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VerfGBbg, Beschluss vom 18. Januar 2019 - VfGBbg 47/18 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 1 Satz 2
- SGG, § 60
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Zurückweisung eines Befangenheitsantrags
- Zwischenverfahren
- Verfahren beendet durch Entscheidung über Erinnerung
- fehlendes Rechtsschutzinteresse
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. Januar 2019 - VfGBbg 47/18 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 47/18




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

K.

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt L.,

wegen            Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Juni 2018 (S 30 SF 298/18 AB)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 18. Januar 2019

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Sozialgerichts Cottbus über ein Ablehnungsgesuch im Verfahren zur Festsetzung ihrer erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten.

I.

Die Beschwerdeführerin prozessierte gegen das Jobcenter des Landkreises Oberspreewald-Lausitz (im Folgenden: Beklagter) vor dem Sozialgericht Cottbus. Die Untätigkeitsklage (S 32 AS 4152/14) erklärten die Parteien nach Erlass des Widerspruchs-bescheides durch übereinstimmende Erklärung für erledigt. Der Beklagte erkannte seine Kostenerstattungspflicht für die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin dem Grunde nach an.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Januar 2017 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts die der Beschwerdeführerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 142,80 Euro fest.

Hiergegen legten sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Beklagte Erinnerung ein. Die Beschwerdeführerin lehnte zugleich den für die Erinnerungsentscheidung zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, weil er sogenannte Inhouse-Seminare für den Beklagten gewerblich anbiete sowie willkürlich entscheide und das geltende Prozessrecht wissentlich beuge. Das Ablehnungsgesuch verwarf das Sozialgericht durch den abgelehnten Richter selbst mit Beschluss vom 1. Juni 2017 (S 30 SF 727/17 AB) als unzulässig.

Daraufhin lehnte die Beschwerdeführerin den Richter erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Hierzu machte sie nunmehr geltend, dass der „Richter“ in seine falsche Rechtsauffassung verbissen und sachlichen Argumenten nicht mehr zugänglich sei. Er setze sich in keiner seiner „Entscheidungen“ inhaltlich mit den Argumenten aus den Erinnerungsschriftsätzen auseinander. Ferner sei die Verwerfung von Befangenheitsanträgen durch den „Richter“ willkürlich und rechtfertige nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts für sich genommen die Ablehnung wegen Befangenheit.

Dieses Ablehnungsgesuch wies das Sozialgericht mit Beschluss vom 14. Juni 2018 (S 30 SF 298/18 AB) durch den für die Entscheidung zuständigen Vertreter des abgelehnten Richters als unbegründet zurück und führte aus: Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin lehne den zuständigen Richter standardmäßig in allen Erinnerungsverfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit mit der Begründung ab, dass der Richter an seiner falsche Rechtsauffassung „verbissen" festhalte, sachlichen Argumenten nicht mehr zugänglich sei und sich inhaltlich überhaupt nicht mit den Argumenten aus den Erinnerungsschriftsätzen auseinander setze. Zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Erinnerungsverfahren habe sich der abgelehnte Richter indes noch gar nicht äußern können. Der Richter müsse auch nicht auf jede geäußerte Rechtsansicht eingehen, vor allem, wenn sie offensichtlich unerheblich sei. Soweit sich die Beschwerdeführerin offenbar gegen Entscheidungen in anderen Verfahren wende, begründeten die Äußerung einer Rechtsansicht durch den Richter und das Festhalten an dieser Rechtsauffassung grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit. Die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin lägen ersichtlich neben der Sache.

Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 6. Juli 2018 zugestellt.

Mit Beschluss vom 6. September 2018 (S 30 SF 450/17 E) wies das Sozialgericht die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss als unbegründet zurück und änderte auf die Erinnerung des Beklagten den Kostenfest-setzungsbeschluss dahingehend ab, dass die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf insgesamt 71,40 Euro festzusetzen seien. Dieser Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 26. September 2018 zugestellt.

II.

Am 27. August 2018 hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss vom 14. Juni 2018 über das (zweite) Ablehnungsgesuch erhoben.

Die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs sei mit dem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV) unvereinbar. Das Sozialgericht habe bereits die vorgebrachten Ablehnungsgründe nicht zutreffend erfasst sowie die Bedeutung und Tragweite der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV verkannt. Das Ablehnungsgesuch sei entgegen den etwas missverständlichen Ausführungen auch darauf gerichtet, dass der abgelehnte Richter ohne eigene Prüfung und Angabe von Gründen sämtliche Entscheidungen der Kostenbeamten unabhängig von ihrem Inhalt und den Ausführungen in der Erinnerungs-schrift bestätige. Mit diesem Ablehnungsgrund als Kern des Befangenheitsantrages habe sich das Sozialgericht ebenso wenig auseinander gesetzt, wie mit der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts zur Ablehnung von Befangenheitsanträgen durch den abgelehnten Richter selbst.

III.

Das Sozialgericht Cottbus hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, von der es unter Vorlage einer dienstlichen Stellungnahme vom 24. September 2018 Gebrauch gemacht hat. Danach habe der entscheidende Richter einen Teil der Ausführungen des Ablehnungsgesuchs übersehen und hierüber in dem angefochtenen Beschluss nicht entschieden. Die Verfahrensakten wurden beigezogen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

I.

Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsaktes ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, das noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichts gegeben sein muss. Es muss daher festgestellt werden können, dass ein Beschwerdeführer bei einer obsiegenden Entscheidung einen Rechtsvorteil erlangt (vgl. Beschluss vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 7/17 -, https://verfassungs-gericht.brandenburg.de).

1. Ein solches Interesse kann nicht im Hinblick darauf verneint werden, dass die angegriffene Entscheidung in einem der Sachentscheidung vorangehenden Zwischenverfahren ergangen ist. Denn bei der Richterablehnung im Rahmen der sozial-gerichtlichen Kostenerinnerung nach § 197 Abs. 2 SGG handelt es sich um ein selbständiges Zwischenverfahren, dessen abschließende Entscheidung mit der Verfassungsbeschwerde angefochten werden kann (vgl. Beschluss vom 15. September 2017 - VfGBbg 43/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

2. Die Beschwerdeführerin kann jedoch durch die begehrte Aufhebung des angegriffenen Beschlusses keinen materiellen Rechtsvorteil mehr erreichen, weil das Erinnerungsverfahren zwischenzeitlich durch Beschluss vom 6. September 2018 abgeschlossen worden ist und dieser bestandskräftige Beschluss nach Ablauf der Frist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg am 26. November 2018 auch mit der Verfassungsbeschwerde nicht mehr angegriffen werden kann (vgl. hierzu Beschlüsse vom
18. Mai 2018 - VfGBbg 91/17 - und vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 113/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

II.

Dieser Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Schmidt