amt oder Bildung eines neuen Amtes, notfalls auch unter Wiederbelebung der früheren Amtsmodelle 2 oder 3 - zur Verfügung steht. Je nach Art der dann getroffenen Regelung, die also gegebenenfalls abzuwarten bleibt, mag Anlaß für eine darauf bezogene gerichtliche Überprüfung bestehen. Festhalten an dem einmal gefundenen Zuschnitt der Amtsverwaltung kann die einzelne Gemeinde das Land aber grundsätzlich nicht. Auch soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Zuordnung anderer Gemeinden wendet, sind Gesichtspunkte für eine Beschwer nicht ersichtlich. 2. Im übrigen ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. Ebenso wird die Beschwerdeführerin im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten. II. Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür ebenfalls nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt. 1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit von der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in einer Vielzahl von Verfahren kommunaler Verfassungsbeschwerden im wesentlichen gleichlautend vorgebrachten Einwände wird auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg (vgl. u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -) Bezug genommen. Auch die von der Beschwerdeführerin in Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung vorgebrachten Einwände im Schriftsatz vom 24. Februar 2004 geben keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 24. Juni 2004 - VfGBbg 162/03 -, zuletzt ausführlich: Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 118/03 -). Was die vorliegende Fallgestaltung anbelangt, ist ergänzend folgendes anzumerken: a) Die der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehende Zeit für die Vorbereitung auf den Anhörungstermin am 21. November 2002 war noch ausreichend. Zwischen der Ladung zum Anhörungstermin und dem Anhörungstermin selbst lagen drei Wochen und sechs Tage. Damit war der Zeitraum von der Benachrichtigung über die Anhörung bis zu deren Durchführung für eine sachgerechte Stellungnahme unter Beteiligung der Gemeindevertretung zwar kurz. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß das Vorhaben mit unverändertem Inhalt schon lange angekündigt war und insofern nicht überraschend kam. Die Beschwerdeführerin wurde bereits im Vorfeld der Gesetzesinitiative angehört und konnte sich mit der Neugliederungsabsicht befassen. Bereits im Frühsommer 2002 hatte sie nämlich Gelegenheit gehabt, zu Gegenstand, Zielsetzung und Inhalt des damaligen Referentenentwurfs Stellung zu nehmen, und hierzu entsprechendes Material erhalten. Außerdem ist der Beschwerdeführerin in der Anhörung vor dem Innenausschuß am 21. November 2002 eine Nachfrist für eine schriftliche Stellungnahme bis zum 6. Dezember 2002 eingeräumt worden (vgl. Ausschußprotokoll 3/660, S. 103). Letztlich stand somit ein hinreichend langer Zeitraum für eine sachgerechte Meinungsbildung innerhalb der Gebietskörperschaft zur Verfügung und war gewährleistet, daß die Beschwerdeführerin ihre Einwendungen formulieren und vortragen konnte. b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt keine - eine erneute Anhörungspflicht auslösende - Diskrepanz zwischen Anhörungsentwurf und Gesetz vor. Eine erneute Anhörung der Bevölkerung (und ggf. der betroffenen Gemeinde) ist nur geboten, wenn es zu einer wesentlichen Änderung der Neugliederung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens kommt (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember – VfGBbg 101/03 -; vgl. auch BVerfGE 50, 195, 203; SächsVerfGH LVerfGE 11, 356, 386; NdsStGH, NJW 1979, 2301; StGH BW, DÖV 1976, 245; VerfGH NW, OVGE 26, 306). Eine wesentliche Änderung des Gesetzgebungsvorhabens ist im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch sonst für das Verfassungsgericht ersichtlich. Insbesondere ist die Änderung des Stadtnamens (Referentenentwurf: „Zossen-Wünsdorf“; Gesetzentwurf und Gesetz: „Zossen“) keine eine neue Anhörungspflicht auslösende gesetzgeberische Konzeptionsabwandlung. Zudem überließ § 24 des 4. GemGebRefGBbg der neu gebildeten Stadt die nachträgliche Änderung des Gemeindenamens unter erleichterten Voraussetzungen. 2. Auch materiell ist die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in die neue Stadt Zossen mit der Landesverfassung vereinbar. a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes „öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich – in dem von der Verfassung gesteckten Rahmen – ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe selbst festlegen kann. Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat. Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt (BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]; SächsVerfGH, Urteile vom 18. Juni 1999 - Vf. 51-VIII-98 - LVerfGE 10, 375, 394 [Markkleeberg] und vom 5. November 1999 - Vf. 133-VII-98 -, UA S. 13; ThürVerfGH LVerfGE 5, 391, 427 f. [Jena]). Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber die auf den ermittelten Umständen beruhende, beabsichtigte Regelung hinsichtlich der mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei darf sich das Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen, Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft, lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung der Verfassung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen, als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, UA S. 20, LKV 2002, 573, 575; ständige Rechtspr., zuletzt Beschluß vom 22. April 2004 – VfGBbg 182/03 – UA S. 16). Unter mehreren offensichtlich gleich gut geeigneten Lösungen muß der Gesetzgeber allerdings diejenige auswählen, die für die betroffene Gemeinde weniger belastend ist und in ihre Rechtssphäre weniger intensiv eingreift (VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 31 f; StGH BW, Urteil vom 14. Februar 1975 - GR 11/74 -, NJW 1975, 1205, 1212). b) In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Zossen Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen: aa) Die allgemeinen vom Gesetzgeber hier herangezogenen Kriterien für die kommunale Neugliederung halten sich im Rahmen des öffentlichen Wohls (Art. 98 Abs. 1 LV). Der Gesetzgeber beruft sich für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Stadt Zossen wesentlich auf das Bedürfnis einer Strukturänderung der brandenburgischen Gemeinden in der Nähe zu Berlin (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 322 sowie Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 19 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550), und zwar auf die Leitbilder des Zusammenschlusses bislang amtsangehöriger zu amtsfreien Gemeinden im engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin unter Berücksichtigung der bisherigen Amtsgrenzen (I. 2. a) aa) und d) bb) des Leitbildes; LT-Drucksache 3/4883, S. 19 und 21). (1) Die Einteilung des Landes in verschiedene Neugliederungsräume mit der Differenzierung zwischen engerem Verflechtungs- und äußerem Entwicklungsraum ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Der Gesetzgeber hat die Problematik des engeren Verflechtungsraumes ausführlich untersucht und beschrieben (s. Gesetzesbegründung zum 4. GemGebRefGBbg, LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff. ). Wenn er annimmt, die beiden Teilräume des Landes unterschieden sich in einer Vielzahl von Kennziffern - etwa der Bevölkerungs- und Siedlungsdichte, der durchschnittlichen Gemeindegröße, der Bevölkerungsentwicklung, dem Besiedlungsgrad und Wanderungssaldo, dem Anteil der Auspendler nach Berlin sowie dem Anteil der Einpendler in die Brandenburger Gebiete aus Berlin und der Arbeitslosenquote (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 25 ff.) -, so ist dies nicht offensichtlich fehlerhaft. Schon die Behebung von Strukturproblemen im Umland der größeren Orte innerhalb eines Bundeslandes ist ein Grund des öffentlichen Wohls, der eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermag (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -; vgl. auch SächsVerfGH, SächsVBl 1999, 236, 239; ThürVerfGH, NVwZ-RR 1997, 639, 643; Hoppe/Stüer, DVBl 1992, 641, 642 f.; v. Unruh/Thieme/Scheuner, Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 116, 118 f.). Dies gilt entsprechend für die strukturellen Probleme, die sich aus der Nähe zu Berlin mit seinen ca. 3 ½ Millionen Einwohnern ergeben. Das Verhältnis zu Berlin wirft schwierige und aufwendige Koordinationsfragen auf, die Abstimmung und Absprache fordern. Wenn der Gesetzgeber mit 2 a) aa) seines Leitbildes (LT-Drucksache 3/4883, S. 19) im Berliner Umlandbereich die amtsfreie Gemeinde zur Problembewältigung eines von der Großstadt ausgehenden Suburbanisierungsdruckes für besser geeignet hält, so liegt darin nicht die Entscheidung für eine offenkundig ungeeignete oder unnötige Maßnahme. Es ist insbesondere einleuchtend und widerspricht weder empirischen Untersuchungen noch kommunalwissenschaftlichen Erkenntnissen, bei der Nähe zu einer Großstadt eine starke Sogwirkung und einen erheblichen Metropolendruck auf umliegende kleinere Gebietskörperschaften anzunehmen, dem mit der Bildung größerer Verwaltungseinheiten unter weitgehender Minimierung interkommunaler Konkurrenzen begegnet werden kann. Die Beibehaltung einer Amtsverfassung kann daher - bei statthafter pauschalierender und typisierender Betrachtungsweise - in dünner besiedelten Gebieten mit ausgedehnten Flächen und geringeren Wechselwirkungen zwischen den Gemeinden grundsätzlich als geboten erachtet werden, im deutlich dichter besiedelten Raum um Berlin mit stärkeren wechselseitigen Abhängigkeiten der Kommunen hingegen nicht. Anhand der Reformleitbilder war es dem Gesetzgeber grundsätzlich erlaubt, Einzelfallentscheidungen unter Berücksichtigung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts der konkret betroffenen Gemeinde in sachgerechter Art und Weise zu treffen. Deshalb hat es auch keines weitergehenden empirischen Nachweises bedurft, daß die Beschwerdeführerin ungeeignet sei, den Anforderungen moderner Selbstverwaltung zu entsprechen. In diesem Zusammenhang ist ferner darauf zu verweisen, daß es – entgegen der offensichtlichen Meinung der Beschwerdeführerin - auf die parteipolitische Herkunft einzelner verwirklichter Vorschläge nicht ankommt. Ebenso ist der Einwand, daß sich das Amt als Ort konzentrierten Verwaltens in anderen Bundesländern seit mehreren Jahrzehnten bewährt habe, während sich in Brandenburg größere Verwaltungseinheiten in der Praxis als ungeeignet erwiesen hätten, unerheblich. Gegen die Leitvorstellung des Gesetzgebers, insbesondere im engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin amtsfreie Gemeinden zu bilden, ist von Verfassungs wegen nichts einzuwenden. (2) Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Gesetzgeber grundsätzlich zu Unrecht die Abgrenzung zwischen den beiden Neugliederungsräumen vorgenommen hätte, etwa aufgrund überholter Raumordnungspläne. Der Gesetzentwurf geht zwar offenkundig von den Festsetzungen nach § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. dem Anhang B 1 des LEPro aus, in denen alle Ämter aufgeführt sind, welche sich im engeren Verflechtungsraum Brandenburg/Berlin befinden (s. auch Art. 8 Abs. 3 i.V.m. der Anlage 1 [gemeindebezogene Auflistung] des Gesetzes zu dem Landesplanungsvertrag vom 6. April 1995 i.d.F. vom 20. Juli 1995 - GVBl. 1995, 210 -, auf welchen die Gesetzesbegründung ausdrücklich Bezug nimmt: LT-Drucksache 3/4883, S. 23 f.). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist jedoch nicht allein auf dieses planungsrechtliche Kriterium abgestellt worden. Mitarbeiter der gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin/Brandenburg haben in der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 23. Oktober 2002 mitgeteilt, daß sich die Ausdehnung der beiden unterschiedlich geprägten Räume langfristig kaum geändert, sondern eine gewisse „Stabilität auch über die Zeit hinweg“ gezeigt habe (Ausschußprotokoll 3/637, S. 94). Der engere Verflechtungsraum dehne sich in einigen Bereichen eher aus; es könne aber kein Beispiel genannt werden, wo es Abweichungen signifikanter Art gebe (Ausschußprotokoll 3/637, S. 96). Auf die Frage eines Abgeordneten, ob ein Gebiet wegen eines tatsächlichen Entwicklungsdrucks dem engeren Verflechtungsraum zugeordnet wurde oder nur, weil es innerhalb eines bestimmten „Entfernungsrasters“ liege, ist erläutert worden, daß die Entfernung zu Berlin nur einer der Indikatoren für die Einstufung gewesen sei. In der Folge hat der Landtag die bisherige landesplanerische Einordnung lediglich als Indiz für die Lage im engeren Verflechtungsraum angesehen, sodann aber in einem zweiten Schritt geprüft, ob es „Hinweise ... auf eine aktuelle Entwicklung“ gibt, „die die Datenbasis insoweit obsolet erscheinen“ läßt (Beschluß des Innenausschusses vom 28. November 2002 zu Antrag Nr. 3 zur durchgeführten Anhörung vom 23. Oktober 2002, Ausschußprotokoll 3/675) und damit im Gesetzgebungsverfahren geprüft, ob die Einordnung einer Gemeinde bzw. eines Amtes in den engeren Verflechtungsraum angesichts der tatsächlichen Entwicklung der letzten Jahre noch trägt. Diese Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. bb) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend mit den danach maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen befaßt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist kein verfassungsrelevantes Ermittlungsdefizit ersichtlich. Es gibt keinen Anlaß anzunehmen, die Beschwerdeführerin befinde sich nicht mehr im Umlandbereich zu Berlin. Insbesondere die Bevölkerungsdichte (88,3 Einwohner pro Quadratkilometer) und die positive Entwicklung der Einwohnerzahl im bisherigen Amtsgebiet (Steigerung um ca. 30 % binnen 10 Jahren) belegen einen typischen Ausgangsfall gemäß den Leitbildvorstellungen des Gesetzgebers für die Neugliederung im engeren Verflechtungsraum. Auch im Hinblick auf die strukturellen Beziehungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Zossen sind die örtlichen Verhältnisse in den Gesetzesunterlagen zutreffend beschrieben (s. „Neugliederungssachverhalt“ in LT-Drucksache 3/4883, S. 317 ff.). Die wesentlichen Strukturdaten wurden ermittelt, etwa daß die Beschwerdeführerin einerseits als steuerstarke Gemeinde einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen kann, andererseits aber allenfalls in sehr geringem Umfange über Dienstleistungs- oder Infrastruktureinrichtungen verfügt. Zugleich durfte der Gesetzgeber die übergreifende Situation im Bereich des Amtes Zossen in den Blick nehmen. Die insoweit interessierenden Verhältnisse der für die Neugliederung vorgesehenen weiteren bislang amtsangehörigen Gemeinden sind zureichend einbezogen (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 317 ff.). Dabei wurde auf die Verkehrsverbindung der Gemeinden untereinander sowie mit der Stadt Zossen durch zwei Bundesstraßen (B 96 und B 246) und weitere klassifizierte Straßen und die Anbindung der Beschwerdeführerin an Zossen durch den Linienbusverkehr (Linie 729) ebenso hingewiesen wie auf die Tatsache der Inanspruchnahme hauptsächlich in Zossen und Wünsdorf befindlicher Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen sowie medizinischer, sozialer und kultureller Einrichtungen durch die Einwohner der amtsangehörigen Gemeinden. Die grundschulpflichtigen Schüler der Beschwerdeführerin besuchen die Grundschulen in Zossen. Weiterführende Schulen befinden sich in Zossen und Wünsdorf; die Schüler werden im wesentlichen durch den öffentlichen Linienbusverkehr befördert. Die Wirtschaftsstruktur im Amt wird durch die Standorte Zossen und – in geringerem Umfang – Wünsdorf und ferner Glienick geprägt. Die Untersuchung und Darstellung der Pendlerströme ergeben einen hohen Anteil an berufsbedingten Einpendlern in die Stadt Zossen aus den amtsangehörigen Gemeinden (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 319). Es kommt nicht darauf an, ob vom Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt worden sind. Wie verbunden die Gemeinden im Detail jetzt sind, ist bei der Prognoseentscheidung zur Gemeindegebietsneugliederung ersichtlich von untergeordneter Bedeutung. Ins Gewicht fällt vielmehr nur, ob der Gesetzgeber die für die Durchführung des von ihm gewählten Leitbildes bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, daß bei Zugrundelegung der behaupteten abweichenden Situation die Neugliederung anders ausgefallen wäre, besteht deshalb eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“; VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 25; StGH BW, NJW 1975, 1205, 1213). Derartige Tatsachen sind indes nicht ersichtlich. cc) Zur Bewältigung der vom Gesetzgeber benannten Strukturfragen ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neu gebildete Stadt Zossen nicht offensichtlich ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer Bereinigung der Strukturprobleme im Berliner Umlandbereich und im Amtsbereich durch die Zusammenführung in einen einheitlichen Aufgaben- und Verwaltungsraum eindeutig verfehlt würde. dd) Die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in die neue Stadt Zossen ist nicht unverhältnismäßig. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründe erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls können der Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], UA S. 23, LKV 2002, 573 = NJ 2002, 642). Vorliegend besitzen indes nach der vertretbaren Abwägung des Gesetzgebers die für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neu gebildete Stadt Zossen sprechenden Gründe das größere Gewicht. Dem Gesetzgeber war die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung gegenwärtig. Er hat die Belange der Einwohner im Blick gehabt und sich damit, ablesbar aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache 3/4883, S. 322 ff.) und den Beratungen im Landtag und seinen Ausschüssen (Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 19 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550), auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite hat er jedoch als gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise im Bereich des Amtes Zossen namentlich die Schaffung einheitlicher Aufgabenräume in der unmittelbaren Nähe zu Berlin durch die Zusammenführung amtsangehöriger Gemeinden in eine einheitliche Kommune, die bereits heute bestehenden Verflechtungsbeziehungen der Beschwerdeführerin mit Zossen durch die Inanspruchnahme infrastruktureller Einrichtungen sowie Gesichtspunkte der Raumordnung in seine Abwägung eingestellt und ihnen die größere Bedeutung beigemessen (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 322 ff. sowie Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 19 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550). Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere setzt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin eine kommunale Neugliederung nicht voraus, daß Mängel in der Aufgabenerfüllung der einzugliedernden Gemeinden oder des Amtes bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende Verwaltungs- und Leistungskraft (mehr) besitzt. Vielmehr kann auch eine weitere Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - und Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 -). Einer solchen Verbesserung dient hier die Umsetzung der Leitbildbestimmungen. Die Alternative einer interkommunalen Zusammenarbeit, in welcher Form auch immer (in Gestalt von Zweck- oder Planungsverbänden, Arbeitsgemeinschaften oder Kapitalgesellschaften oder durch öffentlich-rechtliche Kooperationsverträge), durfte der Gesetzgeber zu Recht vernachlässigen. Eine solche kann typischerweise jeweils nur in Teilbereich wirken. Sie wirft zudem ihrerseits Abstimmungs- und Kooperations- sowie Rechts- und Personalfragen auf. Im Vergleich zu einer gemeindlichen Neuordnung ist die interkommunale Zusammenarbeit schwächer und instabiler. Der Gesetzgeber hat ferner (allgemein) bedacht, daß die Anfang 1993 in Brandenburg abgeschlossene Ämterbildung zum Ziel hatte, eine große Anzahl von Gemeinden unter Beibehaltung ihrer Selbständigkeit und ihres Selbstverwaltungsrechtes in Verwaltungseinheiten zusammenzufassen. Auch in den Umlandgemeinden von Berlin wurde diese strukturelle Neugliederung umgesetzt. Es ist jedoch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen worden, daß es sich bei der nun gesetzlich angeordneten Neustrukturierung nicht um ein „Hin und Her“ gebietlicher Zuordnungen der Gemeinden und Gemeindeteile, sondern um eine Fortentwicklung der nach 1990 begonnenen Strukturreform von zumeist sehr kleinen Gemeinden hin zu dauerhaft leistungsstarken Verwaltungseinheiten handelt. Die Ämterbildung war ein erster Lösungsansatz, der vom Gesetzgeber wegen des besonderen Suburbanisierungsdrucks der Metropole Berlin als einer besonders ausgeprägten Form der Stadt-Umland-Problematik im engeren Verflechtungsraum für letztlich unzureichend befunden werden durfte (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 58 f.). ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen. (1) Ein bestehendes starkes bürgerschaftliches Engagement in der Beschwerdeführerin „als historisch gewachsener Gemeinde“ steht der Eingliederung nicht entgegen. Daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner und deren Teilnahme am Gemeindegeschehen dauerhaft beeinträchtigt oder gar beseitigt werden würde, vermag das Verfassungsgericht nicht zu erkennen. Die Einschätzung des Gesetzgebers, daß bereits zahlreiche Verflechtungen bestehen, ist nicht zu beanstanden. (2) Der Gesetzgeber war nicht durch die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neue Stadt Zossen gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Erfahrungsgemäß kann der Wohlstand einer Gemeinde auf Lagevorteilen - etwa einer verkehrsgünstigen Lage an der Schnittstelle zwischen Autobahn und Bundesstraße - beruhen, wenn auch die sich aus der günstigen Lage ergebenden Chancen genutzt werden müssen. Umgekehrt kann Verschuldung jedenfalls teilweise aus Lagenachteilen herrühren, etwa wenn Infrastruktureinrichtungen unterhalten werden müssen, die zugleich den Menschen aus Nachbargemeinden zugute kommen, und gleichzeitig günstige Entwicklungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind oder durch bestehende (Wohn-)Bebauung nicht lohnend genutzt werden können. Unabhängig davon ist die Finanzlage und damit auch der Beitrag, den die Einwohner mit einem neu zugeschnittenen Gebiet und Ressourcen zu leisten vermögen, naturgemäß nicht von Dauer, sondern veränderlich. Die wirtschaftliche Entwicklung des Gesamt-Neugliederungsgebietes ist so oder so nicht sicher einschätzbar. Die vom Gesetzgeber in das Abwägungsergebnis eingestellte Überlegung, daß die Fusion zu einer Stärkung der Investitionskraft führe und ein zu erwartender Ausgleich der diskontinuierlichen Steuereinnahmen künftig zuverlässigere Entwicklungsmöglichkeiten eröffne, als dies bei den Einzelgemeinden der Fall gewesen sei (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 323), ist grundsätzlich sachlich und nachvollziehbar. (3) Eine geeignetere Alternative zu der vom Gesetzgeber gewollten Neuordnung (vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], UA S. 19, LKV 2002, 573 = NJ 2002, 642) ist nicht ersichtlich. Die Zuordnung der Beschwerdeführerin zu einem weiterbestehenden Nachbaramt oder einer angrenzenden Gemeinde scheidet aus mehreren Gründen aus, etwa weil es angrenzend kein fortbestehendes Amt gibt (das Amt Schenkenländchen befindet sich in größerer Entfernung), amtsangehörige Gemeinden regelmäßig nicht weniger als 500 Einwohner haben sollen (Leitbild unter I. 2. b) cc); vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 39) und das Gebiet der unmittelbar angrenzenden amtsfreien Gemeinde Mittenwalde zum Nachbarlandkreis Dahme-Spreewald gehört, was zu einer landkreisübergreifenden Neuordnung geführt hätte, welche nur in Ausnahmefällen aus Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt ist (Leitbild unter I. 2. c) aa); LT-Drucksache 3/4883, S. 21). Es ist nichts dafür ersichtlich, daß ein Kreisgrenzen überschreitender Zusammenschluß ein Beitrag zur Bewältigung der Stadt-Umland-Problematik wäre, zudem die Beschwerdeführerin eine solche Lösung auch selbst nicht präferiert hat. Eine Umwandlung der Beschwerdeführerin in eine amtsfreie Gemeinde ohne Zusammenschluß der bisherigen amtsangehörigen Gemeinden kommt nicht in Betracht, weil einerseits die Einführung zusätzlicher Verwaltungseinheiten nicht leitbildgerecht ist und andererseits die Einwohnergrenze für amtsfreie Gemeinden (dauerhaft mindestens 5.000) bei weitem nicht erreicht wird (vgl. Leitbild unter I. 2. d) cc) und I. 3. a); LT-Drucksache 3/4883, S. 21 und 37). Gegen diese konzeptionellen Vorgaben des Gesetzgebers ist von Verfassungs wegen nichts einzuwenden (vgl. z.B. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 20. Januar 2005 – VfGBbg 107/03 – [Ahrensfelde]). ff) Der Gesetzgeber mußte im Bereich Zossen nicht deshalb das Amt erhalten, weil er andernorts im engeren Verflechtungsraum entsprechend verfahren war. Die Neugliederung verstößt in dieser Hinsicht nicht gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte, daß der Gesetzgeber bei der Umsetzung einer Gemeindegebietsreform sein „System“ nicht ohne hinreichende Begründung verlassen darf (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 27. November 1978 - 2 BvR 165/75 -, BVerfGE 50, 50, 51 „Raum Hannover“; ThürVerfGH, Urt. vom 18. Dezember 1996 - VerfGH 2/95 -, LVerfGE 5, 391, 422; BayVerfGH, Entsch. vom 20. April 1978 - Vf.6-VII-78 -, BayVBl 1978, 497, 503; hinsichtlich Kreisgebietsreform bereits das erkennende Gericht, Urteil vom 14. Juli 1994 – VfGBbg 4/93 – LVerfGE 2, 125, 142; vgl. auch Dreier, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 2, 1998, Art. 28 Rn. 122; Tettinger, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Band 2, Art. 28 Rn. 233). Im wesentlichen vergleichbare Neugliederungen müssen gleich behandelt werden. Regelungen, die ohne hinreichende Begründung das zugrundeliegende System verlassen, verstoßen gegen das öffentliche Wohl. Daß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit verstoßen worden wäre, ist aber nicht ersichtlich. (1) Nach der Neugliederung durch die Gemeindegebietsreformgesetze kann es zwar auch im engeren Verflechtungsraum im Ausnahmefall weiterhin Ämter geben. So ist der Gesetzgeber in einem Fall (Amt Spreenhagen im Landkreis Oder-Spree) vom Leitbild der Bildung amtsfreier Gemeinden abgewichen. Die Situation in diesem Amt ist jedoch mit der im Amt Zossen nicht zu vergleichen. Schon die landschaftsräumliche Lage der Spreenhagener Gemeinden unterscheidet sich deutlich. Die im Amt Spreenhagen außerordentlich weite Ost-West-Ausdehnung (ca. 35 km) sowie die heterogene Siedlungsstruktur, zudem mit der Ausrichtung auf unterschiedliche Zentralorte, lassen es als vertretbar, wenn nicht sogar als geboten erscheinen, für das Amt Spreenhagen eine atypische Konstellation anzunehmen. Die Differenzen zur Situation im Amt Zossen liegen auf der Hand (etwa: Bevölkerungszahl, Entfernung der Ortslagen, bestehende Verflechtungen der einzelnen Gemeinden). (2) Soweit die Beschwerdeführerin auf den Erhalt des Amtes Seelow-Land verweist, verkennt sie, daß es sich hierbei um ein im äußeren Entwicklungsraum gelegenes Amt handelt, so daß auch diese Fallgestaltung von vornherein nicht mit der vorliegenden Konstellation im engeren Verflechtungsbereich vergleichbar ist. Darüber hinaus würde selbst ein - geltendgemachter - einziger oder seltener Verstoß bestimmte Leitbildvorgaben noch nicht hinfällig machen und eine weitere leitbildverletzende Maßnahme zulassen oder gar einen Anspruch auf Gewährung einer leitbilddiametralen Position bewirken (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 18. November 2004 – VfGBbg 204/03 -). gg) Der Gesetzgeber ist sich bei seiner Abwägungsentscheidung auch des Spannungsverhältnisses von Bürgernähe und Verwaltungseffizienz bewußt gewesen. Deshalb ergibt sich eine Fehlerhaftigkeit weder des Abwägungsprozesses noch seines Ergebnisses daraus, daß der Gesetzgeber einerseits anstrebte, beiden Zwecken möglichst weitgehend zu dienen und andererseits in Kauf nahm, bei der Gemengelage unterschiedlicher Zielsetzungen und Maßstäbe nicht gewährleisten zu können, daß sämtliche Reformziele stets gleichermaßen verwirklicht werden (LT-Drucksache 3/4883, S. 18 f., 46 ff.). hh) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, wie der Gesetzgeber den geäußerten Willen der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der Anhörung der Bevölkerung, der Beschwerdeführerin und der weiteren bisher amtsangehörigen Gemeinden resultierenden Stellungnahmen sind in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 313 ff.). An das sich daraus ergebende Stimmungsbild ist der Gesetzgeber aber nicht gebunden. Das Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohles und damit für die Abwägung des Gesetzgebers von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde - ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung gefolgt ist, sondern den für die Eingliederung der Beschwerdeführerin sprechenden Umständen das höhere Gewicht beigemessen hat. C. Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt.
VerfGGBbg. Der Beschluß ist unanfechtbar. |
Weisberg-Schwarz | Dr. Harms-Ziegler |
Havemann | Dr. Jegutidse |
Dr. Knippel | Prof. Dr. Schröder |
Prof. Dr. Will |