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VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2008 - VfGBbg 68/07 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
sonstige
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 15 Abs. 3; VerfGGBbg, § 15 Abs. 4
Schlagworte: - Befangenheit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2008 - VfGBbg 68/07 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 68/07



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S

In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren

1. des Landkreises Barnim,
vertreten durch den Landrat,
Am Markt 1, 16225 Eberswalde,

Beschwerdeführer zu 1.,

2. der Stadt Brandenburg an der Havel,
vertreten durch die Oberbürgermeisterin,
Neuendorfer Straße 90, 14770 Brandenburg an der Havel

Beschwerdeführerin zu 2.,

3. des Landkreises Ostprignitz-Ruppin,
vertreten durch den Landrat,
Virchowstraße 14-16, 16816 Neuruppin,

Beschwerdeführer zu 3.,

4. der Stadt Frankfurt (Oder),
vertreten durch den Oberbürgermeister,
Marktplatz 1, 15230 Frankfurt (Oder),

Beschwerdeführerin zu 4.,

Verfahrensbevollmächtigter der Beschwerdeführer zu 1. bis 4.: Prof. (apl.) Dr. S.

gegen §§ 1, 2 Abs. 1, 3 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 6. Dezember 2006 (GVBl I S. 166) und § 4 Abs. 2 bis Abs. 4 des Gesetzes über den allgemeinen Finanzausgleich mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Land Brandenburg in der Fassung vom 6. Dezember 2006 (GVBl I S. 167)

hier: Selbstablehnung des Richters Prof. Dr. Dombert

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Dr. Schöneburg und Prof. Dr. Schröder

am 18. September 2008

b e s c h l o s s e n :

Die Erklärung der Besorgnis der Befangenheit des Richters Prof. Dr. Dombert wird für begründet erklärt.

G r ü n d e :

I.

1. Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die seit dem 1. Januar 2007 in Kraft befindliche Finanzierungsregelung für Aufgaben im Bereich der Sozialhilfe im Rahmen des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB XII) vom 6. Dezember 2006 und des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes in der Fassung vom 6. Dezember 2006.

2. Der Verfassungsrichter Prof. Dr. Dombert zeigte dem Gericht an, daß seine Kanzlei für die Beschwerdeführer zu 1. und 3. während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens anwaltlich beratend tätig gewesen sei. Es sei dabei um die Darstellung eines „Rahmens“ gegangen, den die Auftraggeber zu beachten hätten, wenn es denn zur Verabschiedung des AG-SGB XII käme. Grundlegend sei auch zur Frage der Anwendung des Konnexitätsprinzips auf § 97 SGB XII Stellung genommen worden. Auch wenn seine Kanzlei damit nicht unmittelbar mit den Fragestellungen befaßt gewesen sei, die den Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ausmachten, bestehe jedenfalls doch ein Zusammenhang mit dem Sach- und Streitstand des Verfahrens, der geeignet sei, Befürchtungen im Sinne der §§ 14, 15 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu wecken.

3. Die Beschwerdeführer und die Äußerungsberechtigten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

II.

Die Erklärung der Besorgnis der Befangenheit ist begründet.
Zeigt ein Richter entsprechend § 15 Abs. 4 VerfGGBbg die mögliche Besorgnis der Befangenheit an, entscheidet gemäß § 15 Abs. 3 VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluß des betreffenden Richters.

Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des Prozeßrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in st. Rspr., s. etwa: Beschlüsse vom 15. Juni 1994 – VfGBbg 10/94 EA –, LVerfGE 2, 113; vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -; vom 28. Juli 2005 - VfGBbg 217/03 - und vom 15. Juni 2006 - VfGBbg 58/04 -; zuletzt vom 21. Dezember 2006 - VfGBbg 45/06 -).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Umstand, daß die Praxis des Verfassungsrichters Prof. Dr. Dombert die Beschwerdeführer zu 1. und 3. zu Fragen des AG-SGB XII im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip vertreten hat, ist nach Lage des Falles geeignet, bei einem Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, der Richter werde an der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken können. Es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
     
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
 
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
   
Dr. Schöneburg Prof. Dr. Schröder