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VerfGBbg, Beschluss vom 18. November 2004 - VfGBbg 149/03 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 98 Abs. 1
Schlagworte: - Gemeindegebietsreform
- kommunale Selbstverwaltung
- Verhältnismäßigkeit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. November 2004 - VfGBbg 149/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 149/03



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gemeinde Briesensee,
vertreten durch das Amt Oberspreewald,
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,
Kirchplatz 11,
15913 Straupitz,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.,

wegen: kommunale Neugliederung;
hier: Ämterzusammenschluß zu neuem Amt Lieberose/Oberspreewald, Eingliederung in die Gemeinde Neu Zauche

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof. Dr. Will

am 18. November 2004

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem Amt Oberspreewald angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Eingliederung in die Gemeinde Neu Zauche und deren Zuordnung zum durch Ämterzusammenschluß gebildeten Amt Lieberose/Oberspreewald.

I.

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gemeinde im äußeren Entwicklungsraum des Landes Brandenburg, gehörte zunächst zum nach dem sog. Modell 1 gebildeten Amt Oberspreewald. Die Beschwerdeführerin liegt unmittelbar westlich des Ortsteils Camminchen der Gemeinde Neu Zauche und nördlich der Gemeinde Alt Zauche-Wußwerk. Ihr Gebiet grenzt westlich bzw. nördlich an die Stadt Lübben bzw. die amtsfreie Gemeinde Märkische Heide. Ende 2001 lebten von den etwa 4.560 Einwohnern des Amtsgebiets Oberspreewald ca. 240 im Gebiet der Beschwerdeführerin und ca. 1.160 in der Stadt Straupitz. Neu Zauche und Camminchen hatten ca. 830 bzw. 220 Einwohner. Im Amtsgebiet Lieberose mit dem Amtssitz Lieberose (knapp 1.600 Einwohner) lebten ca. 4.100 Einwohner. Die Ämter Lieberose mit 246 km² Fläche (darunter einem großen ehemaligen Truppenübungsplatz) und Oberspreewald mit 166 km² Fläche hatten eine Bevölkerungsdichte von 17 bzw. 28 Einwohnern je Quadratkilometer. Den Ämtern gehörten neben dem Amtssitz jeweils zehn weitere Gemeinden an, von denen 17 weniger als 500 Einwohner hatten. Die Haushalte der Ämter sowie zweier Gemeinden des Amtes Lieberose und weiterer zehn Gemeinden des Amtes Oberspreewald waren ausgeglichen, die Finanzlage der Gemeinde Neu Zauche war ungünstiger als die der Beschwerdeführerin. Im November 2001 sprach sich die Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin gegen einen Gemeindezusammenschluß aus.

2. Ende April/Anfang Mai 2002 versandte das Ministerium des Innern Anhörungsunterlagen für eine Anhörung der Beschwerdeführerin zu der beabsichtigten kommunalen Neugliederung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden Maiwochen wurden auch die Anhörungsunterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald versandt. Für die Anhörung der Bürger stand ein Monat zur Verfügung. Die Anhörung sollte vor dem Ende der Gemeindeanhörung abgeschlossen sein. Die Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin vertagte im Mai 2002 eine weitere Beschlußfassung, im Juli 2002 enthielt sich die Beschwerdeführerin im Amtsausschuß zur Frage der Zustimmung zum Gesetzentwurf der Stimme.

3. Im September/Oktober desselben Jahres brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. Art. 1 § 3 des Entwurfs zum sechsten dieser Gesetze, zugleich § 3 des Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße (6. GemGebRefGBbg) sah u.a. vor, die Beschwerdeführerin in die Gemeinde Neu Zauche einzugliedern und diese dem nach Zusammenschluß der bisherigen Nachbarämter künftig aus acht Gemeinden bestehenden Amt Lieberose/Oberspreewald zuzuordnen. Der Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung verwiesen worden waren, führte am 23. Oktober 2002 vorab eine Anhörung zu grundsätzlichen Fragen durch. Für den 27. Januar 2003 erging eine Einladung zur Anhörung der Beschwerdeführerin, die gegenüber dem Ausschuß schriftlich Anhörungsmängel rügte. Die Gesetze wurden sodann im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 3 des 6. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 93), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. Art. 6 des Artikelgesetzes), lautet:

§ 3
Verwaltungseinheiten Ämter Lieberose und Oberspreewald

(1) Die Gemeinde Doberburg wird in die Stadt Lieberose eingegliedert.

(2) Aus den Gemeinden Goyatz, Lamsfeld-Groß Liebitz, Jessern, Mochow, Ressen-Zaue und Speichrow wird die neue Gemeinde Schwielochsee gebildet.

(3) Die Gemeinden Ullersdorf und Leeskow werden in die Gemeinde Jamlitz eingegliedert.

(4) Die Gemeinde Briesensee wird in die Gemeinde Neu Zauche eingegliedert.

(5) Die Ämter Lieberose und Oberspreewald werden zu dem neuen Amt Lieberose/Oberspreewald zusammengeschlossen.

(6) Die Gemeinde Jamlitz, die Stadt Lieberose und die neue Gemeinde Schwielochsee des Amtes Lieberose und die Gemeinden Neu Zauche, Straupitz und die sich zum Tag der nächsten landesweiten Kommunalwahlen neu gebildeten Gemeinden Alt Zauche-Wußwerk, Byhleguhre-Byhlen sowie Spreewaldheide des Amtes Oberspreewald werden dem neuen Amt Lieberose/Oberspreewald zugeordnet.

II.

Die Beschwerdeführerin hat am 06. Juni 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, ihre Eingliederung in die Gemeinde Neu Zauche sei schon deshalb verfassungswidrig, weil weder die Bevölkerung des unmittelbar betroffenen Gebietes noch sie selbst (als Gemeinde) ordnungsgemäß angehört worden sei. Die Anhörungsfehler seien „absolute Nichtigkeitsgründe“. Auf Fragen der Kausalität komme es nicht an. Daß sich von 302 Gemeinden, die der Gesetzgeber aufzulösen versucht habe, 250 mit kommunalen Verfassungsbeschwerden dagegen zu Wehr setzten, sei bereits „ernstes Indiz für die verfassungswidrige Gewalt der gesetzlichen Regelung“. Es fehle an dem Nachweis, daß die Beschwerdeführerin ungeeignet sei, den Anforderungen moderner Selbstverwaltung zu entsprechen. Der Abwägungsvorgang sei fehlerhaft. Die Gemeinde Neu Zauche wolle eigene Schulden durch Eingliederung der Beschwerdeführerin „verdünnen“.

Die Beschwerdeführerin beantragt festzustellen:

§ 3 des Sechsten Gemeindegebietsreformgesetzes Brandenburg verletzt die Beschwerdeführerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten und ist deshalb nichtig.

III.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die Gemeinde Neu Zauche hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Gemeinde Neu Zauche machte geltend, die kommunale Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig, soweit sie mehr als § 3 Abs. 4 des 6. GemGebRefGBbg angreife. Insgesamt sei sie jedenfalls unbegründet. Anhörungsfehler lägen nicht vor.

B.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.

I.

Sie ist nur in begrenztem Umfang zulässig.

1. Insoweit sich die Beschwerdeführerin gegen die sie gar nicht erwähnenden Absätze 1 bis 3 dieser Vorschrift wendet, ist der Antrag unzulässig. Eine eigene Betroffenheit hat sie bezogen auf diese Absätze nicht dargelegt (zum Erfordernis eigener Betroffenheit bei der kommunalen Verfassungsbeschwerde: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, NJ 2002, 642 = LKV 2002, 573).

2. Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist ebenfalls unzulässig, soweit sie sich auch gegen die (hier in § 3 Abs. 5 und 6 des 6. GemGebRefGBbg bestimmte) Auflösung des bisherigen Amtes durch Zusammenschluß und Neuzuordnung von Gemeinden zum neuen Amt Lieberose/Oberspreewald richtet. Insoweit ist die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 57/01 -, LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, LKV 2002, 573, 574).

3. Im Hinblick auf § 3 Abs. 4 des 6. GemGebRefGBbg ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. Ebenso wird die Beschwerdeführerin im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten. Die fortbestehende Beteiligtenfähigkeit erstreckt sich folgerichtig auf die Vertretungsverhältnisse.

II.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür ebenfalls nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt.

1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit von der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in einer Vielzahl von Verfahren kommunaler Verfassungsbeschwerde im wesentlichen gleichlautend vorgebrachten Einwände wird auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes (vgl. u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und zuletzt ausführlich Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 118/03 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de) Bezug genommen.

2. Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Neu Zauche bleibt auch in der Sache selbst im Einklang mit der Landesverfassung.

a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes „öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe festlegen kann.

Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat. Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt (BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]; SächsVerfGH, Urteile vom 18. Juni 1999 - Vf.51-VIII-98 -, LVerfGE 10, 375, 394 [Markkleeberg] und vom 05. November 1999 - Vf. 133-VII-98 -, UA S. 13; ThürVerfGH LVerfGE 5, 391, 427 f. [Jena]; s. auch Stüer, DVBl 1977, 1, 3; zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle gesetzlicher Planungsentscheidungen s. auch BVerfG, Beschluß vom 17. Juli 1996 - 2 BvF 2/93 -, BVerfGE 95, 1, 22 f. [Südumfahrung Stendal]; 76, 107, 121 f.).

Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei darf sich das Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen, Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft, lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Wertordnung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen, als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, UA S. 20, LKV 2002, 573, 575; ständige Rechtspr., u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 101/03 -, a.a.O.).

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen:

aa) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend mit den tatsächlichen Verhältnissen befaßt. Dabei hat er in gebotener Weise auch die Situation im Bereich der beiden Ämter in den Blick genommen.

So stellte er fest, daß die Ämter Lieberose und Oberspreewald deutlich unter 5.000 Einwohner hatten und ihnen jeweils eine kleine Stadt (Lieberose: knapp 1.600, Straupitz ca. 1.160 Einwohner) sowie jeweils zehn weitere Gemeinden angehörten, von denen lediglich drei, nicht aber die Beschwerdeführerin, eine Einwohnerzahl über 500 aufwiesen. Die örtlichen Verhältnisse und wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerin, insbesondere der Gemeinden Neu Zauche und Alt Zauche Wußwerk wie auch der bisherigen Ämter sind in den Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. sog. Neugliederungssachverhalt in LT-Drucksache 3/5021, S. 131 ff.). Insbesondere erfaßte der Gesetzgeber die Entfernungen in und zwischen den Ämtern sowie die Verkehrssituation, namentlich die Straßenverbindung zwischen den bisherigen beiden Amtssitzen durch die Bundesstraße 320 sowie ein - zumindest an Schultagen - die jeweils amtsangehörigen Gemeinden mit dem bisherigen Amtssitz verbindendes Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs. Er hob auch hervor, daß die Beschwerdeführerin dem Schulbezirk der Grund- und wegen Schülermangels in ihrem Bestand gefährdeten Gesamtschule Straupitz (im Jahr 2001: zusammen 316 Schüler) angehört, sowie daß das Amt Lieberose ebenfalls über eine bestandsgefährdete Grund- und Gesamtschule (im Jahr 2001: 390 Schüler) verfügt. Auch den Ausstattungsgrad der jeweiligen bisherigen Amtssitze als Kleinzentren führte der Gesetzgeber an.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob vom Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt worden sind. Etwa wie verbunden die Gemeinden im Detail jetzt sind, ist bei der Prognose zur Gemeindegebietsneugliederung von untergeordneter Bedeutung. Ins Gewicht fällt vielmehr, ob der Gesetzgeber die für die Durchführung des von ihm gewählten Leitbildes bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, daß die Neugliederung anders ausgefallen wäre, besteht eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“; VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 25; StGH BW, NJW 1975, 1205, 1213). Derartige Tatsachen sind jedoch von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden.

bb) Der Gesetzgeber gliedert aus Gründen des öffentlichen Wohls im Sinne von Art. 98 Abs. 1 LV die Beschwerdeführerin neu. Die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in die nun dem größeren Amt Lieberose/Oberspreewald zugeordnete Gemeinde Neu Zauche überwindet die bisherige Kleingliedrigkeit der Kommunen und erstrebt eine Stärkung ihrer Verwaltungskraft. Nachvollziehbar beruft der Gesetzgeber sich darauf, daß Ämter nicht weniger als 5.000 und amtsangehörige Gemeinden regelmäßig nicht weniger als 500 Einwohner haben sollen, auch sollten Ämter - vom Ausnahmefall eines Ämterzusammenschlusses abgesehen - aus nicht mehr als sechs Gemeinden bestehen (LT-Drucksache 3/5021, Leitbild 2 b) aa), bb) und cc). Eine dem widersprechende Ausgangssituation hat der Gesetzgeber festgestellt.

(1) Daß eine Stärkung der Verwaltungskraft, die Straffung und Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen, ein Grund des öffentlichen Wohls ist, der eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermag, hat das Landesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden, insbesondere zu dem Unterfall der Behebung von Strukturproblemen im Stadtumland (Urteile vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und - VfGBbg 97/03 -) sowie zum vorausgegangenen Gesetz zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden im Land Brandenburg vom 13. März 2001 (vgl. Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002, 573, 574). Eine kommunale Neugliederung setzt nicht voraus, daß Mängel in der bisherigen Aufgabenerfüllung bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende Verwaltungs- und Leistungskraft besitzt. Vielmehr kann auch eine weitere Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - und Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 -). Einer solchen Verbesserung dient hier die Umsetzung der Leitbildbestimmungen.

(2) Die Vorgabe einer Mindestgröße für das Amt als Verwaltungseinheit im Leitbild (2. b) bb)) des Gesetzgebers ist ein dem öffentlichen Wohl dienendes Neugliederungsziel. Eine leistungsfähige Verwaltung setzt eine gewisse Einwohnerzahl voraus, die ein Mindestmaß an finanzieller Leistungskraft sicherstellt. Erst ab einer bestimmten Größe der Verwaltung ist es möglich, daß das hauptamtliche Personal spezialisierte Tätigkeitsbereiche erhält und die Behörde zeitgemäß ausgestattet wird. Dementsprechend sind auch in anderen Bundesländern bei Gemeindegebietsreformen je nach Bevölkerungsdichte und Siedlungsstruktur Mindestgrößen für die einzelne Verwaltungseinheit zugrunde gelegt worden. So wurde z.B. in Nordrhein-Westfalen für ländliche Orte eine Größe von 8.000, in Niedersachsen von 5.000, in Rheinland-Pfalz von 7.500 und in Schleswig-Holstein von 5.000 Einwohnern angestrebt (vgl. von Unruh/Thieme/Scheuner, Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 110). Auch in Bayern ist seinerzeit bei der Gemeindegebietsreform nicht nur der Richtwert von 5.000 Einwohnern pro Verwaltungseinheit (Einheitsgemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft), sondern auch ein Richtwert von 1.000 Einwohnern für die einzelne Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft zugrunde gelegt worden. Derartige Vorgaben sind verfassungsgerichtlich jeweils unbeanstandet geblieben (siehe etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 18. November 1999 – Vf. 174-VIII-98 -; StGH Bad.-Württ., DVBl 1975, 385, 391; vgl. auch BayVGH, BayVBl 1979, 146, 148). Auch im Schrifttum werden Vorgaben nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, S. 641, 652: Bildung von Verwaltungsgemeinschaften/Ämterverwaltungen mit „numerischen Vorgaben insbesondere für akzeptable Mindestzahlen von Einwohnern“), wenngleich zu der exakten zahlenmäßigen Fixierung der Mindestgröße unterschiedliche Auffassungen bestehen mögen. Wenn der Gesetzgeber sich in seinem Leitbild auf den hier in Rede stehenden Richtwert von 5.000 Einwohnern festgelegt hat, dann sind seine diesbezüglichen Wertungen und Erwägungen nicht offensichtlich fehlerhaft oder widerlegbar (so bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, [Kreuzbruch], a.a.O. sowie u.a. Beschluß vom 26. Februar 2004 - VfGBbg 150/03 -, S. 17 f. des Entscheidungsabdrucks).

(3) Darüber hinaus ergab sich ein Neugliederungsbedarf auch aus der geringen Einwohnerzahl der Beschwerdeführerin von nur ca. 240 Einwohnern. Soweit der Gesetzgeber seine Abwägungsentscheidung maßgeblich darauf gestützt hat, daß die Beschwerdeführerin die Mindesteinwohnerzahl von 500 Einwohnern unterschreite (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 144), ist hiergegen verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Die vom Gesetzgeber im Leitbild (unter 2 b) cc), LT-Drucksache 3/5021, S. 25) gewählte Regel-Mindestgröße einer amtsangehörigen Gemeinde von 500 Einwohnern unterliegt keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Allerdings ist das für die Begründung des Leitbildes (LT-Drucksache 3/5021, S. 44) mit herangezogene Argument, die Regelmindestgröße diene der „Verwirklichung des für die Länder verbindlichen Gebotes der Homogenitätsvorschrift des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG“ („In den ... Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist“), verfassungsrechtlich nicht nachvollziehbar. Die Vorschrift hat weder unmittelbar noch mittelbar eine bestimmte körperschaftliche Struktur oder Gemeindegröße im Blick, sondern stellt grundlegende Anforderungen an demokratische Wahlen und bindet die Länder im Bereich des Landeswahlrechtes (BVerfGE 4, 31, 45; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG Kommentar, 4. Aufl., Art. 28 Abs. 1 Rn. 83). Überdies geht Art. 28 Abs. 1 Satz 4 GG, wonach in Gemeinden an die Stelle einer „gewählten Körperschaft“ die Gemeindeversammlung treten kann, von der Möglichkeit kleiner, überschaubarer Gemeinden aus. Die Vorschrift ist gerade in Hinsicht auf Kleinstgemeinden in das Grundgesetz aufgenommen worden (zur Entstehungsgeschichte s. Dreier, Grundgesetz Kommentar, 1998, Art. 28 Rn. 20 a.E.). Dem muß jedoch nicht näher nachgegangen werden, denn das Verfassungsgericht hat, ohne auf das Homogenitätsgebot in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG Bezug zu nehmen, mit Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, [Kreuzbruch], a.a.O., bereits entschieden, daß die Regel-Mindestgröße einer amtsangehörigen Gemeinde von 500 Einwohnern als ein gesetzgeberisches Kriterium für die Gemeindegebietsreform an der Verfassung gemessen Bestand hat. In dem Urteil heißt es:

Die Landesverfassung steht der Einschätzung, daß sich aus einer geringen Einwohnerzahl der Gemeinde typisierend Rückschlüsse auf die (verminderte) Leistungsfähigkeit der Gemeinde ergeben, nicht entgegen. Der Rückgriff auf die Einwohnerzahl als Indiz für die Leistungsfähigkeit der Gemeinde ist auch bei amtsangehörigen Gemeinden unbeschadet dessen statthaft, daß eine amtsangehörige Gemeinde – jedenfalls im Land Brandenburg – nicht selbst Träger der „eigentlichen“ Verwaltung ist. Die Gemeindevertretung auch der amtsangehörigen Gemeinde bleibt ungeachtet der administrativen Umsetzung durch das Amt für alle Angelegenheiten der Gemeinde zuständig. Nicht das Amt, sondern die einzelne Gemeinde ist Träger der gemeindlichen Einrichtungen und für den Unterhalt dieser Einrichtungen zuständig. Solche Einrichtungen können im Regelfall sinnvoll nur von bestimmten gemeindlichen Mindestgrößen an betrieben werden (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. März 1993 – 4 K 1/92 -, UA S. 35; Wilhelm, LKV 2001, 11 f.; Pfeil, LKV 2000, 132; Wagner, Neubau der Verwaltung, S. 328 ff.).

Daran wird festgehalten.

(4) Auch die Begrenzung auf eine Höchstzahl von sechs einem einzelnen Amt angehörenden Gemeinden - wobei eine größere Anzahl ausnahmsweise als Folge eines Ämterzusammenschlusses zulässig sein soll - (2. b) aa) Sätze 3 und 4 des Leitbildes) ist ein dem öffentlichen Wohl dienendes Neugliederungsziel. Die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs, daß Amtszuschnitte mit einer größeren Anzahl von Gemeinden eine Vielzahl und große Verschiedenheit der von einem Amt wahrzunehmenden Verwaltungsaufgaben bedingten, z.B. die Betreuung und Beratung der Vertretungskörperschaften und ihrer Ausschüsse, Vorbereitung von Satzungs- und Beschlußvorlagen sowie von Wahlen und Abstimmungen, gemeindescharfe Berechnung von Haushaltsdaten, Steuern, Beiträgen und Gebühren und daß Verrechnungen zwischen den amtsangehörigen Gemeinden etwa für Kindertagesstätten, Schulen oder einen gemeinsam genutzten Bauhof des Amtes einen erheblichen Verwaltungsaufwand erforderten (LT-Drucksache 3/5021, S. 42 f.), sind nachvollziehbar. Insoweit eine Straffung und Vereinfachung der Amtsstruktur zwecks Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Amtes anzustreben, ist - gerade auch im Ausnahmefall des Zusammenschlusses der Ämter Lieberose und Oberspreewald, für den nach Satz 4 des Leitbildes 2. b) aa) unter Annahme einer besonders hohen Differenz von Ausgangs- und Zielgröße der Gemeindenanzahl Sorge für eine möglichst schonende Vereinigung getragen wurde - im Blick auf den darin liegenden Vorteil für die Bürger und (ggf. neugegliederten) Gemeinden des Amtes von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

cc) Zur Erreichung dieser Reformziele - zur Stärkung der Verwaltungskraft, Straffung und Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen durch Überwindung ausgeprägter Kleingliedrigkeit - im Bereich der bisherigen Ämter Lieberose und Oberspreewald einen nicht unerheblichen Beitrag zu leisten, ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Neu Zauche nicht offensichtlich ungeeignet.

dd) Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die zugleich dem größeren Amt Lieberose/Oberspreewald zugeordnete Gemeinde Neu Zauche ist nicht unverhältnismäßig.

Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründen erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Dies ist hier - nach der vertretbaren Wertung des Gesetzgebers - der Fall. Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls kann der Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], UA S. 23, LKV 2002, 573 = NJ 2002, 642).

Der Gesetzgeber hat die Vor- und Nachteile seines Neugliederungsvorhabens hier in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und ist zu einem verfassungsrechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt.

Angesichts der geringen Größe der Beschwerdeführerin von nur ca. 240 Einwohnern ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber von der Notwendigkeit einer Eingliederung in eine grössere Verwaltungseinheit ausging. Für ihren Fortbestand als eigenständige (amtsangehörige) Gemeinde sind keine Besonderheiten im oben genannten Sinne geltend gemacht worden oder ersichtlich. Es ist angesichts der unmittelbaren Nachbarschaft und Verbundenheit der Beschwerdeführerin mit der Gemeinde Neu Zauche verfassungsrechtlich unbedenklich, daß der Gesetzgeber gerade ihren Zusammenschluß bestimmt hat. Es ist nicht fehlsam, wenn der Gesetzgeber für seine Neugliederungsentscheidung davon ausgeht, daß die Beschwerdeführerin mit der bisherigen Nachbargemeinde Neu Zauche direkt über die Bundesstraße 320 verbunden ist, diese Straße die südliche Gemarkungsgrenze der Beschwerdeführerin und zugleich die Grenze zum Biosphärenreservat Spreewald bildet und die insoweit zum Ausdruck kommenden naturräumlichen Verbindungen sich in der neugebildeten typischen Spreewaldgemeinde Alt Zauche-Wußwerk einerseits und andererseits der in weiten Bereichen einschließlich der Beschwerdeführerin dem Spreewald vorgelagerten Gemeinde Neu Zauche wiederfindet. Beanstandungsfrei ist auch, daß der Gesetzgeber mit der Zuordnung der Beschwerdeführerin zur Gemeinde Neu Zauche und nicht zur - naturräumlich differierenden - Gemeinde Alt Zauche-Wußwerk dort eine voraussichtliche Bevölkerungsentwicklung auf unter 600 Einwohner geschehen lassen will und damit eine künftige Parität der aus den bisherigen Ämtern Lieberose einerseits und Oberspreewald andererseits stammenden Gemeinden im nach § 6 der Amtsordnung zu bildenden neuen Amtsausschuß anstrebt. Ergänzend durfte der Gesetzgeber berücksichtigen, daß sowohl die bisherige Gemeinde Neu Zauche als auch die Beschwerdeführerin über eine Domowina-Ortsgruppe verfügten, so daß die Pflege sorbisch/wendischer Traditionen in der vergrößerten Gemeinde noch stärkeres Gewicht zu entfalten vermag. Eine weitere leitbildgerechte Alternative ist schon aufgrund der Randlage der Beschwerdeführerin an der Amtsgrenze im Hinblick auf 2. d) bb) des Leitbildes, wonach Gemeindezusammenschlüsse - von bestimmten Ausnahmefällen abgesehen - innerhalb der Grenzen der bestehenden Ämter erfolgen sollen, nicht gegeben. Der Gesetzgeber hat amtsgrenzenüberschreitende Lösungen, namentlich eine Eingliederung in die amtsfreie Gemeinde Märkische Heide bzw. die Kreisstadt Lübben erwogen und durfte diese mit Blick auf eine mangelnde Aufnahmebereitschaft der Stadt Lübben und die Leitbildbestimmungen ablehnen, zumal die Beschwerdeführerin - außer einem Festhalten am bisherigen Zustand als Kleinstgemeinde - anderweitige Präferenzen nicht geäußert hat und auch Bürgerstellungnahmen, die insoweit neue Erwägungen hätten veranlassen mögen, nicht abgegeben wurden.

Daß sie in eine Gemeinde eingegliedert wird, die nicht mehr dem Amt Oberspreewald, sondern dem größeren Amt Lieberose/Oberspreewald angehört, kann die Beschwerdeführerin nicht geltend machen. Denn sie könnte - wie oben ausgeführt - auch und gerade nur dann, wenn sie amtsangehörige Gemeinde wäre oder wieder würde, lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht. Eine diesbezügliche kommunale Verfassungsbeschwerde wäre, auch wenn sie zulässig wäre, hier überdies unbegründet. Die Eignung des Amtes Lieberose/Oberspreewald hat die Beschwerdeführerin weder (substantiiert) in Abrede gestellt noch ist dazu erhebliches sonst ersichtlich (vgl. insoweit die erfolglosen kommunalen Verfassungsbeschwerden der Gemeinde Jamlitz - VfGBbg 194/03 - und der Stadt Lieberose - VfGBbg 213/03 -, Beschlüsse vom 18. November 2004).

ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen.

Insbesondere war der Gesetzgeber nicht durch die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Neu Zauche gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Von dieser Erwägung hat sich der Gesetzgeber bei der Ausübung seines Ermessens leiten lassen. Belastungen in der kommunalen Wohnungswirtschaft der Gemeinde Neu Zauche, für die nach ihren Angaben aufgenommene Kredite kontinuierlich ordnungsgemäß abgetragen werden, betreffen Objekte, die allen - auch den neuen - Gemeindebürgern durch ihre Nutzungsmöglichkeit auch zum Vorteil gereichen. Eine gemeinsame Lastentragung ist in derartigen Fällen nicht unangemessen, zumal die Finanzlage naturgemäß veränderlich ist und die Beschwerdeführerin als Kleinstgemeinde ohnehin wirtschaftlich stark gefährdet ist, durch den Gemeindezusammenschluß aber auf Dauer eine strukturelle Stärkung erfährt. Der Gesetzgeber wäre allerdings gehindert, eine Gemeinde zu bilden, deren Finanzausstattung evident unzureichend sein wird und in der für eine gemeindliche Selbstverwaltung auf Dauer kein Raum mehr ist. Eine derartige Gemeinde führte lediglich ein „Scheindasein“ (BVerfGE 1, 167, 175; vgl. auch Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 16. September 1998 - VfGBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237, 242). So liegen die Dinge aber bei der Beschwerdeführerin nicht. Sie erwartet nicht, daß die vergrößerte Gemeinde zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft überhaupt nicht mehr in der Lage wäre. Sofern sich die Beschwerdeführerin sorgt, künftig würden die vorhandenen Mittel nicht sinnvoll und gerecht auf das Gesamtgebiet verteilt, bestehen Anhaltspunkte für ein solches Verhalten der Gemeinde Neu Zauche nicht. Kommunalpolitische Aufgaben, wie sie es auch in jeder anderen aus Ortsteilen bestehenden Gemeinde gibt, lassen sich zudem, wie zahlreiche Beispiele zeigen, auch bei einer gewissen mehrpoligen Gemeindestruktur mit Geschick so lösen, daß einzelne Ortsteile sich nicht dauernd ausgeschlossen fühlen.

C.

Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt. VerfGGBbg.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
   
Havemann Dr. Jegutidse
   
Dr. Knippel Prof. Dr. Schröder
 
Prof. Dr. Will