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VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2015 - VfGBbg 14/15 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 109 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 21; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
- VwGO, § 40 Abs. 1 Satz 1
- BbgRiG, § 12; BbgRiG, 3 88 Abs. 1 Satz 1
Schlagworte: - Richterwahlaussschuss
- Wahl
- Rechtswegerschöpfung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2015 - VfGBbg 14/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 14/15




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

P.,

Beschwerdeführer,

wegen Wahl der nichtparlamentarischen ständigen richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses

           

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 18. September 2015

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Partikel

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

Gründe:

 

A.

 

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Wahl der ständigen richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses durch den Landtag Brandenburg.

 

I.

 

Der Beschwerdeführer kandidierte für die Vorschlagsliste zur Wahl der ständigen richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses. Bei der Anfang Oktober 2014 in der Richterschaft des Landes durchgeführten Wahl erzielte er das drittbeste Ergebnis. Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts übermittelte die sich durch die Wahl ergebende, acht Namen umfassende Vorschlagsliste Mitte Oktober 2014 dem Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz. Auf dieser nach dem Wahlergebnis geordneten Liste war der Beschwerdeführer an dritter Stelle aufgeführt. Der Minister leitete die Vorschlagsliste an die Präsidentin des Landtags weiter, ebenso die Vorschlagslisten für die nichtständigen Mitglieder sowie die Mitglieder aus der Rechtsanwaltschaft. Im Übersendungsschreiben führte er die für die Vorschlagsliste Gewählten tabellarisch auf. Wegen gravierender Mängel wandte er sich wenige Tage darauf erneut an die Präsidentin des Landtags und übermittelte eine neue Fassung seines Übersendungsschreibens. Auch in diesen Schreiben war der Beschwerdeführer auf Platz 3 der Vorschlagsliste für die Wahl der ständigen richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses aufgeführt.

 

Die Präsidentin des Landtags leitete das erste Schreiben nebst den Anlagen an die Mitglieder des zu diesem Zeitpunkt noch nicht konstituierten Rechtsausschusses mit der Bitte weiter, darüber zu beraten und einen Vorschlag zu unterbreiten. Das weitere Schreiben des Ministers sandte sie den Ausschussmitgliedern nach. Der Rechtsausschuss des Landtags beriet in seiner konstituierenden Sitzung am 4. Dezember 2014 über die Wahl des Richterwahlausschusses. Der Ausschuss gelangte einstimmig zu der Überzeugung, als ständige richterliche Mitglieder des Richterwahlausschusses sollten die beiden auf der Vorschlagsliste bestplatzierten Kandidaten, als deren Vertreter die nach den Wahlergebnissen folgenden Vorgeschlagenen gewählt werden. Damit sollte der Beschwerdeführer als stellvertretendes Mitglied des Richterwahlausschusses gewählt werden. Dieses Beratungsergebnis fand Eingang in die LT-Ds 6/224 („Antrag mit Wahlvorschlag des Rechtsausschusses zur Wahl der nichtparlamentarischen Mitglieder des Richterwahlausschusses“). Hiernach sollte der Beschwerdeführer als Stellvertreter eines ständigen Mitglieds aus der Richterschaft gewählt werden. Der Drucksache waren unter anderem die beiden Schreiben des Ministers der Justiz, in denen das Ergebnis der Wahl zu den Vorschlagslisten in den einzelnen Berufsgruppen zusammengefasst dargestellt worden war, beigefügt. Das Präsidium des Landtags nahm den Antrag mit Wahlvorschlag des Rechtsausschusses unter Punkt 14 auf die Tagesordnung der Plenarsitzung des Landtags Brandenburg am 18. Dezember 2014, die vom Plenum bestätigt und später von dem – die Sitzung leitenden – Vizepräsidenten des Landtags aufgerufen und zur Abstimmung gebracht wurde. Alle anwesenden Parlamentarier stimmten der Drucksache 6/224 zu. Der Vizepräsident stellte sodann fest, der Antrag des Ausschusses sei mit der Mehrheit der anwesenden Abgeordneten angenommen. Die im Antrag aufgeführten Personen seien als nichtparlamentarische Mitglieder des Richterwahlausschusses gewählt worden.

 

Die Präsidentin des Landtags teilte dem Beschwerdeführer unter dem 22. Dezember 2014 mit, er sei als Stellvertreter eines ständigen richterlichen Mitglieds des Richterwahlausschusses gewählt worden. Das Schreiben erreichte den Beschwerdeführer am 30. Dezember 2014. Auf eine außerordentliche Wahlanfechtung und einen vorsorglich erhobenen Widerspruch teilte die Verwaltung des Landtags dem Beschwerdeführer mit, beide Rechtsbehelfe seien nicht statthaft.

 

II.

 

Der Beschwerdeführer hat am 2. März 2015 Verfassungsbeschwerde erhoben.

 

Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Die zweimonatige Beschwerdefrist sei gewahrt. Diese laufe am Montag, den 2. März 2015 ab. Er müsse unmittelbar Verfassungsbeschwerde erheben, denn fachgerichtlicher Rechtsschutz sei ausgeschlossen. Das folge bereits aus der Stellungnahme der Landtagsverwaltung vom 25. Februar 2015 zu seinen Rechtsbehelfen. Wenn die Präsidentin des Landtags später zu der Auffassung gelangt sei, es liege nun doch keine verfassungsrechtliche Streitigkeit vor, verhalte sie sich widersprüchlich. Eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art sei bereits dann gegeben, wenn die Streitsache spezifisch durch auf formelles Verfassungsrecht bezogenes Recht geprägt werde. Hier gehe es um einen staatsorganisatorischen Akt mit Verfassungsfunktion, der das verfassungsrechtliche Rechtsverhältnis begründe und nicht Gegenstand einer Streitigkeit im Verwaltungsrechtsweg sein könne. Das Verfahren unterscheide sich nicht wesentlich von demjenigen, das im Falle der Anfechtung einer Parlamentswahl vorgesehen sei. Auch sonst habe er den Anforderungen des Subsidiaritätsgrundsatzes genügt.

 

Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet. Das Verfahren zur Wahl der nichtparlamentarischen Mitglieder des Richterwahlausschusses im Landtag verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 21 Abs. 2 Satz 1 und Art. 22 Abs. 3 Satz 1 LV. Der Landtag habe sein in Art. 22 Abs. 3 LV geschütztes passives Wahlrecht, dessen Geltungsbereich sich nicht nur auf die Wahlen zum Landtag und zu den kommunalen Vertretungen, sondern auch auf die Wahlen zum Richterwahlausschuss erstrecke, durch die Gestaltung der Wahl vereitelt. Durch seine Aufnahme in die Vorschlagsliste sei er verbindlich wählbar gewesen. Dieses passive Wahlrecht werde durch die vom Rechtsausschuss vorgenommene Streichung von der Liste beeinträchtigt. Eine Rechtfertigung für dieses Vorgehen gebe es nicht. Das vom Landtag praktizierte Wahlverfahren entspreche weder den sich aus § 12 Brandenburgisches Richtergesetz (BbgRiG) ergebenden speziellen Anforderungen, noch sei es geeignet, den nichtparlamentarischen Mitgliedern des Richterwahlausschusses die durch Art. 109 LV gebotene demokratische Legitimation zu vermitteln. Der Landtag habe seiner Entscheidung gerade nicht die Vorschlagslisten, sondern lediglich die LT-Ds 6/224 zu Grunde gelegt und damit in der Sache keine Wahl vorgenommen. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses verenge den Kandidatenkreis schon vorab in unzulässiger Weise auf die zu wählende Kandidatenanzahl, ohne dass die Möglichkeit bestanden habe, weitere Wahlvorschläge einzubringen. Zudem habe der Landtag seine vorläufige Geschäftsordnung missachtet. Bereits die Befassung des Rechtsausschusses durch die Präsidentin des Landtages sei weder mit der Verfassung noch mit der vorläufigen Geschäftsordnung in Einklang zu bringen, die zudem eine geheime Abstimmung mittels Stimmzettel erfordert habe. Auch hätten die Parlamentarier die Vorschlagslisten nicht erhalten. Die Differenzierung der Kandidaten in der Drucksache 6/224 verstoße in evidenter Weise gegen das Gleichheitsgebot. Schließlich sei auch das Grundrecht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern verletzt. Dieses umfasse berufliche wie ehrenamtliche Tätigkeiten öffentlich-rechtlicher Art. Der Zugang dazu bestimme sich grundsätzlich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Soweit dies bei Wahlen lediglich eingeschränkt gelte, müsse berücksichtigt werden, dass hier gerade die demokratische Gestaltung des Verfahrens umstritten sei. Der Richterwahlausschuss sei ein kollegiales, parlamentarisch legitimiertes Wahlgremium, zu dem nicht jedermann kandidieren könne. Es bedürfe vorab eines berufsständischen Votums, aufgrund dessen die Aufnahme in die Vorschlagsliste erfolge. Daraus ergebe sich die Eignung der Kandidaten. Alle auf der Liste Verzeichneten seien demnach zur Wahl geeignet. Das schließe jede Ungleichbehandlung in der Zeit bis zur Vornahme der Wahlhandlung aus. 

 

III.

 

Der Landtag Brandenburg, die Präsidentin des Landtags Brandenburg, das Präsidium des Landtags Brandenburg und der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.

 

Die Präsidentin des Landtags hat, zugleich im Namen des Präsidiums, geltend gemacht, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Dem Beschwerdeführer fehle in Bezug auf die gerügten Grundrechte bereits die Beschwerdebefugnis. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, denn die Wahl des Richterwahlausschusses sei kein verfassungsrechtlicher Hoheitsakt. In der Sache bleibe es dem Landtag bei der Wahl der Mitglieder des Richterwahlausschusses im Rahmen seines Selbstorganisationsrechts und der Geschäftsordnungsautonomie überlassen, in welcher Weise er den Wahlakt gestalte. Dies finde seine Grenze in den Grundrechten, die vorliegend aber nicht verletzt würden. Das gewählte Verfahren entspreche demokratischen Anforderungen und langjähriger parlamentarischer Übung. Jeder Abgeordnete habe auch im Plenum eigene Vorschläge aus den Wahlvorschlagslisten im Landtag einbringen und so eine Wahl zwischen verschiedenen Kandidaten erzwingen können.

 

B.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat entgegen § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg den Rechtsweg nicht erschöpft. Er hat vor Anrufung des Verfassungsgerichts fachgerichtlichen Rechtsschutz nicht in Anspruch genommen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg ist eine Verfassungsbeschwerde grundsätzlich erst nach Erschöpfung des Rechtsweges zulässig. Danach muss ein Beschwerdeführer zunächst die ihm gesetzlich zur Verfügung stehenden, nicht offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelfe ergreifen; namentlich muss er den ihm nach der jeweiligen Verfahrensordnung eröffneten Instanzenzug durchlaufen. Die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte dient dazu, dem Verfassungsgericht ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial zu unterbreiten und ihm die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte zu vermitteln. Zugleich entspricht es der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen gewähren. Nur offensichtlich unzulässige Rechtsbehelfe gehören nicht zum Rechtsweg. Offensichtlich unzulässig ist ein Rechtsbehelf nur dann, wenn der Rechtsschutzsuchende nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre zum maßgebenden Zeitpunkt über dessen Unzulässigkeit nicht im Ungewissen sein konnte. Bestehen hingegen lediglich mehr oder weniger gewichtige Zweifel, ob ein Rechtsbehelf zulässig ist, muss der Beschwerdeführer vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf § 45 Abs. 2 VerfGGBbg grundsätzlich davon Gebrauch machen (BVerfG NJW 2015, 2175 f m. w. N.; NVwZ 1993, 357).

Aus diesem Grund hätte der Beschwerdeführer hier zunächst das Verwaltungsgericht anrufen müssen. Weder aus der zur Abgrenzung von verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten maßgeblichen Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Vielzahl der hierzu vertretenen Auffassungen noch aus der Rechtsprechung zu vergleichbaren Fallgestaltungen ergibt sich eine offensichtliche Unzulässigkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichts. Die demgegenüber vom Beschwerdeführer herangezogenen Entscheidungen tragen kein abweichendes Ergebnis.

1. Die Anrufung des Verwaltungsgerichts ist auf der Grundlage der zu § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vertretenen Auffassungen nicht offensichtlich unzulässig. Entscheidend ist danach, ob es sich um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Wann eine solche gegeben ist, bestimmt sich in materieller Hinsicht maßgeblich nach dem Charakter des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses (vgl. BVerfGE 81, 310, 329; 109, 1, 6; BVerwG NVwZ 1998, 500; DVBl. 2000, 487 f; BVerwGE 128, 99). In formeller Hinsicht ist in Rechtsprechung und Lehre hingegen im Einzelnen umstritten, ob auch die am Streit Beteiligten unmittelbar am Verfassungsleben teilnehmende Rechtsträger oder mit eigenen Rechten ausgestattete Teile derselben sein müssen (vgl. zu der sog. „doppelten Verfassungsunmittelbarkeit“ die umfassenden Darstellungen von Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 28. EL 2015, § 40 Rn. 136-152; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO – Großkommentar, 4. Aufl., § 40 Rn. 186-216; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: 45. EL 2014, Vorb. Rn. 70-105; jeweils mit zahlreichen Nachweisen). Ausschlaggebend ist danach in materieller Hinsicht, ob die Rechtsgrundlage für die streitige Maßnahme oder das streitige Begehren verfassungsrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Natur ist. Zudem ist bedeutsam, welche Ebene des Rechtssystems – die verfassungsrechtliche oder die einfachrechtliche – das dem Streit zugrunde liegende Rechtsverhältnis prägt. Ein verfassungsrechtliches Streitverhältnis ist zu verneinen, wenn um Rechte und Pflichten gestritten wird, die nicht in der Verfassung, sondern in einem einfachen Gesetz normiert sind (vgl. BVerfGE 27, 152, 157; 73, 1, 30 f.; 84, 290, 297; VerfG M-V NVwZ 2015, 739). Beruht das Begehren des Beschwerdeführers auf Vorschriften des einfachen Rechts, sind rechtliche Auseinandersetzungen auch dann einfachrechtlich geprägt, wenn diese Regelungen ihrerseits der Ausfüllung von Verfassungsnormen dienen oder die Beurteilung eines Rechtsverhältnisses nicht unerheblich von verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten abhängt (vgl. BVerwGE 80, 355, 358; DVBl. 2000, 487 f.). Ungeachtet der Frage, wie das nicht zuletzt durch Vorschriften des einfachen Rechts geprägte streitige Rechtsverhältnis in Bezug auf die Wahl des Richterwahlausschusses einzuordnen ist, ist nach der in der Kommentarliteratur übereinstimmend noch als vorherrschend bezeichneten Ansicht (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 40 Rn. 32; Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 28. EL 2015, § 40 Rn. 136 f; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO – Großkommentar, 4. Aufl., § 40 Rn. 189-191; v. Albedyll, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 6. Aufl., § 40 Rn. 87 f) die Anrufung des Verwaltungsgerichts schon deshalb zulässig, weil der Beschwerdeführer nicht unmittelbar selbst am Verfassungsleben teilnimmt, Streitigkeiten zwischen Bürger und Staat aber grundsätzlich vor die Verwaltungsgerichte gehören (BVerfG NVwZ 1988, 817, 818; BVerwGE 80, 355, 358).

 

2. Auch im Hinblick auf die bisherige Entscheidungspraxis der Verwaltungsgerichte besteht eine hinreichend große Erwartung, dass der Beschwerdeführer im fachgerichtlichen Verfahren Rechtsschutz wird erlangen können. Zwar ist ein Streit über die Art und Weise der Wahl richterlicher Mitglieder eines Richterwahlausschusses durch ein Parlament bislang, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand fachgerichtlicher oder verfassungsgerichtlicher Befassung gewesen, doch hat das auch hier zuständige Verwaltungsgericht Potsdam in einem in der Landesverfassung vorgesehenen Wahlverfahren seine Zuständigkeit nicht für ausgeschlossen gehalten. Das Gericht hat einen einstweiligen Rechtsschutzantrag, dem Landtag die Wahl eines Direktors am Landesrechnungshof (Art.  107 Abs. 2 Satz 1 LV) zu untersagen, für zulässig erachtet (Beschluss vom 22. Dezember 2006 - 2 L 745/06 -, juris). Ebenso wenig hatte es Bedenken, in der Sache über Anträge von Beamten zu entscheiden, Mitgliedern des Landtages die von diesen in Ausübung ihres Mandats gegenüber der Landesregierung nach Art. 56 Abs. 3 Satz 2 LV begehrte Einsicht in Teile ihrer Personalakten zu untersagen (Beschlüsse vom 8. August 2005 - 2 L 408/05 - und vom 29. September 2005 - 2 L 610/05 -, jeweils n. v.). Obwohl diese Streitigkeiten dadurch gekennzeichnet waren, dass sich sowohl das von den Beamten gegenüber der Landesregierung geltend gemachte Abwehrrecht als auch das von den im Verfahren beigeladenen Landtagsabgeordneten beanspruchte Recht der Akteneinsicht unmittelbar aus der Landesverfassung ergaben, nahm auch das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidungszuständigkeit an (Beschlüsse vom 10. Juni 2006 - 4 S 50.05 und 4 S 84.05 -, jeweils n. v.). Das Verfassungsgericht hat in einem parallel angestrengten Organstreitverfahren mehrerer Abgeordneter die Annahme, wegen derselben Akteneinsicht sei (auch) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, nicht beanstandet (Urteil vom 15. März 2007 - VfGBbg 42/06 -, LVerfGE 18, 141, 145, 150; vgl. aber in diesem Zusammenhang anders BayVerfGH, Beschluss vom 17. November 2014 - Vf. 70-VI-14 -, insbes. Rn. 38). In der Folgezeit hat das Oberverwaltungsgericht an dieser weitreichenden Rechtsprechung festgehalten und etwa in einem Rechtsstreit betreffend die Aufhebung der Immunität eines Bundestagsabgeordneten auf Antrag eines Privatklägers ausdrücklich das Vorliegen einer nichtverfassungsrechtlichen Streitigkeit bejaht (OVG Bln-Bbg LKV 2011, 566 f). Demzufolge wäre es jedenfalls nicht offensichtlich unvertretbar, wenn die Verwaltungsgerichte auch im vorliegenden Fall ihre Entscheidungszuständigkeit bejahten. Das gilt umso mehr, als der Verfassungsgeber es in Art. 109 Abs. 1 Satz 2 LV mit der Bestimmung, dass der Richterwahlausschuss „mindestens zu zwei Dritteln aus Abgeordneten“ bestehen müsse, der Entscheidung des in Art. 109 Abs. 1 Satz 5 LV zur konkreten Ausgestaltung berufenen Gesetzgebers überlassen hat, ob Nichtabgeordnete an der Richterwahl in Brandenburg beteiligt werden sollen. Erst der einfache Gesetzgeber hat die näheren Einzelheiten zu Einrichtung, Mitgliedschaft und Verfahren des Richterwahlausschusses geregelt. Das spiegelt sich letztlich auch in der Argumentation des Beschwerdeführers wider, der sich eingehend mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „aus der Vorschlagsliste" in § 12 Abs. 1 BbgRiG und dessen Parallelität zu § 42 Gerichtsverfassungsgesetz sowie dem in § 12 Abs. 2 BbgRiG statuierten Erfordernis befasst, dass die Wahl „jedes Mitglieds“ der Mehrheit der anwesenden Abgeordneten bedarf. Diese Fragen können und müssen zunächst im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geklärt werden. Das gilt auch für die Frage, ob für die Wahl im Landtag § 88 Abs. 1 Satz 1 BbgRiG beachtlich war. Der Wortlaut der Vorschrift, wonach Wahlen „nach diesem Gesetz“, mithin möglicherweise auch die Wahl des Richterwahlausschusses, geheim und unmittelbar durchzuführen seien, könnte dafür sprechen, dass es sich um geschäftsordnungsersetzendes Gesetzesrecht (vgl. hierzu schon Urteil vom 19. Juni 2003 - VfGBbg 98/02 -, juris, insbes. Rn. 36f m. w. N.) handelt, das bei der Wahl am 18. Dezember 2014 zu beachten gewesen wäre. Dass die Vorschriften des Kapitels 5 des Brandenburgischen Richtergesetzes nach ihrer Entstehungsgeschichte nur für Wahlen innerhalb der Richterschaft, mithin also nicht für die Wahlen durch den Landtag, gelten sollten (LT-Ds 5/2774 S. 4, 39), hat möglicherweise keinen hinreichenden Eingang in den Wortlaut der genannten Vorschrift gefunden.

 

3. Die vom Beschwerdeführer zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogenen Entscheidungen des Hessischen Staatsgerichtshofs (LVerfGE 11, 236) und des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen (NVwZ 2009, 1101) rechtfertigen keine andere Entscheidung. Die Ansicht des Hessischen Staatsgerichtshofs, Streitigkeiten über die Gültigkeit von Wahlen zum Parlament und damit auch über die Gestaltung des insoweit eingeschlagenen Verfahrens – gemeint war dort das Verfahren der Wahlprüfung – seien verfassungsrechtlicher Natur (LVerfGE 11, 236, 239), entspricht auch der brandenburgischen Rechtslage. Rückschlüsse auf die Wahl des Richterwahlausschusses lassen sich daraus nicht ziehen. Soweit der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen im Zuge eines Organstreits die Festlegung eines Kommunalwahltermins durch den Innenminister als staatsorganisatorischen Akt mit Verfassungsfunktion eingestuft und ein verfassungsrechtliches Verhältnis bejaht hat (NVwZ 2009, 1101), ist das mit dem vorliegenden Streitverhältnis nicht vergleichbar. Tragender Grund der Entscheidung war nämlich, dass anderenfalls eine gerichtliche Überprüfung und Klärung verfassungsrechtlicher Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Festlegung des Wahltermins wegen der spezifischen Beschränkung der Wahlprüfung auf die jeweilige örtliche Ebene nicht effektiv möglich gewesen wäre. Das ist hier nicht der Fall.

 

4. Ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg, wonach das Verfassungsgericht im Ausnahmefall über eine vor Erschöpfung des Rechtsweges eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden kann, ist vorliegend nicht gegeben.

 

C.

 

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dr. Fuchsloch
   
Dr. Lammer Partikel