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VerfGBbg, Urteil vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 1/97 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 30 Abs. 5; LV, Art. 97; LV, Art. 100
- VerfGGBbg, §§ 51 Abs. 1; VerfGGBBg, § 51 Abs. 2
- GG, Art. 28 Abs. 2
- AmtsO, § 4 Abs. 1; AmtsO, § 4 Abs. 3; AmtsO,
§ 5 Abs. 4; AmtsO, § 9 Abs. 4
- BbgSchulG, § 99; BbgSchulG, § 100; BbgSchulG, § 102; BbgSchulG, § 107; BbgSchulG, § 112; BbgSchulG, § 142; BbgSchulG, § 149
- 1. SRG, § 48; 1. SRG, § 49 ; 1. SRG, § 51; 1. SRG, § 57; 1. SRG,
§ 59; 1. SRG, § 61
Schlagworte: - Schulrecht
- Beschwerdebefugnis
- kommunale Selbstverwaltung
- Staatszielbestimmung
- Hochzonung
- Selbstverwaltungsaufgabe
- Auslagenerstattung
- Tenor
amtlicher Leitsatz: 1. Zur rechtlichen Bedeutung der Übertragung einer gemeindlichen Selbstverwaltungsangelegenheit auf das Amt.

2. Neben den Landkreisen und kreisfreien Städten sind auch kreisangehörige Städte und andere Gemeinden und deren Zusammenschlüsse unter den Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Satz 3 des Brandenburgischen Schulgesetzes als Schulträger für Schulen der Sekundarstufe I anzuerkennen.

3. Neben den Landkreisen und kreisfreien Städte sind auch die kreisangehörigen Städte und anderen Zusammenschlüsse zu einer eigenen Schulentwicklungsplanung berechtigt.

4. Die Schülerbeförderung gehört nicht zur gemeindlichen Selbstverwaltung.
Fundstellen: - LKV, 1997, 449
- NJ 1997, 643
- LVerfGE 7, 74
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Urteil vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 1/97 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 1/97



IM NAMEN DES VOLKES

 
U R T E I L

In dem Verfahren über die kommunale Verfassungsbeschwerde

der Gemeinde Neutrebbin,
vertreten durch das Amt Barnim-Oderbruch, dieses vertreten
durch den Amtsdirektor,
Freienwalderstraße 48, 16269 Wrietzen,

Beschwerdeführerin,

-Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen P. und W. -

betreffend das Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg
(Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG -) vom 12. April 1996 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg I S. 102)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg auf die mündliche Verhandlung

vom 17. Juli 1997

durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schöneburg, Prof. Dr. Schröder, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

für R e c h t erkannt:

1. § 100 Abs. 2 BbgSchulG ist, soweit er den Landkreisen und kreisfreien Städten die Trägerschaft für Schulen der Sekundarstufe I zuweist, mit der Landesverfassung mit der Maßgabe vereinbar, daß kreisangehörige Städte und andere Gemeinden oder deren Zusammenschlüsse bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BbgSchulG als Schulträger für Schulen der Sekundarstufe I anzuerkennen sind.

2. § 102 Abs. 4 Satz 1 BbgSchulG ist mit der Landesverfassung unvereinbar, soweit Gemeinden die Möglichkeit einer eigenen Schulentwicklungsplanung vorenthalten wird.

3. Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde, teilweise als unzulässig, im übrigen als unbegründet, zurückgewiesen.

4. Der Beschwerdeführerin sind 1/3 ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin, eine amtsangehörige Gemeinde, wendet sich mit ihrer kommunalen Verfassungsbeschwerde im wesentlichen dagegen, daß durch das Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg vom 12. April 1996 (Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG - GVBl. I S. 102) die Schulträgerschaft für die Sekundarstufe I, die Schulentwicklungsplanung und die Schülerbeförderung von den Gemeinden auf die Kreise verlagert worden sind.

Der Vorläufer des Brandenburgischen Schulgesetzes, das Erste Schulreformgesetz für das Land Brandenburg (Vorschaltgesetz - I. SRG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1992 (GVBl. I S. 258), enthält zu Schulträgerschaft und zu Schulentwicklungsplanung folgende Regelungen:

Siebter Teil
Aufgaben des Schulträgers

§ 48
Aufgaben des Schulträgers

Der Schulträger errichtet, unterhält und verwaltet die Schulen als eigene Aufgabe. Er stellt die Schulanlagen, Gebäude, Einrichtungen, Lehrmittel und das für die Schulverwaltung notwendige Personal.

§ 49
Schulentwicklungsplanung

(1) Die Gemeinden und Kreise stellen Schulentwicklungspläne auf und schreiben sie fort. Schulentwicklungspläne sollen in allen Landesteilen ein gleichmäßiges Bildungs- und Abschlußangebot sichern, das sich möglichst auf alle Schulformen erstreckt. Sie berücksichtigen die Entwicklung der Schülerzahlen sowie das Wahlverhalten der Eltern.

(2) Die Schulentwicklungsplanung ist mit benachbarten Schulträgern abzustimmen. Schulische Angebote anderer Schulträger sind zu berücksichtigen.

(3) Der Schulträger legt den auf Kreisebene abgestimmten Schulentwicklungsplan der obersten Schulaufsichtsbehörde zur Bestätigung vor. Die Bestätigung berücksichtigt die Ergebnisse der Landesentwicklungsplanung und die Finanzierbarkeit der schulischen Angebote.

§ 51
Schulträgerschaft

(1) Die Gemeinden oder gemeindliche Schulverbände sind Träger der Schulen, soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Kreise und kreisfreien Städte sind Träger der Schulen und Bildungsgänge der Sekundarstufe II einschließlich der Fachschulen. ...

(3) Träger von Schulen, die Bildungsgänge der Sekundarstufen I und II umfassen, können auch Gemeinden sein.

...

Zur Schülerbeförderung sah das 1. SRG folgende Vorschriften vor:

Neunter Teil
Schulfinanzierung

§ 57
Kostenträger

(1) Schulkosten sind die Personalkosten und die Sachkosten.

...

(3) Die Sachkosten trägt der Schulträger.

...

§ 59
Sachkosten

(1) Zu den Sachkosten gehören die Kosten für die Ausstattung der Schule, die Kosten der Lernmittelfreiheit und der Schulspeisung, die Schülerfahrtkosten, die Kosten für die Schüler-Unfallversicherung sowie die Kosten für die Haftpflichtversicherung der Schülerlotsen und der Schülerinnen und Schüler, die an Betriebspraktika, Betriebserkundungen oder an ähnlichen Schulveranstaltungen teilnehmen.

...

§ 61
Schülerfahrtkosten

...

(3) Die Erstattung der Fahrtkosten obliegt dem Schulträger, sie entfällt, wenn der Schulträger einen kostenlosen Schülerspezialverkehr eingerichtet hat.

II.

Das Brandenburgische Schulgesetz vom 12. April 1996, dessen wesentliche Bestimmungen am 1. August 1996 in Kraft getreten sind (vgl. § 149 Abs. 1 BbgSchulG), enthält die nachfolgenden Regelungen. Zur Schulträgerschaft heißt es:

Teil 8 - Öffentliche Schulträgerschaft
Abschnitt 1 - Schulträgerschaft

§ 99
Wirkungskreis des Schulträgers

...

(2) Der Schulträger beschließt über die Errichtung, Änderung und Auflösung und unterhält und verwaltet die Schule als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe. ...

...

§ 100
Schulträger

(1) Träger von Grundschulen sind die Gemeinden oder Gemeindeverbände mit Ausnahme der Landkreise. ...

(2) Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Große kreisangehörige Städte oder Mittlere kreisangehörige Städte gemäß § 2 Abs. 3 der Gemeindeordnung können Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sein. Andere Gemeinden oder deren Zusammenschlüsse können Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sein, wenn die Schülerzahl für die Errichtung oder Fortführung einer in der Schulentwicklungsplanung als notwendig bezeichneten weiterführenden allgemeinbildenden Schule vorhanden oder innerhalb von fünf Jahren zu erwarten ist. ...

...

§ 142
Fortbestehende Schulträgerschaften

... Soweit Gemeinden oder Gemeindeverbände bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sind, bleiben sie hierfür weiter zuständig. Sie können diese Zuständigkeit mit Zustimmung des Landkreises auf diesen übertragen. ...

Im Hinblick auf die Schulentwicklungsplanung lautet die maßgebliche Regelung wie folgt:

§ 102
Schulentwicklungsplanung

(1) Die Schulentwicklungsplanung soll die planerische Grundlage für ein möglichst wohnungsnahes und alle Bildungsgänge umfassendes Schulangebot und den Planungsrahmen für einen zweckentsprechenden Schulbau schaffen. In allen Landesteilen soll ein gleichwertiges und regional ausgewogenes Angebot schulischer Bildungsgänge vorhanden sein. Die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung sind insbesondere bei der Zuordnung der Schulangebote zur zentralörtlichen Gliederung des Landes zu beachten.

(2) In der Schulentwicklungsplanung wird der gegenwärtige und künftige Schulbedarf ausgewiesen. Die Schulentwicklungsplanung berücksichtigt, welche Bildungsgänge gegenwärtig an welchen Standorten vorhanden sind oder zukünftig angeboten werden. Für jeden Standort wird das Einzugsgebiet aufgrund des Schüleraufkommens, des Schulwahlverhaltens und der örtlichen Verkehrsverhältnisse genannt. Schulen in freier Trägerschaft sind bei der Prognose des Schulbedarfs zu berücksichtigen. Schulen in freier Trägerschaft können in den Schulentwicklungsplan einbezogen werden, soweit ihre Träger das Einverständnis erklären. Schulentwicklungspläne müssen die Maßnahmen zu ihrer Umsetzung unter Angabe der Rangfolge und zeitlichen Reihenfolge ihrer Verwirklichung enthalten.

(3) Der Schulentwicklungsplan soll für einen Zeitraum von fünf Jahren (Planungszeitraum), erstmalig mit dem Stichtag 1. August 1997 für die voraussichtliche Entwicklung bis zum 31. Juli 2002, auf der Basis der jüngsten Schulstatistik aufgestellt und beschlossen werden. Schulentwicklungspläne sind rechtzeitig vor Ablauf des Planungszeitraums fortzuschreiben. Die Schulentwicklungspläne sind auch innerhalb des Planungszeitraums fortzuschreiben, soweit es erforderlich wird, insbesondere bei einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Grundlagen (Planungsgrundlagen).

(4) Die Landkreise und die kreisfreien Städte nehmen die Aufgabe der Schulentwicklungsplanung als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe wahr. Mit den kreisangehörigen Schulträgern ist Benehmen herzustellen. Hat ein Bildungsangebot eine über das Gebiet eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt hinausgehende Bedeutung, ist über die Schulentwicklungsplanung mit den betroffenen Landkreisen oder kreisfreien Städten Benehmen herzustellen.

(5) Schulentwicklungspläne und ihre Fortschreibung bedürfen für ihre Wirksamkeit der Genehmigung durch das für Schule zuständige Ministerium. Die Genehmigung kann auch für Teilbereiche und mit Nebenbestimmungen erteilt werden. Sie berücksichtigt die Ziele der Landesentwicklungsplanung und die Finanzierbarkeit der schulischen Angebote. Die Genehmigung kann versagt werden, wenn ein Schulentwicklungsplan mit einer zweckmäßigen Schulorganisation oder mit einer ordnungsgemäßen Gestaltung des Unterrichts nicht vereinbar ist. Wird der erforderliche Schulentwicklungsplan nicht aufgestellt, kann das für Schule zuständige Ministerium im Einvernehmen mit der Kommunalaufsichtsbehörde die Verpflichtung zu einer bestimmten Schulentwicklungsplanung verbindlich feststellen, soweit und solange dafür ein Bedürfnis besteht.

Zu der Schülerbeförderung heißt es:

§ 112
Schülerfahrtkosten

(1) Die Landkreise und kreisfreien Städte sind Träger der Schülerbeförderung. ...

Schließlich enthält das Brandenburgische Schulgesetz eine die „Übertragung von Schulanlagen“ regelnde Vorschrift, in der es wie folgt heißt:

§ 107
Übertragung von Schulanlagen

(1) Soweit die Schulträgerschaft übertragen wird und der neue Schulträger das Schulvermögen für schulische Zwecke benötigt, gehen die vermögensrechtlichen Rechte und Pflichten des bisherigen Schulträgers entschädigungslos auf den neuen Schulträger über.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf die Teile der Schulgrundstücke, die nicht unmittelbar Zwecken der betreffenden Schule dienen; die beteiligten Schulträger haben ihre Rechte und Pflichten durch eine Vermögensauseinandersetzung zu regeln. Absatz 1 findet keine Anwendung auf Schulgrundstücke, die überwiegend anderen als Zwecken der betreffenden Schule dienen; der bisherige Schulträger hat dem neuen Schulträger das Schulgrundstück in dem Umfang unentgeltlich, gegen eine Beteiligung an den Kosten der Grundstücksunterhaltung, zur schulischen Nutzung zu überlassen, in dem es bisher zu Zwecken der betreffenden Schule genutzt wurde.

(3) Wird das übereignete Schulvermögen nicht mehr für schulische Zwecke benötigt, kann der frühere Schulträger innerhalb eines Jahres nach der Entwidmung die entschädigungslose Rückübertragung unter Berücksichtigung eines anteiligen Wertausgleichs für den kreislichen Eigenanteil an Investitionen verlangen. Dieser Anspruch entfällt, wenn der neue Schulträger für die übergegangenen Schulanlagen Ersatzbauten errichtet.

...

III.

Die zum Landkreis Märkisch-Oderland gehörende beschwerdeführende Gemeinde schloß sich mit 21 weiteren Gemeinden zum damaligen Amt Wriezen-Land zusammen. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Amtsbereich des Amtes Wriezen-Land von den jeweiligen Gemeinden getragene Grundschulen in Altreetz, Neulewin, Prötzel und im Gebiet der Beschwerdeführerin sowie eine Gesamtschule in Neulewin. Nachdem sowohl der Amtsausschuß als auch die betroffenen Gemeinden beschlossen hatten, die Schulträgerschaft auf das Amt Wriezen-Land zu übertragen und das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport die Übertragung genehmigt hatte, wurden die Schulen mit Wirkung zum 18. Januar 1994 in die Trägerschaft des Amtes überführt. Das Amt Wriezen-Land löste zum Ende des Schuljahres 1993/1994 mit Genehmigung der obersten Schulaufsichtsbehörde die Gesamtschule Neulewin auf und errichtete zu Beginn des Schuljahres 1994/1995 eine zweizügige Realschule in dem Gebiet der Beschwerdeführerin.

IV.

Mit ihrer am 2. Januar 1997 bei Gericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Übertragung der Trägerschaft für die Schulen der Sekundarstufe I gemäß § 100 Abs. 2 BbgSchulG und der Schulentwicklungsplanung gemäß § 102 Abs. 4 BbgSchulG sowie der Schülerbeförderung nach § 112 BbgSchulG auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Ferner beanstandet sie die Übertragung des für schulische Zwecke benötigten Schulvermögens gemäß § 107 Abs. 1 BbgSchulG. Sie sieht sich in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht „nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz, Art. 30 Abs. 5 und Art. 97 Abs. 1 und 2 der Verfassung des Landes Brandenburg“ verletzt. Ihr Selbstverwaltungsrecht werde durch die angegriffenen Regelungen über Gebühr eingeschränkt. Zur Frage der Schulträgerschaft und der Schulentwicklungsplanung trägt sie vertiefend wie folgt vor:

1. Die Schulträgerschaft gehöre zu den ureigenen Aufgaben einer Gemeinde. Die Verlagerung der Trägerschaft für die Schulen der Sekundarstufe I auf die Kreise verletze die Selbstverwaltungsgarantie. Daran ändere auch die „Übergangsklausel“ des § 142 BbgSchulG nichts, weil sie nur an vorhandene Trägerschaften anknüpfe. Für die Zukunft hingegen habe sie, die Beschwerdeführerin, keinen Einfluß mehr auf die Schulen der Sekundarstufe I in ihrem Gemeindegebiet. Der Entzug der Schulträgerschaft insoweit sei nicht gerechtfertigt. Die in der Gesetzesbegründung prognostizierte Entwicklung eines weiteren Geburtenrückganges müsse in Zweifel gezogen werden. Selbst wenn es bei den rückläufigen Geburtenzahlen bleibe, sei die Übertragung der Aufgabe auf die Landkreise nicht gerechtfertigt. Sie widerspreche u. a. den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1969 aufgestellten Maßgaben (BVerfGE 26, 228). Hiernach stehe die Schulträgerschaft grundsätzlich den Gemeinden zu. Soweit eine einzelne Gemeinde nicht selbst in der Lage sei, eine Schule der Sekundarstufe I zu unterhalten, stehe es ihr frei, sich mit anderen Gemeinden zu einem leistungsfähigen Schulträger zusammenzuschließen. Im Lande Brandenburg bestehe schon wegen der - leistungsfähigen - Ämter kein Bedürfnis, den Gemeinden die Schulträgerschaft auf diese Weise gänzlich zu entziehen.

2. Durch die Übertragung nicht nur der Schulträgerschaft, sondern auch der Schulentwicklungsplanung würden die Gemeinden „faktisch ausgeschaltet“. Sie verlören ihren Einfluß auf die Entwicklung der Schullandschaft. Die Entscheidung über die Schulstandorte, über die Schularten und über die Schulstrukturen gerate vollständig in die Hand der Kreise.

V.

Die Landesregierung hat von der Gelegenheit zur Äußerung Gebrauch gemacht. Sie bezweifelt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde; die Beschwerdeführerin habe schon die Möglichkeit einer Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie nicht dargetan. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Im wesentlichen macht die Landesregierung dazu geltend:

1. Die Schulträgerschaft sei zwar von dem verfassungsrechtlich verankerten Recht auf kommunale Selbstverwaltung umfaßt, stehe jedoch unter dem Gesetzesvorbehalt des Art. 97 Abs. 2 und 5 der Landesverfassung (LV). Den hiernach zu stellenden Anforderungen an den Entzug der Schulträgerschaft sei genügt. In formeller Hinsicht hätten der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie der Landkreistag Brandenburg Gelegenheit erhalten, Stellung zu nehmen. Auch materiell sei die Neuordnung der Schulträgerschaft gerechtfertigt. Das Recht auf Trägerschaft von Schulen unterfalle nicht dem unantastbaren Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung. Auch soweit die von der Beschwerdeführerin erwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1969 (BVerfGE 26, 228) den Gemeinden eine im Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung angesiedelte Position zuspreche, sei zu bedenken, daß sich die Entscheidung nur auf den damals in Niedersachsen vorhandenen Schultyp der Volksschule beziehe. Auch sei der Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht ein für allemal fest umrissen, sondern einem gewissen Wandel unterworfen. So sei die Verlagerung der Schulträgerschaft auf die Kreisebene, die auch in anderen Bundesländern in ähnlicher Weise erfolgt sei, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; auch der Subsidiaritätsgrundsatz sei nicht verletzt. Die Verlagerung der Trägerschaft für die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sei erfolgt, weil andernfalls ein leistungsfähiges Schulwesen nicht ohne unverhältnismäßige Kosten aufrechtzuerhalten sei. Angesichts des bestehenden und weiterhin zu erwartenden Geburtenrückganges sei eine hinreichende Auslastung der Schulen, wie sie zur Vermeidung nicht zu verantwortender Mehrkosten erforderlich sei, nur über die Landkreise erreichbar. Beispielsweise sei für das Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin im Jahre 2003/2004 nur noch mit etwa 40% der derzeitigen Schülerzahl zu rechnen. Die entsprechende Regelung sei auch verhältnismäßig. Durch das Brandenburgische Schulgesetz bleibe den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Möglichkeit, Schulen fortzuführen (§ 142 Satz 3 BbgSchulG) oder neu zu errichten, sei es gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 BbgSchulG, sei es - bei entsprechender Leistungsfähigkeit - nach Maßgabe des § 100 Abs. 2 Satz 3 BbgSchulG.

2. Auch die Verlagerung der Schulentwicklungsplanung auf die Landkreise sei formell und materiell verfassungsgemäß. Hierbei sei zunächst zu berücksichtigen, daß unter der Regie des 1. SRG, als auch die Gemeinden und Gemeindeverbände für die Schulentwicklungsplanung zuständig waren, auf dieser Ebene nur verschwindend wenige bestätigungsreife Schulentwicklungspläne zustande gekommen seien. Hingegen habe man mit der Erarbeitung der Schulentwicklungspläne auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte positive Erfahrungen gemacht. Die Kompetenz der kreislichen Planer, die sich mit den Bürgermeistern und Amtsdirektoren absprächen, vollziehe sich auf einem von einzelnen Gemeinden nicht erreichbaren hohen Niveau. Eine solche planerische Optimierung sei aber gerade in dünn besiedelten Flächenländern wie Brandenburg unverzichtbar. Die Übertragung der Schulentwicklungsplanung auf die Landkreise sei umsoweniger bedenklich, als es sich dabei um „eine echte, in etwa gleichgewichtige Mischverwaltung zwischen Land und kommunaler Selbstverwaltung nach Art eines `Kondominium`“ handele.

3. Die Übertragung der Schülerbeförderung und die Wahrnehmung dieser Aufgabe nunmehr durch die Kreise finde ihren Grund darin, daß auf diese Weise eine möglichst weitgehende Integration in den öffentlichen Personennahverkehr ermöglicht werde.

4. Der mit dem Schulträgerwechsel einhergehende entschädigungslose Übergang von Schulanlagen und des sonstigen Schulvermögens nach § 107 Abs. 1 BbgSchulG sei verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Eine bloße Übertragung der Nutzungsbefugnisse, wie sie noch in § 51 Abs. 8 des 1. SRG vorgesehen gewesen sei, habe sich als nachteilig erwiesen, weil sie einen erheblichen Investitionsstau verursacht habe. Unbeschadet dessen liege in dem Vermögensübergang keine über die Aufgabenübertragung hinausgehende Beeinträchtigung des Selbstverwaltungsrechts, weil der Vermögensübergang zeitlich und sachlich eng an den Übergang der Schulträgerschaft und den Bedarf des neuen Schulträgers geknüpft sei.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist im wesentlichen zulässig.

1. Die Beschwerdeführerin wird als amtsangehörige Gemeinde gemäß § 4 Abs. 3 Hs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 1 Amtsordnung (AmtsO) durch das Amt Barnim-Oderbruch bzw. seinen Amtsdirektor vertreten. Ein die Anwendung dieser Vertretungsregelung ausschließender Interessenkonflikt (vgl. zu einem solchen Fall, in dem sich die beschwerdeführende Gemeinde gegen eine gesetzliche Verlagerung einer Aufgabe auf das Amt gewandt hatte, Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 15. Dezember 1994 - VfGBbg 14/94 EA - LVerfGE 2, 214, 218 f.; Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 - zur Veröffentlichung in LVerfGE 4, Teil Brandenburg, Nr. 15 vorgesehen, S. 10 des Entscheidungsumdrucks) ist vorliegend nicht gegeben. Vielmehr haben die Beschwerdeführerin und das vertretende Amt ein gleichgerichtetes Interesse daran, die „Abwanderung“ der Aufgaben auf den Kreis zu verhindern.

2. Die Jahresfrist des § 51 Abs. 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist gewahrt. Die angegriffenen Regelungen sind am 1. August 1996 bzw., soweit es § 112 BbgSchulG betrifft, am 1. Januar 1997 in Kraft getreten (vgl. § 149 Abs. 1 BbgSchulG). Die am 2. Januar 1997 eingelegte Verfassungsbeschwerde ist damit rechtzeitig erhoben.

3. Die Beschwerdeführerin ist im wesentlichen beschwerdebefugt.

a. Hinsichtlich der Verlagerung der Schulträgerschaft im Sekundarbereich I, der Schulentwicklungsplanung und der Schülerbeförderung von den Gemeinden auf die Kreise (§§ 100 Abs. 2 Satz 1, 102, 112 BbgSchulG) ist die Beschwerdeführerin mit Blick auf Art. 97 LV beschwerdebefugt. Es besteht die Möglichkeit, daß sie hierdurch in ihrem durch die Landesverfassung geschützten Recht auf Selbstverwaltung verletzt wird (vgl. Art. 100 LV; § 51 Abs. 1 VerfGGBbg). Das Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde schließt ein, geltend machen zu können, ihr werde die Zuständigkeit für eine bestimmte Aufgabe entzogen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996, a.a.O., S. 11 des Umdrucks). So liegt es bei den hier in Frage stehenden Aufgaben.

Nicht entgegen steht, daß die Beschwerdeführerin die Wahrnehmung der Schulträgerschaft für die Sekundarstufe I gemäß § 5 Abs. 4 AmtsO auf das Amt übertragen hat. Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt, daß das Amt einzelne Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden (nur dann) an deren Stelle erfüllt, wenn mehrere Gemeinden des Amtes die Aufgaben auf das Amt übertragen haben. Das ist hier geschehen: 1993 haben die betroffenen Gemeinden des damaligen Amtes Wriezen-Land (heute Barnim-Oderbruch), zu denen auch die Beschwerdeführerin gehört, sowie der Amtsausschuß einen entsprechenden, vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport genehmigten Beschluß gefaßt, die Trägerschaft für Schulen auf das Amt zu übertragen. Mit dieser Übertragung ist die Trägerschaft (auch) für die Sekundarstufe I auf das Amt übergegangen, und zwar dergestalt, daß nicht nur - wie regelmäßig für Selbstverwaltungsaufgaben vorgesehen, vgl. § 4 Abs. 1 AmtsO - die verwaltungsmäßige Abwicklung, sondern die volle Entscheidungsbefugnis nunmehr beim Amt liegt (vgl. Köstering, DÖV 1992, 369, 370; v. Mutius, Kommunalrecht, 1996, Rdn. 76). Damit ist eine Kompetenzverlagerung eingetreten (Cronauge/Lübking, Amtsordnung Brandenburg, § 5 Rdn. 5; Buhrke/Graf in: Kommunalverfassung des Landes Brandenburg, herausg. vom Städte- und Gemeindebund Brandenburg, § 5 AmtsO, Anm. 5; Muth in: Stork/Muth, Amtsordnung für das Land Brandenburg, Band 1, 2. Aufl., 1992, § 5 Anm. 7; vgl. auch BVerfGE 52, 95, 124 für die entsprechende Regelung der Amtsordnung in Schleswig-Holstein). Gleichwohl spielt sich die Aufgabenwahrnehmung weiterhin im Bereich des Art. 97 LV ab (vgl. auch BVerfG, a.a.O.). Zum Selbstverwaltungsrecht zählt die Organisationshoheit, die den Gemeinden das Recht gewährleistet, ihre Verwaltungsorganisation nach ihrem eigenen Ermessen einzurichten (vgl. bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Oktober 1994 - VfGBbg 1/93 - LVerfGE 2, 183, 188); dazu gehört etwa auch, daß sich eine Gemeinde zur Erledigung ihrer Aufgaben mit anderen Gemeinden zusammenschließen kann (vgl. BVerfG NVwZ 1987, 123, 124). § 5 Abs. 4 AmtsO erscheint als Organisationsform einer Aufgabenwahrnehmung im Zusammenwirken mehrerer Gemeinden.

Auch unabhängig davon werden jedenfalls die einer Gemeinde nach einer solchen Aufgabenübertragung noch verbleibenden Befugnisse durch das Selbstverwaltungsrecht geschützt (vgl. Nierhaus, LKV 1995, 5, 11; Duvenbeck, Interkommunale Zusammenarbeit und Art. 28 Abs. 2 GG, 1966, 89, 98 i.V.m. 92). So haben nach § 5 Abs. 4 Satz 2 AmtsO nur die Mitglieder des Amtsausschusses, deren Gemeinden von der Übertragung betroffen sind, ein Stimmrecht bei der Beschlußfassung. Damit behält die Beschwerdeführerin Einfluß auf die Entwicklung der Schule. Außerdem kann die Gemeinde unter den näheren Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 3 AmtsO die Rückübertragung der Aufgabe verlangen. Dieses „Rückholrecht“ läuft für die Schulträger im Sekundarbereich I leer, wenn die Beschwerdeführerin für diesen Schultyp ihre Trägerschaftseignung verliert.

Nach alledem wird die Beschwerdeführerin durch die Verlagerung der Trägerschaft für Schulen der Sekundarstufe I auf die Kreise in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht betroffen. Die Übergangsvorschrift des § 142 Satz 3 BbgSchulG ändert hieran nichts. Nach dieser Regelung bleiben Gemeinden oder Gemeindeverbände, soweit sie bei Inkrafttreten des Brandenburgischen Schulgesetzes Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sind, hierfür weiter zuständig. Demzufolge werden nur bestehende Schulträgerschaften gesichert. Damit ist zwar die im Gebiet der Beschwerdeführerin bestehende Realschule „bestandsgeschützt“. Für eine neue Schule der Sekundarstufe I hingegen wäre weder das Amt noch die Beschwerdeführerin, sondern allein der Kreis zuständig (§ 100 Abs. 2 Satz 1 BbgSchulG). Infolgedessen „verengt“ sich die Entscheidungsbefugnis des Amtes - und zugleich das Stimmrecht der Beschwerdeführerin - auf die bestehende Realschule.

b. Allerdings ist die Beschwerdeführerin schon nicht beschwerdebefugt, soweit sie die Regelung des § 107 BbgSchulG (Übertragung von Schulanlagen) angreift. Eine Verletzung des Art. 97 LV kommt insoweit von vornherein nicht in Betracht. Gemäß § 107 Abs. 1 BbgSchulG gehen die vermögensrechtlichen Rechte und Pflichten des bisherigen Schulträgers entschädigungslos auf den neuen Schulträger über, soweit die Schulträgerschaft übergeht und der neue Schulträger das Schulvermögen für schulische Zwecke benötigt. Hier ist schon wegen der „Bestandsschutzregelung“ des § 142 Satz 3 BbgSchulG nicht ersichtlich, daß der Beschwerdeführerin ein Verlust von gegenwärtigem Schulvermögen droht. Denkbar ist ein Verlust nur für den Fall, daß das Amt gemäß Satz 4 des § 142 BbgSchulG beschließt, die Zuständigkeit für die Realschule auf den Kreis zu übertragen. Auch unabhängig davon entfällt bezüglich des Schulvermögens eine Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin. Das Schulvermögen dient der Erfüllung der mit der Schulträgerschaft verbundenen (öffentlichen) Aufgaben und ist deshalb an die Trägerschaft gebunden. Von daher scheidet in dieser Hinsicht eine von der Frage der Schulträgerschaft losgelöste Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie ebenso wie ein grundrechtlicher Schutz dieses Vermögens im übrigen (vgl. BVerfGE 21, 362, 369 ff.; 45, 63, 78; 61, 82, 108) von vornherein aus.

4. Auch soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 30 Abs. 5 LV geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Auf Art. 30 Abs. 5 LV, der in den zweiten - mit der Überschrift „Grundrechte und Staatsziele“ überschriebenen - Hauptteil der Landesverfassung eingestellt ist, kann sie sich als juristische Person des öffentlichen Rechts mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde nicht berufen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift („Das Land und die Träger kommunaler Selbstverwaltung haben die Pflicht, Schulen einzurichten und zu fördern“) ist die Beschwerdeführerin im übrigen Adressatin und nicht Begünstigte der Regelung.

5. Die Verfassungsbeschwerde ist außerdem unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin auch eine Verletzung der in Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten (bundesverfassungsrechtlichen) Selbstverwaltung geltend macht. Eine solche Verletzung ist vor dem Verfassungsgericht des Landes nicht rügefähig (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996, a.a.O., S. 12 des Umdrucks). Nach Art. 100 LV können Gemeinden oder Gemeindeverbände Verfassungsbeschwerde (nur) mit der Behauptung erheben, daß ein Gesetz des Landes ihr Recht auf Selbstverwaltung „nach dieser Verfassung“ - also der Landesverfassung - verletzt.

Auf die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist auszusprechen, daß die kreisangehörigen Gemeinden unbeschadet der Verlagerung der Schulträgerschaft für die Sekundarstufe I von den Gemeinden auf die Kreise nach Maßgabe der Entscheidungsgründe als Schulträger anzuerkennen sind (s. nachfolgend unter I.). Soweit die Verfassungsbeschwerde die Übertragung der Schulentwicklungsplanung von den Gemeinden auf die Landkreise und kreisfreien Städte betrifft, ist ihr stattzugeben (s. dazu nachfolgend II.). Im übrigen - hinsichtlich der Schülerbeförderung - war sie zurückzuweisen (s. nachfolgend III.).

I.

Die Verlagerung der Trägerschaft für Schulen der Sekundarstufe I von den Gemeinden auf die Kreise (§ 100 Abs. 2 Satz 1 BbgSchulG) ist nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe mit Art. 97 LV vereinbar. Die Regelung greift in den Schutzbereich der durch Art. 97 LV gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltung ein (s. unter 1.). Dieser Eingriff wird indes bei verfassungskonformer Handhabung der Überlassung der Trägerschaft an geeignete kreisangehörige Gemeinden den von Verfassungs wegen zu stellenden Anforderungen gerecht (s. unter 2.).

1. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht im Sinne von Art. 97 LV umfaßt die eigenverantwortliche Wahrnehmung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Dies sind „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben ..., die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen“ (BVerfGE 79, 127, 151 f.; vgl. zuletzt Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996, a.a.O., S. 12, 19 des Umdrucks). Bei der Frage, ob und inwieweit eine Angelegenheit eine solche der örtlichen Gemeinschaft ist, hat der Gesetzgeber einen - verfassungsrechtlich auf Vertretbarkeit zu überprüfenden - Einschätzungsspielraum (vgl. BVerfGE 79, 127, 153 f.; NWVerfGH, EzKommR, Band 2, 2130.70, S. 139, 142). Hiernach erweist sich die Aufgabe der Schulträgerschaft im Sekundarbereich I im Land Brandenburg als eine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft.

a. Aus historischer Sicht gehören zum gewachsenen Aufgabenbestand der Kommunen die sog. „äußeren Schulangelegenheiten“ (vgl. schon § 179 lit. b) preußische Städteordnung von 1808; ähnlich Art. 144 Weimarer Reichsverfassung). Diese bestehen im wesentlichen in der Errichtung und Unterhaltung der Schulgebäude und in der Beschaffung und Bereitstellung der Lehrmittel (vgl. Bericht der Kommission Schulrecht des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Schule im Rechtsstaat - Entwurf eines Landesschulgesetzes, Band 1, 1981, S. 360; Heckel/Avenarius, Schulrechtskunde, 6. Aufl. 1986, S. 101 f.). Sie sind regelmäßig dem Schulträger zugeordnet (vgl. auch § 48 des 1. SRG, § 99 Abs. 1, 2 BbgSchulG). Bereits mit der - das sozialistische Bildungsgesetz ablösenden - DDR-Verordnung über Grundsätze und Regelungen für allgemeinbildende Schulen und berufsbildende Schulen - Vorläufige Schulordnung - vom 18. September 1990 (GBl. DDR I, 1579) wurde u. a. in Brandenburg (vgl. § 1 der Vorläufigen Schulordnung) die kommunale Trägerschaft für allgemeinbildende Schulen (aller Art) wiederhergestellt (§ 10 Abs. 1 der Vorläufigen Schulordnung). Ebenso hat das Erste Schulreformgesetz für das Land Brandenburg vom 28. Mai 1991 den Gemeinden die Schulträgerschaft für die Grundschulen und die Schulen der Sekundarstufe I als „eigene“ Aufgabe zugewiesen (§§ 51 Abs. 1, 2, 48 des 1. SRG) und damit offenkundig an die Terminologie des seinerzeit noch geltenden Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. DDR I, 255) angeknüpft, welche zwischen Aufgaben „des eigenen Wirkungskreises“ (§ 2) und „übertragenen“ Aufgaben (§ 3) unterschied.

b. Unbeschadet dessen hat die Schulträgerschaft in dem hier interessierenden Bereich der Sekundarstufe I aufgrund der hierfür maßgeblichen weiteren Umstände - namentlich wegen der Kommunalstruktur und der demographischen Entwicklung im Land Brandenburg - jedenfalls auch überörtliche Bezüge. Der Gesetzgeber hat sich bei der „Hochzonung“ dieser Aufgabe vor allem von einem prognostizierten Schülerzahlenrückgang leiten lassen. Er ist davon ausgegangen, daß sich aufgrund des bis 1993 erfolgten Rückgangs der Geburten und der - sich sodann langsam erholenden - weiteren Entwicklung die „Mantelbevölkerung“ (d.h. derjenigen Bevölkerung, die für die Auslastung einer Schule erforderlich ist) erhöhen und damit der Einzugsbereich für weiterführende Schulen ausweiten werde (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung LT-Drs. 2/1675, S. 121 ff., 125 ff.). Nach diesem Zahlenmaterial wird sich der Einzugsbereich insbesondere der Schulen der Sekundarstufe I - mit teilweiser Ausnahme der Gesamtschulen - regelmäßig über das Gebiet der „typischen“ brandenburgischen Gemeinde hinaus erstrecken. Das wiederum hängt damit zusammen, daß im Land Brandenburg die Klein- und Kleinstgemeinden im wesentlichen erhalten geblieben sind (zu den Gemeindegrößen i.e. LT-Drs. 2/1675, S. 126 der Begründung des Gesetzentwurfs). Auch die Ämter verfügen im allgemeinen nicht über den zur Auslastung der Schulen erforderlichen Einzugsbereich. Damit schwächt sich der Bezug zur örtlichen Gemeinschaft ab: Die Schule dient gegebenenfalls nicht (mehr) (nur) den Einwohnern einer einzelnen Gemeinde, sondern betrifft auch die umliegenden Gemeinden. Damit erhält die Aufgabe der Schulträgerschaft insbesondere im Sekundarbereich (auch) überörtliche Bezüge. Gleichwohl wächst die Aufgabe aber nicht etwa aus dem Gewährleistungsbereich des Art. 97 LV heraus (vgl. dazu BVerfGE 79, 127, 157). Auch der Gesetzgeber geht hier nach wie vor von dem allgemeinen Grundsatz aus, „daß es sich bei der Schulträgerschaft um eine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft ... handelt“ (LT-Drs. 2/1675, S. 123 der Begründung des Gesetzentwurfs).

2. Die Übertragung der Schulträgerschaft im Sekundarbereich I von den Gemeinden auf die Kreise genügt in formeller (dazu a.) und, jedenfalls bei verfassungskonformer Handhabung, materieller Hinsicht (dazu b.) den Anforderungen, die Art. 97 LV an eine solche Übertragung stellt.

a. Nach Art. 97 Abs. 4 LV sind die Gemeinden und die Gemeindeverbände in Gestalt ihrer kommunalen Spitzenverbände rechtzeitig zu hören, bevor durch Gesetz oder Rechtsverordnung allgemeine Fragen geregelt werden, die sie unmittelbar berühren. Diesem Anhörungserfordernis ist hier Genüge getan. Für die Anhörung nach Art. 97 Abs. 4 LV ist kein bestimmtes förmliches Verfahren vorgeschrieben (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996, a.a.O., S. 20 f. des Umdrucks). Insbesondere der Städte- und Gemeindebund wie auch der Landkreistag Brandenburg haben in der Anhörung durch den Ausschuß für Bildung, Jugend und Sport vom 18. Januar 1996 hinreichend Gelegenheit gehabt, sich zu dem Gesetzentwurf zu äußern.

b. Die Verlagerung der Schulträgerschaft von den Gemeinden auf die Kreise läßt sich bei verfassungskonformer Auslegung (s. im Folgenden) auch materiell-rechtlich rechtfertigen.

Der Gesetzgeber kann sowohl für die Art und Weise der Erledigung der örtlichen Angelegenheiten als auch für die gemeindliche Zuständigkeit Regelungen treffen (vgl. bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober, a.a.O., S. 21 des Umdrucks). Er hat dabei den Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung zu respektieren und darf nicht in deren Kernbereich eingreifen (hierzu aa.). Außerhalb dieses Kernbereichs hat er das verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip der Subsidiarität sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (dazu bb.).

aa. Die Verlagerung der Schulträgerschaft für den Sekundarbereich I auf die Landkreise fällt in den Randbereich der kommunalen Selbstverwaltung.

(1) Freilich hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1969 das Recht einer Gemeinde zur Schulträgerschaft für den Bereich des öffentlichen Volksschulwesens dem Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung zugeordnet (BVerfGE 26, 228). Es hat in der genannten Entscheidung den „Kernbereich“ (BVerfG a.a.O., S. 240) wie folgt umrissen:

„Das Spannungsverhältnis zwischen dem zentralen Bestimmungsrecht des Staates, das sich im dargelegten Umfang aus Art. 7 Abs. 1 GG ergibt, und dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden im Bereich des öffentlichen Volksschulwesens ist, ohne daß es hier einer Festlegung der Grenzen der jeweiligen Befugnisse im einzelnen bedarf, dahin aufzulösen, daß den Gemeinden das Recht der Schulträgerschaft zusteht, soweit diese mit den vom Staat allgemein festgelegten Zielen für die Ausgestaltung des Volksschulwesens vereinbar ist. An der Leistungsfähigkeit oder der Größe der einzelnen Gemeinde kann es hiernach scheitern, daß sie selbst eine Schule unterhält. In einem derartigen Fall gebietet es der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe ..., daß es der einzelnen betroffenen Gemeinde offensteht, sich freiwillig mit anderen Gemeinden zu einem leistungsfähigen Schulträger zusammenzuschließen. Nur ausnahmsweise, wenn es zu einem derartigen Zusammenschluß nicht kommt, ist der Staat befugt, die Schulträgerschaft zwangsweise zu regeln“ (BVerfGE a.a.O., S. 239).

Unter „Volksschule“ ist die von allen Schülern gemeinsam zu besuchende Schule zu verstehen. Insofern paßt der Begriff auf die für alle gleichen vier unteren Jahrgänge, auf denen die weiteren Schulen aufbauen. Von daher ist die „Volksschule“, wie sie dem Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung vor Augen steht, mag auch der Begriff in den heutigen Schulgesetzen, auch in dem Brandenburgischen Schulgesetz, nicht mehr vorkommen, im Kern die heutige Grundschule (vgl. hierzu insgesamt BVerfGE 88, 40, 45 f.). Für die hier von der „Hochzonung“ betroffene Sekundarstufe I ist daher die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - unabhängig davon, ob sie überhaupt für eine allgemeingültige Bestimmung eines Kernbereichs noch etwas hergibt oder vielmehr durch die „Rastede“-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 79, 127) überholt ist (so insbesondere Clemens, NVwZ 1990, 834, 838) - nicht einschlägig.

(2) Erst recht ist hier eine Verletzung des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltung nicht gegeben, wenn man auf der Linie der schon angesprochenen Rastede-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unter Kernbereich nur das sog. „Universalitätsprinzip“ versteht, also keinen gegenständlich bestimmten oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbaren Aufgabenkatalog, sondern (nur noch) die (allgemeine) Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz einem anderen Träger der öffentlichen Verwaltung übertragen sind, anzunehmen (BVerfGE 79, 127, 146 und dazu Clemens, NVwZ 1990, 834, 838). Auch wenn in diesem Sinne der Kernbereich letztlich als „Aushöhlungsschutz“ zu begreifen wäre, der den Gemeinden „ein hinreichendes Betätigungsfeld zu eigenverantwortlicher Regelung“ sichern soll (vgl. BVerfGE 79, 127, 155; 83, 363, 381; NWVerfGH, EzKommR, Band 2, 2130.70, S. 139, 142; vgl. hierzu insgesamt Löwer in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Band 2, 3. Aufl., Art. 28, Rdn. 49), wäre hier eine Verletzung des Kernbereichs nicht gegeben: Auch nach der „Hochzonung“ der Schulträgerschaft für die Sekundarstufe I auf die Landkreise verbleibt den Gemeinden ein weitreichendes Betätigungsfeld.

(3) Soweit nach dem Schrifttum zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung die Befugnis gehört, „Schulträger zu sein“ (Heckel/Avenarius, Schulrechtskunde, 6. Aufl., S. 102; ähnlich auch Stein/Roell, Handbuch des Schulrechts, 1988, S. 31), wird diese Befugnis als solche den Gemeinden im Land Brandenburg nicht genommen. Nach dem Brandenburgischen Schulgesetz bleiben die Gemeinden weiterhin Träger jedenfalls von Grundschulen (§ 100 Abs. 1 BbgSchulG). Auch soweit die Schulträgerschaft im Schrifttum jedenfalls dann dem Kernbereich zugerechnet wird, wenn das Gemeindegebiet typischerweise dem Einzugsbereich der Schulart entspricht (vgl. Stephany, Staatliche Schulhoheit und kommunale Selbstverwaltung, 1964, S. 34 ff., 38 f.; Thode, Das kommunal-staatliche Kondominium in der Schulträgerschaft, 1982, S. 42 ff. i.V.m. 40 ff.), ist hier der Kernbereich nicht betroffen. Wie ausgeführt geht im Land Brandenburg der Einzugsbereich einer Schule der Sekundarstufe I typischerweise über das Gebiet einer einzelnen Gemeinde hinaus. Nach alledem ist die Schulträgerschaft für die Sekundarstufe I unter den Verhältnissen des Landes Brandenburg bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr dem Kernbereich, folglich also dem Randbereich der kommunalen Selbstverwaltung zuzuordnen.

bb. Den Anforderungen, die sich aus Art. 97 LV im Randbereich der kommunalen Selbstverwaltung für den Entzug einer Aufgabe ergeben, hat der Gesetzgeber Rechnung getragen.

(1) Zu diesen Anforderungen zählt zum einen das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, demzufolge bei Aufgaben mit örtlichem Bezug eine Zuständigkeitspriorität zugunsten der Gemeinden gilt. Dieses verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip, wie es auch in Art. 97 LV Niederschlag gefunden hat, gilt auch gegenüber den Kreisen (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 19. Mai 1994 - VfGBbg 9/93 - LVerfGE 2, 93, 101 f.; vgl. auch Urteil vom 17. Oktober, a.a.O., S. 22 des Umdrucks). Grundsätzlich darf - mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts - der Gesetzgeber den Gemeinden eine Aufgabe mit relevantem örtlichen Charakter „nur aus Gründen des Gemeininteresses, vor allem also dann entziehen, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre. Demgegenüber scheidet das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeitskonzentration - etwa im Interesse der Übersichtlichkeit der öffentlichen Verwaltung - als Rechtfertigung eines Aufgabenentzuges aus; denn dies zielte ausschließlich auf die Beseitigung eines Umstandes, der gerade durch die vom Grundgesetz gewollte dezentrale Aufgabenansiedlung bedingt wird. Auch Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt rechtfertigen eine „Hochzonung“ nicht schon aus sich heraus, sondern erst dann, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde“ (BVerfGE 79, 127, 153; s. auch Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996, a.a.O., S. 22 f. des Umdrucks). Hiernach läßt sich die Aufgabenverlagerung auf die Landkreise nicht etwa damit rechtfertigen, daß ohne eine solche „Hochzonung“ gegebenenfalls Schulschließungen erschwert und deshalb nicht zu verantwortende - vom Land gemäß § 108 Abs. 2 BbgSchulG zu tragende - Kosten für das pädagogische Personal zu gewärtigen seien. Dieses Argument erscheint um so schwächer, als das Brandenburgische Schulgesetz der staatlichen Verwaltung durch Einräumung aufsichtlicher Befugnisse einen nicht unerheblichen Einfluß auf das Schulwesen vorbehält, so daß sich auf diesem Wege jedenfalls ein unverhältnismäßiger Kostenanstieg vermeiden lassen müßte.

Gemessen an dem Subsidiaritätsprinzip wäre es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn Gemeinden selbst bei ausreichender Größe und Leistungsfähigkeit die Trägerschaft für weiterführende allgemeinbildende Schulen der Sekundarstufe I nicht in Anspruch nehmen könnten. Eine Auslegung des § 100 Abs. 2 BbgSchulG, die zu diesem Ergebnis führte, würde gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen und wäre mit Art. 97 LV nicht vereinbar. Ein solches Ergebnis aber träte ein, wenn § 100 Abs. 2 Satz 2 BbgSchulG, wonach Große und Mittlere kreisangehörige Städte Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sein „können“, und § 100 Abs. 2 Satz 3 BbgSchulG, wonach andere Gemeinden oder deren Zusammenschlüsse Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sein „können“, „wenn die Schülerzahl für die Errichtung oder Fortführung einer in der Schulentwicklungsplanung als notwendig bezeichneten weiterführenden allgemeinbildenden Schule vorhanden oder innerhalb von fünf Jahren zu erwarten ist“, dahin zu verstehen wäre, daß selbst bei Vorliegen der letztgenannten und sachdienlich erscheinenden Voraussetzungen die „Zubilligung“ der gemeindlichen Trägerschaft für eine Schule der Sekundarstufe I staatlichem Ermessen, nämlich dem Ermessen des für Schule zuständigen Ministeriums als Genehmigungsbehörde (vgl. § 104 Abs. 2 BbgSchulG), überlassen bliebe. Eine solche Auslegung würde bedeuten, daß einer Gemeinde die Trägerschaft einer Schule dieses Typs selbst dann vorenthalten werden könnte, wenn die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Gemeinde - in Anknüpfung an den Einzugsbereich - gegeben sind. Dies wäre mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht in Einklang zu bringen.

Dies führt allerdings nicht zur Nichtigkeit des § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BbgSchulG. Die Regelung ist vielmehr in verfassungskonformer Weise - zwingend - so auszulegen, daß Gemeinden oder deren Zusammenschlüsse in dem von allen Schulträgern zu durchlaufenden Genehmigungsverfahren nach § 104 Abs. 2 BbgSchulG als Träger für Schulen der Sekundarstufe I anzuerkennen sind, wenn die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Satz 3 BbgSchulG erfüllt sind, was bei den Großen und Mittleren kreisangehörigen Städten eher der Fall sein wird, aber auch bei den anderen Gemeinden und deren Zusammenschlüssen durchaus in Betracht kommen kann. Nach Maßgabe dieser Auslegung, die vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt (vgl. insoweit zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung BVerfGE 86, 288, 320; vgl. auch Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 19. Mai 1994 - VfGBbg 9/93 - LVerfGE 2, 93, 102), ist § 100 Abs. 2 BbgSchulG mit Art. 97 LV vereinbar. Der Begriff „können“ umschreibt in diesem Sinne die für die einzelne Gemeinde gegebenenfalls erwachsende Möglichkeit, Schulträger zu werden. Entscheidet sie sich bei Bestehen der Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Satz 3 BbgSchulG für die Errichtung einer Schule der Sekundarstufe I, ist ihre Schulträgerschaft anzuerkennen und unter den weiteren Voraussetzungen des § 104 Abs. 2 BbgSchulG die Errichtung der Schule zu genehmigen. Das Gericht sieht sich in dieser Auslegung durch die gesetzgeberischen Erwägungen bestärkt. Der Gesetzgeber hat seinerseits darauf abgestellt, daß sich die Einzugsbereiche für die Schulen ausweiten würden. Es sei daher absehbar, daß die Fortführung der bestehenden Schulen in zunehmendem Maße von freiwilligen Zusammenschlüssen der Gemeinden abhängen werde. Für einen Großteil der Bevölkerung sei die Versorgung auf diese Weise gesichert, während sich bei kleinen Gemeinden die Probleme auch durch einen Zusammenschluß nicht immer befriedigend lösen ließen, weil in erreichbarer Nähe keine genügende Zahl von Einwohnern lebe. Es müsse dann Aufgabe der Landkreise sein, diese Bereiche abzudecken (vgl. LT-Drs. 2/1675, S. 126 f. der Begründung des Gesetzentwurfs). Der Gesetzgeber hat hiernach mit Blick auf die besonderen Strukturen im Land Brandenburg im wesentlichen zwischen zwei Typen von Gemeinden unterschieden, nämlich einerseits solchen, die selber bzw. im Rahmen kommunaler Zusammenschlüsse die Versorgung ihrer Einwohner gewährleisten können, andererseits solchen, die selbst in einem Zusammenschluß mit anderen nicht genügend Schüler aufzubringen vermögen. So gesehen liegt dem Gesetz der Sache nach das Konzept einer „geteilten“ Zuständigkeit zugrunde: Nach § 100 Abs. 2 Satz 1 BbgSchulG sind grundsätzlich die Kreise zuständig. Gemäß § 142 Satz 3 BbgSchulG, einer unbefristeten „Übergangsregelung“, bleiben die Gemeinden oder die Gemeindeverbände, soweit sie bei Inkrafttreten des Brandenburgischen Schulgesetzes Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sind, dafür weiter zuständig. Darüber hinaus „können“ zufolge der Regelung in § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BbgSchulG auch zukünftig sonstige Kommunen für die Schulträgerschaft zuständig sein, wenn sie entsprechend leistungsfähig sind. Mit den Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 Satz 3 BbgSchulG („wenn die Schülerzahl für die Errichtung oder Fortführung einer in der Schulentwicklungsplanung als notwendig bezeichneten weiterführenden allgemeinbildenden Schule vorhanden oder innerhalb von fünf Jahren zu erwarten ist“) hat der Gesetzgeber die schulspezifische Leistungsfähigkeit der Gemeinden gekennzeichnet. In diesem Sinne heißt es in den Gesetzesmaterialien:

„Mit Teil 8 des Gesetzentwurfes wird die öffentliche Schulträgerschaft geregelt. Die Zuständigkeit für die Schulentwicklungsplanung wird in die Hände der Kreise und kreisfreien Städte gelegt. Die Trägerschaft der Grundschulen liegt grundsätzlich bei den Gemeinden oder Gemeindeverbänden mit Ausnahme der Landkreise. Die übrigen Schulen liegen im Regelfall in der Trägerschaft der Landkreise und kreisfreien Städte. Eine Ausnahme gilt für größere und mittlere kreisangehörige Städte sowie für andere leistungsfähige Gemeinden oder Gemeindeverbände. Ausgangspunkt für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit im Einzelnen ist die vorhandene Zahl der Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Kommune“ (vgl. LT-Drs. 2/1675, S. 4 der dem Entwurf vorausgestellten Erwägungen, Unterstreichung durch das Gericht).

(2) Die Regelung entspricht in der hier festgelegten Auslegung zugleich dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Den Gründen, die die Verlagerung der Schulträgerschaft im Sekundarbereich I mit der dargelegten Maßgabe auf die Kreise rechtfertigen, ist höheres Gewicht beizumessen als - in diesem Bereich der Sekundarstufe I - einer uneingeschränkten Selbstverwaltung der Einzelgemeinde. Das mit der „Hochzonung“ verfolgte Ziel der Sicherung leistungsfähiger, auch für die ländliche Bevölkerung erreichbarer Schulen ist ein bedeutsames Gemeinschaftsgut. Hieran gemessen muß für den Bereich der weiterführenden Schulen das Selbstverwaltungsrecht der einzelnen Gemeinde - in der durch diese Entscheidung abgeschwächten Weise - zurücktreten. Insoweit wirkt sich vor allem aus, daß die Schulträgerschaft im Sekundarbereich I wegen des größeren Einzugsbereichs dieses Schultyps ihren örtlichen Charakter teilweise verloren hat. Zusätzlich wird der Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht durch die Bestandsschutzregelung des § 142 Satz 3 BbgSchulG, wonach die Gemeinden, die bei Inkrafttreten des Brandenburgischen Schulgesetzes Träger von Schulen im Sekundarbereich I waren, hierfür weiter zuständig bleiben, abgemildert. Vor allem aber ermöglicht es § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BbgSchulG in der hier festgelegten Auslegung den Gemeinden, bei entsprechender Leistungsfähigkeit, Schulträger (auch) im Sekundarbereich I zu sein. Insgesamt ergibt sich damit ein angemessener Ausgleich zwischen örtlichen und überörtlichen Interessen. § 102 Abs. 4 Satz 1 BbgSchulG, der den Gemeinden die Schulentwicklungsplanung in dem ihnen ursprünglich durch das 1. SRG eingeräumten Umfang entzogen hat, verstößt gegen Art. 97 LV, soweit er den Gemeinden - auch den leistungsfähigen und -willigen - jedwede Möglichkeit einer eigenen Schulentwicklungsplanung entzieht. Die Regelung greift insoweit in den Schutzbereich der von Verfassungs wegen gewährleisteten Selbstverwaltung ein (unter 1.). Dieser Eingriff hält der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand (unter 2.).

1. Die Schulentwicklungsplanung gehört - zumindest auch - zu den von Art. 97 LV umfaßten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und damit zum Bereich verfassungsrechtlich gewährleisteter Selbstverwaltung. Freilich enthält die Schulentwicklungsplanung verschiedenartige Elemente. Sie betrifft sowohl innere als auch äußere Schulangelegenheiten und berücksichtigt sowohl örtliche als auch überörtliche Gegebenheiten und Belange. Der Gesamtcharakter wird unterschiedlich beurteilt. Nach einem Teil des Schrifttums gehört es zu der „ureigenen Kompetenz der Gemeinde“, „den Standort der Schulen innerhalb ihres örtlichen Bereichs zu bestimmen“ (vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 2. Aufl., 1983, Rdn. 135). Andere sehen in der Aufgaben dem Schwerpunkt nach eher eine Form der Landesplanung, die ein umfassendes und gleichmäßiges Bildungsangebot bei zumutbaren Schulwegen in allen Landesteilen gewährleisten soll (vgl. Hansen, RdJB 1983, S. 266 f.; Galas/Habermalz/Schmidt: Niedersächsisches Schulgesetz, 2. Aufl., 1996, § 26, Anm. 1). Im Lande Brandenburg hat der Gesetzgeber die Schulentwicklungsplanung den Selbstverwaltungsangelegenheiten zugeordnet. Dies zeigt sich etwa darin, daß er in § 102 Abs. 4 Satz 1 BbgSchulG (1996) die Schulentwicklungsplanung als eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe (der Landkreise und kreisfreien Städte) bezeichnet. Aber auch schon 1991 - durch das 1. SRG - war die Schulentwicklungsplanung als Selbstverwaltungsangelegenheit ausgestaltet. Systematisch war sie im siebten, mit dem Titel „Aufgaben des Schulträgers“ überschriebenen Teil des 1. SRG eingeordnet. Die Aufgaben des Schulträgers zählten gemäß § 48 Satz 1 des 1. SRG zu den sog. eigenen Aufgaben, womit das 1. SRG, wie schon ausgeführt, ersichtlich an die Aufgaben des „eigenen Wirkungskreises“ gemäß § 2 der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 angeknüpft hat. Nach § 49 Abs. 1 des 1. SRG stellten die Gemeinden und Kreise die Schulentwicklungspläne auf und schrieben sie fort. Hiernach war die Schulentwicklungsplanung als eine von den Gemeinden und Kreisen in ihrer Funktion als Schulträger mit zu erledigende („eigene“) Aufgabe eingeordnet. Dieses Ergebnis wird durch die Materialien zum 1. SRG bestätigt. Diesen zufolge sollte die Schulentwicklungsplanung dazu dienen, dem Schulträger durch Ermittlung des Schulbedarfs und Aufzeigen von Möglichkeiten zur Deckung dieses Bedarfs die sachgerechte Erfüllung der Aufgabe zu erleichtern. In dem Erläuterungsteil des Gesetzentwurfs zum 1. SRG heißt es hierzu wie folgt:

„Ein gleichmäßiges Bildungs- und Abschlußangebot in allen Landesteilen kann nur dann erreicht werden, wenn jede Einzelentscheidung planerisch überlegt und in Zusammenarbeit mit anderen Trägern getroffen wird. Dies setzt voraus, daß die Schulträger für einen mindestens fünf Jahre umfassenden Zeitraum ihren Handlungsbedarf ermitteln und die sich hieraus ergebenden Entscheidungsmöglichkeiten in einem alle Schulformen und Bildungsgänge umfassenden Schulentwicklungsplan darstellen. ...“ (LT-Drs. 1/84, Erläuterungsteil S. 26 f.).

In diesem Sinne nahmen die Gemeinden mit der ihnen obliegenden Schulentwicklungsplanung jedenfalls auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wahr. Zu nennen sind hier etwa die Erhebung der ortsbezogenen Daten (z.B. über die Bevölkerungsstruktur in der Gemeinde, über die Wahl der Schulform durch die Eziehungsberechtigten und über den Bestand geeigneter Schulgebäude) oder etwa die Darstellung von Schulstandorten in der Gemeinde (unter Bewertung etwa der örtlichen Gegebenheiten wie z.B. eines möglichst gefahrenfreien Schulweges). Dabei werden sich Planungsinhalte mit Bezug auf die örtliche Gemeinschaft naheliegenderweise vor allem, aber nicht allein, im Hinblick auf die in der Trägerschaft der Gemeinden stehenden Schulen ergeben haben.

Daß die Schulentwicklungsplanung gemäß § 49 Abs. 3 des 1. SRG von einer Bestätigung durch die oberste Schulaufsichtsbehörde abhängig war und in diesem Sinne, wie es die Landesregierung kennzeichnet, als „Kondominium“ ausgestaltet war (und bezogen auf die Landkreise und kreisfreien Städte weiterhin ist, vgl. § 102 Abs. 5 BbgSchulG), steht der Einordnung als Selbstverwaltungsaufgabe entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung (in diese Richtung Thode, Das kommunalstaatliche Kondominium in der Schulträgerschaft, 1982, S. 87) nicht entgegen (so auch Vietmeier, Die staatlichen Aufgaben der Kommunen und ihrer Organe, 1992, S. 175 f.). Bei kondominialen Aufgaben treten zu den kommunalen Belangen lediglich staatliche Einflußnahmen hinzu, meist vermittelt über Bestätigungs- oder Genehmigungsvorbehalte, die der Wahrung überörtlicher Belange dienen. Eine solche staatliche Mitwirkung läßt den Charakter als eigenverantwortlich wahrzunehmende Selbstverwaltungsangelegenheit unberührt (vgl. OVG Münster, NVwZ 1990, 689, 690; Humpert, Genehmigungsvorbehalte im Kommunalverfassungsrecht, 1990, S. 45, 112 f.). So verhielt es sich bei § 49 Abs. 3 des 1. SRG. Die Regelung bestimmte, daß der Schulträger den auf Kreisebene abgestimmten Schulentwicklungsplan der obersten Schulaufsichtsbehörde „zur Bestätigung“ vorzulegen hatte, wobei die oberste Schulaufsichtsbehörde die Ergebnisse der Landesentwicklungsplanung und die Finanzierbarkeit der schulischen Angebote - und damit überörtliche Belange - zu berücksichtigen hatte. Die Materialien bestätigen, daß die Schulentwicklungsplanung unbeschadet dessen als Selbstverwaltungsangelegenheit empfunden wurde. In den Erläuterungen des Gesetzentwurfs zum Bestätigungsvorbehalt des § 49 Abs. 3 des 1. SRG heißt es:

„Schulentwicklungspläne bedürfen der Bestätigung durch die oberste Schulaufsichtsbehörde; der einzelne Schulträger muß auch im Hinblick auf die Genehmigungspflicht jeder Einzelmaßnahme durch das Land Sicherheit in seinem Verwaltungsvorgehen bekommen. Die oberste Schulaufsichtsbehörde hat im Rahmen ihrer Überprüfung des Planes die Planungshoheit und Gestaltungsfreiheit des Schulträgers soweit wie vertretbar zu berücksichtigen“ (LT-Drs. 1/84, a.a.O., S. 27, Unterstreichung durch das Gericht).

2. Die Übertragung der Schulentwicklungsplanung auf die Landkreise derart, daß - so aber ist die Regelung gefaßt - für eine eigene Schulentwicklungsplanung der Gemeinden kein Raum bleibt, ist mit Art. 97 LV nicht zu vereinbaren. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob die Aufgabe der Schulentwicklungsplanung gar dem Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung zuzuordnen ist. Denn der gänzliche Entzug dieser Aufgabe ist auch dann nicht mit der kommunalen Selbstverwaltung vereinbar, wenn es sich dabei um eine im Randbereich anzusiedelnde Aufgabe handelt. Auch für diesen Fall verstößt der uneingeschränkte Entzug der Aufgabe gegen das Subsidiaritätsprinzip. Wie bereits im Zusammenhang mit der Schulträgerschaft ausgeführt, darf der Gesetzgeber nach diesem Aufgabenverteilungsprinzip den Gemeinden eine Aufgabe, die in den Schutzbereich des Art. 97 LV fällt, nur dann entziehen, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre. Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt rechtfertigen eine „Hochzonung“ erst dann, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde. Das ist hier nicht zu erkennen. Mit der vollständigen und sogar die Grundschulen erfassenden Verlagerung der Schulentwicklungsplanung auf die Landkreise vernachlässigt der Gesetzgeber in einer den Anforderungen des Subsidiaritätsprinzips nicht mehr genügenden Weise diejenigen Gemeinden, die eine eigene Schulentwicklungsplanung - vor allem, aber nicht zwangsläufig nur, im Hinblick auf die Grundschulen - durchzuführen wünschen und durchzuführen vermögen.

a. Die von der Landesregierung vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen einen solchen vollständigen Aufgabenentzug nicht.

Zunächst führt die Landesregierung an, daß es nur einen „verschwindend geringen Bestand an bestätigungsreifen Schulentwicklungsplänen“ gegeben habe; von den schätzungsweise 300 Schulträgern - offenbar sind hier gemeindliche und kreisliche Schulträger zusammengerechnet - sei nur in neun Fällen eine Schulentwicklungsplanung vorgelegt worden. Dies belegt indes lediglich, daß bisher die weitaus meisten Gemeinden und selbst eine Reihe von Landkreisen die Aufgabe der Schulentwicklungsplanung nicht wahrgenommen haben. Daß aber die Gemeinden - auch die von ihrer Größe aus leistungsfähigen, gegebenenfalls auch unter Zuhilfenahme der Ämter (vgl. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 4 AmtsO) - zur Aufstellung der Pläne schlichtweg nicht in der Lage wären, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

b. Auch daß sich - wie die Landesregierung weiter geltend macht - „die Kompetenz der kreislichen Planer“ auf einem von den einzelnen Gemeinden in aller Regel nicht erreichbaren hohen Niveau vollziehe, rechtfertigt es nicht, den Gemeinden eine eigene Schulentwicklungsplanung generell zu verwehren. Nach dem Subsidiaritätsprinzip kann eine Aufgabe nicht schon dann entzogen werden, wenn die Aufgabe auf höherer Ebene besser erfüllt würde, sondern erst dann, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung (überhaupt) nicht sicherzustellen wäre. Hiernach ist die Entziehung der Schulentwicklungsplanung nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die Gemeinden die Aufgabe nicht gleichermaßen „optimal“ erfüllen können. Daß - wie die Landesregierung ferner anmerkt - die Kreise ihrerseits auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips die gemeindlichen Interessen gegebenenfalls zu berücksichtigen hätten, gibt keine hinreichende Handhabe, das Subsidiaritätsprinzip schon bei dem Entzug der Aufgabe zu vernachlässigen.

c. Andere Gründe, die den ausnahmslosen Entzug der Schulentwicklungsplanung rechtfertigen, sind ebenfalls nicht zu sehen. Das gilt auch für die bei der Anhörung im Ausschuß für Jugend, Bildung und Sport angestellte Erwägung, daß sich die Gemeinden, wenn man ihnen die Schulentwicklungsplanung belasse, nicht über erforderliche Schulschließungen würden einigen können mit der Folge, daß solche Entscheidungen über die Schulschließungen im Ministerium - und damit auf einer Ebene, wo sie nicht hingehörten - getroffen würden. Es werde dem Selbstverwaltungsrecht unter diesen Umständen eher gerecht, die Aufgabe auf Kreisebene erledigen zu lassen (vgl. Ausschuß für Bildung, Jugend und Sport, Ausschußprotokoll 2/364, S. 44 f., 52 f.). Das Gericht verkennt nicht, daß jede Gemeinde versucht sein mag, eine Schulschießung gerade in ihrem Gebiet zu vermeiden. Es geht jedoch nicht an, den Gemeinden aus solchen Gründen zu verwehren, sich, wenn sie es wollen, im Rahmen einer eigenen Schulentwicklungsplanung über die künftige Schullandschaft Gedanken zu machen.

d. Freilich wird es für Gemeinden, die entweder gar keine oder nur eine Schule haben, einer förmlichen Schulentwicklungsplanung vielfach nicht bedürfen. Das Gericht sieht auch, daß eine förmliche Schulentwicklungsplanung mit den hierfür gesetzlich vorgesehenen Anforderungen (§ 102 Absätze 1 bis 3 BbgSchulG) viele Gemeinden überfordern würde. Von daher ist gegen den Grundsatz, daß die Schulentwicklungsplanung als P f l i c h t nur den Landkreisen und kreisfreien Städten auferlegt wird, nichts einzuwenden. Dennoch muß denjenigen Gemeinden, die dies wollen und leisten können, die Teilnahme an der Schulentwicklungsplanung möglich sein (vgl. dazu Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 1, 2. Aufl., 1984, S. 424 f.; Schmidt-Aßmann, AöR 101 (1976), S. 520, 533, 540). Dies bedeutet, daß Gemeinden, die sich hierzu entschließen, befugt sein müssen, einen eigenen Schulentwicklungsplan aufzustellen und - zum Abgleich mit etwa überschneidenden Schulentwicklungsplänen - zur Genehmigung vorzulegen. Von Bedeutung kann eine eigene Schulentwicklungsplanung einer Gemeinde vor allem im Hinblick auf die Grundschulen werden, bezüglich derer die Gemeinden auch nach dem Brandenburgischen Schulgesetz weiterhin Träger sind (§ 100 Abs. 1 Satz 1). Die Regelung des § 102 Abs. 4 Satz 2 BbgSchulG, wonach von Seiten der Landkreise und kreisfreien Städte mit den kreisangehörigen Schulträgern - d.h. den Städten, Gemeinden und gemeindlichen Zusammenschlüssen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 BbgSchulG) - „Benehmen herzustellen ist“, reicht nicht aus. Das „Benehmen“ stellt schon nach seinem Wortsinn eine der schwächsten Stufen einer Mitwirkung dar (vgl. Dyon in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Std. 1. Juni 1993, § 36 Rdn. 19). Hiervon ist der Gesetzgeber bewußt ausgegangen. Insoweit heißt es in den Materialien zum heutigen § 102 Abs. 4 Satz 2 BbgSchulG:

„Allerdings muß zur Gewährleistung eines sachgerechten Ermessens und wegen des Eingriffes in das eigene Planungsermessen gemäß Satz 2 Benehmen hergestellt werden. Auf eine Einvernehmensregelung wurde verzichtet, um den Landkreisen die Handlungsfähigkeit zu sichern“ (LT-Drs. 2/1675, Begründung S. 131).

Diese Form der Mitwirkung stellt die Einbeziehung einer gemeindlichen Schulentwicklungsplanung, wie sie nach dem Vorstehenden möglich sein muß, gerade nicht sicher. Ein gemeindlicher Schulentwicklungsplan muß vielmehr seinerseits in gleicher Weise beachtlich sein wie die Schulentwicklungspläne der Kreise und kreisfreien Städte. Allerdings muß er wie diese den Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 des § 102 BbgSchulG entsprechen und gemäß § 102 Abs. 4 BbgSchulG genehmigt sein. Widersprüche zwischen Schulentwicklungsplänen verschiedener Träger und konkurrierende Entwicklungen sind gegebenenfalls im Genehmigungsverfahren nach § 102 Abs. 5 BbgSchulG durch das für Schule zuständige Ministerium, bei dem die Schulentwicklungspläne zusammenlaufen, auszuräumen oder zum Ausgleich zu bringen.

III.

Die Verlagerung der Trägerschaft für die Schülerbeförderung von den Gemeinden auf die Kreise durch § 112 Abs. 1 BbgSchulG ist mit Art. 97 LV vereinbar. Die Regelung betrifft schon nicht eine Angelegenheit „der örtlichen Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 97 LV.

Die Schülerbeförderung war bisher in §§ 61, 59, 57 des 1. SRG geregelt. Aus diesen Vorschriften geht schon nicht hervor, daß der Gesetzgeber (des Ersten Schulreformgesetzes) die Schülerbeförderung als Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft eingeordnet hat, wie sie sodann durch Art. 97 LV den Gemeinden vorbehalten worden ist. Bei den genannten Regelungen handelt es sich vielmehr im wesentlichen um Kostentragungsregelungen. In diesem Sinne wird durch §§ 59 Abs. 1, 57 Abs. 3 des SRG bestimmt, daß die Schülerfahrtkosten zu den vom Schulträger zu übernehmenden Sachkosten gehören. Aus der Überbürdung der Kostenlast (auch) auf die Gemeinden (nämlich dann, wenn sie nach dem 1. SRG Schulträger waren), läßt sich aber nicht entnehmen, daß es sich (für diesen Fall) bei der Schülerbeförderung um eine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft handeln sollte (vgl. auch Schoch, ZG, S. 246, 254 ff.; Maurer in: Hennecke/Maurer/ Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, 1994, S. 139, 150 f.; anders aber wohl Claassen/Hauer/Klügel/Reinhardt, Niedersächsisches Schulgesetz, 1982, § 94 Rdn. 12). Auch unter anderen Gesichtspunkten stellt sich die Schülerbeförderung nicht als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft dar. Historisch gehört sie nicht zu den gewachsenen Aufgaben der Gemeinden. Vielmehr war sie traditionell - die Erfüllung der Schulpflicht wurde als „Bringeschuld“ begriffen (Claassen/Hauer/Klügel/Reinhardt, a.a.O., § 94, Rdn. 1) - Sache der Erziehungsberechtigten (s. dazu auch Thode, a.a.O., S. 142). Die Schülerbeförderung zählt jedenfalls nicht zu den typischen Aufgaben des Schulträgers (Thode, a.a.O., S. 141; Müller, Schulorganisationsrecht Nordrhein-Westfalen, 1988, Rdn. 702; Welter, Der Landkreis 1967, S. 119, 120). Aus heutiger Sicht ist die Schülerbeförderung wesentlich in den öffentlichen Personennahverkehr eingebettet. In dessen Rahmen kommt der Einsatz öffentlicher Mittel für die Schülerbeförderung zugleich einem leistungsfähigen Nahverkehrsnetz zugute. Auch im Land Brandenburg (wie auch im übrigen Bundesgebiet, vgl. hierzu Welter, a.a.O., S. 119; Müller, a.a.O., Rdn. 700) hat die Schülerbeförderung mit der Ausweitung der Einzugsbereiche der einzelnen Schulen zunehmend überörtliche Bezüge erhalten. Nach alledem ist die Schülerbeförderung als überörtliche Aufgabe anzusiedeln und fällt deshalb nicht in den durch Art. 97 LV geschützten Kreis der Selbstverwaltungsangelegenheiten einer einzelnen kreisangehörigen Gemeinde der für das Land Brandenburg typischen Größe.

IV.

Die Entscheidung über die teilweise Erstattung der Auslagen beruht auf § 32 Abs. 7 VerfGGBbg.
 

Dr. Macke Dr. Dombert
       
Prof. Dr. Schöneburg Dr. Knippel
   
Dr. Schöneburg Prof. Dr. Schröder
   
Weisberg-Schwarz Prof. Dr. Will