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VerfGBbg, Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 56/14 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 12 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 47 Abs. 2 Satz 2; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1; VerfGGBbg, § 50 Abs. 3
- ZPO, §§ 91 ff; ZPO, § 321a; ZPO, § 524 Abs. 4; ZPO, § 538 Abs. 2 Nr. 7
Schlagworte: Rechtswegerschöpfung
Wiedereinsetzung in vorherigen Stand
Verfassungsbeschwerde gegen Kostenentscheidung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 56/14 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 56/14




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

der Frau B.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte:              Rechtsanwälte A.

 

wegen            Urteil des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 22. Oktober 2013

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Nitsche, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Schmidt

am 17. April 2015

beschlossen:

Der Beschwerdeführerin wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt.

Das Urteil des Amtsgerichts Bernau vom 22. Oktober 2013 - 34 C 16/11 - ver­­­­­­­let­zt die  Beschwerde­füh­rerin in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz aus Art. 12 Abs. 1 der Landesverfassung. Das Urteil wird hinsichtlich des Kostenausspruchs aufgehoben. Die Sache wird insoweit zur erneuten Ent­schei­dung an das Amtsgericht Bernau zurück­ver­wiesen.

Das Land Brandenburg hat der Beschwerdeführerin ihre not­­­wen­digen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Kostenausspruch eines Urteils in einer Streitigkeit nach dem Wohnungseigentumsgesetz.

I.

Mit Teilurteil vom 10. April 2012 (Az.: 34 C 16/11) wies das Amtsgericht Bernau die gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Klage des Klägers und Äußerungsberechtigten zu 2 teilweise ab und behielt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vor.

Auf die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hob das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 25. Februar 2013 das Teilurteil auf und verwies die Sache, auch zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Amtsgericht zurück. Zur Begründung führte es aus, das Teilurteil sei entgegen der Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassen worden. Es sei von der Entscheidung des Reststreits nicht unabhängig, ein Widerspruch zum Schlussurteil sei nicht ausgeschlossen.

Das Amtsgericht verurteilte die Beschwerdeführerin sodann mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Oktober 2013 nach einem Teil der klägerischen Anträge, im Übrigen wies es die Klage ab. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz legte es dem Kläger 80 % und der Beschwerdeführerin 20 % auf, die Kosten des Berufungsverfahrens hatte die Beschwerdeführerin vollständig zu tragen. Zur Begründung seiner Kostenentscheidung verwies das Amtsgericht auf § 92 ZPO.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Auferlegung der Kosten des Berufungsverfahrens Gegenvorstellung und Anhörungsrüge nach § 321a ZPO und trug vor, zu der für sie überraschenden Kostenentscheidung habe das Amtsgericht sie nicht gehört. Da sie den Prozess nicht veranlasst habe und in ihm auch nicht unterlegen sei,  hätten ihr die Kosten nicht auferlegt werden dürfen. Mit Beschluss vom 21. Januar 2014 wies das Amtsgericht die Anträge zurück und führte aus, die Kostenentscheidung beruhe auf § 92 ZPO, nicht hingegen auf § 97 ZPO. Sie sei gerechtfertigt, da der Kläger Berufung eingelegt habe und die Beklagte durch die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im Berufungsverfahren unterlegen sei, der Kläger habe hier obsiegt.

Gegen das Urteil legte der Kläger Berufung ein, der sich die Beschwerdeführerin im Wege der Anschlussberufung anschloss. Das Landgericht wies die Parteien mit Beschluss vom 19. September 2014 hierzu darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen; der Streitwert für den Berufungsrechtszug solle auf 1.800 € festgesetzt werden, hiervon sollten 1.500 € auf die Berufung und 300 € auf die Anschlussberufung entfallen. Der Kläger nahm hierauf die Berufung zurück. Das Landgericht legte ihm mit Beschluss vom 17. Oktober 2014 die Kosten der Berufung auf. Zugleich wies es einen Antrag der Beschwerdeführerin, über die Kosten des ersten Berufungsverfahrens neu zu entscheiden, ab. Zur Begründung führte es aus, mit der Rücknahme der Berufung sei auch ihre unselbständige Anschlussberufung entfallen und das Urteil des Amtsgerichts damit in Rechtskraft erwachsen, so dass sich eine Entscheidung über den dortigen Kostenausspruch verbiete.

II.

Am 3. November 2014 hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der sie sich gegen die Kostenentscheidung des Urteils des Amtsgerichts insoweit wendet, als ihr hiermit die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden sind. Zur Begründung trägt sie vor, die Entscheidung sei willkürlich, da die Kostenquote des Ausgangs- auch für das Berufungsverfahren habe zugrunde gelegt werden müssen. Für das Berufungsverfahren habe sie keinerlei Anlass gegeben und sei in ihm auch nicht unterlegen; vielmehr habe sich allein der Kläger gegen die Abweisung seiner Klageanträge gewandt. Im Ergebnis sei die Sache allein wegen eines Verfahrensmangels zurückverwiesen worden – für eine derartige Fallgestaltung aber werde weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung von einem Unterliegen der sich lediglich verteidigenden Partei ausgegangen.

Die Beschwerdeführerin beantragt:

  1. Ihr wegen der Versäumung der Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
  2. Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Bernau vom 22. Oktober 2013 - 34 C 16/11 - im Kostenausspruch hinsichtlich des früheren Berufungsverfahrens des Landgerichts Frankfurt (Oder) – 16 S 86/12 – zu ändern und im zweiten Durchgang durch die erste Instanz vorgenommenen Kostenquotelung zu ersetzen, d. h. 80 % der Kosten des gesamten Rechtsstreits zulasten des Klägers und die restlichen 20 % zulasten der Beklagten.

III.

Die Akten des Ausgangsverfahrens sind beigezogen worden. Der Direktor des Amtsgerichts Bernau und der Kläger des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Dieser hält die Verfassungsbeschwerde insgesamt für unbegründet.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg.

 

I.

1. Der Beschwerdeführerin war aus den im Beschluss vom 15. Mai 2014 (VfgBbg 11/14) genannten Gründen nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdeführerin ist der Beschluss des Landgerichts vom 17. Oktober 2014 über die Kosten des Berufungsverfahrens am 21. Oktober 2014 zugestellt worden. Am 3. November 2014 - damit innerhalb einer Frist von zwei Wochen (§ 47 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg) und rechtzeitig - hat sie die Verfassungsbeschwerde erhoben und ihren Wiedereinsetzungsantrag begründet. Der Antrag ist auch begründet. Die Beschwerdeführerin war ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde gehindert, da sie nach Einlegung der Berufung durch den Kläger gehalten war, ihrerseits Anschlussberufung einzulegen (Beschluss vom 15. Mai 2014 - VfGBbg 11/14 -). An der Aus­­­­schlussfrist kann ein Wie­­­­dereinset­zungs­an­trag grundsätz­­lich jedenfalls dann nicht schei­tern, wenn ihr Ablauf sowie zuvor der Ablauf der Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde darauf beruhen, dass der Antragsteller bestimmte pro­­­zes­­­su­­ale Maßnahmen ergrei­­­fen muss, um dem Subsidi­­­­­­aritäts­grund­satz Genüge zu tun; des­­­sen Befolgung soll die Anru­­­fung des Ver­­­fassungsgerichts ent­­­behrlich, nicht aber unmög­­­lich machen.

 

2. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

 

a) Die Beschwer­­deführerin hat entsprechend § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg den Rechtsweg erschöpft, indem sie gegen das angegriffene Urteil die - nicht offenkundig aussichtslose - Anhö­rungs­­­­rüge nach § 321a ZPO erhoben hat. Eine (selbständige) Berufung konnte sie wegen des Nicht-Erreichens der Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO nicht erheben; das Landgericht hat den Streitwert für die Anschlussberufung in seinem Beschluss vom 19. September 2014 auf lediglich 300 € festgesetzt. Nach Rücknahme der Berufung des Klägers entfiel die Anschlussberufung gemäß § 524 Abs. 4 ZPO; gegen das mithin rechtskräftige Urteil waren weitere Rechtsbehelfe nicht gegeben.

 

b) Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass sie sich ausschließlich gegen eine Entscheidung über die Kosten richtet. Eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung ist (oder wird) zwar dann mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn ein Beschwerdeführer nicht (mehr) durch die Entscheidung in der Hauptsache, sondern nur noch durch die Nebenentscheidung über die Kosten belastet wird; ist die in der Entscheidung zur Hauptsache liegende verfassungsrechtliche Beschwer beseitigt oder wirkt sie sich aus anderen Gründen nicht mehr aus, so ist unter dem Gesichtspunkt des Grundrechtsschutzes die eigentliche Belastung des Beschwerdeführers behoben. Es ist dann grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt, nur wegen der Kostenentscheidung das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu eröffnen. Die ausschließlich in der nachteiligen Kostenfolge liegende Beschwer reicht für eine Anrufung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg grundsätzlich nicht aus (Beschluss vom 26. März 2009 - VfGBbg 40/08 -; Beschluss vom 28. Juni 2001 - VfGBbg 13/01 -; BVerfG, Beschl. v. 19. November 1991 - 1 BvR 1521/89 -, BVerfGE 85, 109, 113 m. w. Nachw.; BVerfG, Beschl. v. 3. Dezember 1986 - 1 BvR 872/82 -, BVerfGE 74, 78).

 

Eine allein gegen eine Kostenentscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde ist aber dann zulässig, wenn die Kostenentscheidung selbst ein verfassungsmäßiges Recht des Beschwerdeführers verletzt und nicht lediglich einen Annex zur Hauptsache darstellt. In einem solchen Fall besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Kostenentscheidung, da anderenfalls der verfassungsgerichtliche Rechtsschutz lückenhaft wäre, weil der Betroffene keine Möglichkeit hätte, sich gegen eine selbständig hierin enthaltene Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte zur Wehr zu setzen (BVerG-K, Beschl. v. 17. November 2009 - 1 BvR 1964/09 -). Vorliegend wendet sich die Beschwerdeführerin unmittelbar und ausschließlich gegen die mit der Kostenentscheidung einhergehende Beschwer selbst.

 

c) Schließ­­­­­lich steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht ent­gegen, dass das Urteil, gegen das sie sich richtet, auf der Grund­­lage von Ver­­fah­rens­recht des Bun­­des ergangen ist. Die inso­weit erfor­der­­lichen Vor­­­aus­set­zun­gen (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, LKV 2011, 124 f) sind erfüllt.

 

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.

 

Das Urteil des Amtsgerichts vom 22. Oktober 2013 verletzt die Beschwer­deführerin in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür aus Art. 12 Abs. 1 LV, soweit ihr hierin die Kosten des Berufungsverfahrens (Az.: 16 S 86/12)  auferlegt werden.

 

1. Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung, wenn sie unter kei­­nem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlecht­hin unhalt­bar ist. Sie muss Ausdruck einer objektiv fal­­­schen Rechtsanwendung sein, die jeden Aus­le­gungs- und Beur­­­tei­­­lungs­spielraum außer Acht lässt und ganz und gar unver­­ständ­­­­lich erscheint (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 16. Januar 2015 -  VfGBbg 47/13 -, www.verfassungsgericht.bran­den­burg.de). Diese Vor­aus­setzungen liegen u. a. auch dann vor, wenn ein Gericht mit seiner rechtlichen Beurteilung ohne nach­­voll­­­­­­­ziehbare Begründung in Widerspruch zu der durch Recht­spre­chung und Literatur geklärten Rechtslage gerät (Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 47/13 -; vgl. BVerfG NJW 2011, 3217, 3218; BVerfG, Beschl. v. 14. Dezember 2005 - 1 BvR 2874/04 -).

2. Nach diesem Maßstab hat das Amtsgericht mit dem angegriffenen Urteil gegen das Verbot objektiver Willkür verstoßen. Es liegt ein eindeutiger und nicht nachvollziehbarer Verstoß gegen die Grundsätze der Kostentragungspflicht nach den §§ 91 ff ZPO (vgl. BVerfG-K, Beschl. v. 17. November 2009 - 1 BvR 1964/09 -) vor.

a) Das Amtsgericht hat angenommen, § 92 ZPO lasse eine Trennung der Kosten dahin zu, dass einerseits über die Kosten des ersten Rechtszuges eine Quote nach Maßgabe des hierfür festzustellenden jeweiligen Obsiegens zu bilden sei, andererseits aber die Kosten des Berufungsverfahrens gesondert der Beschwerdeführerin als der im zweiten Rechtszug unterlegenen Partei auferlegt werden müssten. Hiermit verkennt es in rechtlich nicht mehr vertretbarer Weise und unter Außerachtlassung der übereinstimmenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum die in den §§ 91 ff ZPO statuierten Grundsätze der Kostentragungspflicht.

Nach der Aufhebung des Teilurteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO hatte das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis zwischen dem Kläger des Ausgangsverfahrens und der Beschwerdeführerin nach den Grundsätzen der §§ 91 ff ZPO zu verteilen. Eine eigenständige Kostenentscheidung des Gerichts des zweiten Rechtszuges, das die Aufhebung und Zurückverweisung ausspricht, ergeht nicht (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 97 Rn. 9; Gerken, in: Wieczorek/Schütze, a. a. O., Bd. 7, § 538 Rn. 73), da trotz der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung weder eine Erfolglosigkeit der einen Partei im Sinne des § 97 Abs. 1 ZPO noch ein Obsiegen der anderen im Sinne des § 97 Abs. 2 ZPO vorliegt (OLG Köln, Urt. v. 30. Juli 2014 - I-17 U 62/13 -; Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., Bd. 1, § 97 Rn. 17; Herget, a. a. O.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 97 Rn. 33, 72 f; Hüßtege, a. a. O., § 97 Rn. 2). Vielmehr entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges auch hinsichtlich der Kosten einer etwaig eingelegten Berufung nach den Bestimmungen der §§ 91 ff ZPO (BVerG-K, Beschl. v. 18. April 2006 - 1 BvR 2094/05 -; OLG Stuttgart, Urt. v. 28. Mai 2009 - 19 U 161/08 -; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Bd. 2, § 97 Rn. 7; Herget, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 97 Rn. 7; Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., Bd. 2/2, § 97 Rn. 13; vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 28. März 2014 - 20 U 166/08 -). Hierbei hat die Kostenentscheidung gemäß § 91 ZPO für den gesamten Rechtsstreit einheitlich zu ergehen (vgl. bereits BGH NJW 1957, 543).

§ 91 ZPO begründet dabei regelmäßig die Pflicht des Unterlegenen im Rechtsstreit, die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen (vgl. BVerfG-K, Beschl. v. 17. November 2009 - 1 BvR 1964/09 - m. w. Nachw.). Das gilt unabhängig davon, ob dieser in mehreren Rechtszügen ausgetragen wird und ist unabhängig von einem etwaigen Obsiegen in einzelnen Instanzen (BGH, a. a. O.; OLG Koblenz Rpfl. 1974, 26 f; Bork, a. a. O., § 91 Rn. 15 m. w. Nachw.; Smid/Hartmann, a. a. O., § 91 Rn. 1; Schulz, a. a. O., § 91 Rn. 7). Dieser Grundsatz wird in der Zivilprozessordnung eindeutig statuiert, und ebenso eindeutig sind die Ausnahmen hiervon, die Fälle der Kostentrennung, in den §§ 94 bis 97 ZPO aufgeführt. Es ist daher unzulässig, über die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen hinaus der endgültig obsiegenden Partei die Kosten einer verlorenen Instanz aufzuerlegen (Bork, a. a. O.).

Daher sind auch in den von § 92 Abs. 1 ZPO erfassten Fällen des teilweisen Obsiegens (vgl. nur Schulz, a. a. O., § 92 Rn. 1; Bork, a. a. O., § 92 Rn. 1) die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu ermitteln und sodann entweder gegeneinander aufzuheben oder nach einer Quote zu verteilen (BGH, a. a. O.). Dabei kommt es wiederum allein auf den Verfahrensausgang in Bezug auf den Sachantrag an (BVerfG-K, Beschl. v. 17. November 2009 - 1 BvR 1964/09 -, m. w. Nachw.; Schulz, a. a. O., § 92 Rn. 3). Eine Verteilung nach Instanzen oder Verfahrensabschnitten ist auch bei den gemäß § 92 ZPO zu treffenden Entscheidungen unzulässig und hat zu unterbleiben (BGH a. a. O.; OLG Koblenz, a. a. O.; Schulz, a. a. O., § 92 Rn. 12; Smid/Hartmann, a. a. O., § 92 Rn. 3).

Das Amtsgericht hat sich vorliegend dafür entschieden, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 Abs. 1 Satz Alt. 2 ZPO nach einer Quote von 80 % zu 20 % zu verteilen; diese hätte es nach dem Gesagten auch für die im zweiten Rechtszuge entstandenen Kosten zur Anwendung bringen müssen.

b) Die Beurteilung der Entscheidung als willkürlich wird nicht dadurch infrage gestellt, dass sich das Amtsgericht anlässlich der von der Beschwerdeführerin erhobenen Anhörungsrüge (erstmals) inhaltlich zu seiner Kostenentscheidung verhielt. Das Gericht setzte sich in seiner nunmehr gegebenen Begründung weder mit den aufgezeigten Grundsätzen der Kostentragungspflicht auseinander noch begründete es eine notwendige Abweichung hiervon in sachlich vertretbarer Weise (vgl. BVerfG-K, Beschl. v. 17. November 2009 - 1 BvR 1964/09 -, m. w. Nachw.). Vielmehr ging es fälschlich für die Berufungsinstanz von einem Obsiegen des Klägers aus und knüpfte hieran die Kostentrennung  an.

3. Das Urteil des Amtsgerichts beruht auf der vorstehend dar­ge­­­legten Grund­­­­rechtsverletzung (vgl. zu diesem Erfordernis: Beschluss vom 15. März 2013 - VfGBbg 42/12 -, www.verfassungs­ge­richt.brandenburg.de). Es ist ersichtlich, dass eine der Beschwer­de­füh­re­rin günstigere Ent­schei­­dung ergangen wäre, wenn das Amtsgericht nicht gegen das Willkürverbot verstoßen und infolgedessen die Kostenentscheidung unter Zugrundelegung der dargestellten Grundsätze der Kostentragungspflicht getroffen hätte.

C.

Das Urteil vom 22. Oktober 2013 ist hiernach hinsichtlich  des Kostenausspruchs gemäß § 50 Abs. 3 VerfGGBbg auf­zu­he­ben; die Sache selbst ist zu einer neuen Ent­scheidung über die Kosten an das Amtsgericht Bernau zurück­­­­zu­­­ver­weisen. Die von der Beschwerdeführerin weiter begehrte Entscheidung über die Kostenquote bleibt der Kostenentscheidung des Fachgerichts vorbehalten.

Die Auslagenerstattung beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 1 VerfGGBbg.

Der Gegenstandswert ist nach § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 Rechts­­­an­waltsvergütungsgesetz auf 10.000,00 € fest­zu­set­­zen.

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Nitsche Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Schmidt