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VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2003 - VfGBbg 200/03 EA -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 98
- VerfGGBbg, § 30 Abs. 1
Schlagworte: - kommunale Selbstverwaltung
- Gemeindegebietsreform
Fundstellen:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. September 2003 - VfGBbg 200/03 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 200/03 EA



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

1. Amt Lieberose,
2. Gemeinde Doberburg,
3. Gemeinde Jessern,
4. Gemeinde Lamsfeld-Groß Liebitz,
5. Gemeinde Leeskow,
6. Gemeinde Ressen-Zaue,
7. Gemeinde Speichrow

zu 2. - 7. vertreten durch den Antragsteller zu 1.,
dieser vertreten durch den Amtsdirektor,
Markt 4, 15868 Lieberose,

Antragsteller,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.,

betrifft: kommunale Neugliederung;
hier: Antrag des Amtes Lieberose und von sechs Gemeinden des Amtes auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke,
Prof. Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse und  Dr. Knippel

am 18. September 2003

b e s c h l o s s e n :

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird verworfen.

G r ü n d e :

I.

Die Antragsteller, ein Amt und sechs amtsangehörige Gemeinden des Amtes, wenden sich gegen die Auflösung des Amtes durch den in Art. 1 § 3 Abs. 5 des Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße sowie zur Auflösung der Gemeinden Diepensee und Haidemühl und zur Änderung des Gesetzes zur Auflösung der Gemeinde Horno und zur Eingliederung ihres Gemeindegebietes in die Gemeinde Jänschwalde sowie zur Änderung der Amtsordnung (6. GemGebRefGBbg) vom 24. März 2003 (GVBl I S. 93) vorgesehenen Zusammenschluß der Ämter Lieberose und Oberspreewald zu dem neuen Amt Lieberose/Oberspreewald. Die Vorschrift tritt zufolge Art. 6 Satz 1 des Artikelgesetzes am Tage der nächsten landesweiten Kommunalwahlen in Kraft. Als Wahltag ist der 26. Oktober 2003 festgesetzt. Außerdem greifen die Antragsteller die zufolge Art. 6 Satz 2 des Artikelgesetzes am Tage nach der Verkündung in Kraft getretenen Vorschriften zu den Folgen der Gemeindegebietsreform (Art. 1 §§ 31 bis 40 des 6. GemGebRefGBbg) und Regelungen zu den Kommunalwahlen 2003 (Art. 1 §§ 41 bis 44 des 6. GemGebRefGBbg) an.

Die Antragsteller beantragen,

im Wege der einstweiligen Anordnung die Regelungen der §§ 3 Abs. 5, 31 bis 44 des Sechsten Gesetzes zur landesweiten Gebietsreform und Art. 6 des Gesetzes zur landesweiten Gebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald etc. vom 24. März 2003 (GVBl I S. 93) so lange auszusetzen, bis das Verfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren entschieden hat,

hilfsweise,

Wohlverhaltensgebote zu erteilen und Schutzanordnungen bis zu dem Zeitpunkt zu treffen, zu dem das Verfassungsgericht über die Kommunalverfassungsbeschwerde im Hauptsacheverfahren entschieden hat.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Landesregierung hat davon Gebrauch gemacht.

II.

1. Der auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag der Antragstelerinnen zu 2. bis 7. ist unzulässig.

a) Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung darf sich nicht in einer Wiederholung eines bereits beschiedenen Antrags erschöpfen. Die bloße Wiederholung eines bereits abgelehnten Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung führt nicht zu einer neuen Sachentscheidung des Gerichtes, sei es, daß kein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Wiederholung besteht (BVerfGE 4, 110, 113) oder die auch im vorläufigen Rechtsschutz in Bezug auf dessen Verfahrensgegenstand zu beachtende Rechtskraft entgegensteht (so Berkemann, in: Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 32 Rn. 109). Ein abgelehnter Antrag kann nur wiederholt werden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage objektiv geändert hat (BVerfGE 91, 83, 91; 35, 257, 260).

b) Bei dem Antrag der Antragstellerinnen zu 2. bis 7. handelt es sich in diesem Sinne um einen unzulässigen Wiederholungsantrag. Die Antragstellerinnen zu 2. bis 7. haben bereits in je eigenen Verfahren beantragt, das Inkrafttreten von Art. 1 § 3 und die Vollziehung von Art. 1 §§ 31 bis 44 des 6. GemGebRefGBbg bis zur Entscheidung über ihre kommunalen Verfassungsbeschwerden auszusetzen (VfgBbg 146/03 EA; VfgBbg 156/03 EA; VfgBbg 157/03 EA; VfgBbg 169/03 EA; VfgBbg 170/03 EA; VfgBbg 177/03 EA). Das Landesverfassungsgericht hat in diesen Verfahren durch Beschlüsse vom 6. August 2003 „die Anträge, das Inkrafttreten von Art. 1 § 3 und die Vollziehung von Art. 1 §§ 31 bis 44 des 6. Gemeindegebietsreformgesetz Brandenburg bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen,“ zurückgewiesen und gleichzeitig sogenannte Wohlverhaltensgebote erlassen. Soweit es um die Aussetzung der Vollziehung von Art. 1 §§ 31 bis 44 des 6. GemGebRefGBbg geht, sind die Verfahrensgegenstände offensichtlich identisch und liegt damit die Unzulässigkeit dieses Antrages auf der Hand. Auch soweit die Antragsteller in dem jetzigen Verfahren die Aussetzung von Art. 1 § 3 des 6. GemGebRefGBbg nicht mehr insgesamt, sondern nurmehr bezüglich Abs. 5 der Regelung beantragen, ist die Angelegenheit durch die diesen Absatz einschließende Zurückweisung des Aussetzungsantrages erledigt. Ebenfalls ohne Belang ist, daß die Antragstellerinnen zu 2. bis 7. hier nicht mehr einzeln, sondern gemeinsam und im Verbund mit dem Antragsteller zu 1. auftreten; die Sach- oder Rechtslage ändert sich dadurch nicht. Die Antragstellerinnen zu 2. bis 7. machen eine Veränderung der Sach- und Rechtslage auch nicht geltend. Die jetzige Antragsbegründung besteht weitgehend in einer wörtlichen Wiederholung der früheren Ausführungen.

2. Auch der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung des Antragstellers zu 1. bleibt ohne Erfolg.

a) Nach § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg - kann das Landesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Eine einstweilige Anordnung ist jedoch zu versagen, wenn sich die Anrufung des Verfassungsgerichts in der Hauptsache von vornherein als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet darstellt (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 30. Juni 1999 - VfGBbg 21/99 EA -, LVerfGE 10, 232, 233 und vom 18. Oktober 2001 - VfGBbg 47/01 EA -; vgl. auch BVerfG DVBl 2003, 661; NVwZ-RR 2003, 85; BVerfGE 92, 130, 133; 42, 103, 119).

b) Hiernach war der Antrag des Antragstellers zu 1. auf Erlaß einer einstweiligen zu verwerfen. Die Anrufung des Verfassungsgerichts kann in der Hauptsache keinen Erfolg haben. Eine kommunale Verfassungsbeschwerde des Antragstellers zu 1. wäre unzulässig. Der Antragsteller zu 1. wäre nicht beschwerdebefugt. Nach Art. 100 LV, § 51 Abs. 1 VerfGGBbg können nur Gemeinden und Gemeindeverbände Verfassungsbeschwerde erheben. Die Ämter im Lande Brandenburg zählen nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichtes nicht zu den Gemeindeverbänden im Sinne von Art. 100 LV (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 21. Januar 1998 - VfgBbg 8/97 -, LVerfGE 8, 71, 77 und vom 16. Juli 1998 - VfgBbg 20/98 -; vgl. auch Kluge, in: NJ 1998, 198).
  

Dr. Macke Prof. Dr. Dombert
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
   
Dr. Jegutidse Dr. Knippel