VerfGBbg, Beschluss vom 18. August 2005 - VfGBbg 46/03 -
Verfahrensart: |
Kommunalverfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 97; LV, Art. 98 Abs. 1 | |
Schlagworte: | - kommunale Selbstverwaltung - Gemeindegebietsreform - Verhältnismäßigkeit |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 18. August 2005 - VfGBbg 46/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 46/03
IM NAMEN DES VOLKES |
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In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Gemeinde Walddrehna, Beschwerdeführerin, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin M.,
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg am 18. August 2005 b e s c h l o s s e n : A. Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen ihre Einbeziehung in die neugebildete amtsfreie Gemeinde Heideblick.. I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine Gemeinde im äußeren Entwicklungsraum des Landes Brandenburg, gehörte zum nach dem sog. Modell 1 gebildeten Amt Heideblick mit Sitz der Amtsverwaltung in Langengrassau, einem 8,5 km von der Beschwerdeführerin entfernt liegenden Ortsteil der Gemeinde Heideblick (Landkreis Dahme-Spreewald). Das Amt grenzte im Osten an das Amt Luckau, im Westen an den Landkreis Teltow-Fläming und im Süden an den Landkreis Elbe-Elster an. Mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 haben sich alle damals noch amtsangehörige Gemeinden mit Ausnahme der Beschwerdeführerin zur Gemeinde Heideblick zusammengeschlossen. Eine vertragliche Eingliederung der Beschwerdeführerin scheiterte, weil über deren eigenständiges Entscheidungsrecht im Trink- und Abwasserzweckverband Luckau keine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Ende 2001 lebten von den etwa 4.612 Einwohnern des Amtsgebiets 1.089 im Gebiet der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin ist verschuldet und verfügte 2001 über keine Rücklagen. 2. Ende April/Anfang Mai 2002 versandte das Ministerium des Innern Anhörungsunterlagen (Referentenentwurf) für eine Anhörung der Beschwerdeführerin zu der beabsichtigten kommunalen Neugliederung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. Gleichfalls im Frühsommer 2002 wurden die Unterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald versandt. Die Beschwerdeführerin teilte in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf mit, daß für sie kein Grund bestünde, der Gebietsreform zu folgen. Es gab im Vorfeld Bestrebungen, sich der Gemeinde Luckau anzugliedern. Die Bevölkerung der Beschwerdeführerin unterstützte dieses Vorhaben. 3. Im September/Oktober 2002 Jahres brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. Art. 1 § 2 des Entwurfs zum sechsten dieser Gesetze, zugleich § 2 des Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße (6. GemGebRefGBbg) sah vor, die Beschwerdeführerin in die Gemeinde Heideblick einzugliedern. Zur Anhörung der Beschwerdeführerin vor dem Innenausschuß am 15. Januar 2003 wurde deren ehrenamtlicher Bürgermeister geladen, welcher – nach Angaben der Beschwerdeführerin - die Anhörungsunterlagen 5 Wochen und 3 Tage vor dem Termin erhielt. Die Gesetze wurden sodann im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 2 des 6. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 93), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. Art. 6 des Artikelgesetzes), lautet: § 2 Verwaltungseinheit Amt
Heideblick
II. Die Beschwerdeführerin hat am 15. Mai 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht vor allem geltend, die Neugliederungsmaßnahme sei schon deshalb verfassungswidrig, weil weder die Bevölkerung des unmittelbar betroffenen Gebietes noch sie selbst (als Gemeinde) ordnungsgemäß angehört worden seien. Die Anhörungsfehler seien „absolute Nichtigkeitsgründe“. Auf Fragen der Kausalität komme es nicht an. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei ein „ernstes Indiz für die verfassungswidrige Gewalt der gesetzlichen Regelung“ die Tatsache, daß sich von 302 Gemeinden, die der Gesetzgeber aufzulösen versucht habe, 250 mit kommunalen Verfassungsbeschwerden dagegen zu Wehr setzten. Es fehle am Nachweis, daß die Beschwerdeführerin ungeeignet sei, den Anforderungen moderner Selbstverwaltung zu entsprechen. Der Abwägungsvorgang sei fehlerhaft, was u.a. auf Ermittlungsdefiziten beruhe. Die Beschwerdeführerin beantragt zu erkennen:
III. Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die neu gebildete Gemeinde Heideblick hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. B. Die weitgehend zulässige kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. I. 1. Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist
insofern unzulässig, als sie sich auch gegen die in § 2 Abs. 2 des 6.
GemGebRefGBbg geregelte Auflösung des bisherigen Amtes richtet.
Diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin mangels eigener Betroffenheit nicht
beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann nach der Rechtsprechung
des Landesverfassungsgerichtes, die entsprechend der (bloßen)
verwaltungsmäßigen Hilfsfunktion des - wie immer zustandegekommenen
bisherigen - Amtes für jedwede spätere Änderung der Amtszuordnung zu gelten
hat, lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine geeignete (Amts-)Verwaltung,
nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form und in dem bisherigen
Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 57/01 -,
LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -
[Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 13, S. 116 = LKV 2002, 573, 574).
Soweit sich die kommunale Verfassungsbeschwerde einer amtsangehörigen
Gemeinde als begründet erweist und sie (folglich) als amtsangehörige
Gemeinde fortbesteht, hat das Land dafür zu sorgen, daß ihr eine Verwaltung
– durch Zuordnung zu einem Amt oder Bildung eines neuen Amtes, notfalls auch
unter Wiederbelebung der früheren Amtsmodelle 2 oder 3 - zur Verfügung
steht. Je nach Art der dann getroffenen Regelung, die also gegebenenfalls
abzuwarten bleibt, mag Anlaß für eine darauf bezogene gerichtliche
Überprüfung bestehen. Festhalten an dem einmal gefundenen Zuschnitt der
Amtsverwaltung kann die einzelne Gemeinde das Land aber grundsätzlich nicht.
2. Im übrigen ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. II. Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür ebenfalls nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt. 1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit von der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in einer Vielzahl von Verfahren im wesentlichen gleichlautend vorgebrachten Einwände wird auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes (vgl. u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und zuletzt ausführlich Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 118/03 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de) verwiesen. 2. Auch materiell ist die Einbeziehung der
Beschwerdeführerin in die neue Gemeinde Heideblick mit der Landesverfassung
vereinbar. b) In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neu gebildete Gemeinde Heideblick Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen: aa) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend
mit den tatsächlichen Verhältnissen befaßt. Die örtlichen Bedingungen und
wesentlichen Strukturdaten der Beschwerdeführerin sind in den
Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (vgl.
„Neugliederungssachverhalt“: LT-Drucksache 3/5021, S. 112 ff.). Auf dem
Gebiet der Beschwerdeführerin bestehen eine Kindertagesstätte und eine
kleine Grundschule, zu deren Schulbezirk auch Ortsteile der Gemeinde
Heideblick gehören. Die älteren Schüler besuchen die Gesamtschulen in
Langengrassau und Luckau sowie das Gymnasium in Luckau. Ferner hat der
Gesetzgeber ermittelt, daß sich ein Allgemeinmediziner niedergelassen hat
und ein Tiefbaubetrieb existiert. (a) Daß die Stärkung der Verwaltungskraft sowie die Straffung und Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen durch die Bildung von Einheitsgemeinden Gründe des öffentlichen Wohls sind, welche eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermögen, hat das Landesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden, insbesondere zum Unterfall der Behebung von Strukturproblemen im Stadtumland (Urteile vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und - VfGBbg 97/03 -) sowie zum vorausgegangenen Gesetz zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden im Land Brandenburg vom 13. März 2001 (vgl. Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116 = LKV 2002, 573, 574). Eine kommunale Neugliederung setzt nicht voraus, daß Mängel in der bisherigen Aufgabenerfüllung bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende Verwaltungs- und Leistungskraft besitzt. Vielmehr kann auch eine weitere Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - und Beschluß vom 18. November 2004 - VfGBbg 167/03 -). Einer solchen Verbesserung dient hier die Umsetzung der Leitbildbestimmungen (b) Die Vorgabe einer Mindestgröße für das Amt als Verwaltungseinheit im Leitbild (2. b) bb)) des Gesetzgebers ist ein dem öffentlichen Wohl dienendes Neugliederungsziel. Eine leistungsfähige Verwaltung setzt eine gewisse Einwohnerzahl voraus, die ein Mindestmaß an finanzieller Leistungskraft sicherstellt. Erst ab einer bestimmten Größe der Verwaltung ist es möglich, daß das hauptamtliche Personal spezialisierte Tätigkeitsbereiche erhält und die Behörde zeitgemäß ausgestattet wird. Dementsprechend sind auch in anderen Bundesländern bei Gemeindegebietsreformen je nach Bevölkerungsdichte und Siedlungsstruktur Mindestgrößen für die einzelne Verwaltungseinheit zugrunde gelegt worden. So wurde z.B. in Nordrhein-Westfalen für ländliche Orte eine Größe von 8.000, in Niedersachsen von 5.000, in Rheinland-Pfalz von 7.500 und in Schleswig-Holstein von 5.000 Einwohnern angestrebt (vgl. von Unruh/Thieme/Scheuner, Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 110). Auch in Bayern ist seinerzeit bei der Gemeindegebietsreform nicht nur der Richtwert von 5.000 Einwohnern pro Verwaltungseinheit (Einheitsgemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft), sondern auch ein Richtwert von 1.000 Einwohnern für die einzelne Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft zugrunde gelegt worden. Derartige Vorgaben sind verfassungsgerichtlich jeweils unbeanstandet geblieben (siehe etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 18. November 1999 – Vf. 174-VIII-98 -; StGH Bad.-Württ., DVBl 1975, 385, 391; vgl. auch BayVGH, BayVBl 1979, 146, 148). Auch im Schrifttum werden Vorgaben nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, S. 641, 652: Bildung von Verwaltungsgemeinschaften/Ämterverwaltungen mit „numerischen Vorgaben insbesondere für akzeptable Mindestzahlen von Einwohnern“), wenngleich zu der exakten zahlenmäßigen Fixierung der Mindestgröße unterschiedliche Auffassungen bestehen mögen. Wenn der Gesetzgeber sich in seinem Leitbild auf den hier in Rede stehenden Richtwert von 5.000 Einwohnern festgelegt hat, dann sind seine diesbezüglichen Wertungen und Erwägungen nicht offensichtlich fehlerhaft oder widerlegbar (so bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, [Kreuzbruch], a.a.O. sowie u.a. Beschluß vom 26. Februar 2004 - VfGBbg 150/03 -, S. 17 f. des Entscheidungsabdrucks). (2) Darüber hinaus bestand ein
Neugliederungsbedarf, weil das Amt Heideblick nach der freiwilligen
Eingliederung der anderen früher amtsangehörigen Gemeinden nur noch aus zwei
Gemeinden bestand. Nach dem Leitbild (unter 2. b) aa); LT-Drucksache 3/5021,
S. 25) besteht das Amt aus mindestens 3 amtsangehörigen Gemeinden. Ämter,
die aus zwei amtsangehörigen Gemeinden bestehen, sind – gleichfalls nach dem
Leitbild unter 2. b) aa) - nur als Übergangslösung in der
Freiwilligkeitsphase bis zur gesetzlichen Neuordnung zulässig. cc) Zur Erreichung dieser Reformziele ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Gemeinde Heideblick nicht offensichtlich ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer Straffung der Verwaltungseffizienz und einer Bereinigung der Kleinamtsstruktur durch die Zusammenführung der Beschwerdeführerin mit der Gemeinde Heideblick eindeutig verfehlt würde. dd) Die Eingliederung ist auch nicht unverhältnismäßig. (1) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründen erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls können der Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], a.a.O.). (2) Der Gesetzgeber hat die Vor- und Nachteile seines Neugliederungsvorhabens in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und ist zu einem verfassungsrechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt. Ihm war die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung gegenwärtig. Er hat die Belange der Einwohner im Blick gehabt und sich damit, ablesbar aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache 3/5021, S. 109 ff.) und den Beratungen im Landtag und seinen Ausschüssen (Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 2 des 6. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550), auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite hat er jedoch als gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise die geringe Größe des Amtes Heideblick (nur noch zwei amtsangehörige Gemeinden) und dessen schwache Besiedlungsdichte gewürdigt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber von der Notwendigkeit der Bildung einer Einheitsgemeinde ausging. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin setzt eine kommunale Neugliederung nicht voraus, daß Mängel in der Aufgabenerfüllung der einzugliedernden Gemeinden oder des Amtes bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende Verwaltungs- und Leistungskraft (mehr) besitzt. Vielmehr kann auch eine weitere Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - und Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 -). i (3) Eine geeignetere Alternative zu der vom Gesetzgeber gewollten Neuordnung (vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], a.a.O.) ist nicht ersichtlich. (a) Die Alternative einer interkommunalen Zusammenarbeit, in welcher Form auch immer (in Gestalt von Zweck- oder Planungsverbänden, Arbeitsgemeinschaften oder Kapitalgesellschaften oder durch öffentlich-rechtliche Kooperationsverträge), durfte der Gesetzgeber zu Recht vernachlässigen. Eine solche kann typischerweise jeweils nur in Teilbereichen wirken. Sie wirft zudem ihrerseits Abstimmungs- und Kooperations- sowie Rechts- und Personalfragen auf. Im Vergleich zu einer gemeindlichen Neuordnung ist die interkommunale Zusammenarbeit schwächer und instabiler. (b) Die Zuordnung des Amtes zur Stadt Luckau unter Einbeziehung der beiden amtsangehörigen Gemeinden hat der Gesetzgeber ebenso erwogen wie die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Luckau (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 117 ff.) und aus verfassungsrechtlich unbedenklichen Gründen abgelehnt. Dabei wurden die infrastrukturellen Verflechtungsbeziehungen zu Luckau als Grundzentrum mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums gesehen. Als gegen solch eine Lösung sprechende Gründe hat der Gesetzgeber aber nachvollziehbar angeführt, daß sie zur Herstellung einer größeren Übereinstimmung zwischen dem Verwaltungsraum des Mittelzentrums Luckau und seinem darüber hinausgehenden Wirkungsraum nicht notwendig sei, den gewachsenen Strukturen innerhalb des Amtsgebietes zuwiderlaufe und wegen der bereits jetzt überdurchschnittlichen flächenmäßigen Ausdehnung und der großen Anzahl von Ortsteilen eine weitere Stärkung der Stadt Luckau nicht angezeigt sei. Die Beschwerdeführerin und Luckau haben keine gemeinsame Gemarkungsgrenze. Die alleinige Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Luckau würde zu einer Exklavenbildung führen, für die es keine besonderen Gründe gebe. (ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen. (1) Ein bestehendes starkes bürgerschaftliches Engagement in der Beschwerdeführerin „als historisch gewachsener Gemeinde“ steht der Eingliederung nicht entgegen. Daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner und deren Teilnahme am Gemeindegeschehen dauerhaft beeinträchtigt oder gar beseitigt werden würde, vermag das Verfassungsgericht nicht zu erkennen. (2) Die Bildung einer amtsfreien Gemeinde unter Einbeziehung der Beschwerdeführerin widerspricht nicht den vom Gesetzgeber gewählten Leitbildvorgaben. Zwar sollen auch amtsfreie Gemeinden mindestens 5.000 Einwohner haben, allerdings kann dieser Mindestwert in nur dünn besiedelten Landesteilen unter Beachtung der Raum- und Siedlungsstruktur unterschritten werden (vgl. Leitbild unter I. 2. a) dd); LT-Drucksache 3/5021, S. 25). Das (frühere) Amtsgebiet gehört zu den Regionen mit einer geringeren Besiedlungsdichte (28 Einwohner pro km² bei einem Landesdurchschnitt 87 Einwohnern pro km² und 49 Einwohner pro km² im äußeren Entwicklungsraum; LT-Drucksache 3/5021, S. 112). (3) Der Gesetzgeber war nicht durch die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Heideblick gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Erfahrungsgemäß kann der Wohlstand einer Gemeinde auf Lagevorteilen - etwa einer verkehrsgünstigen Lage an der Schnittstelle zwischen Autobahn und Bundesstraße - beruhen, wenn die sich aus der günstigen Lage ergebenden Chancen genutzt werden. Umgekehrt kann Verschuldung jedenfalls teilweise aus Lagenachteilen herrühren, etwa wenn Infrastruktureinrichtungen unterhalten werden müssen, die zugleich den Menschen aus Nachbargemeinden zugute kommen, und gleichzeitig günstige Entwicklungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind oder durch bestehende (Wohn-)Bebauung nicht lohnend genutzt werden können. Unabhängig davon sind die Finanzlage und damit auch der Beitrag, den die Einwohner mit einem neu zugeschnittenen Gebiet und Ressourcen zu leisten vermögen, naturgemäß nicht von Dauer, sondern veränderlich. Die wirtschaftliche Entwicklung des Gesamt-Neugliederungsgebietes ist so oder so nicht sicher einschätzbar. (4) Die Neugliederung verstößt nicht gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte, daß der Gesetzgeber bei der Umsetzung einer Gemeindegebietsreform sein „System“ nicht ohne hinreichende Begründung verlassen darf (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 27. November 1978 - 2 BvR 165/75 -, BVerfGE 50, 50, 51 „Raum Hannover“; SächsVerfGH, LKV 1995, 115, 116 ff.; ThürVerfGH, LVerfGE 5, 391, 422; BayVerfGH, BayVBl 1978, 497, 503; hinsichtlich Kreisgebietsreform bereits das erkennende Gericht, Urteil vom 14. Juli 1994 – VfGBbg 4/93 – LVerfGE 2, 125, 142; vgl. auch Dreier, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 2, 1998, Art. 28 Rn. 122; Tettinger, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Band 2, Art. 28 Rn. 233). Im wesentlichen vergleichbare Neugliederungen müssen gleich behandelt werden. Regelungen, die ohne hinreichende Begründung das zugrundeliegende System verlassen, verstoßen gegen das öffentliche Wohl. Ein für die Beschwerdeführerin maßgeblicher Verstoß gegen den Grundsatz kommunaler Gleichbehandlung ist jedoch unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich. ff) Verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden ist schließlich, wie der Gesetzgeber den geäußerten Willen der
Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der Anhörung der Bevölkerung, der
Beschwerdeführerin und der Gemeinde Heideblick sowie der sonstigen
betroffenen Träger öffentlicher Belange resultierenden Stellungnahmen sind
in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S.
109 ff.). An das sich daraus ergebende Stimmungsbild ist der Gesetzgeber
aber nicht gebunden. Das Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung stellt
vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren Gesichtspunkten dar, die für die
Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohles und damit für die Abwägung des
Gesetzgebers von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es
eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche
Gegebenheiten - wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der
einzelnen Gemeinde - ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der
Landtag in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem
Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung der Beschwerdeführerin gefolgt ist,
sondern den für die Bildung der amtsfreien Gemeinde Heideblick sprechenden
Umständen das höhere Gewicht beigemessen hat. C. Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt.
VerfGGBbg. Der Beschluß ist unanfechtbar. |
Weisberg-Schwarz | Prof. Dawin |
Prof. Dr. Dombert | Prof. Dr. Harms-Ziegler |
Havemann | Dr. Jegutidse |
Prof. Dr. Schröder | Prof. Dr. Will |