VerfGBbg, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - VfGBbg 11/07 EA -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde EA |
|
entscheidungserhebliche Vorschriften: | - GG, Art. 33 Abs. 4 - VwGO, § 123 - LV, Art. 21 Abs. 2 Satz 1; LV, Art. 12 - VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46 - LBG, § 148 a |
|
Schlagworte: | - Subsidiarität - Gleichheitsgrundsatz |
|
Fundstellen: | - NVwZ mit NVwZ-RR 2008, 210 | |
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - VfGBbg 11/07 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 11/07 EA
IM NAMEN DES VOLKES |
|
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren G., Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S., gegen den Ablehnungsbescheid des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg vom 06. September 2006, den Beschluß des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. Januar 2007 sowie die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 01. Juni 2007 und vom 11. Juli 2007 hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg am 18. Oktober 2007 b e s c h l o s s e n :
G r ü n d e : A. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die in einem Stellenbesetzungsverfahren ergangene und einen Mitbewerber begünstigende Auswahlentscheidung. Darüber hinaus greift er die im nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenstreitverfahren ergangenen Gerichtsentscheidungen an, die ihm den einstweiligen Rechtsschutz versagten. I. Am 04. August 2005 schrieb das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung die Stelle einer Abteilungsleiterin oder eines Abteilungsleiters für Stadtentwicklung und Wohnungswesen aus. Hierauf bewarben sich neben dem Beschwerdeführer und dem im Ausgangsverfahren Beigeladenen noch 12 weitere Bewerber. Der am 15. Juli 1944 geborene Beschwerdeführer ist Diplomingenieur der Fachrichtung Bauingenieurwesen und Jurist mit der Befähigung zum Richteramt. Seit November 1991 leitet er im Ministerium das Referat 24 (Oberste Bauaufsicht) und bekleidet seit März 1998 ein Amt der Besoldungsgruppe B 2 BBesO. Der am 23. Mai 1951 geborene Beigeladene des Ausgangsverfahrens ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Architektur und seit 1993 beim Ministerium angestellt. Er leitet dort seit Juli 1994 das Referat 21 (Städtebauförderung). Seit April 2004 hat er die streitbefangene Stelle kommissarisch inne. Ein für diese Stelle bereits im Jahr 2004 eingeleitetes Besetzungsverfahren brach der Antragsgegner ab und erklärte die dem Beschwerdeführer diesbezüglich erstellte und von ihm im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angegriffene Anlaßbeurteilung mit Schreiben vom 13. September 2005 für gegenstandslos. Auch gegen die ihm im Rahmen des neuen Stellenbesetzungsverfahrens vom Antragsgegner erstellte Anlaßbeurteilung vom 25. November 2005, ergänzt am 22. März 2006, legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein. Das nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren eingeleitete Klageverfahren ist seit dem 06. Juli 2006 beim Verwaltungsgericht anhängig. Mit Schreiben vom 06. September 2006 teilte der Antragsgegner dem Beschwerdeführer mit, daß ein anderer Bewerber – der Beigeladene des Ausgangsverfahrens – ausgewählt worden sei. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. September 2006 Widerspruch ein. Am selben Tag beantragte er beim Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung verwies er darauf, daß der Beigeladene als Angestellter gemäß § 148 a des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg (LBG) nicht für die ausgeschriebene Stelle habe ausgewählt werden dürfen. Eine Ausnahme des Landespersonalausschusses gemäß § 148 a Abs. 3 Satz 2 LBG liege nicht vor. § 148 a LBG regele nicht ausschließlich das „Betriebsverhältnis“ des Beamten, sondern gestalte Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) aus. Die Aufgaben der Abteilung seien hoheitlich und könnten daher gemäß § 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) und § 148 a LBG nicht einem Angestellten übertragen werden. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch werde verletzt, wenn unter Verstoß gegen den Funktionsvorbehalt Angestellte als Bewerber zugelassen würden. Der Antragsgegner habe sich mit Schreiben vom 06. April 2006 dahingehend gebunden, daß er eine endgültige Besetzungsentscheidung erst nach abschließender Entscheidung über seinen, des Beschwerdeführers, Widerspruch gegen die Anlaßbeurteilung treffen werde. Diese Zusage sei verletzt worden. Beurteilungsbeitrag und Beurteilung seien formell und materiell fehlerhaft. Zudem habe eine objektive Auswahl nicht stattgefunden. Mit Beschluß vom 19. Januar 2007 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Zur Begründung führte es an, daß der Beschwerdeführer einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht habe. Der Antragsgegner habe seine Zusage - zunächst abschließend über den Widerspruch des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Beurteilung und erst danach über die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle zu entscheiden - nicht verletzt. Vielmehr interpretiere der Beschwerdeführer das Schreiben des Antragsgegners vom 06. April 2006 fehl, wenn er „abschließend“ im Sinne einer „rechtskräftigen“ Entscheidung auslege. Die vom Antragsgegner zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung lasse einen den Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers verletzenden Rechtsfehler nicht erkennen. Eine gesetzliche Regelung, wonach die streitbefangene Stelle aufgrund der hoheitlichen Befugnisse nur Beamten übertragen werde kann, existiere nicht. § 148 a Abs. 1 und Abs. 3 LBG enthalte keinen Funktionsvorbehalt i. S. d. Art. 33 Abs. 4 GG. Diese Vorschrift regele allein die Rechtsverhältnisse der Beamten und treffe keine Ausschlußregelung hinsichtlich der Besetzung der Stelle mit Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die nicht Beamte seien. Auch aus dem Aufgabenbereich der ausgeschriebenen Stelle könne der Beschwerdeführer die Voraussetzungen eines Funktionsvorbehalts nicht herleiten. Zudem spreche vieles dafür, daß sich der Beschwerdeführer nicht auf eine etwaige Verletzung des Art. 33 Abs. 4 GG berufen könne, da diese Norm keine Individualrechte begründe. Auch sämtliche vom Beschwerdeführer gerügten Mängel der Beurteilung führten nicht zu einer Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs. So habe die Beurteilung des Chefs der Staatskanzlei zu Recht im Rahmen der Beurteilung Berücksichtigung gefunden. Die Annahme, der Chef der Staatskanzlei sei entweder befangen oder es sei das Ziel, ihn, den Beschwerdeführer, bewußt aus dem Bewerberfeld auszugrenzen, entbehre in der Sache einer schlüssigen und überzeugenden Begründung. Auch im übrigen lasse die Auswahlentscheidung einen Beurteilungs- oder Ermessensfehler nicht erkennen. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die Chancengleichheit dadurch vor, daß der Beigeladene die ausgeschriebene Stelle seit dem ersten Bewerbungsverfahren kommissarisch innehabe und damit über einen Erfahrungsvorsprung verfüge. Dem Vermerk zum Stellenbesetzungsverfahren vom 03. August 2006 sei nicht zu entnehmen, daß die vertretungsweise Wahrnehmung der vakanten Stelle durch den Beigeladenen entscheidend für die Auswahl zu seinen Gunsten war. Die dagegen vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde wurde vom Oberverwaltungsgericht mit Beschluß vom 01. Juni 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Zusage des Antragsgegners aus dem Schreiben vom 06. April 2006 und den hierauf bezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts überzeugten nicht. Das Abwarten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch habe der Antragsgegner nicht zugesagt. Auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zu Art. 33 Abs. 4 GG und § 148 a LBG würden nicht durchgreifen. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht entschieden, daß sich aus diesen Normen kein den Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers verletzender Fehler des Auswahlverfahrens ergibt. Die Beschwerdebegründung gebe auch für die Annahme eines Beurteilungsfehlers nichts her. Die Rechtmäßigkeit der Beurteilung sei bereits im Stellenbesetzungsverfahren in den Blick zu nehmen und von den Verwaltungsgerichten im Konkurrentenstreitverfahren zu überprüfen. Aus einem nur geringfügig von einer früheren Beurteilung abweichenden Beurteilungsbeitrag könne nicht ernsthaft auf eine Befangenheit des Verfassers des Beurteilungsbeitrags oder gar eine Absicht, den Beschwerdeführer aus dem Bewerbungsverfahren ausgrenzen zu wollen, geschlossen werden. Soweit der Beschwerdeführer eine Begründung für die vermeintliche Verschlechterung vermisse, sei darauf hinzuweisen, daß maßgeblich nicht ein Beurteilungsbeitrag, sondern die Beurteilung selbst sei. Die aktuelle Beurteilung vom 25. November 2005/22. März 2006 sei nicht schlechter als die vorherige, sondern besser. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beurteiler seiner Pflicht zur Verschaffung der nötigen Kenntnisse zur Erstellung der Beurteilung nicht nachgekommen sei. Einen etwaigen Bewährungsvorsprung habe der Antragsgegner bei erneuter Auswahlentscheidung in Abkehr vom Prinzip der Bestenauslese nicht zwingend ausblenden müssen. Zumindest habe der Antragsgegner die kommissarische Wahrnehmung der Aufgaben des Abteilungsleiters bei der Auswahlentscheidung nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers berücksichtigt. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Oberverwaltungsgericht mit Beschluß vom 11. Juli 2007 zurück. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die rechtliche und tatsächliche Wertung des Senats wende, sei damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargetan. II. Am 03. August 2007 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlaß einer einstweiligen Anordnung „angeregt“. Durch die angegriffenen Entscheidungen werde er in seinen Grundrechten aus Art. 12, 21 Abs. 2 Satz 1 und 52 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) verletzt. Art. 21 Abs. 2 Satz 1 LV werde verletzt, da ihm ein Bewerber vorgezogen werde, der dem gesetzlichen Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle gemäß § 148 a LBG nicht entspreche. Schon indem ihm von den Gerichten nicht zugebilligt worden sei, diese Verletzung zu rügen, hätten sie seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verkannt. Der Abteilungsleiter habe hoheitliche Kernaufgaben wahrzunehmen, damit unterliege die Stelle einem Funktionsvorbehalt. Zudem regele § 148 a LBG, daß in ein Leitungsamt nur Lebenszeitbeamte berufen werden dürften. Die ausgeschriebene Stelle sei solch ein Leitungs-amt. Die Feststellung der Gerichte, das Landesbeamtengesetz beziehe sich nur auf Beamte, sei so nicht richtig. Die Gerichte würden verkennen, daß § 148 a LBG speziell die gesetzliche Regelung der Besetzung der Stellen der Abteilungsleiter der obersten Landesbehörden sei. Ob sich diese gesetzliche Regelung im Landesbeamtengesetz oder im Landesorganisationsgesetz oder in einem speziellen Gesetz befinde, sei unmaßgeblich. Das Verständnis des Oberverwaltungsgerichts zu § 148 a LBG verletzte ihn auch in Art. 12 LV. Während der Lebenszeitbeamte, der sich um ein Leitungsamt bewerbe, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 148 a LBG mitbringen müsse, werde der angestellte Bewerber jedenfalls dann, wenn er nicht verbeamtet werde, von sämtlichen Voraussetzungen des Gesetzes freigestellt. Er werde so unter Durchbrechung des Leistungsprinzips dem verbeamteten Bewerber vorgezogen. Er werde rechtsschutzlos gestellt, wenn das Oberverwaltungsgericht ihn darauf verweise, nur die Beurteilung, nicht jedoch den Beurteilungsbeitrag angreifen zu können. Es verstoße gegen Art. 21 Abs. 2 Satz 1 LV, wenn der Chef der Staatskanzlei es nicht begründen müsse, warum er den Beschwerdeführer gegenüber der ersten Beurteilung im ersten Ausschreibungsverfahren jetzt in seinem nachträglich erstellten Beurteilungsbeitrag in fünf der 18 Leistungsmerkmale um eine Stufe herabgesetzt habe. Die Beurteilung sei zudem fehlerhaft, da der Beurteilungsbeitrag des Abteilungsleiters 3, Herrn S., für den Zeitraum vom 18. März 2002 bis zum 17. September 2002 nicht mitberücksichtigt worden sei, was zu einer wesentlich besseren Beurteilung hätte führen müssen. Die Gerichte hätten verkannt, daß das Ministerium bei seiner Auswahlentscheidung in rechtswidriger und verfassungswidriger Weise einen Bewährungsvorsprung des Beigeladenen zugrundegelegt habe. Der Beigeladene sei ausschließlich in der Funktion als Abteilungsleiter beurteilt worden. Indem das Ministerium dem Beigeladenen die kommissarische Abteilungsleitung übertragen habe, habe es zu Lasten des Beigeladenen einen rechtswidrigen Bewährungsvorsprung geschaffen. Das Ministerium habe dem Beschwerdeführer zugesagt, keine Besetzungsentscheidung vorzunehmen, solange über seinen Widerspruch nicht entschieden sei. Den diesbezüglichen Vortrag des Beschwerdeführers habe das Oberverwaltungsgericht schlicht ignoriert. Hierdurch werde er in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt. B. Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. I. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Es bedarf unter dem Gesichtpunkt der Subsidiarität nicht erst der Durchführung des verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens, da der hier als verletzt gerügte Grundrechtsverstoß gerade auf der Versagung von Eilrechtsschutz beruht (BVerfG, Beschluß vom 08. Dezember 2005 - 2 BvR 1001/04 - m. w. N.). II. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. 1. Soweit die Beschwerdebegründung nahezu ausschließlich auf einer nach Art einer Revisionsschrift verfaßten Darstellung einer - von den angegriffenen Gerichtsentscheidungen - abweichenden Rechtsansicht basiert, ist damit eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht dargetan. Das Landesverfassungsgericht ist nicht nach Art eines Rechtsmittelgerichtes zur Überprüfung von Entscheidungen der Fachgerichte berufen. Darüber hinaus ist auch aus den angegriffenen Entscheidungen selbst nicht ersichtlich, daß das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung, das Verwaltungsgericht Potsdam sowie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 12, 21 Abs. 2 Satz 1, 52 LV in verfassungsrechtlich relevanter Weise verkannt oder unberücksichtigt gelassen haben. a) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß Art. 33 Abs. 4 GG weder generell noch individuell im Fall des Beschwerdeführers ein subjektives Recht vermittelt. Offen bleiben kann hierbei, ob - wie der Beschwerdeführer meint - Art. 21 Abs. 2 Satz 1 LV tatsächlich „keine abweichenden Inhalte“ im Vergleich zu Art. 33 Abs. 4 GG besitzt (zur Entscheidungskompetenz des Landesverfassungsgericht im bundesrechtlich geregelten Verfahren bei inhaltsgleichen Grundrechten vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. Juni 2005 - VfGBbg 2/05 - m.w.N.). Jedenfalls beinhaltet Art. 33 Abs. 4 GG „kein Recht des Einzelnen“, sondern fixiert in dem „Funktionsvorbehalt“ eine objektiv-rechtliche Verfassungsregelung. Art. 33 Abs. 4 GG dient nicht dem Schutz oder den Interessen eines Einzelnen, sondern stellt lediglich das Strukturprinzip sicher, daß hoheitsrechtliche Befugnisse „in der Regel“ durch Beamte wahrgenommen werden (BVerfG, Beschluß vom 18. Februar 1988 - 2 BvR 1324/87 - m.w.N.). Art. 33 Abs. 4 GG ist seinem Wesen nach eine institutionelle Garantie und beinhaltet kein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht (Battis, in: Sachs, GG, 4. Auflage 2007, Art. 33 Rn. 45; Kunig, in: von Münch/ders., 5. Auflage 2001, Art. 33 Rn. 39; Maunz-Dürig, GG, Art. 33 Rn. 40). Eine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition derart, daß ihm ein Angestellter „entgegen des verfassungsrechtlich und gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungsprofils der ausgeschriebenen Stelle“ nicht vorzuziehen ist, haben die Gerichte daher nicht „verkannt“, da sie in dieser Weise nicht existiert. Zudem dient das vom Beschwerdeführer angestrengte verwaltungsgerichtliche Eilverfahren nach § 123 VwGO dem subjektiven Rechtsschutz und keiner objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle (Schoch, in ders./Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123 Rn. 70). Diese bundesrechtliche Verfahrensregelung ist verfassungskonform, da bereits durch Art. 19 Abs. 4 GG die maßgebliche Systementscheidung für den Individualrechtsschutz getroffen wurde (Krebs, in: von Münch/Kunig, a.a.O., Art. 19 Rn. 58 m.w.N.). Insoweit stellt es sich als Ausfluß des verfassungsrechtlich verbürgten und auch subjektiv rechtlich ausgestalteten Prinzips der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 21 Abs. 2 Satz 1 LV) dar, daß der Mitbewerber im Konkurrentenstreitverfahren („nur“) den danach ausgerichteten Anspruch auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung, den sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, geltend machen kann (Wahl/Schütz, a.a.O, Rn. 325 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ergeben sich aus der Aussage des Oberverwaltungsgerichts, „der Antragsteller kann eine Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung beanspruchen, aber keinen Schutz vor Konkurrenz durch die Organisationsentscheidung des Dienstherrn“, keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken. Da die Entscheidungen - zuletzt die des Oberverwaltungsgerichts - selbständig tragend auf der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Erwägung beruhen, daß ein (unterstellter) Funktionsvorbehalt dem Antragsteller keine subjektive Rechtsposition einräumt, kommt es auf die weiteren Einzel-Rügen des Beschwerdeführers hierzu nicht mehr an. b) Den verfassungsrechtlich gesicherten Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers haben Ministerium und Gerichte in ihren Entscheidungen gewahrt. aa) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet es, daß Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der über den Beschwerdeführer erstellten Beurteilung bereits im Konkurrentenstreitverfahren anhand der vom Beschwerdeführer dazu erhobenen Einwände inzident geprüft und nicht zunächst den Ausgang des dazu anhängigen Klageverfahrens abgewartet haben. Die Gerichte haben hierbei die Grundrechte des Beschwerdeführers nicht in verfassungsrechtlich relevanter Weise verkannt oder unberücksichtigt gelassen. Allein die Tatsache, daß sie eine andere rechtliche Bewertung vorgenommen haben als der Beschwerdeführer sie vornimmt, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Entscheidungen. bb) Insbesondere haben die Gerichte in nachvollziehbarer und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, warum der Beurteilungsbeitrag des Chefs der Staatskanzlei vom 12. Oktober 2005 in der Beurteilung durch Staatssekretär Dellmann vom 23. November 2005 und vom 22. März 2006 berücksichtigt werden konnte. Zum Einwand des Beschwerdeführers, daß eine vermeintliche Verschlechterung vorliege, die zudem nicht begründet worden sei, hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend und nachvollziehbar darauf abgestellt, daß die aktuelle Beurteilung gegenüber der für gegenstandslos erklärten insgesamt eine Verbesserung ergeben habe. Den detaillierten Ausführungen der Gerichte dazu ist nichts hinzuzufügen. Die bloße Wiederholung der einfachrechtlichen Einwände gegen die Berücksichtigung dieses Beurteilungsbeitrags im Rahmen der Verfassungsbeschwerde gibt für eine Verfassungswidrigkeit der Gerichtsentscheidungen nichts her. cc) Soweit der Beschwerdeführer nunmehr mit der Verfassungsbeschwerde rügt, auch der Beurteilungsbeitrag des Abteilungsleiters 3, Herrn S., hätte in der Beurteilung berücksichtigt werden müssen, begegnet diese Rüge bereits dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität. Dieser Grundsatz verpflichtet den jeweiligen Beschwerdeführer dazu, bereits im jeweiligen fachgerichtlichen Rechtsschutzverfahren die verfassungsrechtlich relevanten Aspekte aufzuzeigen, um so dem Fachgericht Gelegenheit zu geben, eine Überprüfung auch insoweit vorzunehmen (vgl. BVerfGE 64, 129, 143; 66, 337, 364; 68, 384, 389; 81, 97, 102). Eine auf diesem Einwand basierende Rechtswidrigkeit der Beurteilung war vom Beschwerdeführer jedoch im gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gerügt worden, womit er sich der Möglichkeit begeben hat, diesen Verstoß mit der Verfassungsbeschwerde als Grundrechtsverletzung geltend zu machen. dd) Auch mit der Rüge, es verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 21 Abs. 2 Satz 1 LV, daß Ministerium und Gerichte den Bewährungsvorsprung des Beigeladenen berücksichtigt hätten, kann die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg haben. Der Beschwerdeführer verkennt, daß abschließend das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 01. Juni 2007 selbständig tragend darauf abgestellt hat, daß der Antragsgegner rechtlich nicht gehalten gewesen wäre, einen etwa erlangten Bewährungsvorsprung des Beigeladenen quasi in Abkehr vom Prinzip der Bestenauslese bei einer neuerlichen Auswahlentscheidung zwingend auszublenden (s. auch BVerfG, Beschluß vom 20. März 2007, NVwZ 2007, 691-693). Da hier der Beigeladene durch die Wahrnehmung der Aufgaben des stellvertretenden Abteilungsleiters seit April 2004 ggf. einen durch seine Tätigkeit bewirkten Leistungsvorsprung erlangt haben könnte, wäre der Antragsgegner nicht gehindert gewesen, diesen nach dem Prinzip der Bestenauslese zu berücksichtigen. Angesichts dieser selbständig tragenden und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den weiteren, vom Beschwerdeführer ebenfalls angegriffenen ergänzenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichtes zu diesem Komplex. ee) Mit den lediglich von der Rechtsansicht der Gerichte abweichenden Ausführungen des Beschwerdeführers zu der von ihm beanspruchten Zusicherung des Ministeriums hat der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12, 52 und 21 Abs. 2 LV weder hinreichend substantiiert dargetan (§ 20 Abs. 1 Satz 2 und § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -) noch ist dafür sonst etwas ersichtlich. 2. Mit der Zurückweisung der
Verfassungsbeschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Erlaß einer
einstweiligen Anordnung (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg,
Beschluß vom 19. November 1998 - VfGBbg 39/98 EA - und Beschluß vom 14.
Dezember 2000 - VfGBbg 62/00 EA -). |
Weisberg-Schwarz | Prof. Dawin |
Prof. Dr. Dombert | Prof. Dr. Harms-Ziegler |
Havemann | Dr. Knippel |
Dr. Schöneburg | Prof. Dr. Schröder |