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VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2003 - VfGBbg 226/03 EA -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 98
- VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
Schlagworte: - kommunale Selbstverwaltung
- Gemeindegebietsreform
Fundstellen:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2003 - VfGBbg 226/03 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 226/03 EA



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

Stadt Lieberose,
vertreten durch das Amt Lieberose,
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,
Markt 4,
15868 Lieberose,

Antragstellerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.,

betrifft: gesetzlicher Zusammenschluß der Ämter Lieberose und Oberspreewald;
hier: Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Prof. Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse und Dr. Knippel

am 18. September 2003

b e s c h l o s s e n :

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird verworfen.

G r ü n d e :

I.

Die Antragstellerin, eine amtsangehörige Gemeinde, gehört derzeit zum Amt Lieberose. Dieses Amt und das Amt Oberspreewald sollen durch Art. 1 § 3 Abs. 5 des Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße sowie zur Auflösung der Gemeinden Diepensee und Haidemühl und zur Änderung des Gesetzes zur Auflösung der Gemeinde Horno und zur Eingliederung ihres Gemeindegebietes in die Gemeinde Jänschwalde sowie zur Änderung der Amtsordnung (6. GemGebRefGBbg) vom 24. März 2003 (GVBl I S. 93) zu dem neuen Amt Lieberose/Oberspreewald zusammengeschlossen werden. Die Antragstellerin soll als – durch Eingliederung der Gemeinde Doberburg vergrößerte - Gemeinde erhalten bleiben, jedoch zufolge Art. 1 § 3 Abs. 6 des 6. GemGebRefGBbg diesem - nach dem Willen des Gesetzgebers künftig aus acht Gemeinden bestehenden - neuen Amt Lieberose/Oberspreewald zugeordnet werden. Die genannten Vorschriften treten zufolge Art. 6 Satz 1 des Artikelgesetzes am Tage der nächsten landesweiten Kommunalwahlen in Kraft. Als Wahltag ist der 26. Oktober 2003 festgesetzt. Art. 1 §§ 31 bis 44 des 6. GemGebRefGBbg enthalten Bestimmungen zu den Rechtsfolgen der kommunalen Neugliederung und zu den anstehenden Kommunalwahlen. Diese Regelungen sind zufolge zufolge Art. 6 Satz 2 des 6. GemGebRefGBbg am Tage nach der Verkündung in Kraft getreten.

Mit ihrem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt sie, 

die Regelungen der §§ 3 Abs. 5, 31 bis 44 des Sechsten Gesetzes zur landesweiten Gebietsreform und Art. 6 des Gesetzes zur landesweiten Gebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald etc. vom 24. März 2003 (GVBl I S. 93) solange auszusetzen, bis das Verfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren entschieden hat,

hilfsweise,

Wohlverhaltensgebote zu erteilen und Schutzanordnungen bis zu dem Zeitpunkt zu treffen, zu dem das Verfassungsgericht über die Kommunalverfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren entschieden hat.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung war zu verwerfen.

1. Soweit die Antragstellerin den die Folgen der Gemeindegebietsneugliederung sowie die bevorstehenden Kommunalwahlen regelnden Art. 1 §§ 31 bis 44 des 6. GemGebRefGBbg ausgesetzt sehen will, hat sie schon eine eigene Betroffenheit nicht dargelegt (zum Erfordernis eigener Betroffenheit bei der kommunalen Verfassungsbeschwerde: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, NJ 2002, 642 = LKV 2002, 573), nachdem ihre gemeindliche Existenz nicht in Frage steht. Betroffen wird sie allein durch ihre Zuordnung zum Amt Lieberose/Oberspreewald unter Auflösung „ihres“ bisherigen Amtes Lieberose.

2. Aber auch ansonsten kommt eine einstweilige Anordnung nicht in Betracht.

a) Nach § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg - kann das Landesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Eine einstweilige Anordnung ist jedoch zu versagen, wenn sich die Anrufung des Verfassungsgerichts in der Hauptsache von vornherein als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet darstellt (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 30. Juni 1999 - VfGBbg 21/99 EA -, LVerfGE 10, 232, 233 und vom 18. Oktober 2001 - VfGBbg 47/01 EA -; vgl. auch BVerfG DVBl 2003, 661; NVwZ-RR 2003, 85; BVerfGE 92, 130, 133; 42, 103, 119).

b) Hiernach bleibt hier für eine einstweilige Anordnung kein Raum. Die Anrufung des Verfassungsgerichts wird in der Hauptsache keinen Erfolg haben können. Mit ihrer kommunalen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Antragstellerin lediglich gegen die sie nunmehr dem Amt Lieberose/Oberspreewald zuordnende Regelung des Art. 1 § 3 Abs. 6 des 6. GemGebRefGBbg und - im Zusammenhang hiermit - wohl auch gegen den Zusammenschluß ihres bisherigen Amtes Lieberose mit dem Amt Oberspreewald und die Bildung des neuen Amtes. Damit steht sie jedoch gewissermaßen auf verlorenem Posten. Nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtes berührt bei einer amtsangehörigen Gemeinde die Veränderung der Amtszuordnung als solche nicht das Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, NJ 2002, 642, 643 = LKV 2002, 573, 574 m.w.N.). Eine amtsangehörige Gemeinde kann nicht beanspruchen, daß ihr die bisherige, sondern lediglich, daß ihr überhaupt eine - geeignete - (Amts-)Verwaltung zur Verfügung steht (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. Mai 2002 - VfgBbg 51/01 -, LKV 2002, 515). Hiervon ausgehend ist absehbar, daß die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren ohne Erfolg bleibt. Damit ergibt sich hier, gemessen an den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 VerfGGBbg („geboten“), für eine einstweilige Anordnung - gleich welcher Art - keine Veranlassung. Auch etwaige Anlaufschwierigkeiten bei der Bildung des neuen Amtes können eine einstweilige Anordnung nicht rechtfertigen.
   

Dr. Macke Prof. Dr. Dombert
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
   
Dr. Jegutidse Dr. Knippel