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VerfGBbg, Beschluss vom 17. September 1998 - VfGBbg 22/98 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 15 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 32 Abs. 7
- GG, § 13 Abs. 1
Schlagworte: - Strafprozeßrecht
- Beschlagnahme
- Durchsuchung
- Beschwerdebefugnis
- Unverletzlichkeit der Wohnung
- Grundrechtsberechtigung
- Bundesrecht
- Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts
- Begründungserfordernis
- Tenor
- Auslagenerstattung
- Akteneinsichtsrecht
amtlicher Leitsatz:
Fundstellen: - NJ 1998, 589 (nur LS)
- NStZ-RR 1998, 366
- LVerfGE 9, 102
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. September 1998 - VfGBbg 22/98 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 22/98



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

W.,
als Geschäftsführer der W.-GmbH,
sowie als Inhaber der Einzelfirma L. W.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Be., K. und Ba.,

gegen den Beschluß des Amtsgerichts Oranienburg vom 3. März 1998 und den Beschluß des Landgerichts Neuruppin vom 6. Mai 1998

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Dombert,
Dr. Knippel, Prof. Dr. Mitzner, Prof. Dr. Schöneburg, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

am 17. September 1998

b e s c h l o s s e n :

1. Die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Oranienburg vom 3. März 1998 verletzt, soweit sie die Einzelfirma des Beschwerdeführers erfaßt, das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 15 Abs. 1 i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip der Landesverfassung (LV) und wird bzgl. der Geschäftsräume insgesamt aufgehoben.

Soweit der Beschluß des Landgerichts Neuruppin vom 6. Mai 1998 die Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung verworfen hat, verletzt er ebenfalls das genannte Grundrecht und wird aufgehoben.

Die Sache wird an das Amtsgericht Oranienburg zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde verworfen.

2. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts O. und die diese teilweise bestätigende Beschwerdeentscheidung des Landgerichts N..

I.

Die Bearbeitungsstelle zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung bei dem Arbeitsamt N. ermittelt gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung. Der Verdacht ergab sich anläßlich der Überprüfung von zwei Baustellen in C. und Ni., auf denen mehrere, den jeweils dort bauleitenden Firmen unterstellte Beschäftigte der vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer geleiteten GmbH angetroffen worden waren, ohne daß die GmbH über eine entsprechende Erlaubnis nach Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern - AÜG - verfügte. Am 3. März 1998 ordnete das Amtsgericht O. auf Antrag der Ermittlungsstelle die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers, der Geschäftsräume der GmbH und der - unter derselben Anschrift gemeldeten - Einzelfirma des Beschwerdeführers in H. sowie einer unselbständigen Zweigstelle in C. und ferner die Beschlagnahme der “vorgefundenen Beweismittel” an. Zum Tatvorwurf heißt es in dem Beschluß, die Anordnung ergehe “wegen des Verdachts der unerlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Verstoß gegen Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ...), Ordnungswidrigkeit nach Art. 1 § 16 Abs. 1 Nr. 1 AÜG”. Als Begründung führte das Amtsgericht aus:

“Es ist zu vermuten, daß sich in den vorgenannten Objekten insbesondere die folgenden Beweismittel für den Nachweis der Ordnungswidrigkeit befinden:

Verträge mit Entleihern, Unterlagen im Vollzug dieser Verträge (z.B. Rechnungen, Stundenzettel, Tages- oder Wochenrapporte), Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern und deren Lohnkonten sowie Bankunterlagen u.a.”

Die Durchsuchung der Geschäftsräume in H. und C. fand am 2. April 1998 statt. Dabei nahmen die Mitarbeiter der Ermittlungsstelle ausweislich der Durchsuchungsniederschriften rund 90 Ordner und Loseblattsammlungen mit geschäftlichen Unterlagen in Verwahrung, die seitdem in den Räumen der Ermittlungsstelle durchgesehen werden. Die Wohnung des Beschwerdeführers wurde nicht durchsucht.

Am 9. April 1998 legte der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 3. März 1998 ein. Der Beschluß sei hinsichtlich der zu beschlagnahmenden Beweismittel zu unbestimmt. Er hätte auf Unterlagen über Geschäftsbeziehungen zu den Firmen beschränkt werden müssen, an die nach den Erkenntnissen der Baustellenüberprüfungen angeblich Arbeitnehmer unerlaubt verliehen worden seien. Die “flächendeckende” Beschlagnahme von Unterlagen komme einer unzulässigen Ausforschung gleich.

Mit Beschluß vom 6. Mai 1998 - die Ausfertigungen datieren (offenbar aufgrund eines Kanzleiversehens) vom 4. Mai 1998 -verwarf das Landgericht N. die Beschwerde. Soweit sie sich gegen die Durchsuchungsanordnung richte, sei die Beschwerde zwar zulässig, da die Durchsicht der Unterlagen in den Räumen des Arbeitsamtes N. als Teil der Durchsuchung noch andauere. Sie sei jedoch unbegründet, denn nach den Ermittlungsakten bestehe gegen den Beschwerdeführer der Anfangsverdacht der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung. Der Beschluß sei hinreichend bestimmt, da die gesuchten Beweismittel zumindest beispielhaft aufgezählt worden seien. Soweit sich die Beschwerde gegen die Beschlagnahme richte, gehe sie ins Leere. Die Beweismittel aufführende Passage der Anordnung des Amtsgerichts sei lediglich als Richtlinie für die Durchsuchungsbeamten bei der Auswahl der mitzunehmenden Unterlagen zu verstehen. Nach Durchsicht der Unterlagen seien diese entweder an den Beschuldigten herauszugeben oder es sei beim zuständigen Amtsgericht ein nunmehr konkret bezeichneter Beschlagnahmebeschluß zu erwirken.

II.

Der Beschwerdeführer hat am 15. Juni 1998 Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts O. und die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts N. erhoben. Er macht geltend, die Durchsuchungsanordnung verstoße gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 15 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg - LV -). Sie genüge nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen. Schon die Kennzeichnung des Tatvorwurfs sei nicht hinreichend bestimmt und lasse nicht erkennen, welche konkrete Handlung aufgeklärt werden solle. Anstelle der in Frage kommenden Tat werde nur der Wortlaut des Gesetzes wiedergegeben. Auch die aufzufindenden Beweismittel seien nicht hinreichend bestimmt, sondern lediglich in allgemeiner Form benannt. Dementsprechend seien auch Unterlagen beschlagnahmt worden, die sich nicht auf den durch die konkreten Baustellenüberprüfungen entstandenen Verdacht bezögen. Im übrigen sei die Maßnahme rechtswidrig, soweit sie sich gegen ihn - den Beschwerdeführer - als Inhaber der Einzelfirma richte, denn ausweislich des Ermittlungsergebnisses bestehe gegen diese Firma kein Anfangsverdacht. Die in dem Beschluß weiter enthaltene Beschlagnahmeanordnung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 1 LV (Freiheit der Person). Sie sei ebenfalls nicht hinreichend bestimmt und verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie sein Interesse an einem reibungslosen Geschäftsablauf nicht ausreichend berücksichtige. Durch den Umfang der Beschlagnahme und die mangelnde Bereitschaft der Ermittlungsstelle, vom ihm benötigte Papiere aus den in Gewahrsam genommenen Unterlagen einsehen zu können, sei der Geschäftsbetrieb gefährdet.

Daneben rügt der Beschwerdeführer ohne nähere Darlegung eine Verletzung des Art. 7 Abs. 1 LV (Schutz der Menschenwürde) und des Anspruchs auf ein faires und zügiges Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV).

III.

Das Landgericht N. und die Bearbeitungsstelle zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung bei dem Arbeitsamt N. haben gemäß § 49 Abs. 1 und 2 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) Gelegenheit erhalten, zu der Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen. Die Ermittlungsstelle hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Die Schwere des Tatverdachts rechtfertige den Eingriff in die Geschäfts- und Privatsphäre zum Zwecke der Wahrheitserforschung. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt.

B.
I.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV (dazu 1.) und der Art. 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 LV rügt (dazu 2.). Dasselbe gilt, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung zur Durchsuchung der Privatwohnung des Beschwerdeführers richten sollte (dazu 3.). Soweit der Beschwerdeführer dagegen als Inhaber der Einzelfirma einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 LV durch die Durchsuchungsanordnung geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde zulässig (dazu 4. bis 7.).

1. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen und zügigen Verfahrens (Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV) rügt, fehlt ihm mangels hinreichender Darlegung eines dieses Grundrecht beeinträchtigenden Verhaltens des Gerichts (vgl. Art. 6 Abs. 2 LV, §§ 45 Abs. 1, 46 VerfGGBbg) bereits die erforderliche Beschwerdebefugnis. Sein Vortrag läßt nicht erkennen, inwiefern das Amtsgericht O. oder das Landgericht N. die durch Art. 52 Abs. 4 LV gewährleisteten Verfahrensanforderungen verletzt haben sollen. Eine verfahrensmäßige Handhabung, die möglicherweise andere Grundrechte verletzt, ist nicht zwangsläufig zugleich eine Verletzung von Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV.

Falls der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht das gerichtliche Verfahren, sondern Art und Dauer der Durchsuchung oder das Verhalten der Ermittlungsstelle während der Durchsuchung, insbesondere die seiner Auffassung nach mangelnde Bereitschaft zur Überlassung von ihm benötigter Papiere, zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde machen will, was nach der Antragsschrift freilich unklar bleibt, so steht dem - unbeschadet der Frage der Beschwerdebefugnis - jedenfalls die fehlende Rechtswegerschöpfung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg) entgegen. Einwände gegen die Art und Weise der Durchsuchung können und müssen vor Anrufung des Verfassungsgerichts zunächst der fachrichterlichen Überprüfung zugeführt werden (vgl. BVerfGE 44, 353, 368). Dabei kann hier dahinstehen, ob dies gegebenenfalls durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz - EGGVG - oder entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 Strafprozeßordnung - StPO - zu erfolgen hat (vgl. hierzu BVerfGE 96, 44, 50 und die Nachweise bei Kleinknecht/ Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl. 1997, § 105, Rn. 17). Einen Antrag dieser Art hat der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vortrag und ausweislich der beigezogenen Ermittlungsakten bislang nicht gestellt.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist weiter unzulässig, soweit der Beschwerdeführer sich in Art. 7 Abs. 1 LV (Schutz der Menschenwürde) und Art. 9 Abs. 1 LV (Freiheit der Person) verletzt sieht. Auch insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Beschwerdebefugnis, denn der Vortrag läßt nicht erkennen, inwiefern diese Grundrechte durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen betroffen sein sollen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, ist gesondert geschützt (s. hierzu nachfolgend 4.).

Offen bleiben kann, ob der Beschwerdeführer mit der Rüge, die “Beschlagnahmeanordnung” verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 1 LV, nicht in Wahrheit eine Beeinträchtigung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 10 LV) geltend machen will. Denn jedenfalls fehlt dem Beschwerdeführer auch insoweit die erforderliche Beschwerdebefugnis. Eine Grundrechtsverletzung durch die “Beschlagnahmeanordnung” scheidet von vornherein aus, weil diese Anordnung bereits zufolge der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts gegenstandslos ist. Das Landgericht hat hierzu in Übereinstimmung mit der fachgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa die Nachweise bei BVerfG, NJW 1992, 551, 552) ausgeführt, daß eine derartig pauschale und unbestimmte “Beschlagnahmeanordnung” lediglich als Richtlinie für die Durchsuchungsbeamten verstanden werden könne. Erst wenn nach Abschluß der Durchsuchung feststehe, welche Unterlagen zu Beweiszwecken benötigt würden, könne ein konkreter Beschlagnahmebeschluß erwirkt werden. Mithin bleibt die “Beschlagnahmeanordnung” schon zufolge der fachgerichtlichen Klarstellung der Beschwerdeinstanz ohne Wirkung und kann den Beschwerdeführer deshalb nicht in seinen Grundrechten beeinträchtigen.

3. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde - was sich nicht klar ergibt - auch gegen die Anordnung zur Durchsuchung der Privatwohnung des Beschwerdeführers richtet, fehlt es gleichfalls an einer Beschwerdebefugnis. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verliert eine Durchsuchungsanordnung, wenn von ihr kein Gebrauch gemacht wird, nach 6 Monaten ihre Wirksamkeit (Vgl. BVerfGE 96, 44, 52 ff.). Damit ist der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht jedenfalls inzwischen nicht mehr beschwert.

4. Die Verfassungsbeschwerde ist hingegen nach Art. 6 Abs. 2, 113 Nr. 4 LV, §§ 12 Nr. 4, 45 ff. VerfGGBbg zulässig, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, durch die Durchsuchungsanordnung und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung in seinem Grundrecht aus Art. 15 Abs. 1 LV (Unverletzlichkeit der Wohnung) betroffen zu sein. Sein Vortrag läßt eine solche Verletzung zumindest möglich erscheinen. Die angegriffenen Entscheidungen entfalten trotz der bereits am 2. April 1998 erfolgten Durchsuchung der Geschäftsräume noch Wirkungen zulasten des Beschwerdeführers, denn die Ermittlungsstelle sieht sich aufgrund der Durchsuchungsanordnung, solange diese nicht aufgehoben wird, zur Durchsicht der mitgenommenen Unterlagen als ermächtigt an.

5. Allerdings kann der Beschwerdeführer auch bezogen auf Art. 15 Abs. 1 LV eine Grundrechtsverletzung zulässigerweise nicht geltend machen, soweit er die Verfassungsbeschwerde “als Geschäftsführer der GmbH” erhebt. Grundrechtsträger ist bei Eingriffen in die räumliche Privatsphäre der Wohnungsbesitzer. Handelt es sich wie hier um - ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 15 Abs. 1 LV fallende (vgl. zu Art. 13 Abs. 1 GG BVerfGE 32, 54, 72) - Geschäftsräume, so betrifft der Eingriff den “Geschäftsherrn”, nicht aber - oder doch allenfalls mittelbar - seinen Repräsentanten (vgl. BVerfGE 44, 353, 366; Herdegen in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 13, Rn. 37; Maunz in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 13, Rn. 4). Bezogen auf die in den durchsuchten Räumen ansässige GmbH ist folglich diese selbst, nicht aber ihr Geschäftsführer Grundrechtsträger (vgl. zur Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen bei Art. 13 Abs. 1 GG Herdegen, a.a.O., Rn. 39 m.w.N.). Als Inhaber der in denselben Räumen ansässigen und von der Durchsuchung gleichermaßen betroffenen Einzelfirma Lutz Weimann kann der Beschwerdeführer dagegen zulässigerweise einen Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 LV geltend machen.

6. Der Rechtsweg zu den Fachgerichten ist ausgeschöpft (§ 45 Abs. 2 VerfGGBbg). Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts N. ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben.

7. Soweit die Verfassungsbeschwerde danach zulässig ist, steht ihr nicht entgegen, daß sich der Beschwerdeführer gegen gerichtliche Entscheidungen wendet, die in einem bundesrechtlich - durch die Strafprozeßordnung - geordneten Verfahren ergangen sind. Die Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1997 (EuGrZ 1998, 53 ff.) für eine solche Landesverfassungsbeschwerde aufgestellt hat, liegen vor; das erkennende Gericht hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Beschluß vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, vorgesehen zur Veröffentlichung in LVerfGE 8, Teil Brandenburg, Entscheidung Nr. 1).

a. Es geht nicht um materielles Bundesrecht, sondern um die Anwendung von (Bundes-)Verfahrensrecht (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerfG, a.a.O.). Dessen Handhabung erschöpft sich hier nicht in der bloßen Umsetzung - als solcher von dem Landesverfassungsgericht nicht überprüfbarer - zwingender Vorschriften des Bundes, sondern läßt eine Wertung zu. Sie öffnet sich damit der Kontrolle am Maßstab der Landesverfassung.

b. Das als verletzt gerügte Landesgrundrecht (Art. 15 Abs. 1 LV) ist bezogen auf die entscheidungserhebliche Frage inhaltsgleich mit dem entsprechenden Grundrecht des Grundgesetzes (Art. 13 Abs. 1 GG). Die genannten Rechte führen - unbeschadet der hier nicht maßgeblichen Änderung des Art. 13 GG vom 26. März 1998 (BGBl. I S. 610) - im konkreten Fall, wie sogleich dargelegt, zu demselben Ergebnis.

II.

Die Verfassungsbeschwerde hat, soweit sie zulässig ist, in der Sache Erfolg. Die angegriffene Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts O. genügt nicht den Mindestanforderungen, die aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit an den Inhalt solcher Anordnungen zu stellen sind. Sie verletzt den Beschwerdeführer ebenso wie der Beschluß des Landgerichts, soweit dieser den Verfassungsverstoß aufrechterhält, in seinem Grundrecht aus Art. 15 Abs. 1 LV, 13 Abs. 1 GG jeweils in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

1. Eine Durchsuchung stellt ihrer Natur nach regelmäßig einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich durch Art. 15 Abs. 1 LV, 13 Abs. 1 GG geschützte Lebensphäre des Betroffenen dar. Daher hat der Richter bei Erlaß der Durchsuchungsanordnung von vornherein für eine angemessene Begrenzung der Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen, um so sicherzustellen, daß auch deren Durchführung entsprechend dem Rechtsstaatsprinzip mit der Verfassung und den Vorschriften der Strafprozeßordnung in Einklang bleibt. Der Schutz der Privatsphäre des Betroffenen darf nicht allein den ausführenden Beamten überlassen bleiben. Vielmehr muß der Richter durch eine geeignete Formulierung der Durchsuchungsanordnung im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren dafür Sorge tragen, daß der Eingriff in die Grundrechte meßbar und kontrollierbar bleibt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 13 GG (vgl. etwa BVerfGE 20, 162, 224; 42, 212, 219 f.; 44, 353, 371; 56, 247; 71, 64, 65; 96, 44, 51 f.; NJW 1991, 690 f.; NJW 1992, 551 f.; NJW 1994, 3281 f.), der sich das erkennende Gericht bezüglich des Gewährleistungsinhalts des Art. 15 LV anschließt.

Eine richterliche Durchsuchungsanordnung muß deshalb, soweit dies nach dem Stand der Ermittlungen möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich ist, durch tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs den äußeren Rahmen abstecken, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist, und darf sich nicht in der bloßen Wiedergabe des gesetzlichen Tatbestandes erschöpfen (vgl. BVerfGE 42, 212, 220 f.; 44, 353, 371; BVerfG NJW 1992, 551 f. und NJW 1994, 3281 f.). Die möglichst genaue Beschreibung des Tatvorwurfs hat dabei eine begrenzende, die Privatsphäre des Betroffenen schützende Funktion und soll ihn in den Stand versetzen, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen von vornherein entgegenzutreten (BVerfGE 42, 212, 220 f.).

2. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die vorliegende Durchsuchungsanordnung nicht gerecht. Sie enthält keinerlei tatsächliche Angaben über das konkrete ordnungswidrige Verhalten, dessen Aufklärung sie dienen soll, sondern erwähnt nur schlagwortartig den “Verdacht der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung”. Auch die beispielhafte und allgemein gehaltene Aufzählung möglicher Beweisstücke läßt nicht erkennen, welchem konkreten Tatvorwurf die Durchsuchung gelten soll. Es bleibt offen, wodurch der Beschwerdeführer in den Verdacht der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung geraten ist. Eine solche Kennzeichnung wäre aber nach dem Stand der Ermittlungen, etwa durch Angabe der bei den Baustellenüberprüfungen in C. und Niederneudorf gewonnenen Erkenntnisse, aus denen sich der Verdacht ergab, durchaus möglich gewesen, ohne daß dies den Zweck der Strafverfolgung gefährdet hätte.

III.

Neben der Feststellung der Grundrechtsverletzung (§ 50 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg) sind die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts und der Beschluß des Landgerichts, soweit er die Grundrechtsverletzung aufrechterhält, aufzuheben (§ 50 Abs. 3 1. Hs. VerfGGBbg). Die Entscheidungen haben sich - wie ausgeführt - noch nicht erledigt. Weil die Geschäftsräume des Beschwerdeführers als Inhaber der Einzelfirma mit den Geschäftsräumen der GmbH zusammenfallen, kann die Durchsuchungsanordnung auch bzgl. der Geschäftsräume der GmbH nicht bestehen bleiben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung über den Erlaß einer Durchsuchungsanordnung an das Amtsgericht O. zurückzuverweisen (§ 50 Abs. 3 2. Hs VerfGGBbg).

IV.

Die Anordnung der Auslagenerstattung beruht auf § 32 Abs. 7 VerfGGBbg. Da der Beschwerdeführer mit seinem Begehren im wesentlichen durchgedrungen ist, erscheint eine volle Auslagenerstattung angezeigt.

V.

Mit dieser obsiegenden Entscheidung und angesichts dessen, daß die beigezogenen Ermittlungsakten von dem erkennenden Gericht in keiner Hinsicht zum Nachteil des Beschwerdeführers berücksichtigt worden sind, erledigt sich eine Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch seiner Verfahrensbevollmächtigten (vgl.Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, Bundesgerichtsverfassungsgesetz, § 20 Rdn. 6).

Dr. Macke Dr. Dombert
Dr. Knippel Prof. Dr. Mitzner
Prof. Dr. Schöneburg Weisberg-Schwarz
Prof. Dr. Will