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VerfGBbg, Beschluss vom 19. Januar 2018 - VfGBbg 8/17 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 52 Abs. 4
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- unzureichende Begründung
- unzureichende Auseinandersetzung mit der einfachen Rechtslage
- Willkür
- zügiges Verfahren
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 19. Januar 2018 - VfGBbg 8/17 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 8/17 EA




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

N.,

Beschwerdeführer,

wegen            Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 15. August 2017, 1 T 11/17

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 19. Januar 2018

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, Nitsche und Partikel

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts Cottbus in einem Prozesskostenhilfeverfahren zu einem Rechtsstreit gegen Miteigentümer einer Eigentumswohnung in F.

 

I.

Der Beschwerdeführer erhob am 31. Dezember 2011 Klage beim Amtsgericht Cottbus, mit der er die Wiedereinräumung von Mitbesitz am Wohneigentum, eine Nutzungsentschädigung für die zustimmungspflichtige Nutzung der Wohnung, den Ersatz von Auslagen sowie die Rückzahlung von Einlagen begehrte.

 

Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren. Das Amtsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 15. Februar 2012 zurück. Auf eine dagegen erhobene sofortige Beschwerde änderte das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts teilweise ab und bewilligte Prozesskostenhilfe, soweit mit der Klage Einräumung des Mitbesitzes an der streitgegenständlichen Wohnung beantragt werde. Im Übrigen wies es die Beschwerde zurück. Später ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen und stellte weitere Klageanträge unter dem Vorbehalt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entsprechend seinem zugleich gestellten Antrag. Mit Beschluss vom 28. Februar 2017 wies das Amtsgericht den weiteren Prozesskostenhilfeantrag zurück. Für den Klageantrag zu 1. sei bereits Prozesskostenhilfe bewilligt, im Übrigen fehle es an der hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Streitwert liege über 5.000,00 Euro, so dass das Landgericht zuständig sei. Verweisung sei nicht beantragt worden.

 

Am 1. Mai 2017 erhob der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss. Der Streitwert liege über 5.000,00 Euro, so dass das Landgericht zuständig sei. Der Rechtsstreit sei von Amts wegen abzugeben. Am 9. Mai 2017 half das Amtsgericht der Beschwerde gegen den Beschluss vom 28. Februar 2017 nicht ab. Ein Verweisungsantrag sei ausdrücklich nicht gestellt. Die Änderung in Teilbereichen der Klageforderung ändere den Streitwert nicht erheblich.

 

Mit Beschluss vom 15. August 2017 wies das Landgericht die Beschwerde zurück. Das Amtsgericht sei für die Klageforderung sachlich nicht zuständig. Der Streitwert liege über 5.000,00 Euro. Eines verbindlichen Beschlusses über den Streitwert bedürfe es nicht, da die Anträge noch nicht rechtshängig seien. Der Beschwerdeführer halte auch daran fest, dass er keinen Verweisungsantrag stellen müsse. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 8. September 2017 zugestellt.

 

II.

Mit seiner am 7. November 2017 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Art. 52 Abs. 3 und 4 LV. Er sieht §§ 572 Abs. 1, 281, 506, 36 und 3 ff ZPO als verletzt an. Das Amtsgericht habe sich nicht umfassend mit seiner sofortigen Beschwerde vom 1. Mai 2017 auseinandergesetzt. Darin sei eindeutig ein Antrag auf Verweisung enthalten. Das Gericht habe es versäumt, den Streitwert verbindlich festzusetzen. Es liege keine Klageerweiterung vor, denn die Forderungen stünden im Zusammenhang mit dem bereits erhobenen Antrag, im Übrigen handele es sich um Nebenforderungen. Aus der Tatsache, dass das Landgericht auf seine Argumente nicht eingegangen sei, sondern stattdessen die Entscheidungen des Amtsgerichts bestätigt habe, sei willkürliches Handeln abzuleiten. Auch sei das gesamte Verfahren verschleppt worden.

 

B.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist zu verwerfen. Sie ist unzulässig. Sie genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg ist eine Begründung notwendig, die schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss somit umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen neben einem substantiierten Vortrag des entscheidungserheblichen Sachverhalts die wesentlichen rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung einschlägiger verfassungsrechtlicher Rechtsprechung dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (vgl. Beschlüsse vom 17. Juni 2016 - VfGBbg 95/15 - und vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 9/17 -, www.verfassungs­gericht.brandenburg.de, jeweils m. w. Nachw.).

 

Dies leistet die Beschwerdeschrift nicht. Dabei kann offen bleiben, ob der Begründungsmangel sich bereits daraus ergibt, dass nicht ersichtlich ist, auf welches der zahlreichen in Art. 52 Abs. 3 und 4 LV enthaltene Grundrechte der Beschwerdeführer seine Rüge stützt. Denn selbst wenn man seinen weiteren Ausführungen sinngemäß die Rüge eines Verstoßes gegen das Willkürverbot aus Art. 52 Abs. 3 LV entnehmen wollte, ist ein solcher durch das Beschwerdevorbringen nicht ersichtlich. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichts, die Entscheidungen der Fachgerichte allgemein auf ihre materielle und verfahrensrechtliche Richtigkeit zu überprüfen und sich in dieser Weise an ihre Stelle zu setzen Eine Überprüfung erfolgt vielmehr allein am Maßstab der Landesverfassung darauf hin, ob eine gerichtliche Entscheidung hierin gewährte Rechte verletzt. Eine solche verstößt jedoch nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist.

 

Dem angegriffenen Beschluss ist zu entnehmen, dass das Landgericht die Erfolgsaussichten im Wesentlichen deshalb für nicht gegeben hält, weil das Amtsgericht zutreffend davon ausgeht, der Streitwert liege über 5.000,00 Euro und damit sei eine Zuständigkeit des Amtsgerichts nicht gegeben. Einen Verweisungsantrag konnte das Landgericht dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der vom Beschwerdeführer insoweit in Bezug genommene Schriftsatz vom 1. Mai 2017 enthält entgegen seiner Auffassung einen solchen Antrag nicht. Er hält dort vielmehr ausdrücklich eine von Amts wegen vorzunehmende Abgabe durch das Amtsgericht für angezeigt. Eine Verweisung nach § 281 Abs. 1 ZPO setzt jedoch einen Antrag des Klägers voraus. Eine Verweisung von Amts wegen ist nach der genannten Vorschrift ausgeschlossen, eine gleichwohl aufrecht erhaltene Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. Prütting, in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 281 Rn. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 74. Aufl. 2016, § 281 Rn. 19; Reichold, in: Thomas/ Putzo, ZPO, Kommentar, 37. Aufl. 2016, § 281 Rn. 7; Saenger, in: HK-ZPO, 6. Aufl. 2014, § 281 Rn. 14; Bacher, in: BeckOK ZPO, Ed. 15. September 2017; § 281 Rn. 16).

 

Da der Beschwerdeführer auch im Übrigen der Auffassung des Landgerichts nur seine eigene davon abweichende Rechtsauffassung gegenüberstellt, ohne im Einzelnen darzulegen, woraus sich ein konkreter Verstoß gegen Grundrechte ergeben soll, genügt die Beschwerdeschrift auch darüber hinaus den Begründungsanforderungen weder in Bezug auf die vermeintlich unzutreffende Ermittlung des Streitwerts noch im Hinblick darauf, dass nach Auffassung des Beschwerdeführers zunächst ein verbindlicher Streitwertbeschluss hätte erlassen werden müssen, obwohl die Klage wegen der unter Vorbehalt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellten Anträge noch nicht rechtshängig war.

 

Schließlich wird auch durch eine der Beschwerdeschrift sinngemäß zu entnehmende Rüge des Rechts auf zügiges Verfahren nach Art. 52 Abs. 4 LV eine Grundrechtsverletzung nicht aufgezeigt. Es fehlt insoweit an spezifischen Darlegungen des Verfahrensgangs, insbesondere zur Prozessleitung der Gerichte und dem prozessualen Verhalten der Beteiligten, so dass sich nicht ableiten lässt, ob überhaupt eine relevante Verfahrensverzögerung vorliegt, und dementsprechend nicht beurteilt werden kann, ob diese durch die Schwierigkeit der Sachmaterie und die objektive Bedeutung des Rechtsstreits oder durch weitere außerhalb der Sphäre der Gerichte liegende Umstände gerechtfertigt sein könnte (vgl. zu diesen Anforderungen Urteil vom 17. Dezember 2009 - VfGBbg 30/09 -, NVwZ 2010, 378; Beschluss vom 18. Februar 2010 - VfGBbg 47/09 -, Beschluss vom 13. April 2012 - VfGBbg 54/11 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Möller Dr. Becker
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Nitsche Partikel