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VerfGBbg, Beschluss vom 18. Januar 2019 - VfGBbg 3/18 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - ZPO, § 118 Abs. 2 Satz 4; ZPO, § 117 Abs. 4
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- Versagung von Prozesskostenhilfe
- Original der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
- keine Stellungnahme auf fachgerichtlichen Hinweis
- Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 18. Januar 2019 - VfGBbg 3/18 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 3/18




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

S.,

Beschwerdeführerin,

wegen            Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 24. Oktober 2017 (S 43 AS 269/14)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 18. Januar 2019

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Schmidt

beschlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe in einem sozialgerichtlichen Verfahren.

I.

Die Beschwerdeführerin führte vor dem Sozialgericht Cottbus gegen das Jobcenter Oberspreewald-Lausitz (im Folgenden: Beklagter) eine Klage (S 43 AS 269/14) und beantragte hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Eine Kopie des von ihr ausgefüllten und unterzeichneten Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst diversen Nachweisen reichte die Beschwerdeführerin über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) bei dem Sozialgericht ein.

Mit Verfügung vom 28. August 2017 forderte das Sozialgericht die Beschwerdeführerin unter Fristsetzung dazu auf, das unterzeichnete Erklärungsformular im Original einzureichen, ebenso zur Glaubhaftmachung weitere Unterlagen (Nachweis des Kontoguthabens und „SGB-II-Bescheid“). Hierauf reagierte die Beschwerdeführerin nicht.

Die Beschwerdeführerin und der Beklagte erklärten die Klage im Termin am 1. September 2017 übereinstimmend für erledigt. Der Beklagte erkannte zudem die Kostenerstattungspflicht dem Grunde nach im Umfang von 75% an.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2017 lehnte das Sozialgericht den Prozesskostenhilfeantrag ab, weil die Beschwerdeführerin das Original des Formulars nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist nachgereicht habe. Der Beschluss wurde am 6. November 2017 zugestellt. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge wies das Sozialgericht mit Beschluss vom 28. März 2018 (S 43 SF 2449/17 PKH RG) zurück.

II.

Gegen den Beschluss des Sozialgerichts über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat die Beschwerdeführerin bereits zuvor, am 5. Januar 2018, Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht eine Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 3 und 4 Landesverfassung (LV) geltend. Eine Verpflichtung zur Einreichung des Formulars im Original sei gesetzlich nicht vorgesehen.

III.

Das Sozialgericht Cottbus erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verfahrensakten S 43 AS 269/14 und S 43 SF 2449/17 PKH RG wurden beigezogen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

I.

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen.

Dieser Grundsatz besagt, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde über die formale Erschöpfung des Rechtswegs hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten ergriffen haben muss, um eine etwaige Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beheben. Dass im Einzelfall Grundrechte sich auf die Verfahrensgestaltung auswirken, muss vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden, soweit dies möglich ist (vgl. Beschluss vom 24. März 2017 - VfGBbg 68/15 -, https://verfassungs-gericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Dem ist die Beschwerdeführerin im Prozesskostenhilfeverfahren nicht gerecht geworden. Sie hat zu dem gerichtlichen Hinweis vom 28. August 2017 keine Stellung genommen. Sie hätte aber bereits damals der Sache nach Einfluss auf das Verfahren nehmen können und darlegen können, warum aus ihrer Sicht Grundrechte Einfluss auch auf die Verfahrensgestaltung in diesem Einzelfall nehmen. Dies hat sie versäumt, obwohl die grundrechtliche Frage sich schon damals stellte, als das Sozialgericht die Beschwerdeführerin über seine Rechtsauffassung informierte, das Original des Formulars müsse vorgelegt werden. Hiermit hat sie sich der Möglichkeit begeben, ihren Einwand, eine Verpflichtung zur Einreichung des Erklärungsformulars im Original sei gesetzlich nicht vorgesehen, später, nach Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens, mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen.

Hiergegen steht nicht, dass die Beschwerdeführerin ihre Anhörungsrüge auf diesen Einwand gestützt hat, da er im Anhörungsrügeverfahren inhaltlich nicht mehr statthaft gewesen ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt die Verfahrensbeteiligten nicht davor, dass das Gericht ihre Rechtsauffassungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt und zu einer abweichenden Rechtsauffassung gelangt (st. Rspr., vgl. zuletzt Beschluss vom 16. März 2018 - VfGBbg 56/16 -, https://verfassungs-gericht.brandenburg.de, m. w. N.). Eine mit einer solchen Begründung erhobene Anhörungsrüge ist offensichtlich unzulässig (vgl. Beschluss vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 191/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de). Die Beschwerdeführerin hat mit der Anhörungsrüge nichts vorgetragen, was in den Schutzbereich des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt. Sie wendet sich allein gegen die rechtliche Wertung des Sozialgerichts in Bezug auf eine etwaige Pflicht zur Einreichung des unterzeichneten Prozesskostenhilfeformulars im Original. Ungeachtet dessen hat die Beschwerdeführerin weder eine Abschrift der Anhörungsrüge vom 7. November 2017 noch des - erst nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde ergangenen - Beschlusses des Sozialgerichts vom 28. März 2018 über die Zurückweisung der Anhörungsrüge beim Verfassungsgericht eingereicht oder dem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt.

II.

Zudem genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung.

Notwendig ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (st. Rspr., vgl. zuletzt Beschluss vom 20. Juli 2018 - VfGBbg 182/17 -, https://verfassungs-gericht.brandenburg.de). Dies leistet die Beschwerdeschrift nicht.

Die Beschwerdeschrift setzt sich nicht damit auseinander, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 Zivilprozessordnung abzulehnen gewesen war. Nach dieser Vorschrift lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, wenn ein Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat. Zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben zum Bezug von Arbeitslosengeld II (Abschnitt E Nr. 1 des Erklärungsformulars) hat die Beschwerdeführerin keinen Nachweis vorgelegt. Der eingereichte Kontoauszug ist hierfür offensichtlich unzureichend, auch wenn dieser eine Buchung der Bundesagentur für Arbeit enthält, denn das Gericht hatte den Leistungsbescheid erbeten. Aus dem Kontoauszug geht zudem der Rechtsgrund für die Zahlung ebenso wenig hervor wie die Höhe der bewilligten Leistungen und die zugrunde liegende Berechnung. Der deshalb nicht zu beanstandenden Aufforderung des Sozialgerichts zur Vorlage eines Leistungsbescheides ist die Beschwerdeführerin trotz Belehrung über die Folgen der fehlenden Glaubhaftmachung nicht nachgekommen.

C.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Er ist einstimmig ergangen.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Schmidt